Der Gemeinderat der Gemeinde Ainring beschloss in seiner Sitzung am 22.02.2022 die Neuaufstellung des Bebauungsplanes Römerstraße-Ost für eine Wohnbebauung.
Bereits vor der Gemeinderatssitzung, am 22.02.2022, ging in der Gemeinde Ainring ein an den ersten Bürgermeister gerichteter Brief von Kindern, die in der Römerstraße wohnhaft sind, ein. Dem Brief war eine Unterschriftensammlung gegen die Abholzung des Waldes beigelegt. Gem. § 3 Abs. 1 BauGB sind Kinder und Jugendliche Teil der Öffentlichkeit.
Die Kinder wurden ins Rathaus eingeladen um mit dem ersten Bürgermeister Martin Öttl einerseits über ihre Anliegen zu sprechen und andererseits auch den Kindern die Gründe und Wichtigkeit neuer Wohnbebauung zu erklären. Bei dem Termin, der am 21.07.2022 stattfand, nahmen 7 Kinder, teilweise mit einer erwachsenen Begleitung, der Investor, der Planer des beauftragten Planungsbüros und die Vertreter des Bauamtes, teil.
Daraufhin wurde das Verfahren formell eingeleitet und die Planentwürfe in der Fassung vom 26.07.2022 lagen in der Zeit vom 03.08.2022 bis 05.09.2022 im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB aus. Zeitgleich erfolgte die frühzeitige Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB.
Während der frühzeitigen Beteiligung gem. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB wurden die in der beiliegenden Abwägungstabelle (Abwägungstabelle Bebauungsplan „Römerstraße-Ost“) aufgeführten Stellungnahmen abgegeben. Es wurden 35 Stellungnahmen von insgesamt 77 beteiligten Behörden und Träger öffentlicher Belange, sowie 13 private Stellungnahmen abgegeben.
An der Abwägung hat Herr Hilger vom Planungsbüro Logo verde und Herr Rechtsanwalt Engelmann von der Kanzlei Messerschmidt, Dr. Niedermeier und Partner, mitgewirkt.
Die Stellungnahmen wurden dem Bauausschuss vollständig bereitgestellt, die Verwaltung nimmt zusammenfassend Stellung.
Die Stellungnehmer, wie Behörden und Träger öffentlicher Belange, sowie die Einwender werden nach dem Abwägungsbeschluss über die Abwägung Ihrer abgegebenen Stellungnahmen einzeln benachrichtigt.
Einleitend erläutert Bauamtsleiter Fuchs die Intension und Entstehung der vorliegenden Planung:
Aufstellungsbeschluss für diesen Bebauungsplan GR-Sitzung am 22.02.2022 (bei 1 Gegenstimme durch GRin Barbara Söllner).
Nach wie vor ist der Wohnflächenbedarf insbesondere junger einheimischer Familien „überbordend“. Der Leidensdruck dieser Personen ist kaum zu beschreiben.
Gerade in diesen Zeiten (Baukosten- und Zinssteigerung) ist es besonders wichtig, den Wohnraum -wie hier- leistbar und preisgedämpft für Einheimische zu schaffen.
Geplant ist die Schaffung von 28 Wohneinheiten, davon 4 als Einzelhäuser. 4 Anlagen werden als sog. „Haus in Haus-Lösung“ geplant, also 4 Reihenhäuser mit darüberliegend jeweils zwei ausgebauten Dachgeschosswohnungen.
Die Regierung von Oberbayern lobt die Planung ausdrücklich. Zitat: „Durch die vorliegende Planung soll eine bestehende Potenzialfläche der Innenentwicklung einer Wohnnutzung zugeführt werden. Die Planung entspricht somit dem Vorrang der Innen- vor Außenentwicklung im Sinne Landesentwicklungsprogramm… Die Planung sieht eine flächeneffiziente Nutzung des Plangebiets vor und wird damit dem Erfordernis des Flächensparens nach LEP 3.1 G in besonderer Weise gerecht.“ Zitat Ende.
Weiter erläutert Fuchs den Grund der Verfahrensverzögerung. Grund der Verfahrensverzögerung war die Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde. Es wurden im Plangebiet römische Brandgräber vermutet. So wurden im Vorfeld bereits Bodenuntersuchungen durchgeführt.
Die Schürfe waren ohne Ergebnis, aber eine Weiterführung des Verfahrens war erst sinnvoll nach Klärung dieser Frage. Die Schürfe wurden naturverträglich ohne Baumbeseitigung durchgeführt (Abgestimmt mit UNB, Schneisen vorher vermessen).
Im weiteren Verlauf informiert Bauamtsleiter Fuchs über Änderungen der Planung gegenüber dem Entwurf aus der „frühzeitigen Beteiligung“.
- LSW wird um 1 m erhöht – wir erwarten uns davon eine Verbesserung auch für die Bestandsbebauung
- TG-Abfahrt wird geändert (abgewinkelt)
- 7 Stellplätze mehr in der TG
- Stellplätze auf öffentlicher Fläche entfallen – alles auf Baugrundstück
- Somit über den gesetzlich geforderten Stellplatznachweis hinaus (48) 7 oberirdische Besucherparkplätze, insgesamt also 55 Stellplätze
- Wechsel der Wald- und ökol. Ausgleichsfläche
Alle Belange sind fachlich fundiert und akribisch gutachterlich abgearbeitet:
- Immissionsschutzgutachten bestätigt, dass gesunde Wohnverhältnisse unter den getroffenen Maßnahmen möglich ist.
- Verkehrliche Stellungnahme bestätigt, dass die Neuverkehre verträglich abgewickelt werden können
- Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung mit dem Ergebnis, dass durch konfliktvermeidende Maßnahmen (z.B. Zeitpunkt des Eingriffs) und sog. CEF – Maßnahmen (z.B. Ersatzquartiere) der Artenschutz gewährleistet ist. Haselmaus und Zauneidechse wurden nicht nachgewiesen.
Im folgendem geht Fuchs auf die zahlreichen Einwendungen der Anwohner ein.
Die Gemeinde versteht die Sorgen und Nöte der Anwohner. Deshalb wird auch versucht, wo immer möglich die Planung im Sinne der Anwohner zu optimieren. Dafür ist ein Planungsprozess auch da und das ist gut so.
Soweit Anliegerstellungnahmen nicht zugestimmt werden kann darf ich vorweg folgendes äußern, denn dies gilt für viele Stellungnahmen, die sich nicht für eine Weiterführung des Projektes aussprechen:
Im Rahmen der Abwägung sind gem. § 1 Abs. 7 BauGB die die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
Die privaten Belange umfassen auch die nachbarlichen Interessen der Anwohner, einschließlich der Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot.
Es gibt allerdings keine generelle Rechtsposition, die vor baulichen Veränderungen im Umfeld eines Grundstücks schützt. Soweit sich die Änderungen im Rahmen der gesetzlichen Zumutbarkeitsschwellen bewegen, müssen Anwohner solche Änderungen hinnehmen.
Es liegt in der Natur einer gerechten Abwägungsentscheidung, nicht allen geäußerten Belangen gleichsam zur Wirksamkeit verhelfen zu können.
Mit anderen Worten und damit darf ich Herr Bürgermeister Öttl und den Bauausschussmitgliedern -welche die Entscheidung letztlich tragen müssen- vorgreifen:
Die persönlichen Betroffenheiten sind der Gemeinde nicht egal und werden ernst genommen. Es wird sich um Umfeld ohne Zweifel etwas ändern, auch das sehen wir. Aufgabe der Gemeinde ist es, eine saubere und den Rechtsrahmen einhaltende Planung vorzunehmen um im Sinne des Allgemeinwohls auch den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.
Nach heutiger Beschlussfassung ist vorgesehen, sämtliche Planunterlagen und Gutachten in wenigen Wochen im Rahmen der öffentlichen Auslegung im Internet zur Verfügung zu stellen. Auch eine Einsichtnahme und Diskussion im Rathaus ist selbstverständlich möglich.
Zu den einzelnen Stellungnahmen äußert sich Fuchs, dass es notwendig ist sich wirklich mit allen Themen in der nötigen Tiefe zu befassen. Dennoch sprengt es den Rahmen, alle Stellungnahmen wortwörtlich vorzutragen, daher erfolgt eine Zusammenfassung in der insbesondere alle privaten Einwände mindestens einmal (diese wiederholen sich häufig) Erwähnung finden.
Jede Stellungnahme wird jedoch im Nachgang zur Sitzung umfassend schriftlich beantwortet.
(Vortrag der einzelnen Stellungnahmen gem. Abwägungstabelle)
Beratung:
GR Kluba spricht den Lärmschutzwall zur B 20 hin an, ob im Fall einer Verlegung / Verbreiterung oder sonstiger baulichen Veränderungen an der B 20 der Wall beseitigt werden muss. Bauamtsleiter Fuchs berichtet dazu von einem Gespräch mit dem StBA TS, dass dies derzeit kein Thema sei, wenn aber doch, dann müssten technische Lösungen getroffen werden.
Weiter spricht Kluba die Anonymisierung der privaten Einwendungen an, warum die Gemeinderäte nicht erfahren wer dies eingereicht hat. Fuchs verweist in diesem Zusammenhang auf datenschutzrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Einwender. Nichtöffentlich kann dies bekanntgeben werden.
GR Kluba hinterfragt die Intensivität der geplanten Bebauung, ob geprüft wurde diese zu reduzieren. Bauamtsleiter Fuchs bejaht dies und verweist erneut auf die Stellungnahme der Regierung von Oberbayern als Landesplanungsbehörde, die ausdrücklich diese Entwicklung begrüßt. Es ist genau das, was gefordert wird. Im Vergleich zur Altplanung aus dem Jahr 2017 ist die GRZ gleichgeblieben, jedoch wird die vorhandene Fläche effizienter genutzt.
GR Ramstetter äußert Verständnis für die Einwendungen der Anlieger, auch er würde sich aus mehreren Gründen aufregen. Er berichtet von einer Fernsehsendung bei der es um Tierschutz ging, wo mehr Raum für Tiere gefordert würde. Hier bei der vorliegenden Planung würden Menschen zusammengepfercht, das ist seiner Meinung nach zu viel Nachverdichtung. Wenn man den BePlan-Entwurf so anschaut, gibt es im vorderen Bereich mit vier Einfamilienhäusern Leute 1. Klasse und im hinteren Bereich Leute 2.Klasse die enger zusammen geschachtelt würden. Er stellt die Frage, was tuen wir den Anliegern da an und was den neuen Bewohnern? Für ihn ist diese Planung zu viel, er muss ablehnen.
GR Wimmer fragt, ob der Spielplatz der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Bauamtsleiter Fuchs bejaht dies. Weiter äußert GR Wimmer seine Verwunderung zum Meinungswechsel von GR Ramstetter, auch Ramstetter hat beim Aufstellungsbeschluss für diese Bebauung gestimmt, zuletzt nun eine Kehrtwende. GR Ramstetter wirft daraufhin ein, dass jetzt die Gewinnmaximierung der Grundeigentümer im Vordergrund stehe und er habe erst jetzt von den Anliegern deren Befürchtungen erfahren.
GR Kluba erkundigt sich nach den weiteren Schritten des Verfahrens. Bauamtsleiter erläutert, dass die geänderte Planung öffentlich ausgelegt wird und die Träger öffentlicher Belange erneut um Stellungnahme gebeten werden.
GR Moderegger fragt nach den Wohnflächenzahlern der Gebäude. Bgm Öttl erläutert die angedachten Wohnungsgrößen.