Vor der Beschlussfassung über die Zulässigkeit gibt der 1. Bürgermeister Informationen über das, was bisher in Sachen Ortsumfahrung Berg geschah.
Seit dem Jahr 2004 wurde die Ortsumfahrung bereits, noch unter Bürgermeister Helmut Himmler und dessen Gemeinderat, in den Flächennutzungsplan eingearbeitet.
2006 wurde der Antrag auf Aufnahme in den Ausbauplan für Staatsstraßen mit Beantragung der 1. Dringlichkeit beim Staatlichen Bauamt in Regensburg gestellt.
2011 wurde der 7. Ausbauplan vom Ministerrat beschlossen und ist 01.01.2011 rückwirkend in Kraft getreten.
2014/2015 In den Herbst- und Wintermonaten kam es zu Vermessungsarbeiten zur Erstellung verschiedener Trassenvarianten einer Ortsumfahrung.
2015: Die Verkehrsuntersuchungen zeigten deutlich, dass die „Beckenmühler Spange“ die Ortsumgehung Berg nicht ersetzen kann. Somit schied der Freistaat Bayern als Baulastträger einer solchen Spange aus.
2017 erläuterte der Leiter der Straßenbauverwaltung das anstehende Verfahren.
2020 hat Bürgermeister Himmler vom staatlichen Bauamt zugesichert bekommen, dass der Vorentwurf zur Ortsumfahrung fertig sein soll. Das Staatliche Straßenbauamt ließ keine Zweifel aufkommen, dass wegen der starken Verkehrsbelastung an der Umgehung kein Weg vorbeiführe.
2021: Vorstellung des Vorentwurfs durch das staatliche Bauamt Regensburg. Der Gemeinderat billigt den Vorentwurf und bat die nächsten Schritte einzuleiten.
2024: Bürgerentscheid.
Die vertretungsberechtigten Personen haben das Bürgerbegehren am 14.2.2024 im Rathaus abgegeben. Das Quorum für ein Bürgerbegehren <10% der abstimmungsberechtigten Personen wurde erreicht.
Herr Raymond Supp-Behringer fungiert als Sprecher für die Bürgerinitiative und gibt an, dass die gebildete Initiative nicht generell gegen eine Umfahrung sei, sondern speziell gegen diese Trasse. Des Weiteren regt er das Gremium an, sich mit dem Art. 61 Abs. 2 der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern zu beschäftigen, der den Hinweis gibt, auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu achten und schlägt somit den Bürgerentscheid vor.
Erster Bürgermeister Bergler teilt mit, dass alle Anträge bezüglich des Bürgerentscheides anwaltlich auf Rechtssicherheit geprüft sind und auch in Zukunft geprüft werden.
Vertreter des Bürgerbegehrens „Verkehrsberuhigung statt Ortsumfahrung“ haben am Mittwoch, 14.02.2024 um 10.00 Uhr das Bürgerbegehren persönlich dem 1. Bürgermeister im Rathaus übergeben. Gemäß Art. 18a Abs. 8 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) hat der Gemeinderat innerhalb eines Monats nach Einreichung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden.
Ein Blanko-Muster der eingereichten Unterschriftenlisten liegt der Sitzungsvorlage als Anlage an.
Das Quorum für ein Bürgerbegehren nach Art. 18a Abs. 6 GO beträgt für die Gemeinde Berg b. Neumarkt i.d.OPf. 10% der wahlberechtigten Personen. Dies waren am Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens 649 (10% von 6.487 Wahlberechtigten). Von den Initiatoren des Bürgerbegehrens wurden insgesamt ca. 1.600 Unterschriften eingereicht.
Nachdem gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung zur Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden der Gemeinde Berg b. Neumarkt i.d.OPf. (BBS) die Unterschriftenlisten nur so lange ausgewertet werden müssen bis die für das Bürgerbegehren notwendige Zahl an gültigen Unterschriften erreicht worden ist, wurden vom Einwohnermeldeamt der Gemeinde Berg auch nur 855 Unterschriften überprüft. Die Überprüfung ergab folgendes Ergebnis:
- 775 gültige Unterschriften
- 80 ungültige Unterschriften (z. B. noch nicht 18 Jahre alt, nicht in Berg wohnhaft, noch nicht zwei Monate in Berg wohnhaft, nur mit Nebenwohnung in Berg wohnhaft, Anschrift fehlt, falscher Name, nicht Deutsche/r bzw. Unionsbürger/in, Doppeleintrag)
Das Bürgerbegehren hat damit das erforderliche Quorum erreicht.
Die Entscheidung des Gemeinderats über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist eine Rechtsfrage. Dem Gemeinderat steht dabei kein Ermessen zu (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, Art. 18a Rn. 32). Es handelt sich um eine rechtlich gebundene Entscheidung, in deren Rahmen eine formell- und materiellrechtliche Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens stattfindet (Widtmann/Grasser/Glaser a.a.O. m.w.N.).
Mit der Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wurde Frau Rechtsanwältin Funk von der Kanzlei Döring/Spieß in München beauftragt. Die Kanzlei kommt zu dem Ergebnis, dass das eingereichte Bürgerbegehren zulässig ist.
Die Fragestellung des eingereichten Bürgerbegehrens „Verkehrsberuhigung statt Ortsumfahrung“ lautet:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Berg alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergreift, um die Planungen für die Ortsumfahrung der Staatsstraße 2240 um die Ortschaft Berg zu stoppen und nicht fortzuführen?“
Folgende rechtliche Erwägungen wurden in Bezug auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens näher untersucht:
- Eigener Wirkungskreis der Gemeinde betroffen, Art. 18a Abs.1 GO
Es stellt sich die rechtliche Frage, ob das Bürgerbegehren „Verkehrsberuhigung statt Ortsumfahrung“ mit der Fragestellung, die sich ausschließlich negatorisch mit der Verhinderung der Ortsumfahrung der Staatsstraße 2240 befasst, eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde Berg betrifft, vgl. Art. 18a Abs. 1 GO.
Dies wird man aufgrund der hierzu bereits ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu bejahen haben:
Danach ist eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises im Sinn von Art. 18a Abs. 1 GO auch in Fällen anzunehmen, in denen die Gemeinde nicht für den Bau einer Straße zuständig ist, sondern - wie hier - bei einer Staatsstraße der Freistaat Bayern. Der Begriff der Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises in Art. 18a Abs. 1 und Art. 57 GO sowie in Art. 83 BV ist derselbe wie der der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in Art. 28 GG. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solche gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen.
Dies kann nach der einschlägigen Rechtsprechung auch bei Maßnahmen der Fall sein, die nicht von der Gemeinde ausgehen, sofern die nur "tatsächliche Auswirkungen gewichtiger Art" auf die gemeindlichen Aufgaben haben. Bei der Ortsumfahrung der Staatsstraße ist dies der Fall.
In den Wirkungskreis des Freistaats fällt - vereinfacht gesprochen - der Bau der Straße, in den der Gemeinde dagegen fallen die städtebaulichen Auswirkungen dieses Straßenbauvorhabens.
In einer Entscheidung, den Bau einer Kreisstraße betreffend, hat der 4. Senat des BayVGH (Beschluss vom 12.03.1997, Az. 4 CE 96.3422) hierzu ausgeführt, dass die Erarbeitung einer Haltung zu dem Bau der Kreisstraße unter städtebaulichen Gesichtspunkten und die Umsetzung dieser Haltung in die Tat in all ihren Phasen zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehören und die städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde im Wege einer Stellungnahme im Rahmen eines straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz entwickelt und durchgesetzt werden können.
In einer weiteren einschlägigen Entscheidung vom 19.02.1997 (Az. 4 B 96.2928) hat der BayVGH ebenfalls ausgeführt, dass der Neubau einer Staatsstraße für die Planungen der Gemeinde und insbesondere für den von ihr im eigenen Wirkungskreis aufzustellenden Flächennutzungsplan Auswirkungen gewichtiger Art hat und die Erarbeitung, Einnahme, Äußerung und Verfolgung einer Haltung und Einstellung der Gemeinde zum staatlichen Straßenbauvorhaben auf ihrem Gemeindegebiet zum eigenen Wirkungskreis gehören.
- Bestimmtheit der Fragestellung
In der bereits unter Ziffer 1 genannten Entscheidung vom 19.02.1997 hatte sich der BayVGH auch zur Bestimmtheit einer Fragestellung geäußert, die ähnlich wie in der vorliegenden Fragestellung auf die Einlegung „aller rechtlichen Mittel“ zur Verhinderung von Trassenführungen einer Staatsstraße auf dem Gemeindegebiet der klagenden Gemeinde gerichtet war. Im Ergebnis ist eine derartige Fragestellung, gerichtet auf eine sog. Grundsatzentscheidung, nach den dortigen Ausführungen des BayVGH ausreichend bestimmt.
Außer der Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme verbleibt der Gemeinde bei einem positiven Bürgerentscheid wohl keine (weitere) rechtlich zulässige Maßnahme. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes samt Veränderungssperre, der auf der Trasse der Ortsumfahrung eine andere Planung vorsieht, wäre aufgrund des § 38 BauGB nicht zielführend.
- Unrichtige und irreführende Begründung des Bürgerbegehrens
Nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung des 4. Senats beim BayVGH dürfen die Unterschriftsleistenden durch den mit den Unterschriftslisten vorgelegten Begründungtext nicht in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Denn es ist mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird. Anhaltspunkte hierfür bestehen vorliegend nicht, da der Begründungstext des Bürgerbegehrens überwiegend Tatsachenbehauptungen vermeidet, sondern vielmehr dort „Befürchtungen“ und „mögliche Gefährdungen“ benannt werden („Durch den Bau der geplanten Ortsumfahrung befürchten wir folgende Nachteile und Beeinträchtigungen: ….“).
Irreführend ist jedenfalls die Kurzbezeichnung des Bürgerbegehrens „Verkehrsberuhigung statt Ortsumfahrung“, da sie suggeriert, dass es anstelle der Ortsumfahrung eine Verkehrsberuhigung geben wird. Weder die Fragestellung noch die Begründung greifen diesen Punkt „Verkehrsberuhigung“ jedoch weiter auf, so dass die Tatsache, dass sich eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h aus Rechtsgründen nicht wird umsetzen lassen, nicht zu einer Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führt.
Im Hinblick auf den offensichtlich verwendeten oder ausgelegten Übersichtslageplan des Staatlichen Bauamts Regensburg geht die Rechtsprechung in ähnlichen Fällen davon aus, dass dieser nicht Bestandteil der Begründung wird, sondern als „zusätzliches Veranschaulichungsmaterial“ dient. Selbst wenn er irreführend wäre, wäre dies u.U. hinzunehmen. Auch wenn das Staatliche Bauamt mit der Verwendung des Plans nicht einverstanden wäre, würde dies alleine nicht zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führen.
Über die Zulässigkeitsentscheidung durch den Gemeinderat wird den Initiatoren ein gesonderter Bescheid zugestellt.