Antrag des Bündnis 90/Die Grünen Gerolsbach - Erstellung eines Flächenkatasters


Daten angezeigt aus Sitzung:  9. Sitzung des Gemeinderates, 13.10.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Gerolsbach) 9. Sitzung des Gemeinderates 13.10.2020 ö beschließend 13.1

Sachverhalt

Trotz zahlreicher Bemühungen ist der Abwärtstrend beim Artenschutz in Deutschland ungebrochen. Durch intensive Nutzung und Düngung verschwinden artenreiche Wiesen und mit ihnen Lebensraum und Nahrungsgrundlage zahlreicher Insekten.
Seit 1990 ist die Zahl der Grünland-Schmetterlinge um 35 % zurückgegangen. Nur 37 % der
Wildbienenarten sind in ihrem Bestand ungefährdet. Viele spezialisierte Arten bleiben in unserer intensiv genutzten Landschaft mit fehlenden Landschaftsstrukturen und extensiv genutzten Flächen auf der Strecke. Es droht der Verlust wichtiger Ökosystemleistungen, die bisher selbstverständlich in Anspruch genommen werden. Der Rückgang biologischer Vielfalt in Agrarlandschaften ist aus ökologischen wie ökonomischen Gründen kritisch zu bewerten (z.B. UBA 2015). Das Ergebnis des durch die ÖDP initiierten Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ zeigte in aller Deutlichkeit, dass sich weite Teile der Bürger der Problematik des Artenrückgangs bewusst sind und Maßnahmen, die die Situation verbessern, fordern. Es zeigte sich aber auch, dass Artenschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angegangen werden muss, in der jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten tätig zu werden hat. Natürlich kommt der Landwirtschaft als flächenmäßig größtem Nutzer (47,7 % der Fläche, Stand 2013) eine hohe Verantwortung zu, wobei es sich allerdings um Flächen handelt, die an erster Stelle einen Ertrag erzielen sollen.

Kommunale Flächen unterliegen nicht diesem Zwang, meist handelt es sich um sogenannte „Eh da - Flächen“: Das sind Flächen in Agrarlandschaften mit ihren Siedlungsbereichen, die weder einer landwirtschaftlichen noch einer gezielten naturschutzfachlichen Nutzung unterliegen. Begründungen für einen Fokus auf Artenschutz auf kommunalen Flächen finden sich z.B. in der bayrischen Verfassung (Art. 141), im Bundesnaturschutzgesetz § 1 (1) und § 2 (4), in der Agenda 2030 (Ziel 15) und in der bayrischen Biodiversitätsstrategie (2008). Im aktuellen Biodiversitätsprogramm 2030 ist zu lesen: S. 76: „4.8. Städte und Dörfer: Siedlungsbereiche und Natur erscheinen auf den ersten Blick gegensätzlich. Städte und Dörfer können jedoch artenreiche Refugien für Pflanzen- und Tierarten sein. Sie zeichnen sich oft durch ein kleinräumiges Mosaik unterschiedlichster Lebensraumtypen und einen großen Strukturreichtum aus. Typische Lebensräume sind z. B. Parkanlagen, Friedhöfe und Gärten mit altem Baumbestand und Magerwiesen, Streuobstwiesen, Gebüsch- und Heckenstrukturen. Siedlungen bieten auch Ersatz- oder zusätzliche Lebensräume für spezialisierte Arten.“ S. 78 „Handlungsbedarf: Nach wie vor ist in den meisten Städten und Dörfern Bayerns ein starkes Siedlungswachstum zu verzeichnen. Besonders wichtig ist es deshalb, bei der Siedlungsentwicklung wertvolle Grünflächen und Biotopstrukturen für Mensch und Natur zu erhalten und sie auch in Neubaugebieten vorzusehen. Kommunale Grünflächen sollten nach Möglichkeit extensiv gepflegt werden. Gewerbe- und Industrieflächen bergen ein riesiges Potenzial für die Anlage naturnaher Grünflächen. Es fehlen jedoch nach wie vor Anreize für Unternehmen, die eigenen Grundstücke entsprechend zu entwickeln.“

Die Handlungsmöglichkeiten auf kommunalen Flächen sind vielfältig und reichen von angepasster Pflege (so wenig wie möglich, so viel wie nötig), Neuanlage von Flächen bis zu einer Vernetzung von Lebensräumen. Damit flächenspezifisch angepasste Maßnahmen zukünftig geplant und nachhaltig umgesetzt werden können, ist zunächst eine Erhebung der kommunalen Flächen bezüglich ihres Zustands und ihrer bisherigen Pflege erforderlich. Diese Gesamtschau, die für Flächen in Abhängigkeit von der Nutzung (z.B. Bolzplatz, Blühfläche, Verkehrsinsel, Straßenrand, Grüngürtel mit Obstbäumen...), der Lage und weiteren Faktoren soll die Basis eines Pflegekatasters darstellen und zukünftig ein artenschutzgemäßes Pflegekonzept der Gemeinde ermöglichen.

Datenstand vom 17.11.2020 07:34 Uhr