Anmerkung: Erster Bürgermeister Martin Seitz wird aufgrund Art. 49 GO von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen.
- Einreichung eines Antrags auf Bürgerentscheids (Bürgerbegehrens) mit folgendem Inhalt:
Am 26.09.2019 reichte Herr Stefan Breyer (Vertreter der Unterzeichneten) einen Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids (Bürgerbegehren) mit der Fragestellung:
„Sind Sie dafür, dass das Aufstellungsverfahren für die 19. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Gerolsbach für die Bereiche Alberzell und Singenbach gestoppt bzw. aufgehoben wird?“
ein.
Auf den insgesamt abgegebenen 13 doppelseitigen Unterschriftenlisten sind 342 Eintragungen für die vorgenannte Fragestellung zu finden. Im Anschluss an die Fragestellung ist folgende Begründung abgedruckt:
- Stopp der weiteren Versiegelung unberührter Natur in den Dörfern Alberzell und Singenbach
- Keine weitere Lärm- und Verkehrsbelastung für Alberzell und Singenbach
- Erhalt unseres Lebensumfelds und unserer Lebensqualität für uns und unsere Kinder
- Grundsätzliches zur Zulässigkeitsprüfung bzw. -voraussetzungen:
Nach Art. 18 a Abs. 8 Satz 1 GO entscheidet der Gemeinderat unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens über dessen Zulässigkeit.
Ein Bürgerbegehren ist zulässig, wenn die mit ihm verlangte Maßnahme zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört, die Angelegenheit nicht unter den Ausschlusskatalog des Art. 18a Abs. 3 GO fällt, die Unterschriftenlisten den formellen Anforderungen entsprechen, die erforderliche Unterschriftenzahl erreicht worden ist und die Fragestellung in materiellrechtlich zulässiger Weise den Bürgerinnen und Bürgern zu Abstimmung unterbreitet werden kann.
- Eigener Wirkungskreis - Art. 18a Abs. 1 GO:
Darunter sind solche Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben und die eine Gemeinde im Rahmen ihres durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV garantierten Selbstverwaltungsrechts nach eigenen Ermessen (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 GO) frei von Zweckmäßigkeitserwägungen anderer Verwaltungsträger und damit selbstständig und eigenverantwortlich regeln kann. Zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört ferner die Bauleitplanung.
- Ausschlusskatalog – Art. 18a Abs. 3 GO
Die aufgeführte Fragestellung beinhaltet keine im „Negativkatalog“ stehende Gegenstände (Art. 18a Abs. 3 GO).
- Gemeindebürger / Unterschriftenzahl - Art. 15 Abs. 2 GO // Art. 18a Abs. 6 GO
Gemeindebürger sind diejenigen Gemeindeangehörigen, die in Ihrer Gemeinde das Recht besitzen, an den Gemeindewahlen teilzunehmen. Zum Zeitpunkt der Abgabe des Antrags auf Durchführung eines Bürgerentscheids am 26.09.2019 gab es in Gerolsbach 2.851 Gemeindebürger.
In der Gemeindeverwaltung wurden 13 Seiten abgegeben. Auf diesen Seiten sind 342 Eintragungen (Unterschriften) aufgeführt. Die Unterschriften sind nur gültig, wenn die Unterzeichner identifizierbar und am Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens Gemeindebürger sind. Nach Durchsicht der Unterschriftslisten erfolgen 26 Streichungen (8 nicht lesbar, 1 Nebenwohnung, 7 unkorrekte/falsche Adressangaben/nicht gemeldet, 6 keine Gemeindebürger [5 keine Deutschen/EU-Bürger, 1 kürzlich gemeldet], 4 keine Zuordnung möglich [nur Angabe des Nachnamen bzw. keine jun./sen. Angabe]). Somit liegen 316 gültige Unterschriften vor, das benötigte Zulassungsquorum von 285 Unterschriften wurde erreicht.
- Formerfordernisse – Art. 18a Abs. 4 GO
Zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gehören neben dem Antrag und die Fragestellung, auch die Begründung und die Benennung der Vertreterinnen oder Vertreter. Auf alle vier Elemente muss sich der Wille der Unterzeichnenden nachweislich beziehen.
Diese Erfordernisse wurden im Gegensatz zum letzten Antrag auf Bürgerbegehren erfüllt.
- Materielle Zulässigkeit
Bei der Zulässigkeitsprüfung findet neben der formellen Prüfung (Art. 18a Abs. 1 bis 6 GO) auch eine materielle Prüfung dahingehend statt, ob bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit gemeindlichen Verhaltens verstoßen wird. Bei der Zulässigkeitsentscheidung handelt es sich daher um eine rechtlich gebundene Entscheidung, dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 56 Abs. 1 GO).
Grundsätzlich ist eine abschließende materielle Frage in einem Bauleitplanverfahren, wie im eingereichten Antrag auf Bürgerentscheid aufgeführt, kritisch zu hinterfragen. Dies ist bereits dadurch ersichtlich, dass einige Bundesländer generell keine Bürgerentscheide zur Thematik Bauleitplanverfahren zulassen (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, etc.).
Im konkreten gemeindlichen Fall ist der Abwägungsprozess des Bauleitplanverfahrens insgesamt abgeschlossen (Die Genehmigung wurde beim Landratsamt beantragt). Eine Aufhebung des Aufstellungsverfahrens bzw. Beendigung der Verfahrensschritte wird unter heranziehen der ständigen Rechtsprechung unterschiedlich gewichtet.
Ein Ansatzpunkt lautet.
Die Änderung des Flächennutzungsplans ist beschlossen (Feststellungsbeschluss vom 24.06.2019), eine Aufhebung könnte durch Einleitung eines Aufhebungsverfahrens erfolgen, welches ebenfalls wie die Aufstellung eine komplexe planerische Abwägungsentscheidung darstellt. Legt man das Ansinnen des Bürgerbegehrens so aus, dass ein Aufhebungsverfahren (für die Bereiche Alberzell und Singenbach - unter Beachtung der in der Begründung dargelegten Gesichtspunkte) eingeleitet werden soll, gebe es im Aufhebungsverfahren keinerlei Abwägungsspielraum mehr. Da sich die Ziele eines Bürgerbegehrens über die gesamte Rechtsordnung erstreckt und somit auch das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Gebot, bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, beinhaltet. Dieses Abwägungsgebot setzt der direktdemokratischen Einflussnahme auf die kommunale Bauleitplanung durch Bürgerentscheid rechtliche Grenzen. Denn während die planerische Abwägung nicht in einer einmaligen Entscheidung, sondern in einem dynamischen Prozess mit einer Kette gestufter Präferenzentscheidungen unter Abschichtung von Alternativen erfolgt, zielt der Bürgerentscheid mit seiner geschlossenen, nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortbaren Fragestellung auf eine Einzelentscheidung mit beschränkt bindender Wirkung (Art. 18a Abs. 13 GO) ab. Das eingereichte Bürgerbegehren ist darauf gerichtet, den Zustand vor der Einleitung des Flächennuntzungsplanänderungsverfahrens wiederherzustellen. Diese pauschale Einflussnahme ist grundsätzlich ein unzulässiger Eingriff in die gemeindliche Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB. Der Gemeinde bliebe im Hinblick auf die Vorgabe des Bürgerbegehrens kein Planungsspielraum von substanziellem Gewicht.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist:
Bei wohlwollender Auslegung des Bürgerbegehrens (Beendigung der weiteren Verfahrensschritte) wäre das Bürgerbegehren wie folgt zu beurteilen.
Die Flächennutzungsplanänderung ist bis dato nicht rechtskräftig und der Umstand, dass ein Abwägungsprozess bereits abgeschlossen ist, ist unter Betrachtung nachfolgender Gesichtspunkte nicht schädlich für die Zulassung eines Bürgerentscheids. Die Frage, ob ein bereits eingeleitetes Bauleitplanverfahren eingestellt werden soll, könnte durchaus mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Wie bereits oben erwähnt sind Bürgerbegehren/-entscheide rechtlich unzulässig, als sie bindende Vorgaben für eine zu treffende Abwägung enthalten.
Nachdem die Beendigung (bzw. das Absehen) von der Einleitung (bzw. Durchführung) eines Bauleitplanverfahrens keiner Abwägungsentscheidung bedarf, ist eine solche auch nicht erforderlich. Es sind bis dato noch keine konkreten Rechtspositionen begründet worden und es wurde auch in keine solchen eingegriffen. Um den vorherigen Zustand wiederherzustellen, muss die Gemeinde daher keine berührten Belange abwägen. Somit ist also nach dem aktuellen Erklärungsgehalt der Fragestellung die Auslegung sachgerecht, dass jetzt ausschließlich die Fortführung der laufenden Planungen durch einen Bürgerentscheid unterbunden werden soll. Ein solcher Stopp von Bauleitplanverfahren durch ein Bürgerbegehren ist rechtlich grundsätzlich möglich, soweit dem § 1 Abs. 3 BauGB nicht entgegensteht, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte erkennbar sind.
h) Begründung – Art. 18a Abs. 4 GO
Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung.
Die aufgeführt Begründung ist recht kurz und inhaltsleer gehalten, enthält aber nach Einschätzung (im Gegensatz zu dem vormals eingereichten Bürgerbegehren) keine irreführenden Elemente.
Anmerkung: GRM Martin Winter erscheint zur Sitzung
Fazit:
Aufgrund der aufgezeigten Feststellungen kann der Antrag auf Bürgerentscheid für zulässig erklärt werden.
Beschluss:
Der eingereichte Antrag auf Bürgerentscheid (Bürgerbegehren) wird für zulässig erklärt. Ein Bürgerentscheid wird durchgeführt.
Abstimmungsergebnis: 12 : 3
Mit Nein stimmten GRM Peter Wörle, GRM Georg Ottinger und GRM Johann Kneißl
Anmerkung: Erster Bürgermeister Martin Seitz wird aufgrund Art. 49 GO von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen.
i) Durchführung des Bürgerentscheides
Anmerkung: Erster Bürgermeister Martin Seitz kann an nachstehenden Punkten an der Beratung und Abstimmung wieder teilnehmen (Es liegt kein Hinderungsgrund nach Art. 49 GO vor)
Abstimmungstag:
Den genauen Tag der Abstimmung setzt der Gemeinderat innerhalb der Durchführungsfrist (3 Monate nach Feststellungsbeschluss) nach eigenem Ermessen fest.
Abstimmungstag: Sonntag, 01. Dezember 2019
Abstimmungszeit: 08:00 bis 18:00 Uhr
Beschluss:
Der Gemeinderat spricht sich für den vorgeschlagenen Termin aus
Abstimmungsergebnis: 15 : 1
Mit Nein stimmte GRM Peter Wörle.
Berufung eines Abstimmungsleiters
Als Abstimmungsleiter wird
Herr Thomas Kreller
und als Stellvertreterin
Frau Claudia von Suckow
vorgeschlagen
Beschluss:
Der Gemeinderat spricht sich für die genannten Personen aus.
Abstimmungsergebnis: 16 : 0
Festlegung Erfrischungsgeld für Wahlhelfer
Für die Abstimmungshelfer der Durchführung des Bürgerentscheids wird folgendes Erfrischungsgeld vorgeschlagen:
30,- €
Beschluss:
Dem Vorschlag wird zugestimmt.
Abstimmungsergebnis: 16 : 0
Bildung Abstimmungsbezirk
Es werden Stimmbezirk 1 (Allgemeiner Stimmbezirk)
Rathaus Gerolsbach (Standesamtszimmer 2. OG), Hofmarkstraße 1, 85302 Gerolsbach
Stimmbezirk 2 (Briefwahlbezirk)
Rathaus Gerolsbach (Besprechungszimmer 2. OG), Hofmarkstraße 1, 85302 Gerolsbach
eingerichtet.
Zur Kenntnisnahme
Bildung Abstimmungsvorstände
Die Vorstände bestehen aus einem Vorsteher, einer mit seiner Stellvertretung betrauten Person, einem Schriftführer und dessen Stellvertreter und zwei Beisitzern. Sie werden von der Gemeinde aus dem Kreis der Gemeindebürger oder aus dem Kreis der Gemeindebediensteten bestellt.
Zur Kenntnisnahme
Gestaltung des Stimmzettels
Der Stimmzettel wird in einem DINA4-Format in blauer Farbe gedruckt und soll eine Kreuzfaltung erhalten (Darstellung wie im Umlauf gegebenes Muster).
Beschluss:
Der Gemeinderat spricht sich für die vorgeschlagene Stimmzettelgestaltung aus.
Abstimmungsergebnis: 16 : 0
Bildung Abstimmungsausschuss
Im Abstimmungsausschuss sind der Abstimmungsleiter als vorsitzendes Mitglied und vier von ihm berufene Beisitzer. Bei der Berufung der Beisitzer sind die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens sowie die im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen entsprechend ihrer Bedeutung in der Gemeinde zu berücksichtigen. Keine Gruppierung darf durch mehrere Beisitzer vertreten sein.
Zur Kenntnisnahme