Seit 2011 wird der reduzierte Winterdienst im Gemeindegebiet Gilching durchgeführt (Beschluss Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschusses vom 23.05.2011).
In der Winterperiode 2023/2024 kamen Beschwerden aus der Bürgerschaft über die „katastrophale“ Verkehrssituation in den vielen nicht geräumten und vereisten Straßen im Gemeindegebiet.
Ebenfalls wurde über schlecht geräumte Gehwege und Gehbahnen geklagt.
Wie wird der Winterdienst in der Gemeinde Gilching aktuell durchgeführt
Durch 18 Mitarbeiter am Bauhof der Gemeinde Gilching werden ca. 55 km Winterdienststrecke bearbeitet.
Im Einzelnen sind dies
- im Beschluss vom 23.05.2011 festgelegten Straßen
- Radwege und gemeinsame Geh.- und Radwege. Vorgabe durch die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommunen in Bayern
- Fußgängerüberwege (Ampelanlagen und Querungshilfen)
Vorgabe BayStrWG
Die Gehwege und Gehbahnen im Gemeindegebiet sind durch die Grundstückseigentümer zu räumen und zu streuen.
Dies ist in der „Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter i.d.F.v.26.01.2021“ geregelt.
Die Gehwege/Gehbahnen an den Liegenschaften der Gemeinde Gilching (Schulen, Grünanlagen, Wohngebäuden) werden ebenfalls durch den Bauhof/ Hausmeister der Gemeinde geräumt.
Wie in der unten Tabelle ersichtlich ist kein signifikanter Unterschied der Summe an Arbeitsstunden in den letzten drei Winterperioden erkennbar.
In der angefügten Tabelle ist der Streusalzverbrauch dargestellt.
Zu was ist die Kommune „gesetzlich“ Verpflichtet
Im Bayerischen Straßen- und Wegegesetzt ist der Unterhalt für öffentlich gewidmete Flächen geregelt.
Art. 51
Gemeindliche Beleuchtungs-, Reinigungs-, Räum- und Streupflicht, Verordnungsermächtigung
(1) 1Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung haben die Gemeinden innerhalb der geschlossenen Ortslage nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen zu beleuchten, zu reinigen, von Schnee zu räumen und alle gefährlichen Fahrbahnstellen, die Fußgängerüberwege und die Gehbahnen bei Glätte zu streuen, wenn das dringend erforderlich ist und nicht andere auf Grund sonstiger Rechtsvorschriften (insbesondere der Verkehrssicherungspflicht) hierzu verpflichtet sind. 2Dabei sollen vorrangig umweltfreundliche Streumittel verwendet werden. 3Die Verwendung von Streusalz und umweltschädlichen anderen Stoffen ist dabei auf das aus Gründen der Verkehrssicherheit notwendige Maß zu beschränken.
Im Gesetz ist nicht genau definiert was, wann, wie, zu tun ist.
Hier müssen sich die Kommunen auf die Rechtsprechung beziehen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer hat ein Sonderheft zur haftungsrechtlichen Organisation im Interesse zur Schadensverhütung erarbeitet.
Diese Unterlage nutzen wir als Handlungsleitfaden für die Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht.
Vereinfacht dargestellt wird im Winterdienst grundsätzlich zwischen dem fußläufigen und dem Fahrzeugverkehr unterschieden.
Eine Unterscheidung wie im Beschluss nach Räum- und Salzstrecke gibt es nicht.
Der Fußverkehr hat eine hohe Anforderung an die Verkehrssicherungspflicht im Vergleich zum Fahrzeugverkehr.
Die Sicherung der Gehwege und Gehbahnen ist in der Gemeinde Gilching über eine Verordnung an die Grundstückseigentümer übertragen.
Hier ist zu berücksichtigen, dass diese Last auf die breiten Schultern der Eigentümer von ca. 4.500 Grundstücken verteilt ist, dem gegenüber stehen die 18 Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofes.
Für den Fahrzeugverkehr besteht eine relativ geringe Verkehrssicherungspflicht.
Es besteht nur eine Räum- und Streupflicht an „verkehrswichtigen und besonders gefährlichen Straßenabschnitten“ laut Urteil vom BGH, a.a.O., VersR 1991, 665; OLG Dresden, Beschluss v. 16.08.1995.
Das eine Straße als verkehrswichtig im Sinne der Rechtsprechung eingeordnet wird, muss sie eine überregionale Funktion aufweisen, z.B. Brucker Straße – Anschluss an die Westumgehung.
Als gefährlich gelten scharfe und unübersichtliche Kurven, auffallende Verengungen, Gefällestrecken, Straßenkreuzungen und Einmündungen, zu Glättebildung neigende Brücken und Straßenabschnitte an Wasserläufen.
Beide Voraussetzungen müssen für eine Winterdienstpflicht gegeben sein.
Fazit: Die Gemeinde Gilching führt derzeit einen weit über die gesetzliche Verpflichtung hinausreichenden Winterdienst durch.
Welche Auswirkungen haben außergewöhnliche Wetterereignisse auf den Arbeitseinsatz im Bauhof
Im Dezember 2023 kam es an zwei Tagen zu einem außergewöhnlichen Schneeereignis.
Die hohen Schneemassen führten zu einer erhöhten Unfallgefahr für alle Verkehrsteilnehmer und der Erste Bürgermeister Manfred Walter hat den Winterdienst in allen Straßen im Rahmen einer dringlichen Anordnung beauftragt.
Dieser außergewöhnliche Einsatz hat zu folgenden Einsatzstunden geführt
sowie zu einem gesteigerten Streusalzeinsatz.
Ein Regelarbeitstag am Bauhof hat bei dem vorhandenen Personal ca. 144 Mannstunden.
Im Bedarfsfall können Überstunden angeordnet werden, die laut Dienstvereinbarung bis zum 15., des Folgemonats abgebaut werden müssen.
Auch bei einem solchen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk,- Schicht- und Ruhezeiten eingehalten werden.
Im Diagramm ist zu erkennen, dass auch an den Folgetagen die verfügbaren „Mannstunden“ nur für den Winterdienst aufgewendet wurden.
Anderer Arbeitseinsatz (z.B. Gehölzschnitt, Müllrunde, Hundekotstationen,) war daher nicht möglich.
Das Personal musste die angefallenen Überstunden laut Dienstvereinbarung abbauen.
Ausblick in die Zukunft
- Wird der reduzierte Winterdienst (Beschluss 2011) weiterhin im bisherigen Ausmaß durchgeführt, werden durch Vorgaben im Arbeitszeitgesetz zusätzlich 3 Mitarbeiter im Winterdienst benötigt.
Hintergrund ist die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.
2023 wurde von der Europäischen Kommission eine Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG erarbeitet. Der Kommunale Arbeitgeberverband hat daraufhin seine Mitglieder informiert das diese Vorgaben auch im kommunalen Winterdienst umzusetzen sind.
- Sollte der Winterdienst zusätzlich auf allen Fahrbahnen der Anliegerstraßen durchgeführt werden, ist dies eine zusätzliche Strecke von ca. 35 km. Für einen wirtschaftlich und technisch durchführbaren Winterdienst wäre es zwingend notwendig in allen Anliegerstraßen ein Halteverbot während der gesamten Winterdienstperiode einzurichten.
Zusätzlich müssten mindestens 5 Mitarbeiter eingestellt werden und zwei zusätzliche Winterdienstfahrzeuge beschafft werden.
Der Streusalzverbrauch würde sich durch die zusätzlichen Strecken um ca. 60% erhöhen. (Streusalzverbrauch 2023/24 700 t).
- Im Beschluss vom reduzierten Winterdienst wird zwischen Räumstrecke und Salzstrecke unterschieden.
Die Erfahrungen der letzten Winterdienstperioden, ausgenommen das Ereignis im Dezember 2023, haben gezeigt, dass bei Räumstrecken keine Verkehrsverbesserung durch „nur räumen“ eintritt.
Räumstrecken werden derzeit nur bei Schneehöhen über ca. 15 cm geräumt, so dass eine geschlossene Schneedecke verbleibt.
Ist keine geschlossene Schneedecke vorhanden, taut bei den milden Tagestemperaturen die dünne verbleibende Schicht an und bildet bei Nachtfrost eine Eisschicht, ansonsten ist hier ein Streusalzeinsatz notwendig.