Der Ausschuss für Planung und Entwicklung hat sich in seiner nichtöffentlichen Sitzung am 11.03.2021 eingehend mit der städtebaulichen Entwicklung des Grundstückes an der Nördlichen Münchner Straße 2, 82031 Grünwald befasst.
Das Plangebiet umfasst das Grundstück Fl. Nr. 619 und ist 3.722m² groß. Der Flächennutzungsplan weist die Fläche als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) aus und wird nach § 34 BauGB beurteilt. Der ebenfalls gültige (einfache) Bebauungsplan Nr. B 35 sieht für das Grundstück eine Geschossflächenzahl von 0,5 und eine Grundflächenzahl von 0,3 vor. In dem Zusammenhang wurde im Ausschuss für Planung und Entwicklung zur südlich angrenzenden Wohnbebauung (10 Reihenhäuser) nachgefragt, wie dort das Maß der baulichen Nutzung ist und wann dieser Häuser realisiert worden sind. Die Recherche im Archiv ergab, dass sowohl Grund- als auch Geschossflächenzahl leicht überschritten wurden und die Reihenhausanlage im Sommer 1977 fertiggestellt worden ist.
Im Jahr 2008 ist den damaligen Eigentümern die bauaufsichtliche Genehmigung zum Umbau- und zur Erweiterung der bestehenden Gaststätte „Grünwalder Einkehr“ mit 403 Gastplätzen in der Wirtschaft und 100 Plätzen im Wirtsgarten erteilt worden. Die in der Folgezeit maßvoll umgestaltete Gaststätte wurde im November 2009 neu eröffnet. Sie wird seither ohne weitere bauliche Änderungen betrieben.
Im vergangenen Jahr ist die gesamte Liegenschaft verkauft worden. Am 17.02.2021 sind durch die neuen Eigentümer (SBI Real Estate aus München) konkrete Pläne für ein Neubauvorhaben vorgestellt worden vgl. anliegende Präsentation.
Aus der Präsentation ist klar ersichtlich, dass das Grundstück völlig neu geordnet wird. Die komplette Bestandsbebauung soll beseitigt und durch den Bau einer Wohnanlage mit 14 Wohnungen (verteilt auf drei Geschosswohnungsbauten) zzgl. einer Tiefgarage mit 28 Stellplätzen, 5 oberirdischen Stellplätzen und einem Kinderspielplatz sowie entsprechenden Fahrradabstellplätzen ersetzt werden.
Aus der Sicht der Gemeinde ist das Ensemble am nördlichen Orteingang von herausragender städtebaulicher und ortsgestalterischer Bedeutung. Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:
Das Plangrundstück stellt den ältesten Siedlungskern im Ortsteil Geiselgasteig dar.
Die heutige Grünwalder Einkehr wurde erstmals zwischen 1155 und 1160 urkundlich erwähnt. Im Jahr 1426 verkauften die damaligen Eigentümer ihren Hof zu „Geyselgasta“ an Herzog Wilhelm von Bayern. Dieser richtete auf dem Hof eine Schwaige für Viehzucht ein und verpachtete das Gut an „Bauersleute“, die gegen „Reichtung einer jährlichen Gült“ die Schwaige nutzen konnten. 1903 zieht die erste „bayerische wirtschaftliche Frauenschule“ ins Herrenhaus ein. Dr. A. Engelsperger gründet 1909 eine Schule für Kinder. 1937 werden die Gebäude zu Wohnzwecken umgebaut. 1903 wird die „Einkehr Geiselgasteig“ als Restaurant im Biedermeierstil erbaut. Die gegenüberliegende Kapelle Hl. Blut wurde 1627 durch den der Schwaiger von Geiselgasteig, Balthasar Ronpacher, erbaut.
(Quelle der Chronik: Josef Brückl, Grünwald - Chronik eines Dorfes an der Isar / Herausgeber: Vereinigung der Freunde Grünwalds)
Zwar wurde das Grundstück durch die Siedlungstätigkeit in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch das Ortsgebiet der Gemeinde Grünwald umschlossen, dennoch kann es gemeinsam mit der an der Nördlichen Münchener Straße gegenüber liegenden Kapelle Hl. Blut noch heute als nördliche Ortseingangssituation wahrgenommen werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es sich hierbei – von Norden kommend – noch immer um das erste Gebäude auf der Isarseite handelt. Die Kapelle Hl. Blut markiert zudem den Abzweig zur Robert-Koch-Straße, die eine zentrale Rolle in der Siedlungsentwicklung des Ortsteils Geiselgasteig eingenommen hatte. Die Kapelle Hl. Blut ist als Baudenkmal erfasst, zusätzlich befindet darunter ein frühzeitliches Bodendenkmal. Die Grünwalder Einkehr ist aufgrund von baulichen Veränderungen bisher nicht als Baudenkmal aufgenommen worden. Zusammenfassend handelt es aus Sicht der Gemeinde Grünwald aus den genannten Gründen um ein städtebaulich bedeutsames und schützenswertes Gebäudeensemble, welches auch in Zukunft den nördlichen Ortseingang der Gemeinde Grünwald markieren soll.
Am 16.03.2021 fand auf dem Grundstück mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Herrn Dr. Körner und dem Landratsamt München, Frau Backs als untere Denkmalschutzbehörde sowie den Eigentümern, dem Kreisheimatpfleger sowie der Gemeinde Grünwald eine Ortseinsicht mit folgendem Ergebnis statt:
Dr. Körner stellt klar, dass die Gaststätte mit Nebenanlagen und dem vorhandenen Umfeld kein Einzelbaudenkmal darstellt. Evtl. ließe sich in Bezug auf die gegenüberliegende Heilig Blut Kapelle und den wenigen Fragmenten der Gaststätte (z.B. Torbogen) noch ein Straßenensemble darstellen.
Dies festzustellen obliegt, lt. Dr. Körner dem sog. Landesdenkmalrat (angegliedert beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst). Jedenfalls ist das unmittelbar angrenzende Gebiet als historisch bedeutsam zu würdigen.
Auf Nachfrage der neuen Eigentümer zur Zeitschiene, wann in etwa mit einer Entscheidung des Landesdenkmalrates zu rechnen ist – teilt Dr. Körner mit, dass dieser Rat ca. zwei Mal im Jahr tagt – derzeit aber ziemlich überlastet ist, aufgrund der Vielzahl der Fälle in Bayern.
Anlass und Ziel der Planung
Anlass der Planung ist der Wunsch des Grundstückeigentümers, den baulichen Bestand komplett abzubrechen und das Grundstück mit einer Wohnanlage (14 Wohnungen verteilt auf drei Gebäudekomplexe zzgl. Tiefgarage) neu zu bebauen. Das Ziel der Planung ist, die beschriebene städtebauliche Anordnung aufgrund ihrer historischen Bedeutsamkeit und ihrer noch heute bestehenden, prominenten Bedeutung für das Ortsbild am nördlichen Ortseingang zu erhalten und für die Zukunft fortzuentwickeln.
Dies soll durch die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans nach § 30 Abs. 3 BauGB erfolgen, der sich auf die Festsetzung der bisher nicht geregelten, städtebaulich prägenden Inhalte beschränkt.
Entgegen der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Planung und Entwicklung hier einen qualifizierten Bebauungsplan zu erlassen, wird nach Rücksprache mit den Rechtsanwälten Hr. Geislinger und Hr. Brey vorgeschlagen, den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. B 55 „Grünwalder Einkehr“ als einfachen Bebauungsplan zu fassen. Grund hierfür ist, dass die Bandbreite der baulichen Nutzung, die sich aus der vorhandenen Umgebungsbebauung ableiten lässt, weiterhin zugelassen werden kann und gleichzeitig die gemeindlichen Vorstellungen zur Festsetzung von Wand- und Firsthöhen sowie die Festsetzung von Firstrichtungen, Dachformen und Dachneigungen auch im Rahmen eines einfachen Bebauungsplanes umgesetzt werden können. Daher ergeht folgender
Grobplanung mit Grundidee der Bebauungsplanung