Anmietung bzw. Verpachtung von Dachflächen zur Solarenergienutzung; Antrag GR-Mitglied Zeppenfeld vom 19.07.2021;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 26.10.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 26.10.2021 ö beschließend 6

Sachverhalt

GR-Mitglied Zeppenfeld stellt den Antrag, dass die Geschäftsführung der Erdwärme Grünwald GmbH beauftragt wird, eine Anmietung bzw. Verpachtung von Dachflächen zur Solarenergienutzung zu prüfen und dafür ein Konzept vorzulegen.

Das Geschäftsmodell der Dachpacht zum Betrieb von PV-Anlagen existiert seit der Einführung des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) im Jahr 2001 und basiert auf der darin fixierten lukrativen Einspeisevergütung für PV-Strom. Das EEG bzw. das vorher existierende Stromeinspeisungsgesetz regeln die Pflicht der Energieversorgungsunternehmen (in Grünwald die Bayernwerk AG) regenerativen Strom vorrangig abzunehmen und zu vergüten, unabhängig von Lieferzeit und Liefermenge.

Die Förderung von eingespeistem Photovoltaikstrom ist einer systematischen Degression unterzogen. Bei Inkrafttreten des EEG im Jahr 2001 lag die Vergütung pro kWh noch bei über 50 Cent, im Jahr 2021 ist sie bereits unter 8 Cent gefallen. Die Degression wurde eingeführt, weil die spezifischen Kosten von PV seit Einführung des EEG um ca. 70 % gesunken sind, außerdem ist es Ziel des EEG durch staatliche Förderung Strom von PV-Anlagen marktfähig zu machen. Die anfängliche Förderung soll damit obsolet werden. 

Aufgrund der sinkenden Vergütung für Einspeisung wird der Eigenverbrauch des PV-Stroms zunehmend attraktiver und auch durch die Förderung von Stromspeichern und den Erlass der EEG-Umlage, welche normalerweise auf eigenverbrauchten Strom zu zahlen ist, subventioniert. Mit jeder eigenverbrauchten kWh erspart man sich den Strompreis, da man diese normalerweise aus dem öffentlichen Stromnetz beziehen müsste. Hier liegt die Ersparnis bei mittlerweile ca. 30 Cent, Tendenz steigend gegenüber ca. 7-8 Cent EEG-Vergütung für eingespeisten Strom, Tendenz fallend.

Eigenverbrauch ist jedoch nur möglich, wenn der Anlagenbetreiber und der Anschlussnutzer, der den Eigenverbrauch geltend machen möchte, personenidentisch sind. Ist das nicht der Fall, muss der Anlagenbetreiber den Strom in das öffentliche Netz einspeisen oder den Strom direkt im Gebäude an den Anschlussnutzer verkaufen. Dabei muss er aber alle Pflichten eines Stromanbieters wie gesetzeskonforme Stromverträge, Rechnungen, Messstellenbetrieb und die digitale Kommunikation mit den anderen Marktteilnehmern erfüllen. Der Anschlussnutzer behält dagegen weiterhin das Recht, jederzeit den Anbieter zu wechseln und muss den angebotenen Strom nicht abnehmen.

Soll Strom ohne die Vergütung nach EEG über das öffentliche Stromnetz an andere Endkunden verkauft werden, muss der Verkäufer über die bereits genannten Aufgaben hinaus weitere Pflichten erfüllen. Die Einhaltung der geltenden Marktregularien für Stromlieferung im öffentlichen Netz bedürfen einem umfangreichen energiewirtschaftlichen Know-how, speziellen EDV-Systemen für Energieversorgungsunternehmen sowie umfangreiche prognostizierbare Erzeugungskapazitäten.

Aktuell verkauft die Erdwärme Grünwald keinen Strom, sondern speist diesen gegen EEG-Vergütung ein bzw. verbraucht ihn selber. Die EWG verfügt über keine freien personellen Kapazitäten, weder um erzeugten Strom in Gebäude zu verkaufen, noch ihn über das öffentliche Stromnetz an andere Endkunden zu liefern. Der durch die EWG erzeugte Strom wird momentan nur auf Basis des EEGs eingespeist und entsprechend vergütet, ohne dass die EWG dabei als Stromversorger auftritt.  

PV-Anlagen auf privaten Wohngebäuden rein durch EEG-Vergütung zumindest kostendeckend zu betreiben, ist aktuell nicht mehr möglich. Die spezifischen Kosten für ein kWp auf privaten Wohngebäuden belaufen sich aktuell je nach Anlagengröße auf ca. 
1.300 € - 1.700 €. Die Erträge bei einer optimal ausgerichteten Anlage stehen dagegen mit maximal 1.600 € summiert auf den gesamten Förderzeitraum von 20 Jahren, Tendenz fallend. Die Betriebskosten der Anlage betragen in 20 Jahren zusätzlich ca. 300 € pro kWp. Der finanzielle Einsatz überschreitet damit den Ertrag auch ohne Berücksichtigung von Inflation, Zinsen und Risiko sowie notwendigem Projektierungs- und Verwaltungsaufwand bei Weitem. Aus diesem Grund ließen sich bei entsprechender Recherche auch keine Anbieter mehr für ein solches Unterfangen ermitteln. Dachflächen unter 700m² werden auf diese Weise nicht mehr für Photovoltaikanlagen gepachtet.

Zur grundsätzlichen Steigerung der Anzahl an PV-Anlagen auf Gebäuden in der Gemeinde Grünwald, plant die Verwaltung daher aktuell die Durchführung einer sogenannten PV-Beratungsaktion vor. Dabei werden interessierte Bürger im Rahmen einer kostenfreien Informationsveranstaltung die Vorteile und der Nutzen solcher Anlagen nähergebracht. Im Anschluss erstellt die Gemeinde für konkrete Interessenten im Rahmen eines Vor-Ort-Termins durch das Umweltamt eine vorläufige Anlagenplanung und holt diverse Angebote ein. Der Bürger wird von der Gemeinde bis zur Inbetriebnahme der Anlage begleitet und unterstützt. Dieses Projekt soll nachfrageabhängig wiederholt werden. Durch die Begleitung des Bürgers durch die Gemeinde erhält der Bürger eine unabhängige Betreuung und Beratung bis zum Abschluss des Vorhabens. Etwaige Unsicherheiten und Befürchtungen zum Thema PV sollen damit ausgeräumt und mehr Bürger dazu bewegen werden, sich auch selbstständig eine PV-Anlage auf ihrem Gebäude installieren zu lassen.

Das Photovoltaikpotenzial im Gemeindegebiet von Grünwald ist enorm. Um es zu schöpfen, bedarf es jedoch mehr als nur finanziellen Anreizen. Es müssen Gerüchte beseitigt, Bedenken ausgeräumt und Fehlinformationen widerlegt werden. Die Photovoltaik-Beratungsaktion hat das Ziel, Bürger vollumfänglich von der ersten Idee bis zur Inbetriebnahme der PV-Anlage zu beraten und zu betreuen und dadurch den Photovoltaikausbau in der Gemeinde beschleunigt voranzutreiben. 

Die Vorteile für die teilnehmenden Bürger liegen dabei in der ganzheitlichen und unabhängigen Begleitung. Durch die Gemeinde erhalten sie eine neutrale, kompetente Beratung und Betreuung, gesammelte, vergleichbare und kostengünstige, aber qualitativ hochwertige Angebote sowie einen zuverlässigen Ansprechpartner für alle Fragen und Probleme während der Umsetzung.    

Durch eine erfolgreiche Photovoltaik-Beratungsaktion kann die Gemeinde einen entscheidenden Schritt hin zur Erfüllung ihres Beitrags hin zu einer ökologischen Energieversorgung machen. Bürger, die in Ihrer Entscheidung noch schwanken, werde „mitgerissen“ und letztendlich durch umfassende Informationen überzeugt. Durch die gemeinschaftliche Aktion entsteht eine Gruppendynamik und gibt Allen Sicherheit in ihren Entscheidungen. Durch die verstärkte Anzahl von erfolgreich und reibungslos installierten PV-Anlagen werden auch andere Bürger zur Anschaffung einer eigenen PV-Anlage motiviert. 

Auch die teilnehmenden regionalen Installateurbetriebe profitieren von der Aktion. Die Gemeinde liefert einen großen Kundenkreis und eine erste Anlagenplanung, die bereits die wichtigsten Rahmenbedingungen des Vorhabens enthält. Dadurch können die Betriebe zügig und mit deutlich geringerem Aufwand Angebote erstellen. Die Kunden müssen nicht mehr von der PV-Anlage, sondern nur noch vom jeweiligen Betrieb überzeugt werden, was sich auch in den angebotenen Preisen ausdrücken sollte.

Beschluss

  1. Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beschließt von einer Anmietung bzw. Verpachtung von Dachflächen zur Solarenergienutzung abzusehen.

  1. Der Gemeinderat Grünwald beschließt die Durchführung einer sogenannten PV-Beratungsaktion wie von der Verwaltung dargestellt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 24, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.11.2021 11:15 Uhr