1. Bürgermeister Neusiedl leitet in den Tagesordnungspunkt ein und erläutert zunächst, wie bereits in vorangegangenen Sitzungen, die Verteilung der Asylbewerber und Flüchtlinge nach dem sog. Königsteiner Schlüssel. Herausgestellt wird hierbei, dass es sich dabei um eine Staatsaufgabe des Landkreises handelt. Eine Kommune ist das letzte Glied in der Reihe und letztendlich nur unterstützend in das Thema involviert.
Er betont, dass es sich bei der Traglufthalle in Wörnbrunn nicht um eine Erstaufnahmeeinrichtung, sondern um eine Notunterkunft des Landkreises handelt, die eine sog. Drehscheibenfunktion hat. Hier werden Asylbewerber aufgenommen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.
1. Bürgermeister Neusiedl verweist auf die aktuelle Prognose des Landratsamtes München, wonach Grünwald 296 Flüchtlinge unterzubringen hat. Davon sind derzeit 69, davon 3 unbegleitete Minderjährige, in dezentralen Unterkünften sowie 281 in der Traglufthalle untergebracht.
Die Aufgabe der Gemeinde Grünwald wie auch der Bürger ist es, mit den Menschen, die Hilfe brauchen, menschlich umzugehen. Eine menschliche Einstellung kann nicht an einer Partei oder einer sonstigen Zugehörigkeit festgemacht werden. Die einzige Alternative wäre, sich nicht um die Menschen zu kümmern und diese ihrem Schicksal alleine zu überlassen.
Bei aller Kritik an der Politik ist es die Pflicht und Aufgabe aller Grünwalder in solch einer Situation zusammen zu halten. Auch ist es die Aufgabe des Gemeinderates zu versuchen, diese enorme Herausforderung anzugehen. Der Gemeinderat beschäftigt sich seit langen intensiv und ausführlich mit dem Thema.
Zusammen mit dem örtlichen Helferkreis, der mit über 200 freiwilligen Helfern eine enorme Leistung erbringt, werden den Flüchtlingen eine Vielzahl von Möglichkeiten geboten, die in Deutschland gebotenen Regelungen im gegenseitigen Umgang wie auch die deutsche Sprache zu lernen. Hierbei ist es sicherlich wichtig, dass die Flüchtlinge keine Besserbehandlung als die schon hier lebende Bevölkerung erfahren.
Da es von der politischen Entscheidung der Regierung von Deutschland sowie von der Europäischen Union abhängt, weiß letztendlich niemand, wie viele Flüchtlinge noch in Deutschland ankommen werden.
Erklärtes Ziel des Gemeinderates ist seit jeher die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen.
Die Unterbringung derer ist jedoch eingerahmt in die Problematik der Lage des Ortes. So ist Grünwald einerseits auf drei Seiten vom Staatsforst und auf einer Seite von der Isar eingegrenzt, so dass zunächst für die Notunterbringung letztendlich nur Wörnbrunn in Frage kam.
Für eine dezentrale Unterbringung gibt es viele, und für die Nachbarn verträgliche Ansätze wie z.B. in der Tölzer und Oberhachinger Straße. Auch eine Unterbringung im ehemaligen Gutshof Wörnbrunn wurde geprüft, scheiterte letztlich an der Bausubstanz.
Künftig werden in der Laufzorner Straße 30 12 unbegleitete Minderjährige untergebracht. Die 24-stündige Betreuung wird über die Regierung von Oberbayern organisiert.
Weiter versucht das Landratsamt stetig auch private Unterkünfte zur Unterbringung von Flüchtlingen anzumieten. Hierzu wird die Gemeinde nur zum Teil informiert.
Das immer wieder ins Gespräch gebrachte Grundstück neben der Polizei wird derzeit noch als Lager für die Bauarbeitern der Geothermie benötigt.
Das nachhaltige Gerücht, in Wörnbrunn werde eine zweite Traglufthalle errichtet, ist schlichtweg falsch. Im ehemaligen Mahag-Gebäude sollten zunächst Mitarbeiter untergebracht werden, was ab an den Brandschutzbestimmungen scheiterte. Nach weiteren Untersuchungen gewährleistet nun aber das Landratsamt die brandschutzrechtlichen Bestimmungen zur Unterbringung von Flüchtlingen.
Somit wird also Schritt für Schritt versucht, Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Der Wunsch, der auch an das Landratsamt vor Eröffnung der Traglufthalle weitergegeben wurde, sich den Personenkreis der Flüchtlinge aussuchen zu können, ist nicht zu verwirklichen, da ausschließlich das Landratsamt entscheidet, wer wo und wann untergebracht wird, dies ist abhängig von der Zuweisung durch die Regierung von Oberbayern.
Weiter verweist 1. Bürgermeister Neusiedl, dass es im letzten Jahr zusammen mit dem Landrat und der örtlichen Polizei eine umfangreiche Informationsveranstaltung im Bürgerhaus gegeben hat. Eine weitere Informationsveranstaltung werde es erst geben, wenn Neuigkeiten oder neue Sachstände vorliegen.
1. Bürgermeister Neusiedl verweist auf die sich im Umlauf befindlichen Gerücht in verschiedener Qualität, die letztendlich häufig im Nachgang vom hören/sagen entstehen. Von Seiten der Gemeinde Grünwald werde alle Hinweise umgehend an die Polizei weitergegeben. In den meisten Fällen wurde bislang keine Anzeige erstattet. Um nicht die eigene Glaubwürdigkeit zu beschädigen, sollte man den Wahrheitsgehalt einer Aussage nachweisen können.
Hierbei unterstreicht 1. Bürgermeister Neusiedl das Gerücht, dass er gesagt habe, „wer Gerüchte verbreitet, macht sich strafbar“. Er zitiert hierbei seine Aussage wie folgt: „Uns als Gemeinde ist an einem friedlichen Miteinander gelegen. Wir möchten, dass niemand in Angst leben muss. Wir möchten aber nicht, dass durch Gerüchte, bewusst oder unbewusst, falsche Wahrheiten ausgestreut werden, die vielleicht den Frieden stören können. Mit Gerüchten ist niemanden geholfen. Sollten aber tatsächlich Straftaten begangen werden, bitte ich Sie, umgehend die Polizei zu rufen bzw. Anzeige zu erstatten. Dieser Schritt ist notwendig, um falsches Handeln auch zu ahnden.“
Abschließend zitiert 1. Bürgermeister Neusiedl folgende Antworten des Landrates, die kürzlich auf Fragen in Grünwald zur Verfügung gestellt wurden:
- Die Kapazität der Traglufthalle wird der Gemeinde Grünwald (unabhängig von der tatsächlichen Belegungszahl, die regelmäßig geringer sein wird) in voller Höhe auf die "Quote" angerechnet.
- Wie in allen anderen Städten und Gemeinden auch, beabsichtigt der Landkreis die Unterbringung von so vielen Asylbewerbern in Grünwald, wie dies dem Anteil Grünwalds an der Gesamtbevölkerung des Landkreises entspricht. Ausgehend davon, dass 9.000 Flüchtlinge insgesamt im Landkreis unterzubringen sind, strebt das Landratsamt Mnchen deshalb die Anmietung von Wohnraum für insgesamt 296 Menschen an. Wird dies nicht mehr durch die Traglufthalle gewährleistet, müssen Unterkünfte an anderer Stelle im Gemeindegebiet gefunden werden.
- Der Landkreis strebt seit jeher an, möglichst wenig Turnhallen und diese möglichst kurz zu belegen, weil eine solche Notunterkunft in mehrfacher Hinsicht denkbar schlecht - für die Flüchtlinge wie für die einheimische Bevölkerung - geeignet ist.
- Die Traglufthalle ist für zwölf Monate angemietet, eine Verlängerung der Standdauer ist nicht vereinbart. Eine solche Verlängerung ist jedoch möglich, der Mietvertrag enthält eine entsprechende Option. Diese Option zieht der Landkreis nur in Abstimmung mit der Gemeinde, also nur dann, wenn der Gemeinderat der Verlängerung der Standdauer der Traglufthalle ausdrücklich zustimmt oder/und diese wünscht.
Die Gemeinde hat beschlossen, auch weiterhin alle Möglichkeiten zur Unterbringung von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen zu prüfen und bei Machbarkeit auszuschöpfen.
Konkrete Baumaßnahmen, beispielsweise in der Tölzer Straße bei der Polizei, sind derzeit nicht geplant und müssen dem Gemeinderat zu Beschlussfassung vorgelegt werden.
Im Anschluss gibt die Asylsozialberaterin vom Verein 'Hilfe von Mensch zu Mensch e.V.', Verena Luft, einen Einblick in ihre tägliche Arbeit in der Traglufthalle.
Zusammen mit zwei Kolleginnen, alle zusammen zwischen 25 und 30 Jahre alt, betreuen sie von Anfang an die Traglufthalle in Wörnbrunn, in der rund 50% der Flüchtlinge aus Afghanistan kommen. Insgesamt herrscht eine gute Stimmung. Die meisten der Flüchtlingen sind unter 25 Jahre alt. Die Asylsozialarbeiterinnen wurden von Beginn ihrer Tätigkeit an akzeptiert und respektiert und ihre Arbeit sehr geschätzt. Es gab bis dato keinerlei Übergriffe auf die Betreuerinnen. Lediglich gibt es hin und wieder Auseinandersetzungen unter den Flüchtlingen, die meistens kulturell bedingt sind.
Da eine stetige Beschäftigung der Flüchtlinge sehr wichtig ist, arbeiten die Asylsozialarbeiterinnen intensiv mit dem Helferkreis zusammen. So werden Deutschkurse in der Halle wie auch im PC-Container, Sport, Kochnahmittage und Spieleabende regelmäßig abgehalten. Die Deutschlehrer sind überwiegend Frauen und werden von den Flüchtlingen höflich und zuvorkommend behandelt.
Zur täglichen Arbeit gehört auch die Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, die Vereinbarung von Arztterminen sowie die Unterstützung bei Terminen im Jobcenter. Verschiedene Flüchtlinge, die englisch sprechen, unterstützen hierbei ihre Arbeit als Dolmetscher.
Darüber hinaus finden mindestens einmal im Monat Gruppengespräche mit jeweils ca. 20 Flüchtlingen statt, bei denen die in Deutschland vorherrschenden Sitten, aber auch verschiedenste Verhaltensregeln nahegebracht werden.
Frau Luft bittet um Verständnis, dass die Flüchtlinge Zeit brauchen, um sich Schritt für Schritt in Deutschland einzuleben. Sie kommen aus Not und wissen nicht, was auf sie zukommt. Darüber hinaus gibt es bis dato auch keine Probleme mit Moslems.
Aus der im Anschluss geführten Diskussion ergeben sich keine weiteren neuen
Gesichtspunkte.