Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. B 55 - Grünwalder Einkehr; Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. B 55 - Grünwalder Einkehr;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 23.03.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 23.03.2021 ö beschließend 4

Sachverhalt

Der Ausschuss für Planung und Entwicklung hat sich in seiner nichtöffentlichen Sitzung am 11.03.2021 eingehend mit der städtebaulichen Entwicklung des Grundstückes an der Nördlichen Münchner Straße 2, 82031 Grünwald befasst.

Das Plangebiet umfasst das Grundstück Fl. Nr. 619 und ist 3.722m² groß. Der Flächennutzungsplan weist die Fläche als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) aus und wird nach § 34 BauGB beurteilt. Der ebenfalls gültige (einfache) Bebauungsplan Nr. B 35 sieht für das Grundstück eine Geschossflächenzahl von 0,5 und eine Grundflächenzahl von 0,3 vor. In dem Zusammenhang wurde im Ausschuss für Planung und Entwicklung zur südlich angrenzenden Wohnbebauung (10 Reihenhäuser) nachgefragt, wie dort das Maß der baulichen Nutzung ist und wann dieser Häuser realisiert worden sind. Die Recherche im Archiv ergab, dass sowohl Grund- als auch Geschossflächenzahl leicht überschritten wurden und die Reihenhausanlage im Sommer 1977 fertiggestellt worden ist.

Im Jahr 2008 ist den damaligen Eigentümern die bauaufsichtliche Genehmigung zum Umbau- und zur Erweiterung der bestehenden Gaststätte „Grünwalder Einkehr“ mit 403 Gastplätzen in der Wirtschaft und 100 Plätzen im Wirtsgarten erteilt worden. Die in der Folgezeit maßvoll umgestaltete Gaststätte wurde im November 2009 neu eröffnet. Sie wird seither ohne weitere bauliche Änderungen betrieben.

Im vergangenen Jahr ist die gesamte Liegenschaft verkauft worden. Am 17.02.2021 sind durch die neuen Eigentümer (SBI Real Estate aus München) konkrete Pläne für ein Neubauvorhaben vorgestellt worden vgl. anliegende Präsentation.

Aus der Präsentation ist klar ersichtlich, dass das Grundstück völlig neu geordnet wird. Die komplette Bestandsbebauung soll beseitigt und durch den Bau einer Wohnanlage mit 14 Wohnungen (verteilt auf drei Geschosswohnungsbauten) zzgl. einer Tiefgarage mit 28 Stellplätzen, 5 oberirdischen Stellplätzen und einem Kinderspielplatz sowie entsprechenden Fahrradabstellplätzen ersetzt werden.

Aus der Sicht der Gemeinde ist das Ensemble am nördlichen Orteingang von herausragender städtebaulicher und ortsgestalterischer Bedeutung. Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:

Das Plangrundstück stellt den ältesten Siedlungskern im Ortsteil Geiselgasteig dar.
Die heutige Grünwalder Einkehr wurde erstmals zwischen 1155 und 1160 urkundlich erwähnt. Im Jahr 1426 verkauften die damaligen Eigentümer ihren Hof zu „Geyselgasta“ an Herzog Wilhelm von Bayern. Dieser richtete auf dem Hof eine Schwaige für Viehzucht ein und verpachtete das Gut an „Bauersleute“, die gegen „Reichtung einer jährlichen Gült“ die Schwaige nutzen konnten. 1903 zieht die erste „bayerische wirtschaftliche Frauenschule“ ins Herrenhaus ein. Dr. A. Engelsperger gründet 1909 eine Schule für Kinder. 1937 werden die Gebäude zu Wohnzwecken umgebaut. 1903 wird die „Einkehr Geiselgasteig“ als Restaurant im Biedermeierstil erbaut. Die gegenüberliegende Kapelle Hl. Blut wurde 1627 durch den der Schwaiger von Geiselgasteig, Balthasar Ronpacher, erbaut.
(Quelle der Chronik: Josef Brückl, Grünwald - Chronik eines Dorfes an der Isar / Herausgeber: Vereinigung der Freunde Grünwalds)

Zwar wurde das Grundstück durch die Siedlungstätigkeit in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch das Ortsgebiet der Gemeinde Grünwald umschlossen, dennoch kann es gemeinsam mit der an der Nördlichen Münchener Straße gegenüber liegenden Kapelle Hl. Blut noch heute als nördliche Ortseingangssituation wahrgenommen werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es sich hierbei – von Norden kommend – noch immer um das erste Gebäude auf der Isarseite handelt. Die Kapelle Hl. Blut markiert zudem den Abzweig zur Robert-Koch-Straße, die eine zentrale Rolle in der Siedlungsentwicklung des Ortsteils Geiselgasteig eingenommen hatte. Die Kapelle Hl. Blut ist als Baudenkmal erfasst, zusätzlich befindet darunter ein frühzeitliches Bodendenkmal. Die Grünwalder Einkehr ist aufgrund von baulichen Veränderungen bisher nicht als Baudenkmal aufgenommen worden. Zusammenfassend handelt es aus Sicht der Gemeinde Grünwald aus den genannten Gründen um ein städtebaulich bedeutsames und schützenswertes Gebäudeensemble, welches auch in Zukunft den nördlichen Ortseingang der Gemeinde Grünwald markieren soll.

Am 16.03.2021 fand auf dem Grundstück mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Herrn Dr. Körner und dem Landratsamt München, Frau Backs als untere Denkmalschutzbehörde sowie den Eigentümern, dem Kreisheimatpfleger sowie der Gemeinde Grünwald eine Ortseinsicht mit folgendem Ergebnis statt:

Dr. Körner stellt klar, dass die Gaststätte mit Nebenanlagen und dem vorhandenen Umfeld kein Einzelbaudenkmal darstellt. Evtl. ließe sich in Bezug auf die gegenüberliegende Heilig Blut Kapelle und den wenigen Fragmenten der Gaststätte (z.B. Torbogen) noch ein Straßenensemble darstellen.

Dies festzustellen obliegt, lt. Dr. Körner dem sog. Landesdenkmalrat (angegliedert beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst). Jedenfalls ist das unmittelbar angrenzende Gebiet als historisch bedeutsam zu würdigen.

Auf Nachfrage der neuen Eigentümer zur Zeitschiene, wann in etwa mit einer Entscheidung des Landesdenkmalrates zu rechnen ist – teilt Dr. Körner mit, dass dieser Rat ca. zwei Mal im Jahr tagt – derzeit aber ziemlich überlastet ist, aufgrund der Vielzahl der Fälle in Bayern.


Anlass und Ziel der Planung
Anlass der Planung ist der Wunsch des Grundstückeigentümers, den baulichen Bestand komplett abzubrechen und das Grundstück mit einer Wohnanlage (14 Wohnungen verteilt auf drei Gebäudekomplexe zzgl. Tiefgarage) neu zu bebauen. Das Ziel der Planung ist, die beschriebene städtebauliche Anordnung aufgrund ihrer historischen Bedeutsamkeit und ihrer noch heute bestehenden, prominenten Bedeutung für das Ortsbild am nördlichen Ortseingang zu erhalten und für die Zukunft fortzuentwickeln.

Dies soll durch die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans nach § 30 Abs. 3 BauGB erfolgen, der sich auf die Festsetzung der bisher nicht geregelten, städtebaulich prägenden Inhalte beschränkt.

Entgegen der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Planung und Entwicklung hier einen qualifizierten Bebauungsplan zu erlassen, wird nach Rücksprache mit den Rechtsanwälten Hr. Geislinger und Hr. Brey vorgeschlagen, den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. B 55 „Grünwalder Einkehr“ als einfachen Bebauungsplan zu fassen. Grund hierfür ist, dass die Bandbreite der baulichen Nutzung, die sich aus der vorhandenen Umgebungsbebauung ableiten lässt, weiterhin zugelassen werden kann und gleichzeitig die gemeindlichen Vorstellungen zur Festsetzung von Wand- und Firsthöhen sowie die Festsetzung von Firstrichtungen, Dachformen und Dachneigungen auch im Rahmen eines einfachen Bebauungsplanes umgesetzt werden können. Daher ergeht folgender

Grobplanung mit Grundidee der Bebauungsplanung

Beschluss

Aufgrund der einstimmigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Planung und Entwicklung beschließt der Gemeinderat für das Grundstück Fl.Nr. 619 der Gemarkung Grünwald den Bebauungsplan Nr. 55 „Grünwalder Einkehr“ als einfachen Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 3 BauGB aufzustellen.

Festgesetzt werden sollen insbesondere die Stellung und Kubatur der Hauptbaukörper durch räumliche Festsetzungen (Baugrenzen und ggf. Baulinien). Hierzu sollen die Bestandsgebäude mit Baugrenzen und - voraussichtlich im Bereich an der Münchner Straße - mit Baulinien umfahren werden. Bauliche Spielräume ergeben sich dabei vermutlich nur im rückwärtigen Bereich, wobei zu prüfen ist, inwieweit solche Spielräume die Gebäudeproportionen noch wahren. Ferner sollen Wand- und Firsthöhen festgesetzt werden. Zusammen mit der Festsetzung von Firstrichtungen, Dachformen und Dachneigungen soll der Versuch unternommen werden, die vorhandene Kubatur erneut abzubilden. Die Grundidee der Bebauungsplanung ergibt sich aus der Grobplanung. Darüber hinaus sollen die Erschließung und Parkierung sowie die Gestaltung der Freianlagen auf eine Art und Weise geregelt werden, dass sie mit der besonderen städtebaulichen Situation vereinbar sind. Im Übrigen soll sich das Baurecht auch weiterhin nach § 34 BauGB (z.B. hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung), nach dem Bebauungsplan Nr. B 35 (u.a. Maß der baulichen Nutzung) sowie nach den Vorschriften der geltenden Ortsgestaltungssatzung (hinsichtlich der baulichen Gestaltung) richten.


Mit der Ausarbeitung des Bebauungsplanes mit integrierten Grünordnungsplan wird das Architekturbüro Goergens & Miklautz beauftragt. Die Rechtsberatung soll die Kanzlei Seufert Rechtsanwälte übernehmen.

Die Verwaltung wird gebeten, den Aufstellungsbeschluss ortsüblich bekannt zu machen.









Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. B 55 - „Grünwalder Einkehr“


Sachverhalt:

Mit vorstehendem Beschluss hat die Gemeinde beschlossen, für das Grundstück Fl.Nr. 619 der Gemarkung Grünwald den Bebauungsplan Nr. B 55 „Grünwalder Einkehr“ aufzustellen. Zur Sicherung dieser Planungsabsicht soll eine Veränderungssperre erlassen werden.
Der Satzungsentwurf ist diesem Beschlussvorschlag als Anlage beigefügt.

Beschlussvorschlag:

Aufgrund der einstimmigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Planung und Entwicklung beschließt der Gemeinderat zur Sicherung der Planung für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 55 „Grünwalder Einkehr“ aufgrund des Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) und der §§ 14 und 16 des Baugesetzbuches (BauGB) die nachfolgend aufgeführte Veränderungssperre als Satzung.


Aufgrund des Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) und der §§ 14 und 16 des Baugesetzbuches (BauGB) hat der Gemeinderat zur Sicherung der Planung für den Geltungsbereich des künftigen Bebau­ungsplans Nr. 55 „Grünwalder Einkehr“ folgende Veränderungssperre als Satzung beschlossen:


S a t z u n g

über die Veränderungssperre für das Grundstück Fl.Nr. 619
Gemarkung Grünwald „Grünwalder Einkehr“

§ 1

Zu sichernde Planung


Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 23. März 2021 beschlossen, für das in § 2 bezeichnete Gebiet den Bebauungsplan Nr. 55 „Grünwalder Einkehr“ aufzustellen. Zur Sicherung der Planung für dieses Gebiet wird diese Verän­derungssperre erlassen.

§ 2

Räumlicher Geltungsbereich


Der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre umfasst das Grundstück Fl. Nr. 619 der Gemarkung Grünwald und ist in dem beigefügten Lageplan M 1 : 1.000, welcher als Anlage zur Veränderungssperre Bestand­teil dieser Satzung ist, rot umrandet dargestellt.

§ 3

Rechtswirkungen der Veränderungssperre


(1)        Im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre dürfen

-        Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden;

-        erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderun­gen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Verände­rungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeige­pflichtig sind, nicht vorgenommen werden.

(2)        Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden.

(3)        Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Verände­rungssperre bau­rechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemein­de nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhal­tungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Verän­derungssperre nicht berührt.


§ 4

Inkrafttreten und Außerkrafttreten der Veränderungssperre


Diese Veränderungssperre tritt mit ihrer Bekanntmachung in Kraft. Sie tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit für ihren Geltungsbereich die gemeindliche Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.



Hinweise:
Auf die Vorschriften des § 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 BauGB über die Geltend­machung etwaiger Entschädigungsansprüche für eingetretene Vermögens­nachteile durch die Veränderungssperre nach § 18 BauGB und des § 18 Abs. 3 BauGB über das Erlöschen der Entschädigungsansprüche bei nicht fristgemäßer Geltendmachung wird hingewiesen.



Anlage: Lageplan mit Geltungsbereich





       Grünwald, den ____________________
       
       Jan Neusiedl
       1. Bürgermeister


Der Lageplan ist Bestandteil dieses Beschlusses und der Satzung.
Die Verwaltung wird gebeten, die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 24, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.05.2021 12:51 Uhr