Weitergewährung der Arbeitsmarktzulage an die Beschäftigten der Gemeinde Grünwald;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 24.10.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 24.10.2023 ö beschließend 7

Sachverhalt

Beschlusslage

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 11.12.2018 die Gewährung einer Arbeitsmarktzulage für die Beschäftigten der Gemeinde Grünwald ab 01.01.2019 beschlossen. 

Die Gewährung der Arbeitsmarktzulage wurde auf Vorschlag der Verwaltung zunächst für die Dauer von 5 Jahren bis zum 31.12.2023 befristet. Hintergrund der Befristung war, dass aus Sicht der Verwaltung eine über 5 Jahre hinausgehende Einschätzung der Arbeitsmarktsituation prognosetechnisch nicht möglich gewesen wäre. 

Gemäß Beschluss des Gemeinderates vom 11.12.2023 sollte sodann vor Ablauf der Befristung die vorhandene Arbeitsmarktsituation anhand der dann geltenden Rahmenbedingungen geprüft werden.

Aktuelle Situation

Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren (und seit Beschlussfassung) nicht verbessert sodann nachweislich noch verschlechtert.

Die Personalgewinnung erweist sich für die Gemeinde Grünwald in allen Bereichen (Verwaltung, Arbeiterbereich und Sozial- und Erziehungsdienst) zunehmend immer schwieriger. 

Die Gemeinde Grünwald konkurriert bei ihrer notwendigen Personalgewinnung nicht nur mit Arbeitgebern der Privatwirtschaft sondern auch mit anderen öffentlichen Arbeitgebern. Hier sind insbesondere die Landeshauptstadt München, der Landkreis München als auch die anderen Gemeinden des Ballungsraumes München zu nennen. Insbesondere die Landeshauptstadt München kann durch Haustarifverträge und in einigen Bereichen durch größere Spielräume bei den Eingruppierungen, ihren Beschäftigten Vorteile bieten.

Die Personalgewinnung wird zudem auch durch den auch in der öffentlichen Verwaltung angekommenen Fachkräftemangel verstärkt. Vielen Prognosen zufolge wird sich der Personalmangel im öffentlichen Dienst noch verstärken, insbesondere wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand eintreten werden.

Hier sei beispielhaft eine Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey zu nennen, die prognostiziert, dass bis 2030 im öffentlichen Dienst ca. 840.000 Fachkräfte fehlen werden (aktuell fehlen rund 360.000).

Der Deutsche Städtetag geht sogar davon aus, dass bis 2030 rund eine Million Stellen im öffentlichen Dienst unbesetzt sein werden (dies würde ca. jede Dritte stellen bedeuten).

Auch bei der Gemeinde Grünwald werden in den nächsten Jahren viele Beschäftigte in den Ruhestand eintreten, was neben der allgemeinen Fluktuation (Elternzeiten, Umzüge etc.) die Situation noch zusätzlich erschweren wird.


1. Zur Möglichkeit der Gewährung einer Arbeitsmarktzulage

Um die Konkurrenzfähigkeit der Gemeinde Grünwald bei tarifkonformer Eingruppierung auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im Ballungsraum München sicherzustellen, wurde von der Verwaltung bereits im Jahr 2018 die Möglichkeit der Gewährung einer sogenannten Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten der Gemeinde Grünwald geprüft.

Der Hauptausschuss des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern hat in seiner Sitzung vom 29.07.2014 beschlossen, dass die Mitglieder zur Deckung des Personalbedarfes und zur Bindung von qualifizierten Personals im Einzelfall möglichst befristete Arbeitsmarktzulagen in Höhe von max. 20% der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe gewähren können. Dieser Beschluss gilt aktuell weiter fort.

Nach diesem Beschluss sind nachstehende Merkmale kritisch und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen:

1. „Zur Deckung des Personalbedarfes“ hat zur Voraussetzung, dass trotz ernsthaften Bemühens (Stellenausschreibungen usw.) geeignete Bewerber nicht gefunden werden können.

2. „Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall“ bedeutet, dass hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitsnehmers zu prüfen ist, ob dieser ernsthaft den Arbeitgeber wechseln will.

3. „Zulage in Höhe von maximal 20% der Stufe 2 der einschlägigen Entgeltgruppe“ begrenzt die Höhe der Zulage. Bei der einschlägigen Entgeltgruppe handelt es sich um die tariflich gebotene Eingruppierung. Damit ist eine Obergrenze definiert, wobei jedoch geringere Beträge stets zu erwägen sind.

4. „Die Möglichkeit der Befristung“ sollte in jedem Fall wahrgenommen werden, da nur auf diese Weise einer sich stetig wandelnden Situation am Arbeitsplatz Rechnung getragen werden kann.


2. Bewertung und Vorschläge der Verwaltung

Aus Sicht der Verwaltung wäre insbesondere bei dem Gesichtspunkt Nr. 2 „Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall“ letztendlich nicht feststellbar, wer wirklich den Arbeitsplatz wechseln will und wie hier schlussendlich ein Nachweis zu führen wäre. 

Die grundsätzliche Zahlung von Individualprämien im Einzelfall wird zudem für hoch problematisch gehalten, da hierdurch eine gewisse „Neidkultur“ bei den Beschäftigten hervorgerufen werden würde und dieser Unfrieden schlussendlich zu mehr Nachteilen für die Gemeinde Grünwald und ihrer Beschäftigten führen würde. Hier ist davon auszugehen, dass viele weitere Beschäftigte vergleichbare Situationen vorbringen werden um ebenfalls eine Arbeitsmarktzulage zu erhalten.

Eine entsprechende Lösung über Individualprämien im Einzelfall ist aus Sicht der Verwaltung aus oben genannten Gründen deshalb nicht umsetzbar sowie gegenüber den Beschäftigten nicht vertretbar.

Aus Sicht der Verwaltung sollte deshalb zwingend die bisherige einheitliche, vertretbare und nachvollziehbare Regelung für alle Beschäftigtengruppen weitergeführt werden.

Von der Verwaltung wird deswegen vorgeschlagen die Arbeitsmarktzulage wie bisher und wie folgt weiter zu gewähren: 

2.1. Allgemeine Regelungen

I.         Die Arbeitsmarktzulage wird zum Zweck der „Deckung des Personalbedarfes“ und zum Zweck der „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ gewährt.

       Das Kriterium „Deckung des Personalbedarfes“ wird durch die nachweislich enormen         Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in allen Bereichen und der derzeitigen         Arbeitsmarktsituation gerechtfertigt.

       Das Kriterium „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ wird dadurch         gerechtfertigt,         dass aufgrund der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt, grundsätzlich die ernsthafte         Gefahr besteht, dass Beschäftigte der Gemeinde Grünwald zu einem anderen Arbeitgeber,         der mehr zahlt wechseln. Bei der Fülle an anderen möglichen Arbeitgebern, ob öffentlich         oder privat, ist diese „ernsthafte Gefahr“ derzeit grundsätzlich gegeben. 

II.        Zur Umsetzung in die Praxis wird mit der Gesamtzusage die Arbeitsmarktzulage         Bestandteil des einzelnen Arbeitsvertrages zwischen dem/der begünstigten         Beschäftigten und der Gemeinde Grünwald. Dies gilt auch für Beschäftigte, die         künftig bei         der Gemeinde Grünwald eingestellt werden. Um die Gesamtzusage in den         Arbeitsvertrag wirksam einzubeziehen, ist lediglich sicherzustellen, dass die jeweilige         Dienstkraft in der Lage ist, von der Gesamtzusage Kenntnis zu nehmen.         Weitergehende zusätzliche individuelle Vereinbarungen werden daher nicht getroffen.

III.        Der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern empfiehlt dringend eine Befristung der         Arbeitsmarktzulage. Nach seiner Auffassung sollte die Befristung die Regel sein, da jede         Arbeitsmarktsituation einem stetigen Wandel unterworfen ist und sich in einigen         Jahren grundlegend anders darstellen kann als dies zum heutigen Zeitpunkt vorstellbar         ist.

       Ob der mit der Arbeitsmarktzulage verbundene Zweck „Deckung des Personalbedarfs“         und         „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ zu einem späteren Zeitpunkt noch gegeben ist,         muss Gegenstand einer möglichen Überprüfung durch den Arbeitgeber in der Zukunft         sein können.

Dies wird über eine befristete Gewährung der Arbeitsmarktzulage sichergestellt. Die         rechtliche Wirksamkeit eine Befristung hängt entscheidend davon ab, dass sie zum         einen durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, zum anderen hinreichend transparent erfolgt, d.h. für die/den Beschäftigten muss ohne weiteres erkennbar sein, welche Leistung aus welchen Gründen bzw. wie lang gewährt wird und warum bzw. wann mit deren Wegfall zu rechnen ist.

Aus Sicht der Verwaltung ist eine über 5 Jahre hinausgehende Einschätzung der         Mangelsituation bzw. der Arbeitsmarktsituation prognosetechnisch schwer möglich. Vor         diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Arbeitsmarktzulage zunächst bis 31.12.2028 zu befristen.

       Diese Befristung gilt für das Bestandspersonal ebenso wie für künftige Neueinstellungen         ab dem 01.01.2024.

       Vor Ablauf der Frist wird die Verwaltung die dann vorhandene Arbeitsmarktsituation         anhand der dann geltenden Rahmenbedingungen analysieren und eine Evaluation         der         Konzeption zur Arbeitsmarktzulage erarbeiten. Dies könnte unter Umständen         auch einen         Wegfall der Arbeitsmarktzulage bedeuten. Das Ergebnis würde dementsprechende dem         Gemeinderat zur weiteren Entscheidung vorgelegt werden.

IV.        Die Zahlung der Arbeitsmarktzulage rechtfertigt sich ausschließlich mit der         derzeitig bestehenden personalwirtschaftlichen Mangelsituation und im Sinne des         Bestandspersonals mit der damit verbundenen ernsthaften Abwanderungsgefahr.

       Es müssen daher für den Fall, dass Entwicklungen eintreten, die diese derzeitig         besondere Situation verändern, Änderungs- bzw. Widerrufsvorbehalte definiert         werden, die im Falle eines Eintretens dieser Entwicklungen die Möglichkeit bieten, die         Gesamtzusage nach vorheriger Überprüfung und Neuentscheidung durch den         Gemeinderat rechtswirksam zu ändern bzw. aufzuheben.

       Sachliche Gründe für derartige Änderungs- und Widerrufsvorbehalte sind:

  • Änderung von gesetzlichen oder tariflichen Regelungen in der Zukunft (z.B. durch ein Inkrafttreten verbesserter Eingruppierungsregelungen         im TVöD oder Einführung anderer neuer Zulagen)

  • Änderungen in der gegenwärtigen Beschlusslage des KAV Bayern vom 29.07.2014 zur Ermächtigung für die Arbeitsmarktzulage und ihrer Rahmenbedingungen

VI.        Eine Änderung oder ein Widerruf der Gesamtzusage erfolgt grundsätzlich in gleicher         Art und Weise wie die Gesamtzusage selbst. Sollte eine Änderung oder ein Widerruf         der Gesamtzusage erforderlich sein, wäre dies dem Gemeinderat vorzulegen und den         Betroffenen in der Einführung vergleichbarer Form bekannt zu geben.
       
VII.        Der Personalrat hat bei der Gewährung einer Arbeitsmarktzulage nach Art. 75 Abs. 4         BayPVG unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Lohngestaltung mitzubestimmen,         wenn der Arbeitgeber über den konkreten Einzelfall hinaus die Zulage nach einem         generalisierenden System einräumt. 
       
2.2. Modellvorschlag (wie bisher)

a)        Gestaffelte Pauschalausschüttung in Höhe von 10, 9 bzw. 8 % der Stufe 2 der         individuellen         Entgeltgruppe des/der Beschäftigten
       
       EG 2 – 9b TVöD         = 10 % der Stufe 2
       EG 9c – 12 TVöD        = 9% der Stufe 2
       EG 13 TVöD                = 8% der Stufe 2                        
       
b)        Die Arbeitsmarktzulage für Teilzeitkräfte wird entsprechend des         Beschäftigungsumfangs prozentual gekürzt

c)        Die Arbeitsmarktzulage unterliegt keiner Anpassung an allgemeine         Entgeltsteigerungen

d)        Im Rahmen einer auch besseren Altersversorgung wird die Arbeitsmarktzulage als         zusatzversorgungspflichtiges Entgelt behandelt

e)        Sollten sich bei der Umsetzung der Regelungen in Einzelfällen besondere         Benachteiligungen (Härtefälle) ergeben, kann hier vom 1. Bürgermeister eine         individuelle abweichende Regelung verfügt werden

f)        Die Arbeitsmarktzulage ist eine freiwillige Leistung der Gemeinde Grünwald,         ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und steht unter dem Vorbehalt des         jederzeitigen Widerrufs, insbesondere wenn die wirtschaftliche         Leistungsfähigkeit der Gemeinde Grünwald nicht mehr gewährleistet ist.

Bei diesem Modell wird entsprechend die Wertigkeit und Verantwortung der jeweiligen Stelle berücksichtigt und abgebildet. Zudem orientiert man sich bei diesem Modell eng an den Vorgaben des KAV Bayern (…bis zu 20% der Stufe 2 der einschlägigen Entgeltgruppe).

Des Weiteren erhalten bei diesem Modell aufgrund der prozentualen Staffelung, ähnlich der Jahressonderzahlung (80% EG 1-8, 70% EG 9a-12, 50% EG 13-15) die Beschäftigten der unteren Entgeltgruppen einen höheren Anteil.

Ein weiterer Vorteil dieser Regelungen ist ihre einfache und nachvollziehbare Darstellung gegenüber den Beschäftigten sowie die verwaltungsmäßig leichte Umsetzbarkeit.

Die Gewährung der Arbeitsmarktzulage stellt sich wie folgt dar:

Beschäftigte im Verwaltungs- und Arbeiterbereich























Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst



Finanzielle Auswirkungen:

Die jährlichen Gesamtkosten (inkl. Arbeitgeberanteile) für die Gemeinde Grünwald in Bezug auf die Gewährung der Arbeitsmarktzulage betragen ca. 1.028.361,26 €.


Mitbestimmung Personalrat:

Der Personalrat spricht sich ausdrücklich für die Weitergewährung der Arbeitsmarktzulage an alle Beschäftigten aus.

Vorberatung im Verwaltungsausschuss am 10.10.2023:

Die Weitergewährung der Arbeitsmarktzulage an die Beschäftigten der Gemeinde Grünwald wurde in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 10.10.2023 intensiv vorberaten.

Der Verwaltungsausschuss empfiehlt dem Gemeinderat einstimmig die Weitergewährung der Arbeitsmarktzulage an die Beschäftigten der Gemeinde Grünwald auf Grundlage der Ausführungen der Verwaltung und des vorgestellten Modells.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt die Weitergewährung der Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten der Gemeinde Grünwald befristet bis zum 31.12.2028 auf Grundlage der Ausführungen der Verwaltung und des entsprechend vorgestellten Modells.

Die hierfür benötigt Mittel sind im Haushalt entsprechend einzuplanen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 23, Dagegen: 0

Datenstand vom 23.11.2023 08:20 Uhr