Mit Schreiben vom 27.06.2016 beantragt die CSU-Fraktion, der Gemeinderat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, die Möglichkeit der Aufstellung von Leihfahrrädern, wie z.B. bei „MVG-Rad“ in München, an geeigneten Trambahnhaltestellen zu prüfen. Da es in anderen Landkreisen auch andere
Radmietsysteme gibt, sollen die in Grünwald aufgestellten Fahrräder kompatibel mit allen Systemen der Umgebung sein. Mit dem Landratsamt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Ausschreibung und Wettbewerbsrecht zu klären:
Begründung:
Die Fraktion der CSU hält die von „MVG-Rad“ angebotene Möglichkeit, sich an Haltestellen Räder zu mieten, für sehr gut und insbesondere für Grünwald sehr gut einsetzbar um eine bessere Anbindung an z.B. Wohnung oder Arbeitsplatz herzustellen. Entstehende Kosten sollen durch außerplanmäßige Einnahmen im Haushaltsjahr gedeckt werden.
Ausführungen der Verwaltung:
Anforderungen an Stationen- und Raddichte zur Sicherstellung der Nutzerakzeptanz
Konzept:
Im Landkreis München soll möglichst flächendeckend ein Radverleihsystem an den Schnittstellen zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und an stark frequentierten Punkten (Ortsmitten, Gewerbegebiete, Hochschulstandorte) eingeführt werden.
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Ziele:
- ein einheitliches, durchgängiges System für Stadt und Landkreis München
- Räder müssen in der Stadt und im Landkreis geliehen und abgegeben werden können
- die Nutzung muss mit einem Ticket in Stadt und Landkreis möglich sein
- ein Betreiber von Infrastruktur und Verleihrad aus Gründen der Haftung und Funktionalität
- es soll ein einheitliches Marketing des Angebots stattfinden
- das System soll erweiterungsfähig sein bspw. auf andere Landkreise
Die Ziele geben vor, das System der MVG auf den Landkreis auszuweiten.
Umsetzung:
Das Leihrad-System der MVG kann nur eingeführt werden, wenn eine vergaberechtlich zulässige Verteilung der Aufgaben stattfindet. Der Landkreis wird mit der Landeshauptstadt (LHM) eine Kooperation eingehen, mit dem Ziel das MVG-Rad auf den Landkreis auszuweiten. Die LHM wird dann die SWM/MVG betrauen. Das Prinzip der Betrauung bestimmt, dass die MVG keine Gewinne erwirtschaftet, sondern dass der MVG lediglich die ihr entstehenden Kosten, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind, erstattet werden.
Mit allen Kommunen werden Durchführungsbestimmungen geschlossen, die die Ausgestaltung des Systems für jede Kommune im Einzelnen genauer beschreiben.
Anforderungen an ein erfolgreiches Leihrad-System:
Um sicher zu stellen, dass Leihradsysteme von der Bevölkerung angenommen werden, sind die folgenden Anforderungen zu erfüllen. Diese stammen aus einer Untersuchung zu Leihradsystemen weltweit (ITDP – Bike Share Planning Guide von 2014):
1. Stationsdichte: Je dichter Stationen im Leihgebiet beieinander liegen, desto sichtbarer ist das System und führt daher auch zu einer vermehrten Nutzung. Als Eckwert werden 10 bis 15 Stationen je km² genannt.
2. Räder pro Einwohner: Um jedem Nutzer zu praktisch jedem Zeitpunkt ein Rad offerieren zu können, sollten 10 bis 30 Räder pro 1.000 Einwohner im Leihgebiet vorhanden sein.
3. Leihgebiet: Das Leihgebiet sollte eine Mindestgröße von 10 km² nicht unterschreiten. Nur so ist sichergestellt, dass genügend Nutzer und (attraktive) Ziele vorhanden sind.
4. Qualität der Räder und Einfachheit des Ausleihvorgangs: Die Räder müssen ausreichend attraktiv, praktisch und haltbar sein.
Problematik für den Landkreis München:
Die unter den Punkten 1 und 2 aufgestellten Forderungen sind für den Landkreis und die Gemeinden schwer zu erfüllen. Der Landkreis besitzt eine Siedlungsfläche von ca. 134 km². Um die geforderten 10 bis 15 Stationen pro km² zu verwirklichen, müssten mindestens 1.340 Stationen aufgestellt werden.
Auch die Forderung mindestens 10 Räder (besser bis zu 30) pro 1.000 Einwohner vorzuhalten, kann kaum erfüllt werden. Im Landkreis leben derzeit rund 333.000 Einwohner. Daraus errechnet sich ein Mindestbedarf von 3.330 Rädern.
Beim MVG-Rad handelt es sich um ein sogenanntes hybrides System (eine Mischung aus festen Stationen und freiem Abgabegebiet). Dadurch kann das System mit deutlich weniger Stationen betrieben werden. Innerhalb des freien Rückgabegebiets des MVG-Leihrads befinden sich die am dichtest besiedelten Gebiete der LHM mit weit mehr als 5.000 Einwohner pro Quadratkilometer. Diese Dichten werden im Landkreis nicht annähernd erreicht. Das System muss daher an die Gegebenheiten im Landkreis angepasst werden.
Lösungsmöglichkeit:
Das Landratsamt schlägt vor, das System Zug um Zug auszubauen und dabei kontinuierlich dessen Nutzung zu beobachten. Um möglichst viele Erfahrungen machen zu können, soll das Leihrad-System in verschieden strukturierten Gemeinden eingeführt werden. Wenn es sich in diesen bewährt, wird das System ausgeweitet. Aus Sicht der Verwaltung gibt es zwei Grundtypen, die sich vorrangig zur Untersuchung anbieten:
1. Gebiete mit klassischem Punkt-zu-Punkt-Verkehr: Stationsgebunden mit trotzdem überschaubarer Anzahl an Stationen In diesen Gemeinden werden vor allem Fahrten zwischen wenigen Ausgang- und Zielorten, wie Bahnhöfen, U-Bahn-Stationen und Gewerbegebieten sowie Hochschulstandorten durchgeführt.
2. sonstige Gebiete Hybrides System (free-floating und feste Stationen) Diese Gebiete bestehen aus mehreren, zusammenhängenden Landkreisgemeinden. Das Leih-radsystem kann hier aber auf Grund der Größe des Gebietes und der fehlenden Punkt-zu-Punkt-Beziehungen nicht allein stationsgebunden eingeführt werden. Die Einzugsbereiche der einzelnen Stationen würden zu groß und damit unattraktiv. Über das hybride System ist das MVG-Leihrad mit attraktiven Stationen (S-Bahn, U-Bahn, Gewerbegebiete, Bildungsstandorte) ausreichend sichtbar, deckt aber gleichzeitig die Siedlungsfläche der Gemeinden besser ab.
Für beide Typen gilt, dass wenige Stationen pro km² ausreichend sind. Bei ersterem dürften zwei Stationen, beim hybriden System eine pro km² ausreichen. Die Zahl der Räder sollte sich aber in beiden Fällen an der Minimalforderung von 10 Rädern pro Tausend Einwohnern orientieren.
Die Wahl über die Art des Systems liegt im Ermessen der Gemeinde.
Kosten:
Die MVG nennen derzeit Kosten von 40.000 € für eine große Station (15 Ständer und 10 Räder) bzw. 25.000 € für eine kleine Station (10 Ständer, 8 Räder).
Für jedes zusätzliche Rad entstehen Kosten von mindestens 1000 – 1200 €.
Die Betriebskosten sind derzeit nicht abzusehen; den Kommunen wird das Betriebskostendefizit in Rechnung gestellt (Einnahmen aus dem System werden sofort verrechnet).
- Die Zahlungen an die MVG für die Stationen stellen Investitionskostenzuschüsse dar, daher kommt es zu keinem Eigentumsübergang auf Kommune oder Landkreis.
- Eine Station besitzt laut MVG keinen bilanziellen Wert – bei der Rückabwicklung der Station können Mittel nur erstattet werden, wenn die MVG einen Abnehmer für die Station findet. Daher muss bei der Stationsplanung sorgsam vorgegangen werden.
- Stationsbasiertes System zu Beginn teurer, aber weniger Betriebskosten.
- Beschluss des Kreistages über einen Vorschlag zur Kostenaufteilung zw. LK und Kommunen soll im Dezember 2016 herbeigeführt werden.
- Förderantrag bei Bundesumweltministerium fristgerecht gestellt: im Falle der Förderung werden 70% der Investitionskosten für die Stationen und Räder erstattet.
Mitwirkung Kommunen:
- generelle Entscheidung, ob die Kommune am System teilnehmen möchte
- Entscheidung über Systemart (feste Stationen oder hybrides System)
- Mitwirkung am Stationskonzept
- Übernahme vorbereitender Aufgaben (Spartenverfahren, Tiefbau – hier keine Kostenübernahme durch Landkreis)
- Übernahme Winterdienst, Reinigung Stationsflächen
(nicht durch die Kommunen vorgesehen: Transport/Reparatur Räder (Haftungsfrage))
Zeitplan:
- Gremienbeschlüsse: LHM und LKM im November/Dezember SWM/MVG Mitte/Ende November Abschluss der Zweckvereinbarung zwischen LHM und LK noch für 2016 geplant
- Erstellen Stationskonzept in Gemeinden; Entscheidung über Systemart, Situierung Leihradstationen möglichst im Frühjahr 2017
- Abschluss Durchführungsbestimmungen
- Ausschreibungs- und Fertigungsfrist MVG (min. 6 Monate)
- Eröffnung Leihradstationen in ersten Gemeinden (evtl. 08/2017)
- Ausweitung System Herbst 2017 bis Sommer 2018
Nach weiterer Auskunft des Landratsamtes vom 03.11.2015 ist folgendes festzuhalten:
1. Der Förderantrag beim Bundesumweltministerium wurde fristgerecht gestellt.
Eine Förderzusage liegt bis dato noch nicht vor.
2. zu den bisher vorgeschlagenen Systemen ‚Punkt-zu-Punkt-Verkehr‘ und ‚Hybrid-System‘ wird derzeit noch über eine dritte Variante beraten. Ob diese vorgeschlagen wird, entscheidet sich voraussichtlich im Laufe der nächsten Woche.
3. Das Landratsamt unterstützt die Gemeinde beim Standortkonzept. Hierzu werden zunächst voraussichtlich ab Dezember `16/Januar `17 im Landratsamt entsprechende Workshops angeboten. Ein Vor-Ort-Termin kann auf Wunsch der Gemeinde durch Mitarbeiter des LRA zu gegebener Zeit erfolgen.
4. Die erstmalige Inbetriebnahme von Radstationen ist derzeit für Herbst 2017 geplant.
5. Sofern die Gemeinde bei der ersten Runde dabei sein möchte, wäre jetzt ein Grundsatzbeschluss notwendig.
6. Sofern die Gemeinde erst im Jahr 2017 entsprechende Beschlüsse fasst, ist eine erstmalige Inbetriebnahme einer Radstation voraussichtlich erst im Jahr 2018 möglich.
7. Sofern Firmen an der Beteiligung am MVG-Rad interessiert sind, sollen diese direkt mit dem LRA Kontakt aufnehmen.