Landratsamt Dachau, Fachbereich: Untere Naturschutzbehörde


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses, 08.12.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses 08.12.2020 ö 2.2.15

Sachverhalt

Seitens des Landratsamts, Fachbereich: Untere Naturschutzbehörde, wurden mit Schreiben vom 27.10.2020 folgende Hinweise, fachliche Informationen und Empfehlungen geäußert:

„Es ist vorgesehen, das bestehende Baugebiet in nicht unerheblichem Umfang (fast so groß wie der bestehende Siedlungsteil!) nach Süden in das Inhauser Moos und weit über die Abgrenzung im FNP der Gemeinde hinaus zu erweitern. Hierbei handelt es sich vollumfänglich um einen Niedermoorstandort (nach Geologischer Karte Torf, nach Moorbodenkarte um vorherrschend Niedermoor und gering verbreitet Übergangsmoor aus Torf).

Nach § 1 Abs. 3 Ziff. 2 BNatSchG sind Böden so zu erhalten, dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen können. Niedermoorböden kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da sie in erheblichem Umfang klimaschutzrelevante Gase binden (§ 1 Abs. 3 Ziff. 4 und 6 BNatSchG). Nicht umsonst fordert Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG den Erhalt von Grünland auf Moorstandorten – wie im Planungsgebiet gegeben. Daher wäre hier sogar ein Umbruch im Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung nicht genehmigungsfähig!

Schon bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes Ende der 1980’er Jahre hatte die Gemeinde Haimhausen der Sensibilität des Standorts Rechnung getragen und die ursprüngliche Planung eines Gewerbegebietes verworfen und nur eine maßvolle bauliche Entwicklung der Ortsteile im gesamten Inhauser Moos vorgesehen. Im damals erarbeiteten Landschaftsplan wird auf S. 65 f. des Erläuterungsberichtes die starke Zersiedlung im Inhauser Moos als aus landschaftsoptischer Sicht negativ bewertet. Großflächigere Baugebietsausweisungen wurden auch aus Gründen der Landschaftsökologie (Erhalt der Niedermoorlandschaft und von Feuchtlebensräumen, Klimaschutz, Grundwasserschutz) abgelehnt. Eine bauliche Entwicklung sollte sich daher auf die Kernbereiche bei Erhalt bestehender Gehölzbestände beschränken, was auch den Zielsetzungen des § 1 Abs. 4 Ziff. 1 BNatSchG entspricht.

Warum diese Haltung mit der vorliegenden Planung aufgegeben und eine Bebauung derartig empfindlicher Standorte trotz der aktuellen Klimabrisanz verfolgt wird, erschließt sich nicht.

Das Planungsgebiet befindet sich zudem im Schwerpunktgebiet „Inhauser Moos“ gem. Bayerischem Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP). Die ABSP Naturraumziele für dieses Gebiet als Teil der Münchner Ebene sind neben einer standortgerechten Nutzung vor allem auch die Herstellung eines standorttypischen Wasserhaushalts auf Niedermoor-böden (wie hier vorliegend). Zudem ist es Teil der BayernNetz Natur-Projektgebiete „Wechselkröte im Raum München“ und „Dachauer Moos“ und des Biodiversitätsprojektes „Neues Leben im Dachauer Moos“.

Im Bereich der Erweiterung befinden sich zudem eine orts- und landschaftsbildprägende Baumreihe, die sogar in der topografischen Karte dargestellt ist sowie ebenso prägende Einzelbäume am Ortseingang. Beide Landschaftselemente dürften von der Planung betroffen sein. Hierzu werden aber keinerlei Aussagen im Plan gemacht, weder sind Bäume zum Erhalt noch als zu beseitigend dargestellt. Bei den Bäumen handelt es sich um sehr schöne und markante Exemplare der für diesen Standort typischen Moorbirken.



Die Planung ist mit erheblichen Auswirkungen auf die in § 1 Abs. 6 Ziff. 7a genannten Schutzgüter verbunden und kann daher aus naturschutzfachlicher Sicht nicht befürwortet und sollte unbedingt noch einmal überdacht werden. Sollte die Planung dennoch weiter-verfolgt werden, sollte zumindest der Umgriff deutlich verkleinert werden. Auch trägt eine Behandlung nach § 13 b i. V. mit § 13 a BauGB der äußerst sensiblen Situation keinesfalls Rechnung, da hierbei weder ein Umweltbericht noch Ausgleichmaßnahmen vorgesehen sind.

Rechtsgrundlagen:
§ 1 Abs. 6 Ziff. 5, 7 a und g, § 1 a Abs. 2,3 und 5 BauGB, § 1 Abs. 3 Ziff. 2, 4 und 6 sowie Abs. 4 Ziff. 1 BNatSchG, Art. 3 Abs. 3 BayNatSchG

Grenzen der Abwägung:
§ 1 Abs. 7 BauGB“

Abwägung:
Zur eingegangenen Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) ist anzumerken, dass in der frühzeitigen Beteiligung eine reine Entwurfsskizze ohne Festsetzungen und Begründung versandt wurde.
Zur vorliegenden Stellungnahme hat seitens der Gemeinde ein Telefonat mit der UNB stattgefunden. Darin wurden mögliche Maßnahmen zur Eingriffsminimierung erörtert (Ortsrandeingrünung zur Pflanzung von Moorbirken, Allee aus Moorbirken im weiteren Verlauf des Birkenweges, allerdings außerhalb des Bebauungsplanumgriffs). Am 27.11.2020 hat ein Gespräch zwischen UNB, Gemeinde und Planungsverband (PV) stattgefunden, bei dem der Bebauungsplanentwurf gemeinsam abgestimmt werden konnte. Vor allem der Erhalt und die Neupflanzungen von Bäumen sind lt. Frau Hein (UNB) bei der weiteren Bebauungsplanung zu berücksichtigen. Frau Hein wurde über das laufenden Gutachten zur Bruch- und Standsicherheit in Kenntnis gesetzt, die Ergebnisse lagen seinerzeit noch nicht vor.

Frau Hein hat darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Verfahren der Bedarf an Bauland ausführlich dargelegt und behandelt werden muss, da das §13b Verfahren –vom Gesetzgeber zwar gewollt –von der UNB aber als unglücklich bezeichnet wird. Seitens der Planerin des PV wurde erläutert, dass im Rahmen der Abwägung ein ausführlicher Bedarfsnachweis in Anlehnung an die Auslegungshilfe des StMWi geführt und in der Begründung ergänzt wird (siehe Abwägung und Beschlussvorschlag zur Stellungnahme der Regierung von Oberbayern im TOP 2.2.18). Es wurde erläutert, dass sich die Gemeinde der sensiblen Lage des Ortsteils Inhausermoos bewusst ist. Auf die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten (kein Bauland in den vergangenen 30 Jahren, stagnierende Entwicklung, Bauwünsche der Eigentümer) wurde verwiesen. Ziel der gegenständlichen Planung ist es demnach, für den ortsteilbezogenen Bedarf und das gemeindliche Baulandmodell Wohnbauland zur Verfügung zu stellen. Durch die kompakte Ausweisung von Bauland am Rande einer bestehenden Siedlungseinheit sollen eine fortschreitende Zersiedelung des Inhausermooses und eine ungeordnete, verstreute und kleinteilige Bebauung vermieden werden. Die Grundsätze zum sparsamen Umgang mit Boden werden im Rahmen der Planung beachtet (siehe Abwägung und Beschlussvorschlag zur Stellungnahme der Regierung von Oberbayern). Es wurde erläutert, dass der Standort aus naturschutzfachlicher Sicht gegenüber anderen Standorten am Ortsteil nicht nachteilig ist, da der gesamte Ortsteil auf sensiblen Niedermoorboden liegt. Andere Standorte wären weit restriktiver zu behandeln (z.B. Biotope). Die mit dem Arten- und Biotopschutzprogramm sowie den übrigen Naturschutz-Projekten verbundenen Ziele stehen der gegenständlichen Bauleitplanung nicht entgegen und werden im geplanten Baugebiet durch grünordernische Maßnahmen, z.B. durch die Entwicklung strukturreicher Gehölzflächen, berücksichtigt.
Der Bebauungsplan erfüllt die Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 13b BauGB. Eine Verkleinerung des Baugebietes ist nicht vorgesehen, da es sich um eine bedarfsgerechte Ausweisung von Bauland für den ortsteilbezogenen Bedarf handelt.

Folgende grünordnerische Regelungen wurden mit Frau Hein besprochen:
  • Sicherung/ Ersatzpflanzung für Moorbirken. Andere von Fr. Hein vorgeschlagene standorttypische Bäume wurden in die Pflanzliste aufgenommen.
  • Fortführen der Baumallee außerhalb des Umgriffs (in der Begründung zu erläutern)
  • Um der besonderen Bedeutung des Bodens für den Klimaschutz nachzukommen, Begrenzung der Versiegelung auf bestimmte Bereiche. Es werden Bauräume und GR/ GRZ für Wohngebäude und Garagen/ Nebenanlagen definiert, eine weitere Versiegelung der rückwärtigen Gärten darf nicht stattfinden.
  • Vorgaben zur Begrünung der privaten Grundstücksflächen werden getroffen, Schottergärten sollen vermieden werden.

Beschluss

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss empfiehlt dem Gemeinderat folgende Beschlussfassung:

„Der Gemeinderat nimmt die Stellungnahme des Landratsamtes (UNB) zur Kenntnis und macht sich die Abwägung zu Eigen. Die mit der UNB abgestimmten grünorderischen Maßnahmen werden festgesetzt (Planzeichnung, textliche Festsetzung). Die Begründung enthält ein umfassendes Kapitel zu Grünordnung, Arten-, Boden- und Klimaschutz sowie zum Bedarfsnachweis.“

Abstimmungsergebnis
Dafür: 6, Dagegen: 1

Datenstand vom 14.01.2021 11:46 Uhr