Mit Beschluss des Bau- und Umweltausschusses v. 29.07.2015 wurde die Stadtverwaltung beauftragt, die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereiches zu überprüfen und eine Stellungnahme der Polizeiinspektion hierzu einzuholen.
Nachdem in dieser Angelegenheit insbesondere seitens eines Anwohners wiederholt und unablässig Leserbriefe veröffentlicht werden sowie Schreiben an die Stadtverwaltung gerichtet (s. beil. Übersicht) und damit abermals neuerliche Fragestellungen aufgeworfen werden, wurde eine tiefgründige Aufarbeitung der Angelegenheit vorgenommen.
Seitens des Anwohners werden eine erhöhte Lärmbelastung aufgrund zu hoher Geschwindigkeiten sowie die Nichteinhaltung der im Bereich der Alten Poststraße angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 20 bemängelt. Ferner wurde seitens der Verkehrswacht mitgeteilt, dass die Führung des Gehweges vom Postberg in die Alte Poststraße Risiken birgt, da dieser beim Einfahren in die Alte Poststraße von Fahrzeugen häufig überfahren wird.
Das Straßenverkehrsrecht als spezielles Sicherheitsrecht verfolgt grundsätzlich das Ziel der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Vorliegend ist daher zu prüfen, ob eine Gefahrenlage vorhanden ist und ob diese ggf. mittels verkehrsrechtlicher Maßnahmen beseitigt oder reduziert werden können.
Situation vor Ort
Im Bereich der Alten Poststraße und der Weiherstraße sind eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo-20 und eine Eingeschränkte Halteverbotszone angeordnet. Der Gehweg ist niveaugleich ausgebaut.
Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich
Die Alte Poststraße ist im Bereich zwischen der Badstraße und Am Postberg als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich eingerichtet (§ 45 Abs. 1d StVO). Die Einrichtung verkehrsberuhigter Geschäftsbereiche kommt v.a. in zentralen Bereichen kleinerer und mittlerer Städte in Betracht. Solche Bereiche, v.a. zentrale Plätze oder platzartige Straßen, verfügen häufig über eine städtebaulich wertvolle und reizvolle Substanz, die auch in der baulichen Ausgestaltung der öffentlichen Verkehrsflächen (in der Regel niveaugleicher Ausbau) zum Ausdruck kommt. Für die in solchen Bereichen wünschenswerte Verkehrsberuhigung sind vielfach die Einrichtung von verkehrsberuhigten Bereichen oder Fußgängerbereichen weder zweckmäßig noch rechtlich zulässig.
Im verkehrsberuhigten Geschäftsbereich (vbG) sind die Verkehrsarten rechtlich getrennt. Die als Fahrbahn bestimmte Verkehrsfläche kann auch durch Fahrbahnbegrenzungen (durchgehende Linien nach Zeichen 295) abgegrenzt werden.
Wird in einem vbG eine Geschwindigkeit von weniger als 30 km/h angeordnet (Tempo-20-Zone), so soll auch der ruhende Verkehr, insbesondere durch Zeichen 290, geregelt werden (Eingeschränkte Halteverbotszone).
Sowohl die derzeitigen Anordnungen (Tempo-20, eingeschr. Halteverbotszone) als auch die bauliche Ausgestaltung (niveaugleicher Ausbau) entsprechen daher der richtlinienkonformen Einrichtung eines vbG.
Ausbau im Jahre 1996
Im Zuge des Vollausbaus der Alten Poststraße im Bereich zwischen Postberg und Weiherstraße wurde ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich geplant. Der Fahrbahnbelag wurde gem. Beschluss des Bau- und Umweltausschusses v. 07.02.1996 mit wechselfähigem Granitpflaster ausgeführt. Die Förderbindung läuft noch bis zum Jahr 2021.
Mit Schreiben der Polizeiinspektion Heilsbronn v. 02.06.1999 wurde der Stadt Heilsbronn mitgeteilt, dass im betreffenden Bereich ein vbG eingerichtet werden kann.
Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen
Eine Anordnung kann nur erfolgen, soweit dies aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls zwingend geboten ist, § 45 Abs. 9 StVO.
Nach Ansicht der Verwaltung wie auch der Polizeiinspektion Heilsbronn liegen die Voraussetzungen für eine Anordnung weiterer verkehrsregelnder Maßnahmen nicht vor. Eine weitergehende Gefahrenlage, der nicht bereits durch den vbG ausreichend begegnet wird, liegt weder für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs noch für die Anwohner der Alten Poststraße vor.
Die Voraussetzungen zur Anordnungen eines verkehrsberuhigten Bereiches (Zeichen 325) liegen somit nicht vor (s. Stellungnahme der PI Heilsbronn v. 04.11.2015). Hierfür wären umfangreiche Änderungen notwendig, die zudem nicht den erwünschten Zweck erzielen würden.
Zur Umwandlung in einen verkehrsberuhigten Bereich müssten die Einfahrten umgestaltet werden und die Vorfahrtsregelung komplett geändert werden, um bereits bei der Einfahrt dem Verkehrsteilnehmer die besondere Verkehrsregelung zu verdeutlichen. Dadurch würden Kosten i. H. v. mindestens 25.000 EUR entstehen (Austausch des Pflasters im Einfahrtbereich).
Lärmbelästigung
Seitens des Anwohners wird vorgetragen, einer erhöhten Lärmbelästigung aufgrund der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit ausgesetzt zu sein. Weder aussagekräftig noch überhaupt in einer Form belegt wurde diese Aussage im bereits langandauernden Verfahren nicht. Nach den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) kommen straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen in einem Mischgebiet insbesondere in Betracht, wenn eine Lärmbelastung von 72 db(A) zwischen 6.00 und 22.00 Uhr bzw. von 62 db(A) zwischen 22.00 und 6.00 Uhr vorliegt.
Stellungnahme der Verwaltung:
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die den Schluss nahelegen, die Grenzwerte der Lärmbelastung wären bei Einhaltung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit überschritten. Dies wurde seitens des Anwohners überdies nicht bestritten. Ferner werden die Grenzwerte nach Ansicht der Verwaltung auch bei einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit nicht erreicht.
Die Stärke der Schallemission einer Straße hängt u.a. von der Verkehrsstärke, dem Lkw-Anteil, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, der Art der Straßenoberfläche und dem Abstand zwischen Straße und Bebauung ab (s. Nr. 4.0 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen – RLS-90).
Auf Nachfrage teilte das Landratsamt Ansbach, technischer Umweltschutz, mit, dass die Grenzwerte in diesem Bereich bei Weitem nicht erreicht werden und insoweit keine Veranlassung besteht. Dem Landratsamt Ansbach ist der Vorgang bekannt, weswegen bereits Überprüfungen durchgeführt wurden.
Geschwindigkeitsüberschreitung
Durch den Anwohner wird vorgetragen, dass die zul. Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h im Bereich der Alten Poststraße nicht eingehalten wird und weitere Anordnungen daher notwendig sind.
Stellungnahme der Verwaltung:
In den vergangenen drei Jahren wurden zahlreiche Daten durch das Mobile Geschwindigkeitsmessgerät erhoben (s. Anlage). Auch wenn die Daten rechtlich nicht belastbar sind, so stellen sie einen guten Anhaltspunkt dar.
Der Auflistung kann entnommen werden, dass keine übermäßigen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemessen wurden. Die gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit bewegt sich zwischen 18 und 26 km/h. Einzelne Ausreißer im Rahmen der Messungen werden immer festgestellt und lassen sich mittels verkehrsrechtlicher Anordnungen auch nicht eindämmen.
Grundsätzlich kann ersehen werden, dass die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung seitens der Verkehrsteilnehmer akzeptiert und nur geringfügig überschritten wird.
Fraglich ist ferner, ob die Anordnung einer weiteren Geschwindigkeitsreduzierung durch den Verkehrsteilnehmer noch akzeptiert wird. Die geradlinige Führung der Alten Poststraße und die gute Sichtbeziehung zwischen Fußgänger und Verkehrsteilnehmer erfordert darüber hinaus auch keine weitere Reduzierung. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung lägen darüber hinaus auch nicht vor (s.o.).
Die Überwachung der Einhaltung der zul. Höchstgeschwindigkeit obliegt der Polizeiinspektion Heilsbronn und nicht der Stadt Heilsbronn.
Gehwegbereich Am Postberg
Seitens der Verkehrswacht Ansbach wird bemängelt, dass im Bereich der Kreuzung Alte Poststraße/Am Postberg der Gehweg weder durch eine Bordsteinkante noch durch eine Absperrung von der Fahrbahn getrennt ist. Es wird zudem festgestellt, dass der Gehweg von in die Alte Poststraße einfahrenden Fahrzeugen vermehrt überfahren wird und damit eine Gefahrenlage für den Fußgängerverkehr vorliegt.
Stellungnahme der Verwaltung:
Der niveaugleiche Ausbau entspricht dem richtlinienkonformen Ausbau eines vbG, insoweit besteht keine Veranlassung der baulichen Änderung, etwa in Form der Errichtung von Bordsteinkanten etc.
Durch das Überfahren des Gehwegbereiches im Bereich der Einfahrt in die Alte Poststraße aus Richtung Am Postberg besteht eine Gefahrenlage für den Fußgängerverkehr. Die Begrenzungsmarkierung entlang des Gehweges wird nicht ausreichend beachtet und überfahren.
Die Anbringung von Begrenzungspfosten zur Abgrenzung des Gehweges zur Fahrbahn wäre daher notwendig. Es wird vorgeschlagen, möglichst überfahrbare und mit einer Kette verbundene Pfosten anzubringen, um den Schaden für Pfosten und Kraftfahrzeuge im Falle eines Überfahrens der Pfosten möglichst gering zu halten. Die ausreichende Sicherheit des Fußgängerverkehrs wäre gleichfalls gegeben.
Die Sperrpfosten sollten im Kurvenscheitel offen sein (keine Kette, s. Anlage), sodass eine Querung der Alten Poststraße im Kurvenscheitel möglich ist. Dadurch kann der querende Fußgänger sowohl die Straße Am Postberg als auch die Alte Poststraße einsehen und damit möglichst gefahrlos die Alte Poststraße überqueren.
Die Kosten belaufen sich auf insgesamt ca. 400 € (insgesamt 6 Sperrpfosten incl. zwei Ketten).
Gehwegbereich/Fahrbahnmarkierung
Die Verkehrswacht teilt mit, dass an der Südseite der Alten Poststraße in Höhe des ehemaligen Edeka-Geschäfts ein etwa 50 cm breiter Gehweg verläuft. Unmittelbar daneben sind Parkflächen angelegt, die für einen PKW zu schmal sind, weswegen diese teilweise auf der Fahrbahn stehen.
Stellungnahme der Verwaltung:
Der niveaugleiche Ausbau des Gehweges entspricht der Ausgestaltung des verkehrsberuhigten Geschäftsbereiches (s.o.).
Bei dem Bereich im Umfeld der ehem. Böma handelt es sich um einen sog. tatsächlich-öffentlichen Verkehrsraum. Dieser Bereich ist Privatgrund (s. Anlage) und nicht als Straße bzw. Parkflächen markiert, wird durch die Verkehrsteilnehmer jedoch als Verkehrsraum genutzt. Ohne weiteres ist auch keine Abgrenzung erkennbar, sodass der Verkehrsteilnehmer ohne entsprechenden Hinweis davon ausgehen kann, dass der Bereich zum Verkehrsraum gehört.
Solange der Grundstückseigentümer die Nutzung durch den Verkehr stillschweigend toleriert, finden die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung analoge Anwendung.
Für den Verkehr ist die Trennung von Fahrbahn und Gehweg im nördlichen Bereich der Alten Poststraße durch eine Abwasserrinne und den unterschiedlichen Pflasterbelag erkennbar.
Im südlichen Bereich endet die eigentliche Straße an der Grundstücksgrenze mit der Abwasserrinne.
Da das Ende der Straße nach der Abwasserrinne im südlichen Bereich optisch nicht erkennbar ist, wäre die Auftragung einer Fahrbahnbegrenzungslinie notwendig. Damit würde eindeutig gekennzeichnet werden, dass die Fahrbahn nach der Abwasserrinne endet und der übrige Bereich nicht zum Verkehrsraum gehört.
Die Fahrbahnbegrenzungslinie sollte nach Einschätzung der Verwaltung auf voller Länge vom Bereich Am Postberg bis zur Kreuzung Weiherstraße angebracht werden. Damit könnte für den Fußgängerverkehr gleichzeitig verdeutlicht werden, dass südlich der Alten Poststraße kein Gehweg vorhanden ist. Demnach wäre der nördlich gelegene Gehweg zu nutzen. Verbunden mit der Anbringung der Sperrpfosten im Bereich der Einfahrt von der Straße Am Postberg besteht eine sichere Querungsmöglichkeit der Alten Poststraße für Fußgänger, die in die Innenstadt möchten.
Zusätzlich zur Fahrbahnbegrenzung sollte mit dem Grundstückseigentümer Kontakt aufgenommen werden, dass eine Kenntlichmachung des Privatgrundstückes erfolgen sollte.
Der städtebauliche Anblick der Alten Poststraße würde von der Fahrbahnbegrenzung beeinflusst.
Die Kosten für die Farbe zur Fahrbahnmarkierung würden sich auf ca. 200 € belaufen.
Einziehung Bäume
Für die Anordnung verkehrsregelnder Maßnahmen nach der Straßenverkehrsordnung liegen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor (s.o.). Ungeachtet dessen sind bauliche Änderungen im Straßenbereich als Straßenbaulastträger möglich. Diese werden seitens der Polizeiinspektion Heilsbronn auch empfohlen.
Das Aufstellen von Pflanzkübeln zur Verengung der Fahrbahn und damit zur Reduzierung der Geschwindigkeit ist außerhalb von verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325) nicht zulässig.
Die Polizeiinspektion Heilsbronn schlägt vor, die vorhandenen Grünflächen (mit Bäumen) in die Fahrbahn zu erweitern. Dadurch könnte eine sog. „Torwirkung“ erreicht werden. Der Verkehrsteilnehmer müsste die Grünflächen, die in die Fahrbahn eingezogen wären, umfahren und damit die Geschwindigkeit mäßigen. Ein Begegnungsverkehr wäre im Bereich der Grünflächen nicht mehr möglich, sodass sich der Verkehr zudem verlangsamen würde.
Die Sichtbeziehung zwischen Fußgänger und Verkehrsteilnehmer würde davon nicht beeinträchtigt, sodass sich keine neue Gefahrensituation für querende Fußgänger ergeben würde.
Sinnvoll wäre eine Einziehung von drei Grünflächen im Bereich der Alten Poststraße (s. Anlage).
Auf die Einziehung im Bereich gegenüber der ehem. Böma wäre ggf. zu verzichten, um den Zulieferverkehr des Gewerbebetriebes nicht zu gefährden. Nach Zivilrechtlicher Vereinbarung mit den früheren Eigentümern hat die Stadt Heilsbronn die Anfahrbarkeit für die Warenanlieferung für das ehem. Böma-Grundstück von Osten und Westen zu gewährleisten.
Die Arbeiten könnten durch den städtischen Bauhof erfolgen. Zusätzlich wäre ggf. eine Leitschwelle als Markierung um die Grünfläche anzulegen. Die Kosten für Aluminiumleitschwellen würden sich auf ca. 400 € bei zwei Grünanlagen belaufen.