Kriterien zur fairen Beschaffung von Dienstkleidung am städtischen Bauhof


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Stadtratssitzung, 27.05.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Herrieden) 2. Stadtratssitzung 27.05.2020 ö 16

Sachverhalt

Seit der Reform des Vergaberechts 2016 lassen sich soziale und ökologische Aspekte nach §97 Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Vergabe im Oberschwellen- und Unterschwellenbereich berücksichtigen. Für den Unterschwellenbereich wird in Bayern für kommunale Auftraggeber die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) durch Verwaltungsvorschrift (VergabeVwV vom 27.02.2019) seit dem 01.04.2019 zur Anwendung empfohlen. Herrieden kommt mit seinem Stadtratsbeschluss vom 04.02.2015 im Zuge der Bewerbung zur Fairtrade Stadt bereits der Empfehlung der Landesregierung nach, auch die Verordnung „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ vom 29. April 2008 anzuwenden.

Mit dem Stadtratsbeschluss vom 06.11.2019 wurde der Unterzeichnung des „Pakts für nachhaltige Beschaffung“ der Metropolregion Nürnberg zugestimmt. Herrieden hat sich damit bereit erklärt, den Anteil an fair beschaffter Produkte zu steigern.

Unter diesem Aspekt wurde von der Verwaltung ein Kriterienkatalog für die Beschaffung von Arbeits- und Schutzkleidung am städtischen Bauhof entwickelt.
Der Katalog wurde in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen am Bauhof erarbeitet und der selbstständigen Beraterin im Bereich nachhaltige öffentliche Beschaffung Franziska Singer begleitet. In diesem Zug fand am 23. Januar 2020 ein Workshop am Bauhof statt, zu dem alle Bauhofmitarbeiterinnen und –mitarbeiter eingeladen waren. Sie erfuhren Hintergründe zu fairer Dienstkleidung. Zudem wurden mit ihnen zusammen Wunschvorgaben zur Beschaffenheit zukünftiger Dienstkleidung gesammelt, die in den Katalog einflossen.

Unter Zuhilfenahme des Internetportals „Kompass Nachhaltigkeit“ wurde geprüft, welche Kriterien in der zukünftigen Beschaffung einfließen sollen. Mit Blick auf das damit verbundene Marktangebot wurden für Arbeitshosen, Warnschutzhosen, Regen-, Arbeits-, und Winterjacken folgende soziale Mindestanforderungen festgelegt:
Verbindliche Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen in der Textilproduktion:
o        Verbot von Kinderarbeit (Mindestalter/ILO 138)
o        Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit
o        Vereinigungsfreiheit
o        Kollektivverhandlungen
o        Verbot und Abschaffung von Zwangsarbeit
o        Gleiche Entlohnung (Herstellungsphase)
o        Verbot von Diskriminierung (Herstellungsphase)

Der Nachweis kann über die folgenden Produktgütesiegel bzw. Unternehmermitgliedschaften in Multi-Stakeholder-Initiativen erfolgen:

  • Fair Wear Foundation
  • GOTS (Global Organic Textile Standard)
  • Fairtrade Textile Production

Ein gleichwertiger Nachweis (iSv. § 34 VgV/§ 24 UVgO), der über eine Eigenerklärung hinausgeht, ist ebenfalls zulässig.

Rechtliche Würdigung

Sowohl oberhalb der Schwellenwerte für Dienst- und Lieferleistungen in Höhe von 214.000 €, als auch unterhalb dieses Wertes sind öffentliche Auftraggeber berechtigt, in ihr Vergabeverfahren Aspekte der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit einfließen zu lassen. Dies folgt zum einen aus dem grundsätzlich freien Leistungsbestimmungsrecht der Stadt Herrieden als öffentlicher Auftraggeberin und zum anderen aus der Ermächtigungsgrundlage in § 97 Abs. 3 GWB und § 2 Abs. 3 UVgO. Die Vorgabe der sog. ILO-Kernarbeitsnormen als Mindestbestand an Arbeitnehmerrechten ist in diesem Zusammenhang üblich und praxiserprobt. Die Rechtmäßigkeit dieser Vorgabe ist bisher immer gerichtlich bestätigt worden.
Der Nachweis wird hier über Gütezeichen nach § 34 VgV/§ 24 UVgO geführt und über gleichwertige Nachweise wie beispielsweise eine Mitgliedschaft in einer sog. Multistakeholderinitiative (MSI). Ebenfalls werden andere gleichwertige Nachweise zugelassen. Dies ermöglicht es, den Bietern im Einzelfall unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit andere geeignete Nachweise zu wählen.

Finanzielle Auswirkungen

Kostensteigerungen liegen nach Recherchen maximal im niedrigen einstelligen Prozentbereich (Bei einer Ausschreibung der Stadt Bonn für faire Dienst- und Schutzkleidung lagen diese z.B. bei ca. 3 % im Vergleich zur vorangegangenen Ausschreibung [Femnet e.V., Möglichkeiten einer ökologisch und sozial nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, 2019])

Beschluss

Der Stadtrat stimmt dem erarbeiteten Vorgabenkatalog zu. Und beschließt, dass dieser auch für den Bereich der Beschaffung von Dienstkleidung im Bäderbereich und allen übrigen Bereichen anzuwenden ist.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 18.06.2020 14:03 Uhr