Daten angezeigt aus Sitzung:
59. Gemeinderatssitzung, 13.02.2025
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Kurzfassung
Das Mobilitätskonzept mobil365 für das Oberallgäu wurde mehrfach optimiert und in der vorliegenden Form auf eine kosteneffiziente Start-Variante reduziert. Mobil365 umfasst drei grundsätzliche Änderungen (im Folgenden „Maßnahmen“) für das Verkehrssystem und ist mit einer Finanzierungsstrategie hinterlegt. Bei einer Reihe von Veranstaltungen für Gemeinderatsmitglieder wurde zu den drei Maßnahmen informiert. Für eine Bürgerbefragung im Oktober und November wurden alle Informationen übersichtlich auf der Webseite https://mobil365.oberallgaeu.org/ aufbereitet. Zusammengefasst in einem Satz, geht es um eine perfekte Abstimmung von Bus und Bahn, von früh bis spät, unterstützt von Bedarfsverkehr. Die Finanzierung erfordert rund 7 Millionen EUR jährlich, wobei Fördermittel bereits abgezogen sind. Höhere Einnahmen sind nicht eingerechnet, da diese Zuwächse erst über mehrere Jahre stattfinden. Die genannten Kosten sind dahingehend konservativ kalkuliert. Ziel ist es, den Standort Oberallgäu weiter zu stärken und den öffentlichen Personenverkehr für den Zeitraum von 2026 bis 2036 zukunftsfähig aufzustellen.
Um das erarbeitete Konzept 365 umsetzen zu können, muss ab dem Jahr 2026 die Konzessionsvergabe neu gedacht werden. Die Voraussetzungen hierfür müssen bereits im Jahr 2025 angegangen werden. Demzufolge bedarf es nun einer Richtungsentscheidung.
Die drei Maßnahmen von mobil365:
- Ein umfassendes Fahrplanangebot von Bussen und neuen On-Demand-Diensten verbindet die 28 Gemeinden des Landkreises. Die Busse verkehren täglich von etwa 5 Uhr bis 22 Uhr auf den Hauptstrecken und sind auf die Bahn abgestimmt.
Die Abfahrtszeiten sind immer zur gleichen Minute und damit maximal einfach und benutzerfreundlich.
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- Mit einem integralen Taktfahrplan (ITF) wird der Umstieg an wichtigen Verbindungen, ähnlich wie in der Schweiz, zuverlässig und ohne lange Wartezeiten möglich. Busse erreichen die Knotenpunkte kurz vor den Zügen und fahren direkt nach dem Umstieg wieder ab. So können Fahrgäste bequem zwischen Bus und Bahn wechseln oder innerhalb des Busnetzes umsteigen.
Das Busnetz weist 21 Taktknoten auf, bei denen auf die Minute abgestimmt umgestiegen werden kann. Eine schematische Darstellung der Umsteigeknoten bietet die nebenstehende Grafik.
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- On-Demand-Angebote bieten individuelle Mobilität „auf Abruf“. Nachdem Sie in der App die gewünschte Zieladresse und Abfahrtszeit eingegeben haben, bündelt ein Algorithmus Ihre Anfrage mit den Wünschen anderer Fahrgäste und bietet Ihnen einen Fahrtvorschlag an. Kleinere Umwege sind erlaubt, solange sie den Anschluss an die Bahn nicht gefährden. Sie erhalten eine Bestätigung mit Abhol- und Zielzeiten. Alternativ können Sie Ihre Fahrt auch telefonisch bestellen. Für eine Fahrt mit dem On-Demand-System fallen keine Zuschläge zum normalen Ticketpreis an.
Eine Darstellung der geplanten Bediengebiete sehen sie nebenstehend.
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Ergebnis Bürgerbefragung:
Auf Anregung von Bürgermeistern und Kreisräten wurde eine Bürgerbefragung durchgeführt. Die Bürgerbefragung entspricht keinem Bürgerentscheid. Sie ist eine unverbindliche Meinungsbekundung, die von Gemeinderats- und Gremienmitgliedern bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden kann.
Die Befragung erfolgte über die bereits eingangs genannte Webseite https://mobil365.oberallgaeu.org/ . Mit rund 2.500 Teilnehmenden haben über 1,5% der Bevölkerung teilgenommen – was ein Wert ist, der deutlich über vergleichbaren Befragungen des Landkreises liegt. Dies zeigt, dass grundsätzlich ein hohes Interesse an der ÖPNV-Thematik besteht. Hinzu kommt, dass aus technischen Gründen, jede Internetverbindung nur für die einmalige Teilnahme genutzt werden konnte – sodass teilweise nur eine Person je Haushalt abgestimmt hat.
Das Befragungsergebnis fällt mit 81 Prozent für die Umsetzung der genannten Verbesserungsmaßnahmen zu den genannten Kosten sehr deutlich aus.
Auswirkungen auf das Klima
Im Rahmen von Energiebilanzen werden die Bereiche
- Wärmebedarf
- Strombedarf
- Verkehr
betrachtet. Die Aufstellung eines verbesserten ÖPNV-Angebotes wirkt in die Klimaschutzpolitik des Landkreises und der Gemeinden im Verkehrssektor ein. Ein gutes ÖPNV-Angebot soll den Individualverkehr verringern und dadurch auch eine Entlastung im Sinne der CO2-Bilanz erwirken.
Rechtliche Beurteilung
Für die Umsetzung von Verbesserungen des öffentlichen Personennahverkehrs sind in Bayern die folgenden Gesetzesgrundlagen maßgeblich.
Zunächst ist der öffentliche Verkehr ganz allgemein in Art. 57 der bay. Gemeindeordnung als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde formuliert. In diesem Sinne ist der öffentliche Verkehr nach der bay. Landkreisordnung auch eine eigene Angelegenheit der Landkreise, wenn nach Art. 4 (1) das Leistungsvermögen der kreisangehörigen Kommunen überschritten wird, oder nach Art. 5 (1) die Angelegenheit, die durch das Kreisgebiet begrenzte überörtliche Gemeinschaft umfasst.
Die Ziele für die Angebotsqualität des ÖPNV sind im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern
(BayÖPNVG) formuliert. So in Art. 2 (1):
1Öffentlicher Personennahverkehr ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. 2Er soll im Interesse des Umweltschutzes, der Verkehrssicherheit, der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sowie der Herstellung und Sicherung gleichwertiger Lebensbedingungen im gesamten Staatsgebiet als eine möglichst vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zu Verfügung stehen.
In Art. 4 (2) wird auf integrale Taktfahrpläne hingewiesen, was durch die beschriebenen Maßnahmen 1 und 2 von mobil365 für den Landkreis Oberallgäu erfüllt würde.
Hinsichtlich Bedienungsstandard beschreibt Art. 5 (1), die notwendige Abwägung der Bedürfnisse der Bevölkerung gegenüber dem Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
In Absatz (2) findet sich der Verweis auf die finanzielle Leistungsfähigkeit als Grenze für nachfrageorientierte Bedienkonzepte in ländlichen Gebieten.
Zusammenfassung
Zusammenfassend entspricht die ÖPNV-Verbesserung durch mobil365 den Zielsetzungen des BayÖPNVG. Vor der Entscheidung für oder gegen die Umsetzung bewertet der Kreistag die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landkreises. Eine Informationsquelle hierfür sind Rückmeldungen aus den kreisangehörigen Kommunen.
Finanzielle Auswirkungen
Das erweiterte Angebot an Bussen und On-Demand-Diensten im Landkreis Oberallgäu wird etwa sieben Millionen Euro pro Jahr kosten, basierend auf dem Preisstand Anfang 2024. Fördermittel sind bei diesem Betrag bereits abgezogen. Höhere Einnahmen sind nicht eingerechnet, da diese Zuwächse erst über mehrere Jahre stattfinden. Die genannten Kosten sind dahingehend konservativ kalkuliert. Die Kosten müssen durch den Haushalt des Landkreises und Beiträge der Gemeinden gedeckt werden.
Ab wann fallen die Kosten an?
Die Kosten für das neue Nahverkehrsangebot würden jedes Jahr anfallen. In den ersten zwei Jahren würden sie schrittweise steigen, da das Angebot nach und nach ausgeweitet wird. Der On-Demand-Verkehr soll Ende 2025/Anfang 2026 starten, der erweiterte Linienverkehr Ende 2026. Bis 2027 wäre das komplette System in Betrieb. Dann würde der jährliche Finanzbedarf voraussichtlich bei etwa sieben Millionen Euro liegen.
Wie würde das Projekt finanziert?
In einer Arbeitsgruppe mit 3 Bürgermeister-Vertretern wurde, um die zusätzlichen Ausgaben zu stemmen, ein Finanzierungsmodell aus zwei Säulen erarbeitet:
- Priorisierung im Haushalt des Landkreises – Andere Projekte des Landkreises würden zurückgestellt oder nicht im vollen Umfang durchgeführt, um Mittel freizumachen.
- Erhöhung der Kreisumlage – Die Gemeinden geben einen höheren Anteil ihrer Steuereinnahmen an den Landkreis ab. Jede Gemeinde entscheidet selbst, wie sie ihren finanziellen Beitrag gegenfinanziert.
Auswirkungen auf Ihre Kommune (Beispiel)
Die voraussichtliche Belastung je Kommune ist in der nebenstehenden Grafik dargestellt. Bei den Werten ist unterstellt, dass der Landkreis durch Priorisierung gegenüber anderen Projekten einen gewissen Betrag finanzieren kann. Da jede Kommune selbst entscheidet, wie der übrige Betrag gegenfinanziert werden soll, sind die Auswirkungen auf die Einwohner und die lokale Wirtschaft sehr unterschiedlich.
Mit dem Rechentool zur Berechnung der Auswirkung erhöhter Hebesätze hat die Arbeitsgruppe Finanzierung ein Werkzeug entwickelt, mit dem die Finanzierung über Grundsteuer B oder Gewerbesteuer je Kommune berechnet werden kann. Das Rechentool steht den Kommunen zur Verfügung und kann bei Bedarf durch die Kämmerei genutzt oder auch vorgeführt werden.
Daneben sind für die Finanzierung natürlich auch nutzbar: Kurbeitrag/Fremdenverkehrsbeitrag, Mieten, Pachten, Zinsen, Parkgebühren, sonst. Benutzungsgebühren, Hundesteuer, Zweitwohnungssteuer, etc.
Beschlussvorschlag
- Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zum Projekt ÖPNV Angebotskonzeption mobil 365 zur Kenntnis und begrüßt grundsätzlich die Initative zur Verbesserung des ÖPNV-Angebotes des Landkreises ab dem Jahr 2026 wie vorgestellt.
- Aus Sicht der Gemeinde kann der dadurch entstehende höhere Finanzbedarf des Landkreises für die ÖPNV Angebotskonzeption mobil 365 in Höhe von 2 % Kreisumlagenerhöhung unter Berücksichtigung, dass der weitere Finanzierungsbedarf durch Einsparungen im Kreishaushalt eingebracht wird, mitgetragen werden.
Diskussionsverlauf
GS Hillmann stellt anhand der Power Point den Sachverhalt vor. Als Hauptstrecke wird Balderschwang nicht mitgezählt, somit wird diese Strecke nicht von 5-22 Uhr befahren werden.
Positiv ist, dass Hittisau als Umsteigknoten mitaufgenommen wurde.
BGM Kienle möchte gern zum Beschluss folgendes hinzufügen:
„Die Umsetzung des Projektes zur Einführung samt möglicher Erweiterungsoptionen soll erfolgen und wird von der Gemeinde unterstützt, soweit auf Basis des derzeit gültigen Fahrplanes keine Reduzierungen der Fahrten vorgenommen werden und die Erweiterungsoptionen Oberstaufen/Westallgäu bzw. Bregenzerwald/Bodensee kommen.“
Dies wurde in der Sitzung vom 15.02.2024 zum Beschluss „Gästeticket“ ebenfalls eingetragen.
Der GR nimmt zustimmend Kenntnis.
GR Sonneborn möchte wissen, ob Balderschwang jemals als Hauptstrecke einplant werden soll und wie das Schwabenhofprojekt hierzu Einfluss erhält? Der neue Leuchtturm, welcher am Schwabenhof entstehen soll, wird nur mit einer guten Fahrttaktung funktionieren.
BGM Kienle erläutert hierzu, dass Balderschwang nicht als Hauptstrecke eingeplant wird und man den genauen Plan mit dem Alpinium+ (Leuchtturmprojekt) berücksichtigen wird.
Zweiter BGM Hiemer findet die Erweiterung sehr wichtig und bittet, an diesem Projekt weiter zu arbeiten und nicht den Fokus zu verlieren.
Beschluss
- Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zum Projekt ÖPNV Angebotskonzeption mobil 365 zur Kenntnis und begrüßt grundsätzlich die Initative zur Verbesserung des ÖPNV-Angebotes des Landkreises ab dem Jahr 2026 wie vorgestellt.
- Aus Sicht der Gemeinde kann der dadurch entstehende höhere Finanzbedarf des Landkreises für die ÖPNV Angebotskonzeption mobil 365 in Höhe von 2 % Kreisumlagenerhöhung unter Berücksichtigung, dass der weitere Finanzierungsbedarf durch Einsparungen im Kreishaushalt eingebracht wird, mitgetragen werden.
- Die Umsetzung des Projektes zur Einführung samt möglicher Erweiterungsoptionen soll erfolgen und wird von der Gemeinde unterstützt, soweit auf Basis des derzeit gültigen Fahrplanes keine Reduzierungen der Fahrten vorgenommen werden und die Erweiterungsoptionen Oberstaufen/Westallgäu bzw. Bregenzerwald/Bodensee kommen.
Beschluss anonym
Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0
Datenstand vom 24.03.2025 14:47 Uhr