Strassenausbaubeitragssatzung; Erstellung; Diskussion und Beschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Marktgemeinderates, 08.02.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Kaufering) Sitzung des Marktgemeinderates 08.02.2017 ö vorberatend 2

Sachverhalt Bürger

In der Sitzung des Marktgemeinderats am 27.11.2014 wurde das Thema „Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung“ bereits ausführlich behandelt. Mit einer umfangreichen Sachverhaltsaufklärung, in Kombination mit weiterem Informationsmaterial, wurden die Marktgemeinderäte über die Rechtslage informiert. Hierzu wird auf den Sachverhalt des TOP 6 der öffentlichen Sitzung des Marktgemeinderats vom 27.11.2014 verwiesen.

Auf Wunsch des Marktgemeinderats wurde daraufhin eine öffentliche Informationssitzung zur Thematik durchgeführt, bei der Herr [Name] in seiner Funktion als Fachanwalt für Verwaltungsrecht referierte. Der Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung wurde bis dato nicht beschlossen.

Im Rahmen der aktuellen Haushaltsplanungen beabsichtigen nun die Kommunalwerke zur Deckung ihrer Investitionen teilweise die Aufnahme von Krediten.
Die Rechtsaufsichtsbehörde hat hierzu, wie schon für das Haushaltsjahr 2016, mitgeteilt, dass einer Kreditaufnahme bei den Werken im Rahmen der Genehmigung des Haushalts 2017 nur zugestimmt wird, wenn der Marktgemeinderat eine Straßenausbaubeitragssatzung erlässt. Die Ausgestaltungsform der Satzung wird dabei von der Rechtsaufsicht dem Markt überlassen.

Bis vor Kurzem kannte die Gesetzgebung nur die Form einer Straßenausbaubeitragssatzung auf Basis von Beitragsschlüsseln, die auf konkrete abgeschlossene Maßnahmen mit vorliegenden Endsummen der Aufwendungen angewendet werden (sog. Einmalbeiträge).

Die Form von „wiederkehrenden Beiträgen“ war Bestandteil von verschiedenen Gesetzesentwürfen, deren Beratung und Entscheidung im Landtag im Sommer 2016 abgeschlossen wurde und die nunmehr als zweite Variante in das Kommunalabgabengesetz (KAG) Eingang gefunden hat. Bis dato gibt es hierfür noch keine Ausführungsrichtlinien.

Mit der Entscheidung des Gesetzgebers im Sommer 2016, sowohl Einmalbeiträge als auch wiederkehrende Beiträge zuzulassen, jedoch die Regelung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen als „Sollbestimmung“ bestehen zu lassen, wird die bisher schon geltende Fachmeinung bekräftigt, dass „soll“ „muss“ bedeutet und somit eine Straßenausbaubeitragssatzung zwingend zu erlassen ist, wenn nicht die finanzielle Situation einer Gemeinde den Verzicht rechtfertigt.

Seitens der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts Landsberg am Lech wurde in mehreren Informationsveranstaltungen für Gemeinderäte die aktuelle Gesetzeslage erläutert. Hierbei wurden die Möglichkeiten der verschiedenen Abrechnungssysteme sowie deren Vor- und Nachteile dargelegt. Im Rahmen eines Informationsabends am 17.01.2017 hat Herr [Name] nochmals interessierten Marktgemeinderäten die Gelegenheit gegeben, sich über die rechtliche Situation zu erkundigen.

Die Erstellung einer Liste aller Straßen im Gemarkungsgebiet Kaufering, aus der ersichtlich sein soll, welche Straße hinsichtlich ihrer Verkehrsbedeutung in welche Straßenkategorie der Straßenausbaubeitragssatzung fällt, wurde zunächst nicht weiterverfolgt, da seitens des Marktgemeinderats keine Beschlusslage hinsichtlich einer Satzungsausgestaltung vorliegt.

Die vorgenannte Liste wird mit großer Wahrscheinlichkeit für die Kalkulation von ggf. wiederkehrenden Beiträgen erforderlich sein. Nach konkreter Beschlussfassung über den Erlass und die Ausgestaltung einer Satzung werden die Tätigkeiten hierzu bei Bedarf wieder aufgenommen.

Nach Ansicht der Verwaltung sind bei der Erstellung einer Straßenliste auch der bauliche Zustand und eine Einschätzung der Restlebensdauer einer Straße aufzunehmen. Zur Ermittlung dieser Daten muss nach Ansicht der Verwaltung ein Fachbüro für Straßenbau hinzugezogen werden. Eine Abschätzung des erforderlichen Zeitaufwands zur Ermittlung aller Kalkulationsgrundlagen kann derzeit nicht getroffen werden.

Weiterhin sind bei der Einführung wiederkehrender Beiträge Abrechnungseinheiten zu bilden, bei denen vom Marktgemeinderat konkrete Abrechnungsparameter festzulegen sind. Diese Parameter können in benachbarten Abrechnungseinheiten unterschiedlich ausfallen.
Auch die beitragspflichtigen Grundstücks- und Geschoßflächen müssen flächendeckend für den gesamten Gemarkungsbereich ermittelt werden.

Darüber hinaus ist ein Bauprogramm durch den Marktgemeinderat zu beschließen, das zukünftige beitragspflichtige Ausbaumaßnahmen benennt und festlegt, wann welche Maßnahme durchzuführen ist. An das Bauprogramm ist der Markt gebunden.
Auf festgelegte Baumaßnahmen kann z.B. nicht haushaltsbedingt verzichtet werden.

Ebenso müssen konkrete Kostenschätzungen erfolgen um auf Basis aller Abrechnungsparameter und der ermittelten Flächen für jede Abrechnungseinheit einen spezifischen Beitrag ermitteln zu können. Die berechneten Beiträge werden auf mehrere Jahre verteilt und dann jährlich erhoben, ungeachtet dessen, ob an der Straße eines Beitragszahlers Maßnahmen stattgefunden haben oder nicht.
Eine Eckgrundvergünstigung (Anlieger an zwei Straßen werden je Straße nur mit 2/3 herangezogen) wie bei Einmalbeiträgen existiert bei wiederkehrenden Beiträgen nur für den Fall, dass ein Grundstück an mehrere Abrechnungseinheiten angrenzt.

Alternativ besteht die Möglichkeit jährlich rückwirkend den Kostenaufwand, der im Vorjahr tatsächlich im Rahmen beitragspflichtiger Maßnahmen getragen wurde, in den einzelnen Abrechnungseinheiten zu erheben.

Die Erhebung wiederkehrender Beiträge erfolgt jährlich in Form von Verwaltungsakten an jeden beitragspflichtigen Grundstückseigentümer.

Dabei bleiben Grundstücke von einer Beitragserhebung verschont, für die Erschließungsbeiträge entrichtet wurden und dies nicht länger als 20 Jahre zurück liegt. Dies bedeutet, dass in einer Abrechnungseinheit der anfallende abrechnungspflichtige Aufwand nur auf einen Teil der Eigentümer verteilt wird, was somit die Belastung des einzelnen Beitragszahlers erhöht. Abrechnungseinheiten, in denen in den vergangenen 20 Jahren viele Neubaugebiete entstanden sind, sind hiervon besonders stark betroffen.

Einmalbeiträge werden nur im Falle einer konkret durchgeführten beitragspflichtigen Maßnahme rückwirkend erhoben. Die Eckgrundvergünstigung findet Anwendung.
Es werden ausschließlich tatsächlich bekannte Datengrundlagen bei der Berechnung zugrunde gelegt. Es liegen beispielsweise alle erforderlichen geprüften Schlussrechnungen von Auftragnehmern und Planungsbüros vor. Auch die Umlagegrundlage der Grundstücks- und Geschoßfläche ist aus dem Bestand zu entnehmen. Es besteht darüber hinaus Klarheit bei den Daten der beitragspflichtigen Personen im Zeitpunkt der Beitragsentstehung (Abschluss der Maßnahme).

Auch hier erfolgt die Abrechnung in Form von Verwaltungsakten. Diese werden jedoch nur einmalig an die Beitragspflichtigen des konkret abzurechnenden Abschnitts einer tatsächlich durchgeführten Maßnahme gerichtet.
Finden keine Baumaßnahmen statt, die in den Geltungsbereich der Ausbaubeitragssatzung fallen, erfolgt auch keine Abrechnung.

Ggf. hohe Zahlungsbelastungen von Beitragspflichtigen aufgrund von Einmalbeiträgen können hierbei in der Form einer „Verrentung“ (=Ratenzahlung) auf einen längeren Zeitraum verteilt werden.

Die herrschende Fachmeinung (z.B. Bayerischer Gemeindetag) hält eine Straßenausbaubeitragssatzung in Form von Einmalbeiträgen für am transparentesten für den einzelnen Beitragspflichtigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trifft einen Grundstückseigentümer ein Beitragsbescheid für einen Einmalbeitrag nur einmal im Leben. Dann ist eine Verteilung der Last in Form der bereits erwähnten Verrentung auf 10 Jahre möglich. Auf lange Sicht wird davon ausgegangen, dass sich die insgesamt Beitragsbelastung aus Sicht des Grundstückseigentümers durch wiederkehrende Beträge nicht verringert.

Kommunen unterliegen in allem ihrem Handeln dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.

Festzuhalten ist, dass bei der Anwendung der wiederkehrenden Beiträge ein erhöhter Verwaltungsaufwand zu erwarten ist, der durch erhöhte Personalstunden geleistet werden muss. Dieser Aufwand wäre nicht temporär sondern dauerhaft zu tragen.
Hinzu käme der grundlegende Aufwand (intern oder extern) für die Erhebung der vorgenannten Abrechnungsgrundlagen und Parameter. Alle erforderlichen Daten müssen permanent aktuell gehalten werden, Abweichungen durch bauliche Veränderungen wirken sich auf die Beitragshöhe im Folgejahr direkt aus. Auch die Daten der Beitragspflichtigen müssen jährlich wiederkehrend überprüft und aktualisiert werden.

Die Abrechnung von ggf. anfallenden Einmalbeiträgen kann durch vorübergehende Mehrarbeitsstunden im Einzelfall abgedeckt werden. Der abzurechnende Aufwand ergibt sich aus den Baukosten und Baunebenkosten einer Maßnahme, sowie ggf. anfallender Grunderwerbskosten. Eine zusätzliche Fachexpertise hierzu ist nicht erforderlich, da diese Leistung ohnehin Teil der Ausführungsplanung einer konkreten Straßenbaumaßnahme ist.

Zusammenfassend ist die Verwaltung der Ansicht, dass sowohl hinsichtlich der Transparenz einer Beitragsabrechnung als auch zur Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes beim Markt Kaufering die Anwendung einmaliger Beitragserhebungen zu bevorzugen ist. Zudem unterliegen die Abrechnungen in Form von Einmalbeiträgen seit mehreren Jahrzehnten der regelmäßigen Rechtsprechung, so dass auch ein sehr hohes Maß an Rechtssicherheit in der Abrechnung für die Kommune besteht. Dagegen gibt es bei wiederkehrenden Beiträgen keinerlei Erfahrungswerte im Bezug auf rechtliche Beurteilungen durch die Gerichte.

Aufgrund dieser Einschätzung werden seitens der Verwaltung unterschiedliche Beschlussvorschläge vorgebracht.

Beschluss Bürger 1

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 6

Beschluss Bürger 2

Variante 1:
Die beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung soll auf Basis der „Mustersatzung über die Erhebung von einmaligen Beiträgen zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen und Parkplätzen“ (ABS) ausgearbeitet werden. Hierbei ist die Möglichkeit der „Verrentung“ vorzusehen. Der Satzungsentwurf soll am 08.03.2017 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 13

Beschluss Bürger 3

Variante 2:
Die beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung soll auf Basis der „Mustersatzung über die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zur Deckung des Aufwandes für die Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen und Parkplätzen“ (ABS) ausgearbeitet werden. Der Ablauf für die Erhebung hierzu notwendiger Grundlagen soll im Rahmen der Sitzung des Marktgemeinderats 08.03.2017 festgelegt werden. Der Satzungsbeschluss soll bis November 2017 gefasst werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 9

Datenstand vom 01.02.2018 11:17 Uhr