Mit der vorliegend beantragten Erweiterung (BVZ 147/2020) wird die Bauvoranfrage von 2017 wieder aufgegriffen und weiterverfolgt. Die ehemalige Wagenremise durch Veränderung der äußeren Gestalt (Balkone, Gauben, Terrassen, Anbau eines Zimmers und einer Garage) wird nun vollends zu einem Wohngebäude und dies wird nun auch deutlich nach außen in Erscheinung treten.
Es ist aufgrund der baulichen Entstehung des Gebäudes nicht ausgeschlossen, dass das beantragte Vorhaben durch ein Gericht tatsächlich als Ortsrandabschluss betrachtet werden könnte, so dass das Vorhaben dem Innenbereich zuzuschlagen und nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und das Vorhaben somit genehmigt werden müsste.
Bisherige fachliche Beurteilung:
Das Vorhaben befindet sich im planungsrechtlichen Außenbereich und wird nach § 35 BauGB beurteilt. Die Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich richtet sich gem. § 35 (1) BauGB u.a. danach, ob öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist, das Vorhaben einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 (1) BauGB. Das Vorhaben ist nach § 35 (2) BauGB nicht zulässig, da öffentliche Belange (Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Splittersiedlung) durch das Vorhaben beeinträchtigt werden. Die bisherige Beurteilung der Nutzungsänderung erfolgte im Rahmen der Teilprivilegierungstatbestände nach § 35 Abs. 4 Nr.1 BauGB Die Beurteilung des vorliegenden Antrages erfolgt nach § 35 (4) Nr. 5 BauGB (angemessene Erweiterung).
Prüfung nach § 35 (4) Nr. 5 BauGB (Erweiterung)
Nach § 35 (4) BauGB kann einem sonstigen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, dass es den Darstellung des Flächennutzungsplanes oder des Landschaftsplanes widersprecht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind. Nach § 35 (4) Nr. 5 BauGB ist die
Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
- das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden:
Dies erfolgte mit Erteilung der Baugenehmigung vom 22.10.2018.
- die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhanden Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen:
Entsprechende Unterlagen für die Beurteilung der Angemessenheit wurden Bauaufsicht nicht vorgelegt. Die Berechnung der Wohnfläche wurde daher durch die Mitarbeiter des Bürgerservice Bauen vorgenommen. Die Beurteilung fiel jedoch negativ aus, die Erweiterung der Wohnfläche ist zu hoch. Festzuhalten ist, dass die geplanten Erweiterungen mit der Raumbezeichnung „Zimmer“ eine eindeutige Nutzung nicht festmachen lassen. Leider zieht sich diese Bezeichnung schon durch den ehemals genehmigten Bauantrag vom 22.10.2018. Eine eindeutige Feststellung der Anzahl der Nutzungseinheiten ist ebenfalls nicht festzumachen, allerdings irritiert die Anzahl der Dusch-Bäder (eines im EG, zwei im 1.OG und nun noch eines in der neu geplanten Erweiterung im Erdgeschoss). Auch ohne Prüfung der Angemessenheit der Erweiterung lässt sich bereits jetzt festhalten, dass die bereits vorhandene Wohnfläche von 6 Zimmern mit 117,30 m² Wohnfläche für zwei Bewohner mehr als großzügig ist.
Die Wohnfläche eines Ein-Familienheims, von der nun ausgegangen wird, ist mit 130 m² als angemessen zu beurteilen. Hier geht das OVG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 02.05.2018 von einer vierköpfigen Familie aus.
Die Fläche des Anbaus im EG beträgt ca. 62 m², davon entfallen 24,12 m² auf die Garage. Im Bestand verfügt das Gebäude bereits über eine Gesamtwohnfläche von 117 m². Durch den Anbau und den Dachgeschossausbau, inkl. aller Balkone und Wintergarten ergibt sich eine Wohnfläche von 180 m². Damit übersteigt die beantragte Wohnfläche die Schwelle von 130 m² deutlich. Der Ausbau ist damit nicht mehr als angemessen zu beurteilen.
- bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen die Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer selbst genutzt wird:
Da der Antragsteller unter der Adresse gemeldet ist, wird von Seiten der Behörde davon ausgegangen, dass er die Räumlichkeiten selbst nutzt.
Festzuhalten ist, dass die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 unter der Voraussetzung, dass die äußere Gestalt des Gebäudes im Wesentlichen gewahrt bleibt, beurteilt wurde und damit ein zentrales Thema der letztmalig erteilten Baugenehmigung war. Die Wahrung der äußeren Gestalt der Wagenremise war die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB und war zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung eine Genehmigungsvoraussetzung. Dies wird durch die beantragten Erweiterungsbauten nun unterlaufen
Nachdem die Beurteilungsgrundlage, d.h. § 34 BauGB oder § 35 BauGB nicht eindeutig ist, gibt es folgende Beschlussmöglichkeiten:
- Unterliegt das geplante Vorhaben dem § 34 BauGB, so ist das Vorhaben zu genehmigen
- Unterliegt das Vorhaben dem § 35 BauGB, so ist das Vorhaben abzulehnen
Die Verwaltung tendiert, aufgrund der baulichen Entstehung, zu einer Beurteilung nach § 34 BauGB.