Radschutzstreifen in der Ortsdurchfahrt von Oberreitnau - Petition; Einführung Parkscheibe


Daten angezeigt aus Sitzung:  14. Sitzung des Stadtrates, 16.12.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Lindau) 14. Sitzung des Stadtrates 16.12.2024 ö beschließend 11

Sachverhalt

Am 28.09.2024 wandte sich Herr Franz Leuthold handschriftlich per Fax mit folgender Petition an die Stadt Lindau (B):

Petition für die Anlage von Fahrradschutzstreifen beidseits der Ortsdurchfahrt von Oberreitnau

Sehr geehrte Damen und Herren, 

die StVO und die VwV-StVO sind im Juli 2024 geändert worden. Die „Vision Zero“: „Keine Toten und Schwerverletze mehr im Straßenverkehr“ ist in die StVO § 1 aufgenommen. 
„Der Stadtrat möge beschließen, nach der Renovierung der Fahrbahn Fahrradschutzstreifen anlegen zu lassen“!

Freundliche Grüße
Franz Leuthold


Am 07.10.2024 ergänzte Herr Franz Leuthold seine Petition per E-Mail an die Stadt Lindau (B) wie folgt:

Ergänzung zur Petition „Fahrradschutzstreifen Ortsdurchfahrt Oberreitnau“ 

 Sehr geehrte Damen und Herren, 

wie allgemein bekannt, ist das Parken vor Bordsteinabsenkungen, sowie vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5 m vor den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten.

Das Verwaltungsgericht hat im Verfahren Au 3 S 23.1792 in der Sachverhaltsdarstellung unter „Gründe“ I. bestätigt, dass die Zufahrt zu vier Grundstücken über eine private Erschließungsstraße erfolgt. Text siehe Anlage. 

Für die Einmündung der privaten Erschließungsstraße hat das Straßenbauamt Auflagen formuliert. Ein Sichtdreieck mit den Seitenlängen 15/85 m, jeweils in der Achse der Erschließungsstraße und der Vorfahrtstraße gemessen, wurde (sinngemäß) für die Anbindung der vier Baugrundstücke an die Bodenseestraße verfügt. 

Innerhalb dieses Sichtdreiecks hat die Straßenverkehrsbehörde 5 Parkstände auf der Fahrbahn der Bodenseestraße markieren lassen, obwohl die Verwaltungsvorschrift zur StVO (zu den §§ 39-43 Randnummer 6)   vorschreibt, dass für den Ort der Anbringung von Verkehrszeichen nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik verfahren werden soll. Die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt-06) gibt den derzeitigen Stand der Wissenschaft bezüglich der freizuhaltenden Sichtdreiecke bei Kreuzungen, Einmündungen und Gehwegüberfahrten vor.  

Die Anfahrsicht für wartepflichtige Fahrzeuge beim Einfahren in die übergeordnete Straße muss bei 50 km/h 70 m betragen. Die Sicht von und auf Kinder darf innerhalb des Sichtdreiecks nicht durch parkende Fahrzeuge verdeckt werden. Aus Westen münden sieben Straßen in die Bodenseestraße ein: Achbuchweg, Dentenweiler Straße, Birkachstraße, Im Anger, Parkweg, Hepachstraße, Bodenseestraße 7, 7a, 9, 9a. Dazwischen befinden sich Gehwegüberfahrten zu den einzelnen Grundstücken. Deren Sichtfelder überlappen sich so, dass besetzte Parkstände die Übersicht stören.

Laut Verkehrspolizei gab es im Bereich der Bäckerei seit Anordnung der Parkstände acht Verkehrsunfälle beim Ausparken und durch Auffahren auf parkende Fahrzeuge. 

Im 11. Mai 2021 wurde bei einem Auffahrunfall das auf der Bodenseestraße geparkte Fahrzeug eines Angestellten der Bäckerei auf den Gehweg geschoben. Die Beifahrerin wurde leicht verletzt. Sachschaden 20 Tausend €. Beide Fahrzeuge waren fahrunfähig.

Die Stadt Lindau als Träger der Straßenverkehrsbehörde kann wegen vorschriftswidriger Anordnung von sichtbehindernden Parkständen haftpflichtig gemacht werden. Das gilt besonders, wenn ein Kind auf dem Gehweg vor unserer Zufahrt angefahren wird, weil die drei nördlichen Parkstände beim Ausfahren (links abbiegen) aus der Bodenseestraße die notwendige Sicht auf den Gehweg verdecken. Kinder auf Rollen oder Rädern sind bergab schnell unterwegs. Kunden der Bäckerei missbrauchen täglich die Privatstraße zum Wenden. Dabei überfahren sie den Gehweg – ohne Sicht auf Fußgänger.

Ein Unfall ist wegen der gestörten Sichtbeziehung unvermeidbar, wenn das Kfz und ein Kind zur gleichen Zeit den Gehweg an derselben Stelle befahren. Schuld haben der Fahrzeugführer, weil er den Gehweg zum Wenden missbraucht und die Stadt Lindau, weil die Straßenverkehrsbehörde bewusst und absichtlich die Sicht auf den Gehweg durch Parkstände zerstört hat, anstatt die Stellplatzpflicht der Bäckerei durchzusetzen. 

Die verantwortlichen Leiter der Straßenverkehrs- und Baubehörde bekommen dieses Schreiben per E-Mail zugestellt, zum Beweis Ihrer Kenntnisnahme des Sachverhalts. 

Ein Fahrradschutzstreifen schafft freie Sicht und bremst die Geschwindigkeit.

„Durch die kürzlich erfolgte Reform des StVG und jetzt der StVO können nun Radspuren und Fahrradparkplätze auf Fahrbahnen aus Gründen des Umwelt- oder Klimaschutzes, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung eingerichtet werden. Bisher mussten solche Maßnahmen mit der Verkehrssicherheit begründet und konnten oft nur an Unfallschwerpunkten umgesetzt werden. Durch ein neues Antragsrecht können nun auch die Gemeindevertretungen die Initiative für neue Radverkehrsanlagen ergreifen“ (Quelle adfc).

Bitte stimmen Sie für Fahrradschutzstreifen auf der Ortsdurchfahrt Bodenseestraße.

Freundliche Grüße
Franz Leuthold

Anlage:
Auszug aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2023

Fachliche Bewertung

Die   Bodenseestraße in Oberreitnau ist eine Hauptradwegroute der Kategorie 1. Sie knüpft an das straßenbegleitende Angebot zwischen Schönau und Oberreitnau an. Derzeit ist sie jedoch durch die parkenden Fahrzeuge in der Ortsdurchfahrt wenig attraktiv. Es sollte daher grundsätzlich im städtischen Interesse liegen, zukünftig eine attraktive Verbindung durch Oberreitnau herzustellen, die an das bestehende Angebot nach Schönau und schließlich nach Lindau-Insel anknüpft. Nachdem die Bodenseestraße für einen baulichen Radweg und auch für durchgezogene Radfahrstreifen zu schmal ist und ein straßenbegleitender Radweg aufgrund der nicht zur Verfügung stehenden Flächen unmöglich ist, bleibt zum Schutz der Radfahrer derzeit nur der vom Petenten gewünschte gestrichelte Radschutzstreifen. Im aktuellen Zustand wäre jedoch die reine Markierung von Radschutzstreifen ohne zugrundeliegendes Konzept aus Sicht der Verwaltung aus folgenden Gründen problematisch:


  1. Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse wäre ein durchgängiger gestrichelter Radschutzstreifen nur auf einer Straßenseite möglich. Bei Neuanlage sollen Radschutzstreifen mindestens mit einer Breite von 1,50 Metern markiert werden. Anzuraten wäre hier dann die Seite stadtauswärts (bergauf), da auf dieser Straßenseite dann nicht mehr parkenden Fahrzeugen im Steigungsbereich ausgewichen werden müsste. Die einseitige Markierung eines Radschutzstreifens stellt jedoch keine ausreichende Attraktivitätssteigerung der Radwegroute dar.

  1. Radschutzstreifen würden zum Wegfall von Parkplätzen und einem Haltverbot auf der Fahrbahn führen. Besucher der örtlichen Geschäfte würden hierdurch eingeschränkt. Viele Besucher kommen aufgrund der teilweise nicht ausreichenden ÖPNV-Anbindung auch nicht mit alternativen Verkehrsmitteln aus dem Hinterland nach Oberreitnau. Nach Aussagen von Anliegern geraten die Ausweichparkmöglichkeiten am Freizeitzentrum bereits im heutigen Zustand immer wieder an die Kapazitätsgrenze. Auch der Lieferverkehr würde durch das Haltverbot auf der Fahrbahn eingeschränkt, da insbesondere größere Fahrzeuge auf den Grundstücken der Betriebe nicht ausreichend Platz finden.

  1. Die Parkplätze stellen heute ein bewusst gewähltes Hindernis gegen „Raser“ dar. Dieses Hindernis würde durch die Radschutzstreifen entfallen. Gegebenenfalls müsste dann mit einem gesteigerten Geschwindigkeitsverhalten gerechnet werden.

  1. Radschutzstreifen werden kontrovers diskutiert. Es ist auch von einer Scheinsicherheit die Rede, weil z.B. Verkehrsteilnehmer unter Umständen einerseits den Bereich links vom Schutzstreifen als ihre Fahrbahn betrachten und mit zu wenig / nicht mit den 1,5 M Mindestseitenabstand innerorts und andererseits mit erhöhter Geschwindigkeit am Schutzstreifen / dem Radfahrer vorbeifahren. Teilweise wird auch davon abgeraten, nur mit den Mindestbreiten von Schutzstreifen bzw. Restfahrbahn zu agieren. Zu beachten ist, dass das Verkehrsaufkommen an der örtlichen Bäckerei ein erhöhtes Gefahrenpotential vor allem zur Brotzeit darstellt. Nicht auszuschließen ist, dass die Besucher der Bäckerei oder anderer Gewerbebetriebe trotz gesetzlichem Halteverbot auf dem Radschutzstreifen halten oder gar parken.

In ca. drei Jahren ab 2027 plant die Stadtverwaltung, für Oberreitnau ein Entwicklungskonzept voranzutreiben. In diesem Zuge soll eine Radwegverbindung östlich der Bodenseestraße geplant werden, welche über die Seitenstraßen dann an den Bestandsweg nach Oberreitnau anschließen soll. Diese Route soll die bereits heute westlich der Bahnlinie zum Marienplatz führende Verbindung über den Bahnweg ergänzen. Daher wird vorgeschlagen, die Radverkehrsführung ganzheitlich im Zuge der Dorfentwicklung zu betrachten und bis dahin Abstand von voreiligen Änderungen in der Ortsdurchfahrt zu nehmen.

Bezüglich der vom Petenten ergänzend gemachten Ausführungen zu den Parkständen im Bereich seiner Grundstückzufahrt wird darauf hingewiesen, dass es zu diesen bereits eine Petition gab, welche am 25.05.2022 im Stadtrat vorgetragen wurde. Der Sachverhalt wurde als laufende Angelegenheit an die Verwaltung übertragen. Ein Petitionsbescheid an den Petenten ist seinerzeit ergangen. 
In den vergangenen Monaten fanden in der Bodenseestraße Verbesserungsmaßnahmen der Infrastruktur statt. Nach Fertigstellung einer neuen Straßendeckschicht vom Hellmann-Kreisel bis zur Staatsgrenze nach Baden-Württemberg im Frühjahr werden dann auch wieder Parkflächenmarkierungen angebracht. Die Markierungen im Einzelnen sind weiterhin Angelegenheit der laufenden Verwaltung.

Ergänzender Regelungsvorschlag der Verwaltung:
Ausweisung einer Parkscheibenpflicht in der Bodenseestraße vom Hellmann-Kreisel bis kurz vor die Birkachstraße (vgl. Anlage)

Derzeit sind unmittelbar auf der Bodenseestraße im Bereich der Bäckerei 7 Stellplätze sowie im Bereich zwischen Marienplatz und Birkachstraße 8 Stellplätze markiert. Es hat sich durch verschiedene Rückmeldungen herausgestellt, dass die Parkplätze werktags während des Tagzeitraumes teilweise dauerhaft zugeparkt werden. Insofern besteht ein Regelungsbedarf dahingehend, die dort markierten Parkplätze werktags von 8:00 bis z.B. 18:00 Uhr für einen notwendigen Parkumschlag zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, im Abschnitt zwischen Hellmann-Kreisverkehr und Birkachstraße eine Halteverbotszone auszuweisen (Parken nur innerhalb markierter Flächen, max. 2 Stunden mit Parkscheibe, werktags von 8:00 bis 18:00 Uhr).
Die ca. 8 nicht markierten Parkplätze im Seitenstreifen der Bodenseestraße vor dem Gasthof Abel blieben bei dieser Regelung außen vor.

Auswirkungen auf die Klimaziele der Stadt Lindau

 positive Auswirkungen
Kurzerläuterung und (bei neg. Auswirkungen)
 negative Auswirkungen
Alternativen / Optimierungsmöglichkeiten
 keine Auswirkungen
     
 entspricht dem Ziel der Klimaneutralität 2035


Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
ca. 750 € Beschilderung
     
Mittel stehen (nicht) zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
GTL





Diskussionsverlauf

Stadtrat Hübler stellt folgenden Antrag:
1. Ich beantrage, den Radschutzstreifen stadtauswärts umzusetzen.
2. Ich beantrage die Überprüfung, ob die wegfallenden Parkplätze stadtauswärts möglichst ohne Verlust stadteinwärts umgesetzt werden können.
3. Ich beantrage, zusätzlich zur Einführung der Halteverbotszone stadteinwärts für die Parkplätze eine Gebührenpflicht einzuführen von 1,40 € in der Stunde mit max. Parkdauer 90 Minuten.

Stadträtin Rundel bittet, bei solch ausformulierten Anträgen, diese vorab an alle Mitglieder des Stadtrates zu senden. 

Stadtrat Obermayr spricht sich dafür aus, das Thema in den Runden Tisch Mobilität zu verweisen. Auch fehle seiner Auffassung nach der Input der Polizei Lindau. 

Stadträtin Schäfler erinnert daran, dass es auf gleicher Strecke hinter den Bahngleisen bereits einen sicheren Fahrradweg gibt. 

Der Leiter der Straßenverkehrsbehörde, Herr Stiefenhofer, merkt zum Antrag von Stadtrat Hübler an, dass in der Vorlage bereits steht, dass es von der Breite her möglich sei, einen Radschutzstreifen stadtauswärts anzubringen. Man hier nochmals im Detail schauen müsste, wie es sich ausgehe. Zur Parkdauer von 90 Minuten führt er aus, dass, mit Ausnahme des Inselkerns, im gesamten Stadtgebiet eine maximale Parkdauer von zwei Stunden gelte.

Beschluss

  1. Der Stadtrat nimmt die Petition nebst Ergänzung des Franz Leuthold zur Kenntnis.

  1. Der Stadtrat beschließt, von der Markierung von Radschutzstreifen in der Ortsdurchfahrt Oberreitnau vorerst Abstand zu nehmen und die Thematik zukünftig in einem Konzept zur Ortskernentwicklung zu berücksichtigen.

  1. Des Weiteren wird die Ausweisung einer Halteverbotszone (Parken nur innerhalb markierter Flächen, max. 2 Stunden mit Parkscheibe, werktags von 8:00 bis 18:00 Uhr) in der Bodenseestraße im Bereich zw. Hellmann-Kreisverkehr bis kurz vor Birkachstraße entsprechend dem anliegenden Lageplan beschlossen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 8

Abstimmungsbemerkung
Da der Beschlussvorschlag angenommen wurde, wurde über die Anträge von Stadtrat Hübler nicht mehr abgestimmt.

Dokumente
Auszug aus dem Beschluss des Verwaltungserichts vom 12. Dezember 2023 (.pdf)
Luftbild (.pdf)

Datenstand vom 07.01.2025 13:52 Uhr