Die Stadt Lindau ist eine Kommune mit angespannten Wohnungsmarkt. Um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen und von Wohneigentum zu stärken, hat der Stadtrat der Stadt Lindau (B) in seiner Sitzung am 24.05.2017 den Grundsatzbeschluss zur SoBoN (Sozialgerechte Bodennutzung) gefasst. Dieser Grundsatzbeschluss wurde in der Sitzung des Stadtrates am 28.06.2023 aktualisiert und weiterentwickelt.
Die Anwendung der SoBoN wird von der Stadtplanung in zwei Stufen geprüft.
In Stufe 1 wird geprüft, ob bei einem neuen Vorhaben die SoBoN überhaupt zum Tragen kommt. Gemäß der definierten Anwendungsvoraussetzungen (S. 2; I. Anwendungsvoraussetzungen) wird die SoBoN angewendet, wenn mehr als 1.000 m² Geschossfläche für Wohnraum entstehen. Für den frühen Status der Projekte zum Zeitpunkt der Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen ist die Geschossfläche nach Baunutzungsverordnung (BauNVO) hinreichend genau.
In einer Stufe 2 soll die Berechnung der SoBoN-Wohnungen anteilig an der entstehenden Geschossfläche erfolgen. Im Grundsatzbeschluss heißt es unter 5.1. (S. 4): „Jeweils wenigstens 30% der entstehenden Geschossfläche sind für geförderten Wohnungsbau, davon mindestens zwei Drittel für geförderten Mietwohnungsbau zu verwenden. Diese Flächen sind im Sinne einer qualitativen Durchmischung zu verteilen und vertraglich festzulegen.“
Der Begriff der „Geschossfläche“ ist in § 20 der BauNVO geregelt. Jedoch gibt es hier regelmäßig Schwierigkeiten bei der Berechnung des tatsächlich entstehenden Wohnraums. Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Dies hat zur Folge, dass z.B. Treppenhäuser in die Berechnung einfließen müssen, aber Nebenanlagen wie Loggien, Terrassen oder Balkone nicht eingerechnet werden. Auch Nicht-Vollgeschosse, also häufig Dachgeschosswohnungen, werden von der Geschossfläche nicht umfasst. Die Definition, was als Vollgeschossen gewertet wird, variiert zudem zwischen den Bundesländern, nicht jedes Planungs- und Architekturbüro ist daher mit der bayerischen Definition des Vollgeschosses vertraut und es kommt Missverständnissen bei der Anwendung der SoBoN.
In der Praxis bedeutet die unter 5.1. festgesetzte Berechnung nach Geschossfläche also, dass die Berechnung der SoBoN-Anteile sehr kompliziert ist und Wohnraum in Nicht-Vollgeschossen häufig überhaupt nicht mit berücksichtigt werden kann.
Daher schlägt die Stadtplanung folgende Neuformulierung des Punkt 5.1 der SoBoN vor (Neues ist unterstrichen dargestellt):
„Jeweils 30 % der entstehenden Wohnfläche sind für den geförderten Wohnungsbau, davon mindestens zwei Drittel für geförderten Mietwohnungsbau zu verwenden. In allen Geschossen, in denen vermarktbarer Wohnraum entsteht, muss die Wohnfläche gemäß der Wohnflächenverordnung in ihrer aktuell gültigen Fassung berechnet werden. Diese Flächen sind im Sinne einer qualitativen Durchmischung zu verteilen und vertraglich zu regeln.“
Mit der neuen Formulierung kann Wohnraum, der in Nicht-Vollgeschossen entsteht, in die Berechnung aufgenommen werden. Die bisher herangezogene „Geschossfläche“ wird durch „entstehende Wohnfläche“ ersetzt. Der Begriff „entstehende Wohnfläche“ stammt aus der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFIV). Diese findet Anwendung, wenn nach dem Wohnraumförderungsgesetz Wohnfläche berechnet werden muss.
Dies hat mehrere Vorteile:
- Die Verordnung ist konkret darauf ausgelegt entstehenden Wohnraum zu berechnen und trifft dementsprechend auch Regelungen zu Nicht-Vollgeschossen wie Dachgeschossen (in § 4 WoFIV)
- Die Wohnflächenverordnung ist detaillierter geregelt als die Geschossfläche in der BauNVO. Somit kann der Berechnungsprozess sowohl für Architekten, Vorhabenträger als auch für die Stadtplanung bei der Prüfung vereinfacht werden.
- Da die Vorhabenträger gem. Punkt 5.3 der SoBoN die SoBoN-Wohnungen nach dem Wohnraumförderungsgesetz errichten müssen, liegt die Berechnung also schon vor oder muss sowieso über die WoFIV erfolgen.
Die Stadtplanung geht davon aus, dass mit der neuen Formulierung des Punktes 5.1 die Anwendbarkeit der SoBoN weiter vereinfacht wird und der tatsächlich entstehende Wohnraum besser erfasst und herangezogen werden kann.
Die 1. Änderung der SoBoN kann ab Zeitpunkt der Beschlussfassung angewendet werden. Bereits angestoßene Projekte und Vorhaben (z.B. Dreierstraße 9) sind von der Änderung nicht betroffen. Vorhaben werden nach der SoBoN Fassung bewertet, die zum Zeitpunkt der Unterschrift unter den sog. Kostenübernahmevertrag gültig war.