Dem Stadtrat wird eine Petition zur Kenntnis gegeben.
Am 29. Mai 2022 wandte sich Herr Franz Leuthold mit folgender E-Mail an die Stadt Lindau (B):
Petition – „Willkür beim Vollzug der Stellplatzverordnung“
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bayerische Bauordnung schreibt vor, dass beim Errichten, Ändern oder bei Nutzungs-änderungen von Gebäuden Stellplätze in ausreichender Anzahl und Größe, sowie in geeigneter Beschaffenheit herzustellen sind.
Für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses in Oberreitnau mit drei Wohnungen, einem Ladengeschäft und einem Handwerksbetrieb zur Versorgung des Gebiets wurden in der ursprünglichen Baugenehmigung sieben Stellplätze vorgeschrieben.
Nach der Errichtung des Gebäudes wurde eine genehmigungsfreie Erweiterung zur Gaststätte (Café) vorgenommen. Laut BGH-Urteil vom 17.10.2019 gelten Verkaufsstellen mit Sitzplätzen für den Vorortverzehr von zubereiteten Spesen als Gaststätten. Daher besteht zweifelsfrei ein entsprechender Mehrbedarf an Stellplätzen. Die Verweildauer der Gäste ist um ein Vielfaches länger als die der Kunden im Laden.
Weil die für den legalen Betrieb der Gaststätte notwendigen Stellplätze fehlen, parken die Gäste auf der Straße. Der Verkehrsfluss auf der stark befahrenen Hauptstraße wird dadurch gestört. Verkehrsunfälle, zuletzt am 11.05.2022, häufiges Hupen, sowie laute Brems-geräusche, vor allem der Landwirtschaftlichen Fahrzeuge und Lkw, zeugen davon.
1. Beschwerde wegen nicht nachvollziehbarer, willkürlicher „Mischkalkulation“
Die Behörde behauptet gegenüber der Regierung von Schwaben die Vornahme einer „Mischkalkulation“. Im Ergebnis seien für das Ladengeschäft und die Gaststätte insgesamt zwei Stellplätze erforderlich?
Laden und Gaststätte werden gleichzeitig betrieben. Die Stellplatzverordnung der BayBO verlangt mindestens zwei Stellplätze pro Laden.
Die Rechtsvorschrift ist eindeutig – es besteht kein Ermessensspielraum.
Zwei Stellplätze besagt das Gesetz - ein Stellplatz sagt die Behörde - was sagen Sie?
Das Bauamt handelt bewusst willkürlich. Bei keiner Änderung wurde die Stellplatzanzahl dem zusätzlichen Bedarf angepasst. Besucherstellplätze (GaStellV) sind nicht vorhanden.
2. Beschwerde wegen Illegaler Beschaffenheit und Größe der Stellplätze
Der Handwerksbetrieb ist viermalmal wegen Überschreitung der Baugrenzen und der Grundflächenzahl (GRZ) vom Bebauungsplan befreit worden. *
Alle Befreiungen wurden im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt. (Der Bauausschuss hat dabei laut Protokoll verlangt, dass die Rechte der Nachbarn beachtet werden müssen).
In Folge dieser Änderungen sind vier ausgewiesene Stellplätze ersatzlos weggefallen!
Es fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Stellplätze. Der ruhende Verkehr findet zum Nachteil der Allgemeinheit und der Nachbarn auf der Straße und unbefugt auf den Privatgrundstücken der Nachbarn statt. Täglich wenden Kunden auf meinem Grundstück.
2.1. Das Bauamt behauptet zwei Stellplätze vor der Doppelgarage?
Dort sind Stellplätze aber gesetzwidrig, weil 1. der Stauraum vor der Garage freibleiben muss und 2. die Stellplätze in der Garage ohne Absprache frei zugänglich sein müssen.
Stellplätze müssen in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden.
Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Bayern werden „gefangene“ Stellplätze dem nicht gerecht. „Sie stehen den Anforderungen dieser Regelung entgegen“. Quelle: VGH Bayern, Urteil vom 4.9.2015, (Az.: 1 ZB 1084/14).
2.2. Das Bauamt behauptet zwei Stellplätze auf dem Wendeplatz?
Dort sind Stellplätze quer zur Straße aber ungesetzlich, weil nicht tief genug. Ein Stellplatz muss mindestens 2,3 m breit und 5 m lang sein. Das Maß zwischen Gebäudewand und Gehweg beträgt aber nur 4,75 m. Parkende Fahrzeuge auf dem Wendeplatz, ragen deshalb oft in den Gehweg hinein und behindern den Fußgängerverkehr. Radelnde Kinder, Personen mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer werden zum Ausweichen auf die Fahrbahn genötigt.
Ohne freien Wendeplatz müssen alle Fahrzeuge rückwärts unter Sichtbehinderung in die Hauptverkehrsstraße einfahren. Das steigert die Unfallgefahr dramatisch!
Ich habe meine Petition bewusst so formuliert, dass keine berechtigten Interessen Einzelner tangiert werden. Die Verwaltung muss deshalb die Behandlung meiner Petition in öffentlicher Sitzung zulassen.
Die Bauaufsichtsbehörde unterliegt der Garantenpflicht zur Unfallverhütung. Als Aufsichts-gremium sind Sie berechtigt, die gesamte Gemeindeverwaltung zu überwachen. Ihr Einfluss auf eine mögliche Unfallprävention liegt in der erforderlichen Fassung eines Beschlusses.
Der Stadtrat möge deshalb beschließen: „Das Bauamt hat eine aktuelle, mit der GaStellV übereinstimmende Anzahl an Stellplätzen zu errechnen und vorzulegen“.
Freundliche Grüße
* Auszug aus den vielen Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 83
„Bei der Kirche“ vom 13.04.1985
1. 1985 Überschreitung der Baugrenzen um 8 m² entlang der Hauptstraße für den Laden.
2. 1986 „Umnutzung“ einer Doppelgarage zur Erweiterung des Gewerbebetriebs.
3 .1987 Errichtung eines Wasch- und Abstellraums mit 55 m² Nutzfläche entlang der Grenze.
4. 2009 Umnutzung zweier Stellplätze im Carport zur Erweiterung des Gewerbebetriebs,
Jede einzelne Baugenehmigung erforderte eine Befreiung vom Plan, wegen Überschreitung der Baugrenzen und der zulässigen Überbauung, festgelegt durch die Grundflächenzahl.
„Ein Stellplatznachweis ist sowohl bei der Errichtung und der Änderung von Gebäuden, als auch bei Nutzungsänderungen erforderlich. Bei Änderungen oder Nutzungsänderungen sind die durch die Änderung zusätzlich zum Bestand zu erwartenden Stellplätze darzustellen und nachzuweisen“. Quelle Bayerische Architektenkammer.