In den letzten beiden Jahren gingen im Stadtbauamt Lindau vermehrt Bauanträge und Anfragen zur Genehmigung von Ferienwohnungen für das gesamte Stadtgebiet ein. Die Zulässigkeit von Ferienwohnungen ist bereits für große Teile der Insel und für Teile von Schachen über Bebauungspläne geregelt. Auch für den Bereich des Wannentals in Reutin wurden kürzlich Bauleitverfahren zur Regelung von Ferienwohnungen abgeschlossen. In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 12.06.2023 wurde das bestehende Angebot an Ferienwohnungen auf Ebene der Gesamtstadt wird als ausreichend erachtet. Die Deckelung des Angebots an Ferienwohnung soll nun sukzessive für die betreffenden Gebiete über die Bauleitplanung erfolgen. Der Bereich Aeschach-Süd wurde ausgewählt, da aufgrund der bevorzugten touristischen Lage bei guter Erschließung weitere Nutzungsänderungen erwartet werden. Aktuell liegt dem Stadtbauamt eine konkrete Anfrage zur Umnutzung einer Wohnung als Ferienwohnung im Bereich Alpengarten vor. Um die städtebauliche Entwicklung des Gebiets zu steuern und der Verdrängung von Dauerwohnungen durch Ferienwohnungen entgegenzuwirken, besteht daher ein dringendes Erfordernis planungsrechtlich einzugreifen.
Im südlichen Bereich der Gemarkung Aeschach liegt planungsrechtlich eine Mischung aus Bebauungsplänen und unbeplanten Innenbereichen (§34 BauGB) vor. Die rechtswirksamen Bebauungspläne sind:
- Bebauungsplan 68 „Aeschacher Ufer“
- Bebauungsplan 57 „Zwischen Laubeggengasse und Bleicheweg“
Im vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 113 „Jungfernburg“ sind in einem Allgemeinen Wohngebiet die nicht störenden Gewerbebetriebe bereits ausgeschlossen. Hier muss daher nicht mehr gehandelt werden. Die beiden bestehenden Bebauungspläne sollen geändert werden, um hier ebenfalls Ferienwohnungen auszuschließen. Für den bislang unbeplanten Innenbereich soll parallel der einfache Bebauungsplan Nr. 138 „Südlich der Holdereggenstraße“ aufgestellt werden.
- Bisheriges Planungsrecht des BP Nr. 68 „Aeschacher Ufer“
Der Ursprungsbebauungsplan aus dem Jahr 1969 setzte als qualifizierter Bebauungsplan großflächig Allgemeines Wohngebiet, eine öffentliche Grünfläche mit Zweckbestimmung Spielplatz sowie östlich Parkplatzflächen, Tennisplätze und Minigolfplatz fest. Letztere sind ohne grafische Grünflächen festgesetzt.
Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wurde laut „Zeichenerklärung“ der Festsetzungskatalog des § 4 der BauNVO von 1962 unverändert übernommen:
„§ 4 Allgemeine Wohngebiete
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
1. Wohngebäude,
2. die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden
Handwerksbetriebe,
3. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
1. Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2. sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3. Anlagen für Verwaltungen sowie für sportliche Zwecke,
4. Gartenbaubetriebe,
5. Tankstellen,
6. Ställe für Kleintierhaltung als Zubehör zu Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen“.
Der Ursprungsbebauungsplan wurde in 1993 mit einer ersten Änderung im Teilbereich Aeschacher Ufer 50 überformt. Hier wurde ein Baudenkmal nachrichtlich übernommen und eine veränderte Baugrenze festgesetzt.
Die 2. Änderung des Bebauungsplans ändert alle als Allgemeines Wohngebiet festgesetzten Bereiche hinsichtlich ihrer Art der baulichen Nutzung. Die Festsetzungen zur Grünfläche mit Spielplatz, zu den Tennisplätzen, Minigolf und die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und zu bauordnungsrechtlicher Festsetzungen bleiben unverändert erhalten und werden bei der Beurteilung von Bauvorhaben herangezogen.
- Bestandsaufnahme
Eine Bestandserhebung ergab im Februar 2024 folgendes Bild: Es existieren zwei genehmigte Ferienwohnungen. Vor Ort ließ sich aus dem öffentlichen Raum heraus kein Gebäude mit Ferienwohnungen über Werbung und Beschriftung erkennen. Zusätzlich gibt es ein Gebäude mit einem Angebot einer Ferienwohnung auf einer privaten Internetseite.
Ferienwohnungen gehören zur klassischen Angebotspalette einer Ferienregion wie der Stadt Lindau und sind eine wichtige Erwerbsgrundlage. Diese privaten Belange sind im Rahmen der 2. Änderung dieses Bebauungsplanes nach § 1 (7) BauGB mit den öffentlichen Belangen gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
Im vorliegenden Fall besteht nur eine geringe Zahl an Ferienwohnungen im Plangebiet. Die zentrale und gleichzeitig seenahe Lage sowie die fußläufige Erreichbarkeit der Insel machen das Plangebiet jedoch zu einem potentiellen Nachfragebereich.
Parallel dazu ist Nachfrage an Dauerwohnungen am Wohnungsmarkt unverändert hoch und es werden zeitgleich deutlich weniger Wohnungen neu errichtet bzw. beantragt. Dies hat zur Folge, dass die Stadt Lindau nun eine Kommune mit angespannten Wohnungsmarkt ist.
- Planungsziele
- Stärken des Wohnens
Wohnen ist die Hauptnutzungsart der Gebäude im Geltungsbereich und soll es auch in Zukunft bleiben. Aus städtebaulicher Sicht genügt dazu das Überlassen der Wohnungen zu den Bedingungen des Immobilienmarktes bzw. der Vermietungspolitik der Eigentümer nicht. Es soll planungsrechtlich steuernd eigegriffen werden.
Ziel ist es einerseits, die bereits laufenden Verdrängungstendenzen von Wohnungen durch Ferienwohnungen aufzuhalten. Andererseits soll das Wohnen in seiner Anzahl, seiner Lage, seinem Ruhebedürfnis, seiner Erreichbarkeit und seinem Zugang zu den angrenzenden Freiräumen stabil bleiben. Aeschach Süd soll damit insgesamt als Wohnstandort mit hoher Lagegunst für das gesamte Stadtgebiet erhalten, gesichert und teilweise verbessert werden.
- Vorhalten von Wohnungen aller Größen, in allen Preislagen und im gesamten Geltungsbereich
Der Wohnungsmarkt war bisher gekennzeichnet durch eine gute Durchmischung hinsichtlich der Größe der verfügbaren Wohnungen und hinsichtlich der angebotenen Preise. Der Wohnungsmarkt bildet hierbei die bauliche Struktur der Gebäude ab, die relativ heterogen in ihrer Größe, Ausstattung und Zustand sind.
Werden Wohnungen zu Ferienwohnungen umgenutzt, so werden Wohnungen aller Größenklassen wie hier in Aeschach-Süd ausgewählt, mit der Konsequenz, dass diese dem Wohnungsmarkt meist dauerhaft oder zumindest langfristig entzogen sind. Der Nachteil, dass diese Wohnungen den Wohnungssuchenden nicht zur Verfügung stehen, soll aus Sicht der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und aus Sicht der stabilen Bewohnerstrukturen gemäß § 1 (6) Nr. 2 BauGB nicht hingenommen werden. Es sollen Wohnungen zum Kauf oder zur Miete in allen Lagen und allen Preisstufen zur Verfügung stehen, damit alle Teile der Bevölkerung mit Wohnraum versorgt werden können.
- Schaffen von Anreizen für das Erhöhen der Anzahl der Wohnungen
Lindau ist seit September 2022 eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt. Sie ist es auf der Basis einer Rechtsverordnung der Landessregierung. Grundlagen sind § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB, § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB und § 577a Abs. 2 Satz 2 BGB. Ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (§ 556d Abs. 2 Satz 2 BGB, § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB).
Als städtebauliches Ziel wird formuliert, für das südliche Aeschach, bestehend aus dem Wirkungszusammenhang zweier zu ändernder Bebauungspläne (2. Änderung BP 68, 14. Änderung BP 57) sowie dem neu aufzustellenden Bebauungsplan Nr. 138 Ferienwohnungen auszuschließen.
- Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen zur Auslegung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB
Die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zu dem Bebauungsplanvorentwurf einschließlich seiner Begründung mit Stand vom 26.02.2024 fand in der Zeit vom 08.04.2024 bis zum 15.05.2024 statt. Während dieser Zeit konnten Stellungnahmen zu der Planung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Lindau vorgebracht werden.
Von Seiten der Öffentlichkeit gingen zum Vorentwurf mit Stand vom 26.02.2024 keine Stellungnahmen ein.
- Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen zur Behörden- und Trägerbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB
Die Unterlagen zur Trägerbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB wurden am 05.04.2024 an insgesamt 17 Behörden und Träger öffentlicher Belange versendet.
Die vorgebrachten Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden von der Stadt Lindau geprüft und wie in Anlage 1 dargestellt, abgewogen.
Folgende Änderungen werden in den Entwurf des Bebauungsplanes aufgenommen:
- Anpassung der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung zum Ausschluss von Zweitwohnungen/Nebenwohnungen
In der vorherigen Fassung wurden Nebenwohnungen/Zweitwohnungen über einen Genehmigungsvorbehalt geregelt und werden nun, nach rechtlicher Beratung, direkt über die Art der baulichen Nutzung und deren Steuerungsmöglichkeiten nach § 9 BauGB i.V.m. §1 Abs. 5 und 9 BauNVO als unzulässig festgesetzt.
Der Planstand erhält das Fassungsdatum 25.09.2024.