Altersteilzeit für Bedienstete Zukünftige Genehmigungspraxis von Altersteilzeitverhältnissen Beratung und Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Marktgemeinderatssitzung, 23.09.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Markt Schwaben) Marktgemeinderatssitzung 23.09.2021 ö Beratung und Beschlussfassung 6

Sachvortrag

Auf der Grundlage des Tarifvertrages zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte 
(TV FlexAZ) im öffentlichen Dienst sind Altersteilzeitarbeitsverhältnisse im Rahmen einer Quote oder in Restrukturierungs- und Stellenabbaubereichen möglich (§ 2 TV FlexAZ).

Altersteilzeit nach Quote

Gemäß der Quotenregelung ist der Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ausgeschlossen, wenn und solange 2,5 % der Beschäftigten der Verwaltung von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen. Maßgeblich für die Berechnung der Quote ist die Anzahl der Beschäftigten zum Stichtag 31. Mai des Vorjahres.

Im Rahmen der Quotenregelung kann der Wunsch von Beschäftigten nach Altersteilzeit nur dann ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn dienstliche Gründe der Altersteilzeit entgegenstehen.
Ist die Quote hingegen überschritten, d. h. sind mehr als 2,5 % der Beschäftigten in Altersteilzeit, besteht kein Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Altersteilzeit. Darüber hinausgehende Anträge sind daher abzulehnen.

Bei einer Zahl von 154 berücksichtigungsfähigen Beschäftigten zum 31.05.2020 (nicht mitzuzählen sind u. a. Auszubildende und Beamte) ergeben drei Altersteilzeitverhältnisse eine Quote von 1,95 %. Bei einer weiteren Person wäre die Quote überschritten (2,60 %); nach herrschender Rechtsmeinung ist die Quote abzurunden, sodass aktuell maximal drei Altersteilzeitverhältnisse gleichzeitig möglich sind.

Mit der in der heutigen Sitzung zu behandelnden Altersteilzeit ist die Quote bis auf weiteres erreicht. Der frühestmögliche Beginn einer weiteren Altersteilzeit wäre im Juni 2023.

Dem steht eine vermehrte Nachfrage von Beschäftigten nach Altersteilzeit gegenüber, insbesondere aufgrund des nahenden Renteneintrittsalters geburtenstarker Jahrgänge.

Altersteilzeit in Restrukturierungs- und Stellenabbaubereichen

Unabhängig von der oben beschriebenen Quote kann der Arbeitgeber in sog. „Restrukturierungsbereichen“ und „Stellenabbaubereichen“ weitere Altersteilzeitarbeitsverhältnisse begründen, ohne dass Beschäftigte hierauf einen Rechtsanspruch haben. In welchen Bereichen und in welchem Umfang Restrukturierungs- oder Stellenabbaubedarf besteht, entscheidet allein der Arbeitgeber.

Aufgrund der Altersstruktur und bisher eingegangener Anfragen der Beschäftigten des Marktes wird die Nachfrage nach Altersteilzeit in den nächsten Jahren absehbar ansteigen:


Das Durchschnittsalter über alle Tätigkeitsbereiche hinweg liegt bei 49,7 Jahren.

Aufgrund der überproportionalen Größe der älteren Altersgruppen kommt es in den kommenden Jahren zu einer Ballung der Renteneintritte:


Mögliche vorzeitige Renteneintritte (z. B. Rente für langjährig Versicherte) sind hierbei nicht berücksichtigt. Altersteilzeit kann bis zu fünf Jahre vor dem Renteneintritt in Anspruch genommen werden.

Restrukturierungsbereiche

Restrukturierungsbereiche sind durch eine Neuausrichtung der Tätigkeit mit dem Ziel der langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit oder Aufgabenwahrnehmung gekennzeichnet. Hierbei stehen strukturelle und organisatorische Maßnahmen im Mittelpunkt.

Hierfür ist eine allgemeine, im Sinne einer vorher feststehenden, Bestimmung der begünstigenden Restrukturierungsbereiche erforderlich. Die Genehmigung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses in einem Restrukturierungsbereich ist nur möglich, wenn dies im Einzelfall aus sonstigen Gründen vom Arbeitgeber für sinnvoll erachtet wird. 

Die Begrifflichkeiten können laut dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern weit ausgelegt werden. Eine Restrukturierung ist schon dann gegeben, wenn z. B. eine Verjüngung der Beschäftigten angestrebt wird. 

Stellenabbaubereiche

Stellenabbaubereiche sind durch einen abzubauenden Stellen- oder Arbeitsplatzüberhang gekennzeichnet. 
Stellenabbau bedeutet konkret den Wegfall der eigenen Stelle oder einer Stelle gleicher,
höherer oder bis zu vier Entgeltgruppen niedrigerer Wertigkeit. Es muss sich um eine besetzte, dauerhaft eingerichtete Stelle handeln, damit sich die Personalauszahlungen aktuell reduzieren. Der bloße Verweis auf eine ehemals besetzte Stelle ist nicht ausreichend.

Wie in den Restrukturierungsbereichen kann auch hier eine Genehmigung nur ausgesprochen werden, wenn dies personalwirtschaftlich vertretbar ist. Besteht in bestimmten Bereichen weiterhin Bedarf am Erhalt der Arbeitsplätze, können die Beschäftigten auch dann keinen Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geltend machen, wenn eine Stelle entfällt. 
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nur einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber über ihre Anträge ermessensfehlerfrei entscheidet.

Beamtinnen und Beamte

Auch Beamtinnen und Beamte können Altersteilzeit beantragen. Sie fallen aber nicht unter den Geltungsbereich des TV FlexAZ, sondern es gelten die beamtenrechtlichen Regelungen zur Altersteilzeit (Art. 91 BayBG).
Im Beamtenrecht werden Stellenabbaubereiche als „Verwaltungsreformbereiche“ bezeichnet.

Trotz der abweichenden Rechtsgrundlagen ist es notwendig, eine einheitliche Regelung über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit in Restrukturierungsbereichen zu treffen, um eine Gleichbehandlung sicherzustellen.

Daher wird vorgeschlagen, dass in Restrukturierungsbereichen auch Beamtinnen und Beamte ab dem 60. Lebensjahr in Altersteilzeit gehen können, wenn dienstliche Belange dafürsprechen.

Finanzielle Auswirkungen

Die Kosten eines Altersteilzeitfalles für Tarifbeschäftigte betragen unter Einbeziehung der Arbeitgeberaufwände rund 70% des jeweiligen Vollzeit-Entgelts (Aufstockung des halbierten Entgelts um 20% sowie Aufstockung der Rentenversicherungs- und Zusatzversorgungsbeiträge). 
Aufgrund der Finanzierung der Freistellungsphase sind die Kosten für den Arbeitgeber bei einer Altersteilzeit ca. 20 % höher als bei der unveränderten Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Renteneintritt (vorausgesetzt, die Stelle wird nach Eintritt in die Freistellungsphase nachbesetzt).

Diesen höheren Kosten stehen andere, nichtmonetäre Motive des Arbeitgebers für die über die Quote hinausgehende Gewährung von Altersteilzeit entgegen, z. B.:

  • Entzerrung der Renteneintritte bei geburtenstarken Jahrgängen
  • Personalgewinnungsprobleme (z. B. Gewährleistung der Übernahme von Auszubildenden)
  • Anpassung der Personalstruktur 
  • Vermeidung von Krankheitszeiten 

Vorschläge der Verwaltung

  1. Rang- und Reihenfolge bei Eingang mehrerer Anträge auf Altersteilzeit

    Da der TV FlexAZ keine Aussage zur Rang- oder Reihenfolge der Berücksichtigung von eingehenden Anträgen auf Altersteilzeit trifft, wird die Verwaltung ein Verfahren entwickeln, das die Reihenfolge der Berücksichtigung der Anträge nach objektiven Kriterien bestimmt.
    Dabei können verschiedene Kriterien berücksichtigt werden, z. B.:

  • Rentennähe (nicht Alter)
  • Schwerbehinderteneigenschaft
  • körperlich schwere Arbeit
  • Belange wie Kosten, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen
  • Nachbesetzungsmöglichkeit
  • Stellenabbaubereiche 
  • Beschäftigungszeit

  1. Festlegung von Restrukturierungsbereichen

Die Verwaltung erachtet eine Festlegung von Restrukturierungsbereichen für sinnvoll.

Während im Rahmen der Quotenregelung Anträge auf Altersteilzeit nur im Ausnahmefall abgelehnt werden können, ist die Gewährung von Altersteilzeiten in Restrukturierungsbereichen davon abhängig, ob der Arbeitgeber diese im jeweiligen Einzelfall für sinnvoll erachtet.
Der Anspruch der Beschäftigten beschränkt sich in diesem Fällen darauf, dass der Arbeitgeber über die Anträge ermessensfehlerfrei entscheidet (z. B. keine willkürlichen Entscheidungen trifft).

Dadurch kann der Arbeitgeber seine Steuerungsmöglichkeiten nutzen, um vorteilhafte Änderungen der Personalstruktur zu erreichen und gleichzeitig Interessen der Beschäftigten berücksichtigen (z. B. Steuerung von Freistellungen, sodass freiwerdende Stellen von vorhandenen Auszubildenden übernommen werden können oder vorzeitige Freistellung gesundheitlich angeschlagener Beschäftigter)

Bezüglich der Festlegung der Restrukturierungsbereiche könnten einzelne Bereiche (z. B. der Bauhof aufgrund der körperlich schweren Arbeit) oder auch alle Dienststellen festgelegt werden. 

Zur flexiblen Handhabung wird von der Verwaltung eine Festlegung aller Dienststellen als Restrukturierungsbereiche empfohlen.

Über die Gewährung der Altersteilzeit im Einzelfall entscheidet weiterhin der Marktgemeinderat.

  1. Obergrenze für Altersteilzeiten in Restrukturierungsbereichen

Die Verwaltung schlägt vor, über die Quotenregelung hinaus die Altersteilzeit in Restrukturierungsbereichen für bis zu drei weitere Personen zuzulassen.

Dadurch würde sich die maximale Zahl der gleichzeitigen Altersteilzeitverhältnisse auf insgesamt sechs Personen erhöhen (ohne Altersteilzeiten in Stellenabbaubereichen). 
Dies würde etwa 3,9 % der Beschäftigten entsprechen.

Falls sich später herausstellt, dass eine Änderung der obenstehenden Zahl für den Markt sinnvoll wäre, kann dies durch einen erneuten Beschluss des Marktgemeinderates erfolgen.

  1. Festlegung von Stellenabbaubereichen

Die Verwaltung schlägt vor, alle Dienststellen des Marktes als Stellenabbaubereiche festzulegen.

Diese Festlegung bedeutet nicht, dass in allen betroffenen Bereichen auch tatsächlich Stellen abzubauen sind oder abgebaut werden. Sie eröffnet vielmehr die Möglichkeit, im Falle eines zukünftigen Stellenabbaubedarfs diesen durch eine mögliche Gewährung von Altersteilzeit sozialverträglich zu gestalten und gleichzeitig zu beschleunigen.

Beschluss

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Verfahren zur Reihenfolge bei der Berücksichtigung der Anträge auf Altersteilzeit zu entwickeln.

  1. Alle Dienststellen des Marktes Markt Schwaben sind Restrukturierungsbereiche im Sinne des TV FlexAZ.

  1. In Restrukturierungsbereichen wird vorbehaltlich des jeweiligen Beschlusses des Marktgemeinderats der Abschluss von drei Altersteilzeitverhältnissen oberhalb der Quote von 2,5 % der Beschäftigten zugelassen, soweit ein personalwirtschaftliches oder dienstliches Interesse seitens des Marktes Markt Schwaben besteht. 
    Diese Zahl beinhaltet sowohl Altersteilzeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch von Beamtinnen und Beamten.

  1. Alle Dienststellen des Marktes Markt Schwaben sind Stellenabbaubereiche im Sinne des TV FlexAZ bzw. Verwaltungsreformbereiche im Sinne von Art. 91 BayBG.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 1

Datenstand vom 10.11.2021 11:36 Uhr