Antrag auf Verlängerung des Vorbescheides Sicherung des Baurechts für die abgebrochenen Gebäude auf dem ehemaligen Betriebsgelände, Geltinger Straße 21, Fl.Nr. 984 Beratung und Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Haupt- und Bauausschusssitzung, 13.01.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Haupt- und Bauausschuss (Markt Markt Schwaben) Haupt- und Bauausschusssitzung 13.01.2022 ö Beratung und Beschlussfassung 2

Sachvortrag

Der Verwaltung liegt ein Antrag auf Verlängerung des am 08.11.2021 auslaufenden Baurechts für das Grundstück Geltinger Straße 21, Fl.Nr. 984 vom 28.10.2021 vor.
Am 23.10.2012 wurde vom Landratsamt Ebersberg zur Sicherung des Baurechts für die Wiedererrichtung der ehemaligen Gebäude ein Vorbescheid erlassen.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung eines Vorbescheids im Jahr 2012 kam das Landratsamt im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zur nachstehenden Entscheidung:
Die Wiedererrichtung der im Winter 2010/2011 beseitigen Gebäude (1 Bürogebäude mit zwei Wohnungen, 1 Servicehalle, 1 Lagerhalle, 1 Unterstellhalle, 1 Dreifachgarage) ist bauplanungsrechtlich zulässig.

Am 24.09.2015 wurde ein Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheids gestellt, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, wann die Umsetzung des mit dem Vorbescheid gesicherten Baurechts erfolgen würde. Daraufhin wurde am 08.10.2015 die Geltungsdauer des Vorbescheids bis zum 27.10.2017 verlängert. 
Am 04.10.2017 ging ein weiterer Antrag auf Verlängerung beim Markt ein.
Dieser wurde mit Bescheid des Landratsamtes vom 02.11.2017 bis zum 05.11.2019 verlängert.
Letztmalig wurde der Antrag auf Vorbescheid am 09.01.2020 bis 08.11.2021 verlängert. 

Laut Landratsamt Ebersberg wurde 2012 der Antrag auf Vorbescheid nach § 34 Baugesetzbuch genehmigt, weil der Abbruch noch nicht zu lange zurücklag. In den letzten Bescheid vom 09.01.2020 hatte das Landratsamt Ebersberg folgenden Hinweis aufgenommen:
„Eine nochmalige Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheides vom 23.10.2012 kann voraussichtlich nicht mehr erteilt werden, da die vormals auf dem Grundstück vorhandenen Gebäude bereits mindestens seit 2012 vollständig abgebrochen sind und deshalb nicht mehr von einer Nachwirkung ausgegangen werden kann, dass das Grundstück auch weiterhin dem Innenbereich zuzuordnen ist. Sofern eine andere als die mit Vorbescheid für zulässig erachtete Bebauung des Grundstücks gewünscht ist wird Ihnen empfohlen, sich mit dem Markt Markt Schwaben wegen der Einleitung eines Bauleitplanverfahrens in Verbindung zu setzen.“

Das Sachgebiet Planen und Bauen teilt hier die Auffassung des Landratsamtes Ebersberg.
Die Zulässigkeit des Vorhabens ist nach dem vor Jahren erfolgten Abbruch der Gebäude mittlerweile nach § 35 Baugesetzbuch (Außenbereich) zu beurteilen, weil das Grundstück bauplanungsrechtlich im Zusammenhang mit der großen angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzfläche zu sehen und somit nicht mehr dem nicht überplanten Innenbereich im Sinne des § 34 Baugesetzbuch zuzuordnen ist.

Nach nochmaliger Rücksprache mit dem Landratsamt Ebersberg kann man hier auch eine andere Auffassung vertreten. Auszug aus dem Kommentar:
Auch eine vorhanden gewesene Bebauung kann zu berücksichtigen sein, insbesondere auch wenn zwischen Beseitigung einer baulichen Anlage und Neuerrichtung eine bestimmte Zeit vergeht. Ob und wie lange in solchen Fällen die vorhanden gewesene Bebauung bei Beurteilung des Bebauungszusammenhangs mit zu berücksichtigen ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung. Dabei ist darauf  abzustellen, ob sich nach der Verkehrsauffassung eine Wiederbebauung des ehemals bebauten Grundstücks aufdrängt, ob die Verkehrsauffassung bei Berücksichtigung der bisher vorhandenen und nunmehr fehlenden Bebauung „diese Bebauung geradezu vermisst“ oder ob die Umstände auf eine Wiederbebauung in einem angemessenen zeitlichen Rahmen hindeuten (sog. Nachwirkende Prägung;  ständige Rechtsprechung, BVerwG Urt. v. 18.10.1974 – 4 C 75.71; Urt. v. 12.9.1980 – 4 C 75.77; Urt. v. 19.9.1986 – 4 C 15.84;  Urt. v. 14.1.1993 – 4 C 19.90; Urt. v. 27.8.1998 – 4 C 5.98; Beschl. V. 2.0.2007 – 4 B 39.07).
Vgl. auch OVG Magdeburg Beschluss vom 1.2.2006 – 2 L 912/03, Juris: bei einer Zeitspanne von mehr als 60 Jahren zwischen Beseitigung und Wiederbebauung ist die zeitliche Grenze überschritten. Die Frage der nachwirkenden Prägung ist unabhängig davon zu beurteilen, ob die beendete Nutzung noch Bestandsschutz genießen würde (BVerwG Beschl. v. 24.5.1988 – 4 CB 12/88).
Zu berücksichtigen sind die unterschiedlichen Gegebenheiten bei Vorbereitung einer Nachfolgenutzung. Diese muss umso länger angesetzt werden, je umfangreicher die Vorarbeiten entsprechend der Eigenart der Vorhaben typischerweise sind. Solange die nachfolgende Prägung besteht, reicht es aus, wenn in dieser Zeit die Absicht, das Grundstück zu bebauen, durch einen entsprechenden Genehmigungsantrag oder in sonstiger Weise deutlich geworden ist. Die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens gegen die Versagung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung von Baulichkeiten auf dem ehemals bebauten Grundstück geht nicht zu Lasten der (positiven) Beurteilung des Bebauungszusammenhangs (BVerwG Urteil vom 19.9.1986 – 4 C 15.84). Insofern kann eine nicht mehr vorhandene Bebauung für eine gewisse Zeit derart fortwirken, dass ein Grundstück nach Abriss der Bebauung seine Innenbereichsqualität noch behält (BVerwG Urteil vom 19.9.1986 – 4 C 15.84). Eine eingestellte Nutzung behält ihre prägende Wirkung solange, wie nach der Verkehrsauffassung mit der Aufnahme einer gleichartigen Nutzung gerechnet werden kann (BVerwG Urt. v. 3.2.1984 – 4 C 25.82). Dies ist nach VGH Mannheim Beschl. v. 29.3.2017 – 5 S 1389/16, ZfBR 2017, 480 = BeckRS 2017, 109310 der Fälle, wenn die Wiederaufnahme einer mit einer vormals auf dem Vorhabengrundstück vorhandenen gewerblichen Nutzung vergleichbaren gewerblichen Nutzung fortlaufend Gegenstand der kommunalpolitischen Diskussion und der örtlichen Berichterstattung ist. Vgl. auch VGH Mannheim Urt. v. 11.7.2017 – 5 S 2067/15, BauR 2017, 2148 = BeckRS 2017, 123878, zu einem (unselbständigen) Lager- und Abstellplatz.

Aufgrund des Kommentarauszugs zu § 34 BauGB empfiehlt die Verwaltung den Antrag auf Vorbescheid nochmal zu verlängern. 

Beschluss

Zu dem für das Grundstück Fl.Nr. 984, Gemarkung Markt Schwaben (Geltinger Straße 21) vorliegenden Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer des vom Landratsamt Ebersberg am 23.10.2012 erteilten Vorbescheids wird das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 Baugesetzbuch erteilt.
Die Verwaltung wird beauftragt in einem Gespräch mit dem Antragsteller zu klären, welche Pläne konkret mit dem Bauvorhaben verfolgt werden sollen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 3

Datenstand vom 16.02.2022 17:06 Uhr