Fridrich Bannasch & Partner, Kartäuserstraße 51a, 0-79102 Freiburg
Markt Nandlstadt
Herrn Bürgermeister Gerhard Betz
Rathausplatz 1
85405 Nandlstadt
Per Telefax: 08756/9610-40
Per E-Mail: gerhard.betz@markt-nandlstadt.de
Freiburg, 14. Februar 2025 Rechtsanwalt Bannasch
Sekretariat Frau Scheller Durchwahl (0761) 383789-32
unser AZ: 00213/24-BAN/asc
(Bitte angeben)
Dok. 81517.1
PENNY Markt GmbH u.a../. Markt Nandlstadt wg. Bebauungsplan „GE Kitzberger Feld II"
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Betz,
gemäß unserem Schreiben vom 30.01.2025 vertreten wir weiterhin die PENNY Markt GmbH im Bebauungsplanverfahren „Kitzberger Feld II" der Gemeinde Markt Nandlstadt. Des Weiteren vertreten wir nun gemäß beigefügter Vollmacht die REWE Suat Özbey OHG, v.d.d. geschäftsführenden Gesellschafter Suat Özbey, Mainburger Straße 27-29, 85404 Markt Nandlstadt. Unser Mandat für die REWE Markt GmbH ist erloschen.
Namens und im Auftrag unserer Mandanten erheben wir gegen den offen gelegten Bebauungsplanentwurf die nachfolgenden
Einwendungen:
Das Bebauungsplanverfahren wurde fehlerhaft durchgeführt (I.). Der Planentwurf enthält materiell-rechtswidrige Festsetzungen und ist deshalb unwirksam (II.).
I. Formelle Fehler
Die Bekanntmachung der Offenlage erfolgte fehlerhaft (1.) und die offengelegten Unterlagen sind unvollständig (2.).
1. Fehlerhafte Bekanntmachung
1.1 Die Belehrung unter Ziff. 8. der Bekanntmachung zur Abgabe von Stellungnahmen ist veraltet und fehlerhaft. Gern. § 3 Abs. 2 S. 4 Halbs. 2 Nr. 2 BauGB in der derzeit gültigen Fassung ist mit der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Wege abgegeben werden können. In der Belehrung unter Ziff. 8 der Bekanntmachung wird hingegen nur die schriftliche Abgabe oder die Möglichkeit zur Abgabe mittels Niederschrift während der Dienststunden angegeben. Die heut zutage für viele Betroffene einfachere Form der elektronischen Abgabe von Stellungnahmen wird dort nicht aufgeführt, was dazu führen kann, dass Betroffene sich wegen des höheren Aufwandes, den die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme oder das persönliche Erscheinen auf dem Rathaus bedeuten, von der Abgabe einer Stellungnahme abhalten lassen. Dadurch erfüllt die Bekanntmachung ihre Anstoßfunktion nicht und ist somit unwirksam.
1.2 Gem. § 3 Abs. 2 S. 4 1. Halbs. BauGB sind in den Bekanntmachungen Angaben dazu zu tätigen, welche Arten umweltbezogener Informationen auf Seiten der Gemeinde verfügbar sind. Die Regelung dient dazu, dass die Öffentlichkeit ab schätzen kann, mit welchen Umweltaspekten des Vorhabens die Gemeinde sich bereits beschäftigt hat und mit welchen noch nicht. Obwohl der Gemeinde im Be bauungsplanverfahren bereits Stellungnahmen zum Naturschutz, zum Umgang mit Niederschlagswasser, zum Lärmschutz etc. vorlagen, fehlt in der Bekanntmachung eine Auflistung der der Gemeinde bereits vorliegenden umweltbezogenen Informationen. Auch deshalb ist die Bekanntmachung unvollständig und fehlerhaft.
1.3 Auf die unzulässige Rückdatierung der Online-Bekanntmachung einer während der laufenden Offenlage erfolgten Verlängerung der Stellungnahmefrist hatten wir bereits mit Schreiben vom 30.01.2025 hingewiesen. Erfolgten die Bekanntmachungen im Amtsblatt ortsüblich und im Internet zeitlich synchron?
Welche Form der ortsüblichen Bekanntmachung sieht die Bekanntmachungssatzung der Gemeinde Nandlstadt vor? Wir bitten um Übersendung der Bekanntmachungssatzung.
2. Fehlerhafte Offenlage
2.1 Wenn eine Offenlage - hier online - unvollständig war, muss sie voll ständig und insgesamt wiederholt werden. Der Mangel, dass bestimmte Unterlagen online nicht richtig oder nicht vollständig eingestellt waren, kann nicht durch eine Verlängerung der Offenlagefrist geheilt werden. Denn es besteht die Gefahr, dass ein Betroffener sich über den Bebauungsplan und die Unterlagen informiert hat, bevor der Fehler entdeckt und die Offenlagefrist verlängert wird. Dieser Betroffene erhält davon aber keine Kenntnis, weil die Verlängerung nicht bekannt gemacht wird. So bleibt es dabei, dass sich er auf Basis unvollständiger Unterlagen informiert hat. Nur eine erneute Bekanntmachung und eine erneute Offenlage in voller Länge können diesen Mangel beheben, nicht aber eine Verlängerung nach Gutdünken. Die Offenlage war daher unvollständig, was durch die Fristverlängerung nicht geheilt wurde.
2.2 Zudem ist die Offenlage fehlerhaft, weil mehrere offen zu legende Unterlagen nicht offengelegt wurden. Gern. § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen offen zu le gen. Daran mangelt es hier in mehrfacher Hinsicht:
2.2.1 Zu den wesentlichen umweltbezogenen Stellungnamen zählen nicht nur die gezielt von der Gemeinde für das Bebauungsplanverfahren in Auftrag gegebenen Fachgutachten und sonstige der Gemeinde bereits zuvor allgemein vorliegende Umweltdaten (z.B. Lärmaktionspläne, Hochwassergefahrenkarten), die für das Vorhaben relevant sein können, sondern auch die bereits in der frühzeitigen Beteiligung von dritter Seite abgegebenen umweltbezogenen Stellungnahmen. Nach den uns vorliegenden Informationen wurden im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung umweltbezogene Stellungnahmen unter anderem vom Bayerischen Bauernverband (Hochwasserschutz), seitens des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Belange der Landwirtschaft und des Flächenverlustes), seitens des Landratsamtes Freising (wasserrechtliche Fragen und Lärmimmissionsschutz), seitens der Kreisgruppe Freising des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (Artenschutz und Kompensation) und seitens des Wasserwirtschaftsamtes München zur wassersensiblen Siedlungsentwicklung und zum Umgang mit Niederschlagswasser abgegeben. All das sind umweltbezogene Stellungnahmen i.S.v. § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB, die offenzulegen gewesen wären. Es genügt nicht, diese Stellungnahmen lediglich der Gemeinderatsvorlage zur Beschlussfassung über die Offenlage beizufügen. Sie müssen der Öffentlichkeit im Rahmen der Offenlage zur Kenntnis gegeben werden.
2.2.2 Die Offenlage ist des Weiteren unvollständig, weil Ziff. 9.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Immissionskontingentierung auf die DIN 45691:2006-12 verweist, diese DIN jedoch dem Bebauungsplan in der Offenlage nicht beigefügt wurde, sondern unter Ziff. 9.3 der textlichen Festsetzungen darauf verwiesen wird, sie sei beim Beuth Verlag in Berlin hinterlegt. Nach ständiger Rechtsprechung ist es zur Wahrung des Bestimmtheitsgebots beim Erlass von Bebauungsplänen zwar zulässig, zur Konkretisierung der Festsetzungen auf anderen Normen (Gesetze und Verordnungen) und technische Regelwerke (DIN-Normen, VDI-Richtlinien) zu verweisen. Zur Wahrung der Publizität müssen diese je doch ebenso wie die Bebauungspläne öffentlich zugänglich sein:
„Bestimmt eine in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug genommene DIN-Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, ist den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen genügt, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass die Betroffenen von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können."
BVerwG, B. v. 29.07.2010, 4 BN 21.10, Juris-Leitsatz;
bestätigt durch BVerwG, B. v. 05.12.2013, 4 BN 48/13, Juris-Rn. 4
,,Den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung eines Bebauungsplans ist nicht genügt, wenn dessen textliche Festsetzungen auf eine nicht öffentlich zugängliche DIN-Vorschrift Bezug nehmen, aber weder die Bekanntmachung noch die Planurkunde auf die Möglichkeit der Einsichtnahme bei der Verwaltungsstelle hinweist, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann."
BVerwG, B. v. 18.08.2016, 4 BN 24.16, Juris-Leitsatz
Dies gilt explizit auch für die DIN 45691 zur Lärmkontingentierung. OVG NRW, Urt. v. 21.05.2012, 10 D 145/09.NE, Juris-Rn. 26
Ausdrücklich entschieden ist auch, dass der bloße Verweis auf den Bezug von DIN Normen beim Beuth Verlag keine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme für den Bürger darstellt:
„Der stattdessen von der Antragsgegnerin im Verfahren erfolgte Hinweis auf den Bezug von DIN-Normen beim Beuth-Verlag reicht nicht aus. Der Hinweis auf den Beuth-Verlag, bei dem das technische Regelwerk käuflich erworben werden kann, ist erkennbar keine öffentliche Fundstelle. Mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar ist der hinter dem Hinweis in den textlichen Festsetzungen verbundene Gedanke, der Normadressat müsse zum Verständnis der Norm ein Regelungswerk käuflich erwerben (... ) Denn durch die allein erklärte Möglichkeit von der DIN-Vorschrift durch einen kostenpflichtigen Bezug beim Beuth-Verlag Kenntnis zu erlangen, können die Planbetroffenen nicht in zumutbarer Weise Kenntnis von den DIN-Normen erlangen."
Hessischer VGH, B. v. 26.10.2023, 4 C 2447/20.N, Juris-Rn. 53
Dem ist im Ergebnis auch die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung für Bayern gefolgt:
BayVGH, Urt. v. 30.01.2023, 9 N 20.2859, Juris-Rn. 31
In der Entscheidung des Bayerischen VGH wird zwar auch die Möglichkeit erwogen, Normen des Beuth-Verlags bei dessen Normen-Infopoints einzusehen, die auf der Website des Verlags aufgelistet sind. Der Gedanke wird aber vom Gericht nicht weiterverfolgt, weil das allenfalls dann möglich wäre, wenn in der Bekanntmachung zur Offenlage auf diese Möglichkeit und auf die Webadresse des Beuth-Ver lags hingewiesen werde, was dort aber nicht der Fall war. Da auch im vorliegenden Verfahren kein entsprechender Hinweis erfolgte, kann hier im Ergebnis dahinstehen, ob die Möglichkeit der Einsichtnahme an solchen Normen-Infopoints dem Bürger zumutbar ist. Auch das dürfte aber an der mangelnden Zumutbarkeit für den Bürger scheitern. Denn die Normen-Infopoints des Beuth-Verlags sind meist Hochschulbibliotheken. Bei einer im ländlichen Raum gelegenen Gemeinde wie Markt Nandlstadt, weitab von den nächstgelegenen Hochschulen in Landshut und Ingolstadt, ist das aber keine zumutbare Form der Kenntnisnahme. Die Offenlage vor Ort dient ja gerade dazu, dass die Bürger sich einfach über den Bebauungsplan informieren können. Den Bürgern kann daher zum Verständnis des Bebauungsplans nicht ein Fahrweg von mehreren zig Kilometern zur nächsten Hochschulbibliothek einschließlich des Erwerbs eines Bibliotheksausweises auferlegt werden.
Die zitierten Gerichtsentscheidungen ergingen jeweils zur Frage, ob beschlossene Bebauungspläne nach§ 10 Abs. 3 BauGB ordnungsgemäß und vollständig bekannt gemacht worden waren. Die Grundsätze der Rechtsprechung sind aber auf die Offenlage gern. § 3 Abs. 2 BauGB übertragbar. Denn wenn eine DIN-Norm zum Be standteil des Bebauungsplanes wird, ist dieser ohne die DIN-Norm unvollständig. Dementsprechend ist auch die Offenlage unvollständig, wen die DIN-Norm fehlt.
II. Materielle Fehler
Der Bebauungsplanentwurf enthält zahlreiche materielle Rechtsmängel, aufgrund derer er nicht wirksam als Satzung beschlossen werden kann. Er wäre von Anfang an nichtig. Wir beschränken uns auf die schwerwiegendsten Fehler, nämlich die fehlerhaften Festsetzungen zur Zulässigkeit der Einzelhandelsbetriebe (1.), den Verstoß gegen die raumordnungsrechtlichen Vorgaben für großflächige Einzelhandelsbetriebe und Einkaufszentren (2.) und die fehlerhafte Abwägung der von den Einzelhandelsbetrieben ausgehenden Auswirkungen (3.).
1. Fehlerhafte Festsetzungen zu den Einzelhandelsbetrieben
1.1 Unzulässig Beschränkung der Betriebszahl
Gemäß Ziff. 1.2 der textlichen Festsetzungen sind in dem in drei Teilgebiete ge gliederten Sondergebiet jeweils „ein Lebensmitteldiscounter", ,,ein Drogeriefach markt", ,,ein Lebensmittelvollsortimenter" sowie „ein Getränkemarkt",,,ein Backshop und Cafe", ,,ein Imbiss" und „eine Apotheke" zulässig. Die Festsetzungstechnik, wonach jeweils nur „ein" Markt des bezeichneten Sortiments zulässig sei, enthält eine der BauNVO fremde und daher unzulässige gebietsbezogene Kontingentierung. Festgesetzt werden kann für ein Gebiet stets nur die Art der zulässigen Nutzung. Mit wenigen Ausnahmen ist es jedoch nicht möglich, die Zahl der Anlagen in dem jeweiligen Gebiet zu beschränken, weil dies ein „Windhundrennen" auslösen kann, infolge dessen derjenige, der für seine Teilfläche zuerst den Bauantrag für den „einen" Markt stellt, die Genehmigung erhält, der Zweite jedoch nicht mehr.
Grundlegend zur Unzulässigkeit der Beschränkung der Betriebszahl: BVerwG, Urt. v. 17.10.2019, 4 CN 8/18, Juris-LS 1 und Rn. 12 ff.
Es handelt sich vorliegend auch nicht um die Sonderkonstellation, wonach ausnahmsweise ein „Windhundrennen" ausgeschlossen sein könne, wenn sich der
„eine" Markt nur auf ein einziges Buchgrundstück im Baugebiet beziehe und dieses identisch mit dem Sondergebiet sei, so dass die Festsetzungen nicht als gebietsbezogene, sondern als zulässige grundstücksbezogene Kontingentierung ausgelegt werden könnten.
BVerwG, B. v. 15.12.2021, 4 B 12/21, Juris-OS 3 und Rn. 6 ff.
Erstens wird die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, im Falle der Identität von Sondergebiet und Buchgrundstück komme es auf später noch mögliche Grundstücksteilungen nicht an, vorliegend nicht geteilt. Da der Bebauungsplan keinen Einfluss darauf hat, ob und wie die Grundstücke später parzelliert werden, muss er unabhängig von der Aufteilung der Buchgrundstücke umsetzbar sein, darf also nicht darauf vertrauen, dass die Identität von Sondergebiet und Buchgrund stück erhalten bleibt. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnet Umgehungsmöglichkeiten, die am Ende doch ein „Windhundrennen" auslösen können.
Zum Zweiten handelt es sich vorliegend in doppelter Hinsicht um einen anderen Sachverhalt als in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2021. Die Situation in Markt Nandlstadt ähnelt vielmehr der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2019, in der es auch um ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel mit einer Unterteilung in Teil-SO für verschiedene Märkte und Sortimente ging. Vorliegend birgt das sehr große Buchgrundstück mit mehreren Sondergebiets-Teilflächen erst Recht die Gefahr, dass die zivilrechtlichen Teilungsmöglichkeiten später missbraucht werden, um das Buchgrundstück so zu parzellieren, dass in einem SO mehrere Teilflächen entstehen, auf denen jeweils „ein" Markt errichtet werden kann, obwohl die Planungskonzeption nur insgesamt einen Markt vorsah. Besonders hoch ist dieses Risiko im Sondergebietsteil 3 aufgrund der Viel zahl der dort vorgesehenen Betriebe. So könnte der Sondergebietsteil 3 z.B. in drei
Parzellen mit jeweils „einem" Getränkemarkt oder in zwei Parzellen mit jeweils
,,einem" Lebensmittelmarkt aufgeteilt werden.
Im Ergebnis liegt daher eine unzulässige Kontingentierung vor.
1.2 Einkaufszentrum
Fraglich ist des Weiteren das Gesamtkonstrukt, die insgesamt sehr große Sondergebietsfläche in mehrere Teilflächen für unterschiedliche großflächige Einzelhandelsbetriebe zu parzellieren und im Sondergebiet 3 nochmals sechs verschiedene Betriebe zuzulassen. In der Summe sind dies sechs Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von knapp 4.000 m2 zuzüglich Gastronomie (Cafe und Im biss). Dabei handelt es sich nicht mehr um ein nur lose verbundenes „Fachmarktzentrum", also um eine Ansammlung mehrerer selbstständiger, teilweise großflächiger Einzelhandelsbetriebe nach§ 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO, die eher zufällig in räumlicher Nähe liegen und rein faktisch davon profitieren, sondern um ein systematisch geplantes Einkaufszentrum nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO. Ein Einkaufszentrum ist eine entweder einheitlich geplante oder aus anderen Gründen sich als gewachsen darstellende räumliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe, die zumeist in Kombination mit verschiedenen Dienstleistungsbetrieben auftreten.
Stock in: König/Röser/Stock, BauNVO, 4. Auflage 2019, § 11 Rn. 48
m.w.N. zur Rechtsprechung
Kriterium für die Abgrenzung einer bloßen Agglomeration unabhängiger Einzelhandelsbetriebe von einem Einkaufszentrum sind u.a.:
(1) ein aufeinander abgestimmtes Warensortiment, das eine Konkurrenz zwischen den Betrieben weitgehend ausschließt, sondern vielmehr zu Synergie und Kopplungseffekten und damit einem insgesamt stärkeren Marktauftritt
führt; diese Voraussetzungen sind vorliegend sicherlich erfüllt, da die Sortimentsfestsetzungen der Märkte offensichtlich aufeinander abgestimmt sind, um die komplette Bandbreite der Grundversorgung abzudecken.
(2) eine technisch-organisatorische Funktionseinheit; diese ist sehr deutlich ausgeprägt. Denn erstens nutzen alle Einzelhandelsbetriebe den gleichen Parkplatz gemeinsam, zu dem hin ihre Eingänge ausgerichtet sein werden. Zweitens sind die Betriebe in den SO 2 und SO 3 in einem einzigen Gebäude untergebracht, das auch nur über eine einzige Anlieferrampe verfügt, so dass die gesamtegebäudeinterne Logistik gemeinsam genutzt wird und das Gebäude auch nur einheitlich verwaltet werden kann.
(3) eine Mindestgröße, die diejenige eines einzelnen großflächigen Einzelhandelsbetriebs deutlich überschreitet; bei knapp 4.000 m2 Verkaufsfläche ist das ohne Weiteres erfüllt.
Eine gemeinsame Außendarstellung der Betriebe, z.B. durch einen Werbeauftritt unter einem einheitlichen Zentrumsnamen, ist für die Annahme eines faktischen Einkaufszentrums nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO nicht zwingend erforderlich, zumal im Bebauungsplanverfahren hierzu keine Festsetzungen getroffen und nicht prognostiziert werden kann, wie konkret der Marktauftritt der verschiedenen Betriebe sein wird. Im Vordergrund stehen daher für die Bewertung des Vorliegens eines Einkaufszentrums die vorstehend aufgeführten objektiven Kriterien.
Stock a.a.O, § 11 BauNVO Rn. 49
Korrekterweise wäre deshalb hier ein Sondergebiet für ein Einkaufszentrum festzusetzen gewesen, das jedoch raumordnungsrechtlich nicht zulässig ist (s.u.). Der Versuch, dies durch mehrere Teil-Sondergebiete für künstlich aufgeteilte einzelne Märkte zu umgehen, ist rechtswidrig.
2. Verstoß gegen Vorgaben des Raumordnungsrechts
Der offen gelegte Planentwurf verstößt gegen § 1 Abs. 4 BauGB, weil er den verbindlichen Zielen der Raumordnung zur Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben nach dem Landesentwicklungsprogramm Bayern (2.1) und nach dem Regionalplan München (2.2) widerspricht. Wir verweisen dazu auf das diesem Schreiben beige fügte Gutachten des Büros Stadt+ Handel vom Dezember 2024, Anlage 1, welches die raumordnungsrechtlichen Auswirkungen des Vorhabens und seine Nichtvereinbarkeit mit den Vorgaben der Raumordnung detailliert nachweist. Schließlich verstößt das Vorhaben auch offensichtlich gegen das eigene Integrierte Stadtentwicklungskonzept von Nandlstadt (ISEK) aus dem Jahr 2019 (2.3).
2.1 Verstoß gegen das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP)
Das LEP Bayern vom 01.06.2023 regelt in Kapitel 5.3 die raumordnungsrechtlichen Vorgaben für Einzelhandelsgroßprojekte. Das geplante Vorhaben verstößt gegen das Integrationsgebot (2.1.1) und gegen den maximal zulässigen Umsatzanteil im Einzugsbereich (2.1.2). Zwar werden in der Begründung zum Bebauungsplan, Seite 3 f., die Ziele der Raumordnung zitiert. Eine inhaltliche Auseinandersetzung und der konkrete Nachweis, ob sie eingehalten werden, fehlen jedoch. Auf Seite 4 der Begründung findet sich die lapidare Behauptung: ,,Mit dem Bebauungsplan wird den Zielen und Grundsätzen des LEP Bayern entsprochen." Angesichts der eklatanten Widersprüche zwischen dem LEP und dem Bebauungsplan lässt sich das nur mit Ahnungslosigkeit oder Vorsatz erklären. Dazu im Einzelnen:
2.1.1 Deutlicher Verstoß gegen das Integrationsgebot
Gern. Plansatz 5.3.2 des LEP hat die Flächenausweisung für Einzelhandelsgroßprojekte an städtebaulich integrierten Standorten zu erfolgen. Das Integrationsgebot nach Maßgabe des LEP Bayern ist sowohl räumlich (Eingliederung in die vorhandene Siedlungsstruktur) als auch funktional (fußläufige Anbindung an Wohn gebiete, aus denen die Kaufkraft kommt) zu erfüllen. Denn in der Begründung zu Plansatz 5.3.2 des LEP heißt es:
,,Städtebaulich integrierte Lagen sind Standorte innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs mit wesentlichen Wohnanteilen oder direkt angrenzend, die über einen anteiligen fuß läufigen Einzugsbereich und eine ortsübliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verfügen. Direkt an einen Siedlungszusammenhang angrenzende Standorte sind nur dann städtebaulich integriert, wenn sie an einen Gemeindeteil anschließen, der nach Bevölkerungsanteil und Siedlungsstruktur einen Hauptort dar stellt und in dem die Einrichtungen zur Deckung des wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Grundbedarfs für die Gemeindebevölkerung im Wesentlichen vorgehalten werden. Dagegen sind städtebauliche Randlagen Standorte innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs ohne wesentliche Wohnanteile oder direkt angrenzend. In städtebaulichen Randlagen ist eine fußläufige Erreichbarkeit nicht erforderlich, wohl aber - zur Sicherstellung der Erreichbarkeit für die alle Bevölkerungsgruppen - eine ortsübliche Anbindung an den ÖPNV.
Ausnahmsweise können Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte, die überwiegend dem Verkauf von Waren des sonstigen Bedarfs dienen, auch in städtebaulichen Randlagen ausgewiesen werden (... ).
In Ausnahmefällen können Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte auch für Nahversorgungsstandorte in städtebaulichen Randlagen ausgewiesen werden, wenn die Ansiedlung in integrierter Lage auf Grund der topographischen Gegebenheiten ausgeschlossen ist. Auch in solchen Fällen müssen Gemeinden in der Lage sein, eine verbrauchernahe Versorgungsstruktur fortzuentwickeln. Voraussetzung ist der Nachweis der Gemeinde, dass im Gemeindegebiet keine ausreichenden städtebaulich integrierten Flächen vorhanden sind, die für die Ansiedlung eines Einzelhandelsgroßprojektes nach objektiven Kriterien geeignet sind."
Danach ist der Vorhabenstandort vorliegend offensichtlich nicht integriert, weil er:
(1) nicht innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs liegt, sondern nur an vorhandene Bebauung von außen angrenzt,
(2) nicht an den Siedlungszusammenhang des Hauptorts Markt Nandlstadt mit seinen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Einrichtungen angrenzt, sondern nur an ein Gewerbegebiet ohne jegliche Wohnbevölkerung und sonstige öffentliche Infrastruktur, das - unterbrochen durch Straßen, Wäl der und Felder - 300 m südlich des eigentlichen Siedlungskörpers von Markt Nandlstadt als isolierte Satellitensiedlung in der freien Landschaft liegt.
(3) funktional nicht integriert ist, weil der Standort für Fußgänger aus den Wohngebieten im Osten und Süden von Nandlstadt höchst unattraktiv ist. Gerade für Produkte der Nah- und Grundversorgung, wie Lebensmittel, Ge tränke und Drogeriewaren, die ein hohes Gewicht aufweisen, akzeptieren Verbraucher nur kurze Fußwege. Maximum sind hier - und auch das nur für kleinere Tascheneinkäufe - 500 m. Die südlichsten Häuser der Nandlstädter Wohngebiete sind ca. 500 m von dem Vorhaben entfernt. Hinzu kommen aber noch überörtliche Straßen, die als psychologische Querungshindernisse wirken. Dass von Nandlstadt aus fußläufig an diesem Standort eingekauft wird, ist deshalb ausgeschlossen. Allenfalls für Fahrradfahrer aus den Wohngebieten könnte es eine Option darstellen, nicht mit dem Kfz zu dem Standort zu fahren. Damit wäre jedoch insbesondere die nicht fahrradaffine ältere Bevölkerungsschicht, die generell weniger mobil und auf wohnortnahe Versorgungsmöglichkeiten angewiesen ist, immer noch nicht in der Lage, diesen Standort zu nutzen. Der Standort ist aus schließlich autokundenorientiert und verstößt ganz klar gegen das Integrationsgebot. Es handelt sich um eine sehr periphere Randlage.
Auch eine ausnahmsweise Zulassung in einer Randlage kommt hier nach dem LEP nicht in Frage. Denn in einer Randlage wäre zunächst eine ortsübliche Anbindung an den ÖPNV zwingende Voraussetzung dafür, um dort Nahversorgungsstandorte zuzulassen. In dem Gewerbegebiet westlich des Standorts gibt es bisher keine Bushaltestelle. Im Bebauungsplan ist zwar an der Kreisstraße FS 32 ein „möglicher Standort ÖPNV-Haltestelle" eingetragen. Das ist jedoch keine rechtsverbindliche Festsetzung, weil der Bebauungsplan keine ÖPNV-Fahrpläne regeln kann. In der Begründung zum Bebauungsplan wird das zwar behauptet. Ob es mit dem Träger der ÖPNV verbindlich abgestimmt ist, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Mehr als eine Hoffnung ist das nicht und die Hoffnung allein reicht als Grundlage für eine raumordnerische Ausnahmeregelung nicht aus. Dafür müsste der ÖPNV-Anschluss rechtlich gesichert sein.
Zudem müsste der ÖPNV-Anschluss ausreichend leistungsfähig sein, um die auf einer Verkaufsfläche von fast 4.000 m2 zu erwartende Kundschaft zu befördern. Die Linie 603 verkehrt auf der Kreisstraße aber nur im Stundentakt und hat daher viel zu wenig Kapazitäten für die Kundenzahlen, die ein solches Einkaufszentrum benötigt. Außerdem ist sie für Einzelhandelskunden wegen der langen Wartezeiten und wegen des anschließenden Warentransports zu Fuß von der innerörtlichen Haltestelle in die Wohngebiete nicht attraktiv. Das genügt für einen ortsüblichen ÖPNV-Anschluss i.S.d. LEP nicht.
Zudem ist eine Ansiedlung in Randlage nur zulässig, wenn es aus „topographischen Gründen" keine integrierten Ansiedlungsmöglichkeiten gibt. Diese Regelung zielt offensichtlich auf bergige Regionen Bayerns ab, in denen die für Einzelhandelsbetriebe erforderlichen Ebenen Flächen innerhalb von Ortsteilen in Hanglage technisch nicht realisierbar sind. In der nur leicht hügeligen Hallertau und im weitgehend ebenen Markt Nandlstadt besteht dieses Problem aber nicht. Hier gibt es genug ebene Flächen, die für Märkte tauglich sind und deutlich näher am Hauptort oder gar in diesem selbst vollintegriert angesiedelt werden können.
Schließlich gibt es vorliegend keinen Bedarf für eine Ausnahme an einem Satellitenstandort, um die „verbrauchernahe Versorgungsstruktur fortzuentwickeln", weil Markt Nandlstadt schon zwei gut funktionierende integrierte Lebensmittelmärkte und einen Getränkemarkt hat. Allenfalls für einen Drogeriemarkt, der im Einzugs gebiet fehlt, könnte ein zusätzlicher Bedarf bestehen. Ein solcher könnte jedoch
z.B. auch auf vollintegrierten Freiflächen südwestlich des PENNY-Marktes oder westlich angrenzend an den REWE-Markt entwickelt werden, wo er eine direkte Anbindung an den Hauptort und an das gegenüberliegende Neubaugebiet hätte und wo er als Frequenzbringer die integrierten Bestandsmärkte stützen würde.
Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Ansiedlung von Nahversorgungsmärkten in Randlage sind somit für den vorliegenden Standort auch nicht ansatzweise gegeben. Da Ausnahmeregelungen generell eng auszulegen sind, kommt eine Aufweitung der Klausel über ihren Wortlaut hinaus nicht in Betracht.
Der geplante Standort verstößt daher massiv gegen das Integrationsgebot des LEP.
2.1.2 Überdimensionierung der Verkaufsflächen
Des Weiteren überschreitet das Vorhaben sehr deutlich die gern. Ziff. 5.3.3 des LEP zulässigen Umsatzanteile von 25 % innerhalb des maßgeblichen Einzugsbereichs. Aufgrund der engen funktionalen Verbindung der verschiedenen Märkte an dem Standort, die bauplanungsrechtlich als Einkaufszentrum zu werten sind (s. o.) sind die am geplanten Standort generierten Umsätze im Lebensmittel- und Drogeriesortiment nicht einzeln auf die neuen Märkte aufzuteilen, sondern für das einheitlich geplante EKZ zu addieren. Das führt zu einer sortimentsspezifischen Kaufkraftabschöpfung für Nahrungs- und Genußmittel im einschlägigen Nahbereich von rund 54 % und im Bereich der Drogeriewaren sogar von über 100 %.
Stadt+ Handel, Gutachten 12/2024, S. 45 f., Anlage 1
Ein einzelner Drogeriemarkt in moderater Größe im Ortskern von Nandlstadt würde aufgrund seines Alleinstellungsmerkmals im Einzugsbereich zwar auch viel Kaufkraft im Drogeriesortiment als Teilsortiment der Nahversorgung binden. Be zogen auf die Grundversorgung im Einzugsbereich würde er die Grenze von 25% aber einhalten, zumal er an einem weniger autokundenorientierten Standort weniger überregional ausstrahlen würde. Die Berechnungen von Stadt+ Handel, die für den Drogeriemarkt prognostizieren, dass er allein über(!) 100% der Kaufkraft im Einzugsbereich bindet, weil er keine Konkurrenz hat und weil das EKZ mit fast
4.000 m2 Verkaufsfläche weit über Nandlstadt hinausstrahlt, zeigen deutlich, wie überdimensioniert diese Planung ist. Auch ein kleinerer Drogeriemarkt, der Nandlstadt im Ort bereichern würde, wird sich deshalb noch wirtschaftlich tragen.
2.2 Verstoß gegen den Regionalplan München
2.2.1 Integrationsgebot
Erst Recht verstößt das Vorhaben gegen die insoweit detaillierteren Vorgaben des Regionalplans München unter dem Plansatz 3.2, die eine integrierte, wohnortnahe Versorgung vor allem mit Gütern des täglichen Bedarfs in allen Gemeinden fordern. Der Regionalplan legt zu Recht Wert darauf, dass bei Gütern des täglichen Bedarfs, die ausschließlich in dem neuen Zentrum angeboten werden sollen, die Wohnortnähe und die integrierte Lage gegeben sind. Beides ist, wie bereits dargelegt, offensichtlich nicht der Fall.
2.2.2 Raumunverträglichkeit
Der geplante Standort ist insgesamt nicht raumverträglich i.S.d Plansatzes 3.1 des Regionalplans. Denn er gefährdet andere Standorte, insbesondere die deutlich besser integrierten Standorte von PENNY und REWE inklusive Getränkemarkt, die
die kompletten nördlichen Wohngebiete, das Zentrum und die nordöstlichen Wohngebiete fußläufig abdecken. Lediglich für die Wohngebiete im Südosten von Nandlstadt sind die fußläufigen Entfernungen zu diesen Märkten zu groß. Über das innerstädtische Straßennetz sind sie aber auch mit dem Fahrrad gut und ohne das Risiko der Querung einer außerörtlichen überregionalen Straße sicher erreichbar.
Zudem profitieren eine Reihe weiterer Betriebe in Nandlstadt, wie z.B. der Metzger neben dem PENNY, die innerörtliche Bäckerei oder auch kleinere Dienstleister wie Friseure etc. von der Kundenfrequenz, die die beiden Märkte erzeugen. Damit tragen die Märkte erheblich zur Belebung und Stärkung des Nandlstädter Stadtzentrums bei, auch deshalb, weil die Bewohner der ausgedehnten Wohngebiete im Süd osten das Stadtzentrum durchqueren müssen, um zu den beiden Märkten zu gelangen. Würde der Verkehr gerade aus dem Süden und Südosten von Nandlstadt sich künftig mit dem Kfz zum neu geplanten Standort orientieren, würde dies nicht nur die beiden Bestandsmärkte im Norden und Nordwesten massiv treffen, sondern auch viele kleinere Händler und Dienstleister, die von Kopplungseffekten der Einkäufer und Kunden dieser beiden Märkte profitieren. Mittelbar wären daher die gesamten zentralörtlichen Versorgungsstrukturen von Nandlstadt gefährdet.
Indem das Vorhaben vor allem den PENNY massiv in seiner Existenz gefährdet, trägt es im Ergebnis zu einer deutlichen Verschlechterung der wohnortnahen Versorgung bei, weil es dem Nordosten von Nandlstadt die fußläufige Nahversorgung entzieht. Ein nicht integrierter neuer Standort würde einen gewachsenen integrierten Standort zerstören. Mehr Raumunverträglichkeit ist kaum möglich.
2.3 ISEK Nandlstadt
Besonders erstaunlich ist, dass die Gemeinde Markt Nandlstadt mit ihrem integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) von 2019 eine sehr gute städtebauliche konzeptionelle Grundlage für die langfristige Gemeindeentwicklung geschaffen und
dabei insbesondere die Notwendigkeit der Stärkung innerörtlicher Händler, Dienstleister und der Gastronomie hervorgehoben hat. Dem ISEK selbst ist zu entnehmen, dass die dezentrale Ansiedlung von frequenzstarken Einzelhandelsbetrieben schädlich für die Bemühungen zur Stärkung der innerörtlichen Versorgungsstrukturen wäre. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Warum nun mit dem vorhandenen Konzept eine Kehrtwendung um 180 Grad voll zogen wird, die das ISEK zur Makulatur macht, lässt sich in keiner Weise nach vollziehen. Von diesem Vorhaben würde allein der Projektentwickler profitieren, der die Märkte verpachtet. Die Stadt selbst würde darunter massiv leiden. Denn erstens besteht ein hohes Risiko, dass der zwar gut funktionierende, aber nicht mehr vollständig moderne PENNY im Norden von Nandlstadt, der die höchsten Umsatzverluste zu befürchten hat, schließt und weite Bevölkerungskreise im Norden künftig deutlich weitere Wege auf sich nehmen müssen, um sich mit Lebensmitteln zu versorgen, als bisher.
Zweitens ist unsicher, ob der neue Standort langfristig so leistungsstark ist, dass er nicht selbst gefährdet wird, wenn andere Standorte in der Region nachziehen, ins besondere beim Drogeriesortiment. Dabei ist zu beachten, dass auch im Nahversorgungssortiment ein Trend zum Onlinehandel existiert. Dieser Trend ist in der Nahversorgung zwar noch deutlich schwächer als in anderen Sortimenten, nimmt aber dennoch zu, so dass mittelfristig insgesamt mit Überkapazitäten im stationären Handel zu rechnen ist. Das neue Vorhaben birgt deshalb mittelfristig das Risiko, dass künftig mehrere nicht mehr rentable Märkte sich wechselseitig so kannibalisieren, dass Nandlstadt nicht mehr von Einzelhandel, sondern von Leerstandsruinen geprägt sein wird. Es wäre daher wesentlich sinnvoller, die bestehenden Strukturen zu stärken und dauerhaft nachhaltig zu organisieren, z.B. durch die Ansiedlung eines integrierten Drogeriemarktes als zusätzlichem Frequenzbringer für die integrierten Einzelhandelsbetriebe, Handwerker und Dienstleister.
3. Abwägungsfehler
Wir haben verwundert zur Kenntnis genommen, dass die Gemeinde Markt Nandlstadt im Bebauungsplanverfahren selbst keinerlei Auswirkungsanalyse zu den wirtschaftlichen und raumordnerischen Folgen des Vorhabens beauftragt hat. Dies gehört bei Vorhaben der vorliegenden Art zwingend zum Abwägungsmaterial gern. § 1 Abs. 6 Nr. 8 lit. a) BauGB. Allein darin und in der fehlenden Auseinandersetzung mit den Auswirkungen in der Begründung - das Zitieren des LEP und die knappe Behauptung, er sei eingehalten, ersetzt keine Abwägung - liegt ein Ver stoß gegen § 1 Abs. 7 BauGB. Die Gemeinde darf gerne das von uns vorgelegte Gutachten von Stadt + Handel als Abwägungsgrundlage heranziehen. Die Konse uenz muss dann allerdings die Ablehnung des Vorhabens sein. Wollte die Gemeinde wider alle Vernunft und die Vorgaben der Raumordnung an dem Vorhaben festhalten, müsste sie daher nachweisen, dass die Aussagen von Stadt + Handel nicht zutreffen, indem sie ein eigenes Gutachten einholt, das wiederum zu diametral entgegengesetzten Ergebnissen kommen müsste.
III. Ergebnis
1. Die Offenlage wurde fehlerhaft bekanntgemacht und fehlerhaft durchgeführt. Sie ist zu wiederholen.
2. Der Bebauungsplan ist materiell rechtswidrig, weil er statt eines Einkaufszentrums mittels unzulässiger Kontingentierung von Betrieben in Teil-Sondergebieten künstlich aufgeteilte Märkte festzusetzen versucht.
3. Ein Einkaufszentrum der Nahversorgung in dieser Dimension und an diesem Standort verstößt eklatant gegen bindende Vorgaben der Raumordnung.
4. Mangels eigenem Gutachten zu den Auswirkungen der Ansiedlung des Einkaufszentrums fehlt dem Bebauungsplanverfahren eine wesentliche Abwägungsgrundlage, weshalb eine rechtmäßige Abwägung so nicht möglich ist.
Erlauben Sie dem Unterzeichner, der sich seit 25 Jahren mit Einzelhandelsansiedlungen beschäftigt - auf kommunaler Seite und auf Investorenseite - aber noch nie ein solch verfehltes Projekt gesehen hat, zum Schluss eine persönliche Anmerkung: Markt Nandlstadt schadet mit diesem Projekt niemandem mehr als sich selbst. Dass ausgerechnet eine Gemeinde, die in Ihrem Namen das Marktrecht trägt, welches in der deutschen Stadtgeschichte untrennbar mit dem Stadtrecht verbunden ist und welches die Grundlage für die nicht nur wirtschaftlich sondern auch sozial und kulturell extrem wichtige Funktion der Stadt- und Ortszentren bildet, diese Tradition mit Füßen tritt und entgegen dem Rat und dem Willen der eigenen Bürgerschaft das faktische Stadtzentrum, in dem man sich trifft, auf einen EDEKA-Parkplatz in einem sonst toten Gewerbegebiet verlagern will, lässt den Betrachter sprachlos zu rück. Die Wahrnehmung, in Bayern würden Traditionen noch mit Herz gepflegt, muss wohl leider revidiert werden. Wenn ein hinreichend einflussreicher Investor kommt, wird die eigene Stadtgeschichte offensichtlich willfährig geopfert.