Die Inflation der letzten Jahre, die gestiegenen Energie- und Personalkosten sowie die hohe Kreisumlage aufgrund des Defizits des Kreisklinikums führen zu erheblichen Mehrkosten, welche den Verwaltungshaushalt der Gemeinde Oberammergau stark belasten. Im Rahmen der Haushaltsberatungen hat deshalb der Haupt- und Finanzausschuss dem Gemeinderat die Anpassung der Hebesätze (Grund- und Gewerbesteuer) empfohlen.
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Realsteuerhebesätze
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bisher
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Empfehlung des Haupt- und Finanzausschusses
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ab 01.01.2025
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Grundsteuer A und B
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450
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500
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Gewerbesteuer
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380
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400
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Grundsteuer
Am 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsgrundlage des derzeit gültigen Systems der Grundsteuer auf Grundlage der sogenannten Einheitswerte für verfassungswidrig. In der Folge beschloss der Bundestag ein neues Bundesmodell für die Grundsteuer und versah dies mit einer Öffnungsklausel, die den Ländern wiederum die Einführung eines abweichenden Systems ermöglichte. Hiervon machte der Bayerische Landtag Gebrauch und erließ das Bayerische Grundsteuergesetz. Mit diesem Gesetz wird für Grundstücke in Bayern anstelle der Einheitsbewertung ein wertunabhängiges Flächenmodell umgesetzt. Nach dem Flächenmodell werden die Grundstücks- und Gebäudeflächen als alleinige Bemessungsrundlagen herangezogen, der Wert des Grund- und Bodens spielt dabei keine Rolle mehr. Die Ermittlung der Grundsteuer soll zukünftig für die Bürgerinnen und Bürger einfacher und damit nachvollziehbarer sein.
Da die bisherigen Hebesätze mit Ende des aktuellen Hauptveranlagungszeitraums, d.h. zum 1. Januar 2025, automatisch ihre Geltung verlieren, sollten die ab diesem Zeitpunkt gültigen, neuen Hebesätze noch im Kalenderjahr 2024 im Rahmen einer Hebesatzung festgelegt werden.
Für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern wird es zu einer Veränderung im Vergleich zur aktuellen Grundsteuerbelastung kommen. Dies ist dem neuen Modell geschuldet: Manche werden mehr bezahlen müssen, manche auch weniger – abhängig von Grund- und Gebäudeflächen.
Aufgrund der neuen Bewertungsregelungen wurden für die Sparte Einfamilienhaus/ Eigentumswohnung (Wohnflächen) in Summe durch die Neubewertung vom Finanzamt niedrigere Messbeträge festgesetzt. Bei den Gewebeimmobilien (Nutzflächen) ergibt sich dagegen in Summe eine Steigerung. Hier besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit die Grundsteuer als Betriebsausgabe steuermindernd zu berücksichtigen.
Damit der Gemeinde nach der Reform nicht weniger Geld zur Verfügung steht, muss der Hebesatz angepasst werden. Der Hebesatz ist ein Faktor, um die Höhe der individuellen Grundsteuer zu ermitteln. Der vom Finanzamt ermittelte Grundsteuermessbetrag multipliziert mit dem örtlichen Hebesatz ergibt den von den Steuerpflichtigen zu entrichtenden Grundsteuerbetrag.
Nach den bisher vom Finanzamt mitgeteilten Messbeträgen und bei Anwendung des derzeit gültigen Hebesatzes von 450 Prozent ergäben sich für die Gemeinde Mindereinnahmen bei der Grundsteuer B in Höhe von rund 40.000 €. Damit das Rechnungsergebnis des Vorjahres (rd. 988.000 €) nach dem aktuellen Auswertungsstand wieder erreicht werden kann, müssten die Hebesätze um 20 % erhöht werden.
Aufgrund der aktuellen Finanzlage und der Tatsache, dass in den kommenden Jahren ein ausgeglichener Verwaltungshaushalt nur durch Gewinnentnahmen aus dem Eigenbetrieb Kultur möglich werden wird, hat der Haupt- und Finanzausschuss dem Gemeinderat in der Sitzung am 25.11.2024 mehrheitlich die Anhebung der Hebesätze (Grundsteuer A und B) von 450 % auf 500 % empfohlen. Das Gesamtvolumen der Grundsteuer B würde nach Erhöhung des Hebesatzes auf 500 % nach derzeitiger Aktenlage rd. 1.053.000 € betragen, dies würde jährliche Mehreinnahmen von rd. 65.000 € bedeuten. Bei der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Flächen) könnten durch die Erhöhung auf 500% in etwa wieder die Einnahmen der Vorjahre (rd. 9.000 €) erreicht werden.
Der Markt Garmisch hat kürzlich eine Erhöhung des Hebesatzes von 430% auf 730% zur Stärkung seines Verwaltungshaushalts und Abfederung der Belastungen durch die Kreisumlage beschlossen. Die Gemeinde Bad Kohlgrub wird ab dem Jahr 2025 den Hebesatz von 450% auf 500% erhöhen.
Nach Informationen des Finanzamtes ist der Grundsteuermessbetrag mittlerweile für rd. 90 % aller Grundstücke in Oberammergau festgesetzt worden. Zudem ist mit vielen Änderungsverfahren nach dem Versenden der Bescheide zu rechnen. Aufgrund der Lücken und Fehler im aktuellen Grundsteuermessbetragsbestand kann ein Nachjustieren der Hebesätze in den kommenden Kalenderjahren erfolgen. Insbesondere für fehlende oder fehlerhafte Bescheide wird vom Bayerischen Städtetag ein Risikopuffer bei der Festsetzung des Hebesatzes angeraten.
Die Hebesätze der Grundsteuer wurden letztmalig zum 01.01.2018 von 400% auf 450% erhöht.
Gewerbesteuer
Auf die Erhöhungsmöglichkeit der Gewerbesteuer von 380% auf 400% hat die Finanzverwaltung bereits im Vorjahr hingewiesen. Nach Zustimmung im Haupt- und Finanzausschuss wurde die Hebesatzerhöhung im Gemeinderat am 13.12.2023 jedoch nicht angenommen.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen hat der Haupt- und Finanzausschuss wiederum das Thema aufgegriffen. Es wird dem Gemeinderat nochmals empfohlen, den Hebesatz von derzeit 380% auf 400% anzuheben.
Für das Jahr 2025 wurden die Gewerbesteuereinnahmen auf 1.200.000 € geschätzt.
Eine Erhöhung des Hebesatzes um 20% verursacht bei diesem Betrag jährliche Mehreinnahmen i. H. von rd. 60.000 €.
Da der Faktor für die Gewerbesteueranrechnung (§ 35 Einkommensteuergesetz) mittlerweile auf 4,0 erhöht wurde, kann die tarifliche Einkommensteuer bei gewerblichen Unternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) um das Vierfache des vom Finanzamt jährlich festgesetzten Gewerbesteuer-Messbetrages ermäßigt werden. Die von der Gemeinde mit einem Prozentsatz (Hebesatz) von bis zu 400% auf den Gewerbesteuer-Messbetrag festgesetzte Steuer, kann damit vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Für den Gewerbebetrieb entsteht keine Mehrbelastung. In der Praxis kann es lediglich vorkommen, dass die Einkommensteuer nicht ausreichend hoch ist, z. B. aufgrund von Verlusten aus anderen Einkunftsarten, und deshalb keine vollständige Anrechnung erfolgen kann. Auch aufgrund des Anrechnungsverfahrens haben mittlerweile drei Landkreisgemeinden (Garmisch, Murnau, Wallgau) ihren Hebesatz auf 400 % angehoben.
Bei Kapitalgesellschaften (GmbHs) ergibt sich durch die Steuererhöhung jedoch eine Mehrbelastung, weil das Körperschaftssteuergesetz im Vergleich zum Einkommensteuergesetz keine Gewerbesteueranrechnung kennt.
Gewerbesteuerhebesätze im Landkreis Garmisch-Partenkirchen:
Gemeinde
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2023
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Hebesatz der Gewerbesteuer
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Bad Kohlgrub
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350
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Bad Bayersoien
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360
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Eschenlohe
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350
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Ettal
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350
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Farchant
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380
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Garmisch-Partenkirchen
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360
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400 ab 2024
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Grainau
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380
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Großweil
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360
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Krün
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360
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Mittenwald
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350
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Murnau a.Staffelsee
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380
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400 ab 2024
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Oberammergau
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380
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Oberau
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350
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Ohlstadt
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340
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Riegsee
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380
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Saulgrub
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290
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Schwaigen
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350
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Seehausen a.Staffelsee
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300
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310 ab 2024
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Spatzenhausen
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380
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Uffing a.Staffelsee
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380
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Unterammergau
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350
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Wallgau
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400
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Der Gewerbesteuerhebesatz in der Gemeinde Oberammergau wurde letztmalig zum 01.01.2013 von 350% auf 380% erhöht.