Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim geben einen Überblick über den aktuellen Sachstand zum Hochwasserschutz an der Großen Laine.
1. Allgemeines
Im Jahr 2011 haben die Ingenieure Patscheider & Partner GmbH im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim eine Pilotstudie zur Erarbeitung eines integralen Wildbachsanierungskonzeptes in der Gemeinde Oberammergau erstellt. Beurteilt wurden die Große Laine als Hauptvorfluter sowie alle Zuflüsse im Einzugsgebiet und der Schnitzlergraben. Hierfür wurde das Einzugsgebiet umfassend untersucht und hinsichtlich der relevanten wildbachspezifischen Prozesse und Faktoren bewertet. Im Rahmen dieser Studie wurde die Gefahrenzonenkarte, in der bei Hochwasser gefährdete Zonen dargestellt werden, erstellt. Zusätzlich wurden in der Pilotstudie mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in der Gemeinde Oberammergau ausgearbeitet.
Als beste Variante ergab sich dabei eine Maßnahmenkombination bestehend aus der Errichtung eines Entlastungsgerinnes (Teilüberleitung) für das Hochwasser der Großen Laine und dem teilweisen Gewässerausbau der bestehenden Gerinne (Kühberggraben, Köckenbach, Esellaine, Lainegraben, Kainzengraben und Große Laine). Diese Variante wurde nach Durchführung eines EU-weiten Verfahrens von der Arge Ingenieurbüro Dr.-Ing. Koch Bauplanung GmbH und Patscheider Engineers bis zur Genehmigungsplanung bearbeitet.
In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München wurde in der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft am Oskar von Miller Institut (Obernach) ein Modellversuch durchgeführt, mit dem das Ableitungsbauwerk so dimensioniert wurde, dass im Hochwasserfall die Abflusskapazität von 14 m³/s der Großen Laine im Ortsbereich nicht überschritten wird und das restliche Hochwasser über die Teilüberleitung abfließt. Demnach soll im BHQ-Fall 65 % des Hochwassers (21,2 m³/s) über die Teilüberleitung abgeführt werden. Im Rahmen der Unterhaltung wurden zwischenzeitlich für die über 200 Wildbachbauwerke im Einzugsgebiet zahlreiche Unterhaltungsarbeiten durchgeführt.
2. Kurzbeschreibung Variante Teilüberleitung
Im Rahmen dieser Variante sind folgende Bauwerke geplant:
- Aufteilungsbauwerk;
- Neues Ableitungsgerinne im Anschluss an das Aufteilungsbauwerk bis hin zum Kühberggraben;
- Erhöhung der Abflusskapazität des Kühberggrabens, des Köckenba-ches, der Esellaine durch Aufweitung des Gerinnequerschnitts und abschnittsweise der Großen Laine;
- Rückhaltebecken und Anpassung des Kainzengrabens;
- Seilnetzsperre und Erhöhung der Abflusskapazität am Lainegraben;
- Neubau mehrerer Gewässerüberführungen an den Zubringern, sowie Neubau der Fußgängerbrücke, der Brücke Feldiglgasse und der Radwegbrücke an der Großen Laine;
- Sanierung der Großen Laine im Ortsgebiet (nicht in den Kosten erfasst).
Gesamtkosten der Maßnahme: ca. 14 Mio. € (Stand 2019).
3. Kurzbeschreibung Variante Linearer Ausbau
Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens, das am 22.07.2019 vom WWA beantragt wurde, haben sich große Widerstände gegen die Lösung der Teilüberleitung gezeigt. Im Wesentlichen geht es um Einwendungen, die eine stärkere Beaufschlagung der Innerortsstrecke der Großen Laine und eine entsprechende Reduzierung der Teilableitung fordern. Um belastbare Aussagen hierzu treffen zu können, wurde eine vertiefte Untersuchung des linearen Ausbaus der Großen Laine in Auftrag gegeben. Ein linearer Ausbau hätte den Vorteil, dass dieser auch eine Sanierung des inzwischen sanierungsbedürftigen Gerinnes impliziert.
Mithilfe von hydraulischen 2D-Simulationen wurden möglich Varianten des linearen Ausbaus (Aufweitungen des Trapezprofils, Umwandlung in ein Rechteckgerinne und diverse Kombinationen dieser Ausführungen) untersucht, bei denen ein BHQWB von 39 m³/s für die Große Laine angesetzt wurde.
Die hydraulischen Untersuchungen ergaben, dass lediglich der Ausbau der Großen Laine innerorts nicht ausreichend ist, um den Hochwasserschutz in der Ortslage zu verbessern. So wurden im Zuge der Vorplanung des Linearen Ausbaus auch verschiedene Varianten zur Erhöhung der Abflusskapazität der Zubringer untersucht.
Neben den hydraulischen Varianten wurden entlang der betrachteten Gewässer auch Varianten der baulichen Umsetzung bewertet. Aus dem Variantenstudium (ökonomische, räumliche, technische und ökologische Bewertungen) ergab sich die Vorzugsvariante wie folgt:
Große Laine:
- Ausbildung eines Rechteckgerinnes an der Großen Laine im Mündungsbereich (km 0+000 – 0+136) in die Ammer; Anhebung der Radbrücke bei Fluss-km 0+024;
- Im Bereich der Einmündung Esellaine (km 0+136 – 0+285): Aufweitung orografisch rechts (Böschungsrückverlegung), Ufermauer orografisch links mit Verbreiterung der Straße „Feldiglgasse“.
- Im Ortsbereich (Km 0+285 – 1+089): Rechteckgerinne als Stahlbetonwanne und Verblendung mit Natursteinen. Ersatzneubau der Fußgängerbrücke bei km 0+285 und der Brücke „Warbergstraße“ (Km 0+709, aufgrund des schlechten baulichen Zustands);
- Km 1+089 – 1+803: Rechteckgerinne mittels beidseitiger Schwergewichtsmauern aus Naturstein. Ersatzneubau der Fußgängerbrücken;
- Km 1+803 – 1+996: Rückbau Querbauwerke und Ausgleich Sohlgefälle, Sicherung der Böschungen mit Schwergewichtsmauern aus Naturstein;
- Km 2+165 – 2+218: Erhöhung der Abflusskapazität durch steilere Ausbildung der Böschungen. Ersatzneubau der Fußgängerbrücke.
Esellaine:
- Böschungsrückverlegung orografisch rechts um 1 m und Anhebung der Böschung mittels Geländemodellierung. Deichkörper orografisch links zum Schutz der Ortslage von Oberammergau.
- Verbreiterung der Brücke „Warbergstraße (Km 0+263), Anpassung Brücke „Romanshöheweg“ (km 0+477).
Lainegraben:
- Bau einer Seilnetzsperre analog zur Variante Teilüberleitung;
- Erhöhung der orografisch rechten Böschung um 50 cm zwischen km 0+000 und 0+049, Anpassung der Feldwegbrücke bei km 0+049.
Köckenbach:
- Erhöhung der Abflusskapazität durch Bau einer Ufermauer orografisch rechts, Anpassung der Brücken und abschnittsweiser Eintiefung und Ausbildung eines Rechteckprofils.
Kainzengraben:
- Bau eines Rückhaltebeckens mit Wildholzrechen analog zur Variante Teilüberleitung zur Reduzierung des Feststoffeintrags.
Kühberggraben:
- Erhöhung der Abflusskapazität durch Anhebung der orografisch rechten Böschungsober-kante abschnittsweise mittels Geländemodellierung, im Bereich des Parkplatzes „Wellen-Berg“ durch Bau einer Schwergewichtsmauer.
Gesamtkosten der Maßnahme: ca. 23 Mio. € (Stand 2023).
4. Kostengegenüberstellung der Varianten
Hinweis: Bei der Kostenbeteiligung handelt es sich um eine überschlägige Ermittlung.