Das WKW Mühlbach befindet sich im Eigentum einer eigenen Gesellschaft, der „Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH“. Diese Gesellschaft gehört zu 50 % der Gemeinde Oberaudorf und zu 50 % der Bayerischen & Tiroler Sensen-Union (BTSU).
In 2013 wurden im Wasserkraftwerk Mühlbach Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt, um eine höhere Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012 (EEG 2012) zu erhalten. Hierdurch erhöhte sich die Einspeisevergütung für den ins öffentliche Netz eingespeisten Strom ab Dezember 2013 von vorher 7,67 ct/kWh auf 12,57 ct/kWh. Der Anspruch auf die Vergütung von 12,57 ct/kWh besteht für die Dauer von über 20 Jahren und endet am 31.12.2034.
Auf der Grundlage einer Vereinbarung vom Dezember 2013 zwischen der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH und den Gemeindewerken Oberaudorf nehmen die Gemeindewerke den vom Wasserkraftwerk Mühlbach ins Netz eingespeisten Strom von der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH ab und vermarkten diesen auf eigenes Risiko nach dem EEG-Marktprämienmodell. Gemäß dem Marktprämienmodell erhalten Anlagenbetreiber eine höhere bzw. niedrigere Vergütung als die EEG-Vergütung, wenn sie für ihren Strom an der Börse einen höheren bzw. niedrigeren Preis erzielen als eine durchschnittliche EEG-Anlage.
Die Vereinbarung entstand 2013 vor dem Hintergrund, dass der EEG-Vergütungssatz grundsätzlich deutlich über den an den Strombörsen bei Direktvermarktung erzielbaren Preisen lag.
Gemäß der Vereinbarung zahlten die Gemeindewerke Oberaudorf an die Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH in den vergangenen Jahren für den ins Netz eingespeisten Strom eine Vergütung in Höhe der EEG-Förderung von 12,57 ct/kWh und einer Zulage von 0,13 ct/kWh, gesamt 12,7 ct/kWh.
Die Gemeindewerke Oberaudorf vermarkten über die KOS Energie GmbH den Strom des Wasserkraftwerkes und nutzen hierbei das Marktprämienmodell (Direktvermarktung Wasserkraftstrom). Für die Dienstleistung erhält die KOS ein Vermarktungsentgelt von 0,2 ct/kWh. Bei einer jährlichen Stromeinspeisung von 2,0 Mio. kWh ergibt dies ein jährliches Dienstleistungsentgelt von 4.000 €.
Aufgrund der Entwicklung an den Energiemärkten in den vergangenen Monaten hat sich der Sachverhalt bei der Direktvermarktung und dem Marktprämienmodell deutlich geändert. So wurde die Marktprämie bei dem für das Wasserkraftwerk Mühlbach gültigen EEG-Satz von 12,57 ct/kWh im Sept. 2021 erstmals negativ, wobei dies auch in den Folgemonaten anhielt.
Bei einer negativen Marktprämie besteht die Einspeisevergütung nur noch aus dem dann hohen Börsen-Verkaufspreis, eine Mitfinanzierung aus dem EEG entfällt.
Monatsmarktwerte vom Jan. 2016 bis Juni 2022
Monatsmarktwerkt = monatliche durchschnittliche Spotmarktpreise Day-Ahead
Quelle: www.netztransparenz.de
Durch diese Entwicklung erhalten die Gemeindewerke Oberaudorf mit der Direktvermarktung seit 2021 gegenüber der reinen EEG-Vergütung deutliche Mehrerlöse. Die Mehrerlöse erreichten in den vergangenen Jahren die folgenden Beträge, wobei das Dienstleistungsentgelt der KOS bereits berücksichtigt ist:
- 2017: 2.400 €
- 2018: 5.800 €
- 2019: 3.100 €
- 2020: 3.500 €
- 2021: 30.500 €
- 2022: > 100.000 € ? … weiterer Jahresverlauf?
Diese Entwicklung bei der Direktvermarktung ist zunächst für die Gemeindewerke Oberaudorf erfreulich. Keinen Vorteil hat jedoch die Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH, da sie gemäß der bisherigen Vereinbarung nur die 12,7 ct/kWh erhält.
Bei dieser Thematik vertritt der Werkleiter der Gemeindewerke zwei Rollen, da er auch die Aufgabe des Geschäftsführers der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH wahrnimmt.
Aus Sicht der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH passt die Abgabe von Strom für 12,7 ct/kWh an die Gemeindewerke jetzt nicht mehr, so dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, nach einer besseren Vermarktungsmöglichkeit Ausschau zu halten oder aber eine neue Vereinbarung mit den Gemeindewerken zu verhandeln.
Daher wurde vom Geschäftsführer der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH in der Aufsichtsratssitzung am 20.06.2022 vorgeschlagen, den Betreibervertrag vom Dezember 2013 zwischen der Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH und den Gemeindewerken Oberaudorf neu zu regeln und ein entsprechender Vertragsentwurf vorgestellt.
Gemäß diesem Vertragsentwurf erhalten die Gemeindewerke Oberaudorf Mehrerlöse gegenüber der reinen EEG-Vergütung bis zu einem jährlichen Grenzbetrag von 20.000 €. Mehrerlöse über 20.000 € sind an die Elektrizitätswerk Oberaudorf GmbH abzuführen, wobei von diesen aufgrund der Beteiligungsverhältnisse wiederrum 50 % der Gemeinde Oberaudorf zustehen.
In der Aufsichtsratssitzung vom 20.06.2022 zeigte sich die BTSU mit dieser Regelung einverstanden. Seitens der Gemeinde Oberaudorf wurde darauf hingewiesen, den Entwurf zunächst im Gemeinderat vorstellen und beraten zu müssen.
Der Vertragsentwurf ist als Anlage beigefügt.