Daten angezeigt aus Sitzung:
6. Gemeinderat, 09.06.2016
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung vom 03.09.2015 versuchsweise in der Marienstraße, Adlersberg, durch die Anbringung einer temporären Fahrbahnschwelle eine Verkehrsberuhigung zu erzielen.
Mail vom 02.05.2016, PI Nittendorf, Hr. Maul:
Gegen den probeweisen Einbau der Straßenschwelle am Ortsbeginn Adlersberg sind erhebliche Bedenken anzumelden, da Schwellen aus Gründen der Verkehrssicherheit, insbesondere der Zweiradfahrer, sowie der Behinderung des Winterdienstes und wegen der durch die Schwellen verursachten Lärmentwicklung und wegen mangelnder Haltbarkeit auf Durchgangsstraßen nicht vertretbar sind (Richtlinien für integrierte Netzgestaltung).
? Schwellen müssen dabei so gestaltet werden, dass sie unter normalen Verhältnissen mit angemessener Geschwindigkeit überfahren werden können, ohne Fahrzeugbeschädigungen zu verursachen.
? Der Träger der Straßenbaulast handelt dann amtspflichtwidrig, wenn bei der Herstellung der Straßenoberfläche die allgemein anerkannten Regeln zur Unfallverhütung nicht beachtet werden. Dies ist dann, wenn zur Geschwindigkeitsreduzierung angebrachte Aufpflasterung die in den Empfehlungen der Beratungsstelle für Schadenverhütung vorgesehene Maximalhöhe von 10 cm überschreiten, regelmäßig der Fall (Richtlinien für die Anlage von Straßen).
? Die Aufstellung des Verkehrszeichens 112 ohne weitere Angaben über Art und Ausmaß der „Unebenheit“ stellt keine ausreichende Warnung vor den Gefahren dar, die von einer unsachgemäßen Aufpflasterung ausgehen (OLG Köln).
? Zu den Anforderungen an die Beschaffenheit von Hindernissen (Bodenschwellen, Aufpflasterungen u.a.) die zur Durchsetzung von geschwindigkeitsdämpfenden Maßnahmen von dem Verkehrssicherungspflichtigen im Straßenbereich angebracht werden (BGH-Urteil von 16.05.1991), siehe auch § 45 StVO, Anmerkung 5.3.2. bzw. § 32 StVO, Anmerkung 12.
? Weiter gibt es eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die diese Problematik behandeln. In erster Linie geht es um Schadensersatz bei Schäden an Fahrzeugen beim Überfahren solcher Schwellen.
Diskussionsverlauf
Bürgermeister Obermeier erläutert den Sachverhalt und weist darauf hin, dass die Grundsatzentscheidung zur Einrichtung der Fahrbahnschwelle vom 03.09.2015 aufgrund der ständig zunehmenden Geschwindigkeitsverstöße und daraus resultierenden Gefahrensituationen in der Marienstraße in Adlersberg gefasst wurde. Sie war als temporär befristete, geschwindigkeitsdämpfende Maßnahme vorgesehen.
Wegen der mangelhaften Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung in Adlersberg wurden zum damaligen Zeitpunkt auch von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen einer Unterschriftenaktion geeignete Maßnahmen zur Reduzierung des Gefahrenpotentials gefordert. Ausschließliches Ziel der Fahrbahnschwelle sollte es sein, die Verkehrssicherheit im Bereich zu erhöhen, da erwartet wurde, die Geschwindigkeitsübertretungen dadurch deutlich reduzieren zu können. Von der PI Nittendorf wurde zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mitgeteilt, dass der temporäre Einbau als möglich erachtet wird, wenn mit dem VZ 112 „Unebene Fahrbahn“ auf die Schwelle hingewiesen wird. Hierzu ist anzumerken, dass es sich bei der Schwelle mit einer Aufbauhöhe von 40 mm um eine Schwelle handelt, die deutlich unterhalb der kritischen 10 cm liegt.
Mittlerweile sind bei der Gemeinde Beschwerden zur Schwelle, aber auch vermehrt zu den teilweise fragwürdigen Verhaltensweisen einzelner Verkehrsteilnehmer eingegangen, z. B. zur Unsitte, die Schwelle durch das Befahren des angrenzenden Gehwegs zu umgehen. Von der PI Nittendorf wurde zudem informiert (vgl. Sachverhalt), dass die verkehrsrechtliche Zulässigkeit der Schwelle außerhalb einer Tempo 30-Zone problematisch ist.
Gemeinderat Achhammer berichtet, dass ihm häufig der Frage gestellt werde, welchen Sinn die Schwelle macht, wenn die Autofahrer im Verlauf der Strecke sowieso wieder schneller fahren. Gemeinderat Oberleitner informiert, dass die Rückmeldungen gemischt sind, häufig jedoch das Argument vorgetragen werde, dass der Durchschnittsautofahrer nach dem Überfahren der Schwelle emotional aufgeladen ist und dann noch unvernünftiger fährt. Gemeinderat Bornschlegl setzt fort, dass ihm keine positive Aussage zur Schwelle bekannt sei. Vielmehr sei die einhellige Meinung, dass man nach der Schwelle automatisch wieder aufs Pedal tritt und dann deutlich schneller als 30 km/h fährt.
Gemeinderat Bink sind nur negative Äußerungen bekannt. Die Schwelle ist aus seiner Sicht „heftig“, eine Überfahrt mit mehr als 10 km/h ist kaum möglich, zudem sei der Effekt für den weiteren Streckenverlauf fraglich. Aus seiner Sicht wäre ein Dialogdisplay sinnvoller. Gemeinderat Bink schlägt vor, in diesem Zusammenhang über einen Beschluss nachzudenken, der die sukzessive Anbringung von Dialogdisplays an kritischen Bereichen im gesamten Gemeindegebiet vorsieht.
Bürgermeister Obermeier knüpft an den Vorschlag an und bestätigt, dass die Rückmeldungen aus Schwetzendorf zum Dialogdisplay sehr positiv sind. Er betont, dass bei einem Rückbau der Schwelle zwingend eine alternative, geschwindigkeitsdämpfende oder regulierende Maßnahme beschlossen werden muss. Unstrittig sei für ihn, dass der „Kommunale Zweckverband Verkehrssicherheit Oberpfalz“ verstärkt in dem Bereich eingesetzt werden soll. Die regulierende Alternative soll
die Einsicht und Vernunft der Autofahrer erhöhen, ein Dialogdisplay sei hierzu eine gute Wahl. Die Kosten für ein Dialogdisplay sind mit 2.500 € bis 3.500 € anzusetzen, dabei sollte ein netzautarkes System mit Solartechnik angedacht werden, da vor Ort nur mit großem Aufwand ein Stromanschluss bereitgestellt werden kann.
Bürgermeister Obermeier informiert den Gemeinderat zusätzlich, dass von einem Bürger die Idee herangetragen wurde, die Geschwindigkeit auf der Ortsstraße zwischen Pettendorf und Adlersberg auf 60 km/h zu reduzieren. Dadurch könnte ggf. die Einfahrtsgeschwindigkeit von vorneherein deutlich reduziert werden. Im Gemeinderat wird dieser Vorschlag nach kurzer Diskussion nicht weiter verfolgt.
Nachdem im Gemeinderat keine weiteren Diskussionsbeiträge zum Tagesordnungspunkt eingebracht werden, stellt Bürgermeister Obermeier nachfolgenden Beschluss zur Abstimmung:
Beschluss
a) Aufgrund der von der PI Nittendorf dargestellten Rechtslage und daraus resultierenden möglichen Haftungsrisiken wird die Schwelle wieder abgebaut.
b) Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wird als Ersatz ein Dialogdisplay installiert und die kommunale Verkehrsüberwachung mit einer verstärkten Überwachung des Bereichs beauftragt.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0
Abstimmungsbemerkung
Die Gemeinderäte Listl und Dr. Bosl sind entschuldigt abwesend (alle Tagesordnungspunkte)
Datenstand vom 22.07.2016 10:51 Uhr