Vollzug des Baugesetzbuches (BauGB) - Aufstellung des Bebauungsplanes mit integriertem Grünordnungsplan "Baugebiet "Solner Breite III" in Reifenthal; Beratung und Beschlussfassung über die während der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 BauGB eingegangenen Stellungnahmen und Anregungen


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Gemeinderat, 02.02.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Pettendorf) 2. Gemeinderat 02.02.2023 ö beschließend 3

Sachverhalt

Die Beteiligung der Öffentlichkeit für die Aufstellung des Bebauungsplans mit integriertem Grünordnungsplan „Solner Breite III“ in Reifenthal gemäß § 3 Abs. 2 BauGB fand in der Zeit vom 26.08.2022 bis 26.09.2022 statt. Folgende private Stellungnahmen wurden im Verfahren vorgebracht:

1. Eigentümer der Fl.Nr. 967/2, Gemarkung Pettendorf, Schreiben vom 05.09.2022:
Gegen den am 17.8.2022 bekannt gegebenen Bebauungsplan „Solner Breite III" in Reifenthal möchte ich folgende Einwände vorbringen:

Ich bin mit dem Zugang zum öffentlichen Fußweg (Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung: Fußgängerbereich) hinter Parzelle 16 über mein Privatgrundstück (967/2) nicht einverstanden, da dies für mich, meine Familie und meine Mieter eine erhebliche Mehrbelastung zur jetzigen Situation darstellt.

Neben zusätzlichen Gefahrenquellen bei der Ein- und Ausfahrt aus meinem Grundstück (größeres unbekanntes Personenaufkommen, schlechte Sicht, landwirtschaftliche Pflege des Grünsteifens) bedeuten auch neue Räum- und Streupflichten sowie Versicherung einen großen finanziellen Aufwand für mich. Es wird für mich erheblich beschwerlicher als bisher und die Schonung meiner Rechte als Eigentümer kann bei einem öffentlichen Weg von der Gemeinde nicht praktikabel gewährleistet werden.

In diesem Zuge halte ich auch eine Streichung des Geh- und Fahrtrechts auf meinem Grundstück für berechtigt. Dieses Recht wurde laut Kaufvertrag von 1936 (Auszug Kopie) nur eingetragen, weil keine andere Verbindungsmöglichkeit zur landwirtschaftlichen Nutzung der Wiese (2x Mähen im Jahr) bestand. Durch den Bebauungsplan ergibt sich nun eine bauliche Veränderung, bei der das Grundstück vom Süden her erschlossen ist und erreicht werden kann. Aus meiner Sicht ist damit die ursprüngliche Notwendigkeit des Geh- und Fahrtrechts erloschen.

Gerne bin ich zu einem weiteren persönlichen Austausch und Besichtigung vor Ort bereit.

Stellungnahme Verwaltung:
Um den rechtlichen Sachverhalt zweifelsfrei aufzuklären, wurde hierzu die von der Gemeinde mit Rechtsfragen beauftragte Kanzlei Ederer & Partner, Regensburg, um Auskunft gebeten. Mit Schreiben vom 27.12.2022 wurde von der Kanzlei, vertreten durch Herrn RA Ederer, wie folgt Stellung bezogen:

In erster Linie ist vorliegend zu bewerten, ob im Zusammenhang mit der gegenständlichen Grunddienstbarkeit auch vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen betreffend die gegenständliche Bauleitplanung von einem anhaltenden Vorteil ausgegangen werden kann.

Für eine Grunddienstbarkeit ist stets notwendig, dass die Belastung des dienenden Grundstücks für die Benutzung des herrschenden Grundstücks von Vorteil ist, vgl. § 1019 BGB. Dieser Vorteil muss mit der Benutzung des herrschenden Grundstücks verknüpft sein. Maßgeblich ist die objektive Nützlichkeit aufgrund der Lage, Beschaffenheit und Zweckbestimmung des berechtigten Grundstücks (vgl. BGH, NJW 1983, 115). Der Vorteil muss grundstücksbezogen sein.

Ausgangspunkt für diese Beurteilung ist die Dienstbarkeitsbestellung. Bislang liegt hierzu nur ein Auszug aus der Kaufvertragsurkunde vor, der auf eine „Verbindungsmöglichkeit" zu einer nicht näher konkretisierten Wiese des Verkäufers rekurriert. Zudem wird in der besagten Bestimmung auf die Messungsanerkennung verwiesen. Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Messungsanerkennung weitere diesbezügliche Regelungen getroffen wurden.

Sie sollten diese Messungsanerkennung und den gesamten seinerzeitigen Kaufvertrag anfordern. Ferner benötigen wir einen entsprechenden Grundbuchauszug mit der konkreten Eintragung der gegenständlichen Grunddienstbarkeit.

Aus dem Kontext der Dienstbarkeitsbestellung und -eintragung sowie unter Umständen aus der Gesamtschau der seinerzeitigen vertraglichen Regelungen sollten sich weitere Erkenntnisse gewinnen lassen.

Ungeachtet dessen betrifft § 1019 BGB die privatrechtlichen Beziehungen der Beteiligten. Nicht zu den Vorteilen im Sinne des § 1019 BGB zählen mithin öffentlich-rechtliche Zielsetzungen. Zumindest müsste neben öffentlichen Interessen auch noch ein privatrechtlicher Vorteil für das herrschende Grundstück gegeben sein (vgl. u.a. BGH bereits vom 12.02.1971 - V ZR 115/68). Bitte äußern Sie sich insbesondere auch zu diesem Aspekt.

Sofern die konkrete Ausübung nicht bereits als Inhalt der Dienstbarkeit geregelt ist, ist zudem der Grundsatz der schonenden Ausübung gemäß § 1020 Satz 1 BGB zu berücksichtigen. Auch daraus können sich Einschränkungen ergeben, sollte eine andauernde Vorteilslage in vorstehendem Sinne begründbar sein.

Beschlussempfehlung:
Der Stellungnahme der Kanzlei Ederer & Partner wird vollumfänglich beigetreten, es wird daher auf die Ausübung des Geh- und Fahrtrechts auf der Fl.Nr. 967/2, Gemarkung Pettendorf, verzichtet. 

Das Planungsbüro wird beauftragt, die bisher im Bebauungsplan als „Fußweg“ dargestellte Fläche im nördlichen Bereich der Parzelle 16 künftig als öffentliche Grünfläche darzustellen. Damit entfällt die geplante, fußläufige Verbindung zum Ortsbestand.

16 : 0   Stimmen


2. Eigentümer der Fl.Nr. 971, Gemarkung Pettendorf, Schreiben vom 18.09.2022:
Wie am 31.08.2022 persönlich besprochen, senden wir Ihnen hiermit unsere Stellungnahme zum Bauvorhaben Solner Breite III.

Im persönlichen Gespräch haben Sie uns in der Vergangenheit bereits versichert, dass es auch in Ihrem Interesse ist, die über 120 Jahre alte Esche, die am Rande unseres Grundstücks steht, zu schützen und zu erhalten. Unsere Esche ist zum jetzigen Zeitpunkt weder im Bestandsplan noch in der Bebauungsplanung als schützenswerter Baumbestand angeführt worden.

Im Vorfeld haben wir Ihnen gegenüber bereits schriftlich unsere Bedenken geäußert, welche negativen Folgen die Einrichtung eines Fußgängerwegs sowie die nahe Bebauung des neuen angrenzenden Grundstücks (Nr. 16 in BBP) für unseren Baum haben kann.

Zunächst ist anzumerken, dass der Baum aufgrund seines Alters und der Größe das Erdreich am Rande unseres Grundstücks bereits angehoben hat (siehe Bilder), sodass es für uns als sehr knapp erscheint, einen Fußgängerweg mit einer Breite von 3 Metern zu planen. Fraglich ist außerdem, ob nicht der Bau eines Hauses in einem Abstand von ca. 6 Metern (ersichtlich aus dem Plan, blaue Linie) das Wurzelwerk und damit die Stabilität bzw. schlussendlich das gesunde Bestehen des Baumes dauerhaft gefährdet.

Darüber hinaus ist für uns interessant zu wissen, wie der Weg bzw. dessen Beschaffenheit konkret aussehen soll.

Wie auf den Bildern zu sehen ist, gibt es ein Gefälle in 2 Richtungen, vom Standpunkt aus nach unten Richtung Bachlauf sowie vom Wurzelwerk des Baumes aus in Richtung gegenüberliegendes Nachbargrundstück. Dies lässt vermuten, dass der Fußweg zunächst in irgendeiner Weise begradigt werden muss. Nach Auskunft eines Fachmanns bedeutet eine Verdichtung des Erdreichs bereits eine Beeinträchtigung für die Gesundheit und damit das Fortbestehen des Baumes.

Des Weiteren ist zu klären, inwiefern versicherungstechnische Verantwortungen z.B. in Form einer Verkehrssicherungspflicht für den Fußgängerweg auf uns zukommen.

In Absprache mit der Bauverwaltung haben wir unsere bestehenden Versicherungen kontaktiert, inwiefern verschiedene Schadens-Szenarien abgedeckt sind. Dazu zählen beispielsweise die Beschädigung von Personen oder Gebäuden durch unseren Baum, falls durch Bauarbeiten oder die Anlage des Fußweges das Wurzelwerk beschädigt, der Baum dadurch geschwächt wird oder evtl. sogar abstirbt. Oder auch die Beschädigung unseres Hauses wiederum aufgrund von Bauarbeiten/Anlage des Weges etc.

Letztendlich kann im Vorfeld nicht eindeutig geklärt werden, inwiefern ein Versicherungsschutz für Personen und fremde oder das eigene Gebäude im Schadensfall besteht.

Fest steht, dass wir den Baum seit unserem Einzug 2020 nachweislich bereits 2 mal fachmännisch haben pflegen lassen, was bedeutet, dass der Baum aktuell in einwandfreiem und gesundem Zustand ist.

Nichtsdestotrotz ist es nicht auszuschließen, dass bei starkem Wind / Unwetter Äste herabfallen. Aufgrund der Größe des Baumes ist es wahrscheinlich, dass nicht nur der Fußgängerweg, sondern auch das neue angrenzende Grundstück betroffen sein kann.

Da wir das Haus gekauft haben, als der Baum aufgrund des angrenzenden Feldes keine Gefahr für Personen oder Gebäude darstellte, möchten wir weder Mehrkosten noch eine zusätzliche Versicherungspflicht übernehmen, sollte dies aufgrund der aktuellen Bebauungsplanung auf uns zukommen.

Beschlussempfehlung:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Da es auch hier um den geplanten Fußweg nördlich der Parzelle 16 geht, wird auf den Beschluss zu Punkt 1. dieses Tagesordnungspunktes verwiesen.

16 : 0   Stimmen

Diskussionsverlauf

Bürgermeister Obermeier die Einwendungen und jeweiligen Abwägungsvorschläge. Im Gemeinderat besteht kein weitergehender Diskussionsbedarf.  

Beschluss

Nach Einarbeitung der heute beschlossenen Änderungen/Ergänzungen durch das Planungsbüro wird die Verwaltung beauftragt, das Bauleitplanverfahren gemäß BauGB fortzusetzen

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 13.03.2023 10:27 Uhr