Ortsbesichtigung der Milchwerke Berchtesgadener Land/Chiemgau eG am 17.02.2020, 18:03 bis 18:39 Uhr
Anwesend:
BM Hannes Holzner, GR Franz Geigl, GR Maximilian Koch, GR Walter Pfannerstill, GR Gerhard Rotter, GR Erni Schönherr, GR Johann Utz, GR Johann Steinbrecher, Sachbearbeiter Leonhard Schaller, Schriftführerin Ursula Koch,
sowie Frau Empl (Standortmanagement) und Herr Hager (Technischer Leiter) von den Milchwerken Berchtesgadener Land/Chiemgau eG;
Frau Empl und Herr Hager demonstrieren durch Aufstellen von Pylonen das Ausmaß der geplanten Gebäude, für die eine Änderung des Bebauungsplanes Nr. 15 „Hockerfeld“ beantragt wird. Nachdem Herr Hager mit der nun vorgelegten Planung von einer „Minimallösung“ spricht, erkundigt sich GR Koch nach der Intention der Milchwerke für die nächsten fünf bzw. zehn bis 20 Jahre, denn an diesem Standort gibt es keine weiteren Möglichkeiten zur Erweiterung. Ein weiteres Wachsen des Unternehmens in der Umgebung, in der Nähe der bestehenden Wohnbebauung bereitet ihm Sorgen. Es bedeutet für die nächsten Generationen, einen Industriebetrieb mitten im Ort zu haben, warnt er.
Wie Herr Hager erläutert, handelt es sich mit diesem Vorhaben um die letzte Produktionsstätte, die hier errichtet wird. Er betont, dass sie für die jetzige Entwicklung der Milchwerke enorm wichtig ist. Danach sehen die Milchwerke das „Ende der Fahnenstange“ für die Bio-Vermarktung.
Frau Empl fügt hinzu, mehr Bergbauern wird es nicht geben.
Sollte sich für die Milchwerke die Möglichkeit ergeben, Am Gänslehen ein weiteres Grundstück zu erwerben, würde dieses für logistische Zwecke genutzt werden, so Herr Hager.
GR Geigl zeigt grundsätzlich Verständnis für die weitere Baumaßnahme, sieht aber die zusätzliche Belastung der Infrastruktur, besonders bezüglich der Gemeindestraßen, und der Feuerwehr. Er erwartet hier eine finanzielle Unterstützung der Gemeinde von Seiten der Milchwerke.
Herr Hager nimmt dies zur Kenntnis und verspricht, die Anregung weiterzugeben.
Auf Frage von GRin Schönherr erklärt Herr Hager, durch die geplante Erweiterung entstehen zusätzlich 35 bis 40 Arbeitsplätze.
In der Bauausschusssitzung berichtet Herr Schaller, die Milchwerke Berchtesgadener Land/Chiemgau eG beantragten die 8. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 15 „Hockerfeld“. In der Sitzung des Bauausschusses vom 18.11.2019 wurde dem Änderungsantrag grundsätzlich die Zustimmung erteilt. Die Zustimmung zum vorgelegten Entwurf der Bebauungsplanänderung wurde in dieser Sitzung wegen verschiedener offener Fragen nicht erteilt. Nun liegt der geänderte Entwurf für die 8. Änderung des Bebauungsplanes vor.
Im Antrag zur Bebauungsplanänderung führen die Milchwerke aus, dass aufgrund der steigenden Markt- und Verbraucheranforderungen geplant ist, das neue Gebäude für die erforderliche Anlagen- und Produktionstechnik in Teilbereichen zweigeschossig auszuführen und in Richtung Osten an die Höhe des Gewerbegebietes „GE A“ anzupassen. Dadurch kann das Gebäude an die Elektrohängebahn und damit an die bestehende Lagertechnik des benachbarten Bestandsgebäudes unter Berücksichtigung der bestmöglichen Ausnutzung der Höhendifferenzen ressourcenschonend und energieeffizient angebunden werden.
Gegenüber dem ersten Entwurf wurde der Baukörper eindeutiger zur Straße Am Gänslehen abgestuft. Der Gewerbegebietsbereich „B“ wurde in drei Zonen eingeteilt. Der östliche Teil soll eine zulässige Firsthöhe von 472,60 mNN erhalten und hätte damit die gleiche Höhe wie die Bauten im Gewerbegebietsbereich „A“. Für den mittleren Bereich wäre eine Höhe von 466,50 mNN vorgesehen und wäre damit mit der Höhe des Laborgebäudes (464,20 mNN) vergleichbar. Der westliche Abschnitt sollte eine Höhe von 460,40 mNN erreichen können und wäre höhengleich mit dem neuen, ovalen Verwaltungstrakt im Gewerbegebietsbereich „C“. Damit wäre eine Abstufung analog des südlichen Abschnittes erreicht, wenn auch in verkürztem Abstand und näher an der öffentlichen Straße (Abstand ca. 5 m). Wie aus der 3-D-Grafik ersichtlich ist, würde durchaus ein massives Gebäude entstehen, das sich im Wesentlichen nicht von der vorhandenen Bebauung unterscheidet. Dem gegenüber befindet sich die Tennishalle mit einer Firsthöhe von etwa 9 m. So gesehen würde die Höhe des westlichen Gebäudeteils nicht zu sehr aus dem Rahmen fallen. In der Gesamtschau würde sich das Ortsbild sicher verändern, andererseits handelt es sich bei dieser Maßnahme um ein in sich abgeschlossenes Gewerbegebiet, das an der vorbeiführenden Straße endet. Für weitere bauliche Entwicklungen besteht kein Raum mehr.
Entgegen der ursprünglichen Planung wird der Lkw-Verkehr nicht über eine zusätzliche Ausfahrt in die Straße Am Gänslehen erfolgen, sondern wie bisher und entsprechend der vorhandenen Genehmigung nach dem BImSchG-Verfahren über die bestehende Einmündung geleitet.
Die Hinweise über Regenwassernutzung wurden entfernt. Hinsichtlich der Fassadengestaltung nach § 2 Ziffer 4 des Satzungsentwurfs ist zu überlegen, ob die Möglichkeit einer „untergeordneten glatten Betonwand“ beibehalten werden soll.
Hinsichtlich eines grünordnungsrechtlichen Ausgleichs für die Bebauungsplanänderung können sich die Milchwerke vorstellen, das in ihrem Eigentum befindliche Grundstück Fl. Nr. 302 östlich der Bahnlinie mit einer Größe von 3.128 m² in geeigneter Weise dafür zu verwenden.
Hinsichtlich der Verschattung des nördlich gelegenen Wohngebäudes ist festzustellen, dass die Bayerische Bauordnung in Art. 6 die notwendigen Abstandsflächen regelt. Die Zwecksetzung der Abstandsflächen ist, eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Räumen zu gewährleisten. Hinsichtlich der Größe der Abstandsflächen wird auf die zulässige Nutzung der betroffenen Grundstücke abgestellt. In einem Gewerbegebiet sind die Anforderungen wesentlich niedriger als in Wohngebieten. Grundsätzlich bedeutet das, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Abstandsflächen rechtlich keine Ansprüche auf die Sonneneinstrahlung gestellt werden können. Denkbar ist eine Prüfung der Verschattung nach dem Gebot der Rücksichtnahme. Die vorgelegte Sonnenstudie zeigt aber, dass nur eine relativ kurzzeitige partielle Verschattung des Wohngebäudes im Bereich des höchsten Bauteils in der Winterzeit eintritt.
Die Verlegung der Stellplätze in das geplante Parkhaus an der Lattenbergstraße ist zulässig. Nach § 4 der Stellplatzsatzung können notwendige Stellplätze in gesicherter Form (Grunddienstbarkeit) auf einem geeigneten Grundstück in der Nähe des Baugrundstücks nachgewiesen werden.
Anhand der Sonnenstudie zeigt Herr Schaller die Beschattung des Nachbargebäudes auf der Fl. Nr. 304/2 auf.
3. BM Dr. Zimmer beurteilt den Schattenwurf als erheblich. Die Situation ändert sich für die Nachbarn gravierend; über Monate streift die Sonne nur über das Gebäude, was sich auch erheblich auf die Gartennutzung auswirkt, gibt er zu verstehen. 3. BM Dr. Zimmer stellt heraus, mit der Studie wird nur der Sonnenhöchststand um 12 Uhr dargestellt, danach wird es nicht mehr besser.
Die Abstandsflächen sind eingehalten, antwortet Herr Schaller auf Frage von 3. BM Dr. Zimmer.
GR Koch wiederholt seine bereits in der Ortsbesichtigung vorgebrachten Bedenken über die erneute Errichtung eines Industriegebäudes in der Nähe der Wohnbebauung. Er lässt seine Befürchtung erkennen, dass später ein gemeindeeigenes Grundstück verkauft werden muss, damit die Milchwerke weiterwachsen können. Dem Antrag kann er nicht zustimmen.
GR Lerach erläutert die Abstandsflächen. Nach seinen Worten muss sogar bei normalen Wohngebieten toleriert werden, dass am 31.12. um 12 Uhr keine Sonnenbescheinung vorhanden ist. Trotzdem bewertet er den geplanten Baukörper als „massiv“.
GRin Schöndorfer möchte wissen, ob ein Ablehnen des Vorhabens durch den Bauausschuss wegen der Beschattung in der Nachbarschaft Erfolg hätte.
Nachdem das Abstandsflächenrecht eingehalten ist, aber das Gebot der Rücksichtnahme besteht, würde darüber das Verwaltungsgericht entscheiden, lautet die Antwort von Herrn Schaller.
GR Geigl möchte wissen, ob der Vorschlag der Antragstellerin zur grünordnungsrechtlichen Ausgleichsfläche in der Begründung zur Bebauungsplanänderung enthalten ist.
Laut Herrn Schaller handelt es sich zunächst lediglich um ein Angebot der Milchwerke. Der Sachbearbeiter unterbreitet eine andere Möglichkeit zum Ausgleich: er regt an, aus finanziellen Mitteln der Molkerei Bäume auf gemeindlichen Spielplätzen anpflanzen zu lassen und denkt dabei an höher gewachsene Bäume, die bereits Schatten spenden können. Herr Schaller bittet hier den Umweltreferenten 3. BM Dr. Zimmer um Vorschläge.
GR Geigl begrüßt die Anregungen von Herrn Schaller.
3. BM Dr. Zimmer erachtet den Vorschlag von Herrn Schaller als deutlich besser als das Angebot der Milchwerke.
Wie Herr Schaller verlauten lässt, wird die Begrünung nicht im vorliegenden Verfahren sichergestellt, sondern muss anderweitig erfolgen. Er vertraut aber auch darauf, dass das versprochene „Wort“ gilt.
Dies soll aber im Protokoll nachlesbar sein, ergänzt 3. BM Dr. Zimmer.
3. BM Dr. Zimmer stellt das Erhalten der im Änderungsplan aufgeführten vier bestehenden Bäume in Frage. Angesichts des Bauvorhabens wäre dies verbunden mit einem sehr hohen Aufwand. Deshalb priorisiert er eine Ersatzpflanzung und regt an, einen Grünordnungsplan aufzustellen, der auch bei der Einfahrt zu den Milchwerken eine Begrünung vorsieht und damit dem Schallproblem durch Verkehrslärm entgegenwirken kann. 3. BM Dr. Zimmer unterstreicht, die Begrünung wird als Bestandteil des Bebauungsplanes zum Regelwerk.
BM Holzner und Herr Schaller pflichten dem bei
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GR Koch ist die Debatte über einige Bäume unverständlich angesichts des geplanten massiven Industriegebäudes, das nun doppelt so hoch werden soll als ursprünglich im Bebauungsplan zugelassen. Der Anstieg der An- und Abfahrten, der damit verbundene erhöhte Verkehrslärm und CO2-Ausstoss sowie die Zunahme der Straßennutzung bereiten ihm Sorgen. Ihn treibt die Frage um, was zum Schutz der Bevölkerung getan werden kann, wenn die Milchwerke künftig weiterwachsen.
BM Holzner zeigt Verständnis und sieht Bedarf für Abklärung.
GR Geigl stellt den Erfolg der Pidinger Milchwerke heraus und rechtfertigt damit das notwendige Bauvorhaben. Die Entwicklung war seit ca. 15 Jahren vorauszusehen. Obwohl er die damit implizierten Probleme erkennt, spricht er sich für die beantragte Bebauungsplanänderung aus.
GR Lerach zielt auf deren Satzung an, die eine Überschreitung der GRZ-Obergrenze aus städtebaulichen Gründen erlaubt. Ihm erscheint dies plausibel, nachdem es sich hier um ein Gewerbegebiet handelt, begrenzt durch die Straße. Rechtlich ist man „auf der richtigen Seite“. Demgegenüber steht die Auswirkung für die Wertigkeit des Grundstückes Fl. Nr. 304/2; hier geht es um eine moralische Geschichte, so GR Lerach, die nicht im Bebauungsplan kompensiert werden kann.
Dass die Gemeinde Herr des Verfahrens ist, prononciert GR Lerach. Kompensationsleistungen können zwar nicht festgeschrieben werden, sollten aber dem Bauwerber nicht als freiwillig überlassen bleiben, lässt er erkennen.
3. BM Dr. Zimmer geht mit GR Lerach konform. Für ihn ist klar, dass Einwendungen gegen den Bebauungsplan kommen werden. Die Probleme werden diskutiert und deren Lösungen gesucht. Er bewertet dies als guten Ansatz, ohne per se gegen die Bebauungsplanänderung zu sein.
3. BM Dr. Zimmer bricht eine Lanze für die Milchwerke Berchtesgadener Land-Chiemgau eG als eine der wertvollsten Marken, die Preise für Nachhaltigkeit erzielt. Nun soll das Areal aus Platznot verdichtet werden, jeder Quadratmeter ist „ausgetüftelt“, es wird extrem flächensparend vorgegangen. Jetzt das Gerücht über einen möglichen Verkauf des gemeindeeigenen Grundstücks der Tennishalle in die Welt zu setzen, bewertet er als fahrlässig.
Es folgt ein emotionaler Wortwechsel zwischen 3. BM Dr. Zimmer und GR Koch, in dem sich GR Koch gegen den Vorwurf der Verbreitung derartiger Gerüchte wehrt und betont ausdrücklich, lediglich hinterfragt zu haben.
GR Geigl macht klar, den Verkauf eines gemeindlichen Grundstückes entscheidet die Gemeinde selbst. Grundsätzlich stellt er die Verbundenheit mit den Pidinger Milchwerken heraus, schon allein der Arbeitsplätzen wegen.
GR Pfannerstill warnt davor, in der momentanen Phase eine moralische Verpflichtung zu äußern. Wenn Einwendungen gegen die Bebauungsplanänderung vorgebracht werden, sollten gemeinsam mit der Molkerei Lösungen gefunden werden.
GR Lerach schließt sich dieser Meinung an.
Herr Schaller sieht Raum für möglichen Ausgleich in einem städtebaulichen Vertrag.
In den letzten zehn bis 15 Jahren waren Am Gänslehen lauter Privatgrundstücke, stellt GR Utz in den Fokus. Er lässt seine Befürchtung erkennen, dass mit der angestrebten Maßnahme nicht „das Ende der Fahnenstange“ erreicht ist und wird – wie zuletzt – nicht zustimmen.
BM Holzner fasst im Folgenden die bisherige Diskussion zusammen:
Statt der grünordnungsrechtlichen Ausgleichsfläche in der Au, die im Eigentum der Milchwerke steht, soll ein Konzept für anderweitige Ausgleichsmöglichkeiten erarbeitet werden, zum Beispiel mit Anpflanzung von Bäumen an Spielplätzen.
Das Verkehrsaufkommen ist abzuklären.
Die moralische Verpflichtung aufgrund der verschlechterten Situation des Nachbargrundstückes kann derzeit nicht angegangen werden.
Auf Frage von GR Geigl bringt BM Holzner vor, derzeit sind ihm keine Beschwerden von Anwohnern wegen des Verkehres bei den Milchwerken bekannt.
BM Holzner resümiert, die Molkerei hat ihre bisherige Planung geändert und dargestellt. Nun gilt es, für die diskutierten Probleme Lösungen zu finden. Aufgrund dessen wird es zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Aufstellungsbeschluss geben. BM Holzner wird die Milchwerke entsprechend informieren.
3. BM Dr. Zimmer missbilligt das Aufschieben des Verfahrens und appelliert, jetzt den Beschluss zur Auslegung zu fassen.
Der Bauamtsleiter kann sich einen Beschluss unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen.
Aufgrund der vorgebrachten Einwände warnt BM Holzner jedoch davor, die Bebauungsplanänderung in dieser Sitzung zu beschließen.
GR Geigl macht das von den Milchwerken an der Lattenbergstraße geplante Parkhaus zum Thema. BM Holzner wird dazu im TOP „Verschiedenes“ informieren.
Hinsichtlich der Wasserversorgung sieht Herr Schaller kein Problem mit den hinzukommenden Produktionsstätten, nachdem ein zusätzlicher Wasserbehälter geplant ist.
Wer diesen zusätzlichen Behälter finanziert, möchte GR Geigl wissen.
BM Holzner verweist darauf, dies ist an anderer Stelle zu diskutieren.
Herr Schaller verliest auf Bitte von BM Holzner den Beschlussvorschlag.
GR Koch beantragt die namentliche Abstimmung.
Es wird folgender Beschluss gefasst:
Der Bauausschuss stimmt dem Antrag von Gemeinderat Koch zur namentlichen Abstimmung über den Billigungs- und Auslegungsbeschluss zur 8. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 15 „Hockerfeld“ zu.
Abstimmung: JA-Stimmen 11
NEIN-Stimmen 0