Per E-Mail teilte das gemeinsame Kommunalunternehmen VE München Ost (VE|MO) folgendes mit:
„Das gemeinsame Kommunalunternehmen VE München Ost (VE|MO) erledigt seit 2009 für die 13 Mitgliedsgemeinden die Ver- und Entsorgung mit Wasser bzw. von Abwasser im Versorgungsgebiet. Während sich die städtebauliche Entwicklung in den ersten Jahren überschaubar und sukzessiv vollzog, ist seit kurzem in einigen Gemeinden ein exponentielles Wachstum zu verzeichnen. Sowohl im Bereich Wohnbebauung als auch bei der Gewerbeflächenentwicklung zeigt sich ein starker Anstieg der Baulandausweisung und erteilten Baugenehmigungen.
Diese Entwicklung erfordert das Mitwachsen der Infrastruktur. Die Gemeinden entwickeln daher als Planungsaufgabe parallel z.B. Verkehrskonzepte, Schulkonzepte und Versorgungszentren. Mehr Einwohner bedeuten aber auch mehr Wasserbedarf und mehr Abwassermengen. Neben der Kapazität der Brunnen bzw. der Kläranlage ist auch auf die Leitungskapazität, d.h. den maximalen Durchfluss im Leitungsnetz, zu achten.
A. Abwassersituation:
Im Falle der Kläranlage in Neufinsing ist die Kapazität, die mit einer Erlaubnis vom Wasserwirtschaftsamt unterlegt ist, bereits ausgeschöpft. Entsprechend ist eine Erweiterung geplant worden. Die Erweiterungskapazität ergab sich hierbei aus den regelmäßig an VE|MO gemeldeten Entwicklungsplänen der Gemeinden. Nicht berücksichtigt sind die unterjährig sprunghaft geänderten Anforderungen, die sich nun abzeichnen.
Die Komplexität der Erweiterung ergibt sich zudem aus weiteren gleichrangig zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen:
1. Die Einleitungserlaubnis zum Betrieb der Kläranlage läuft 2018 aus. Ein neuer Antrag muss plausibel sein und die aktuellen Reinigungsanforderungen an Kläranlagen erfüllen. Dabei werden die Kapazitäten und die aktuellen Entwicklungspläne der angeschlossenen Gemeinden abgeglichen. Gleichzeitig muss im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Zulassung eine umfassende Überprüfung auf mögliche Umweltauswirkungen erfolgen.
2. Die Kapazitätserweiterung ist in der Anlage in Neufinsing nur mit Eingriffen in den Bestand möglich. Es kann nicht parallel zum Betrieb gebaut werden, sondern Eingriffe in den Betrieb im Rahmen der mehrjährigen Bauphase sind erforderlich. Dadurch ist in der Bauphase zunächst eine Senkung der Kapazität erforderlich. Bei dem aktuellen Zustand bedeutet dies, dass bereits der Status Quo nur unter Ausnutzung aller verfahrenstechnischer Möglichkeiten gesichert ist, geschweige denn der angemeldete Zuwachs.
3. Nach den aktuellen Planungen ist eine erhebliche Erhöhung der Kapazität (210.000 EW) gegenüber den ursprünglichen Ausbauplänen (175.000 EW) erforderlich. Da entsprechende technische Bauwerke auch mehr Platz brauchen, wird der Erwerb weiterer Flächen erforderlich. Bei den angrenzenden Flächen handelt es sich jedoch um private Grundstücke, die nicht per se zur Verfügung stehen.
4. Auch die Hydraulik des Leitungsnetzes muss die höheren Mengen aufnehmen können. Hier ist im Bestand kaum Raum zur Entwicklung, da dies bedeuten würde sämtliche Straßen aufzureißen und die Leitungen zu verändern. Dies ist weder wirtschaftlich noch politisch vertretbar. Redundante Leitungen an neuralgischen Punkten sind bereits in der Überlegung.
5. Ferner steht zu erwarten, dass der Gesetzgeber bundesweit die Reinigungsanforderungen an Kläranlagen – insbesondere der Größenklasse 5 – erweitern wird. Microplastik und Medikamentenrückstände sollen künftig herausgefiltert werden. Auch diese Anforderungen machen bauliche Veränderungen erforderlich und schlagen mit weiterem Raumbedarf zu Buche.
6. Die Abwasserentsorgung ist umweltverträglich zu gewährleisten. Die Verunreinigung von Gewässern ist ein Straftatbestand. Es sind somit organisatorisch und technisch alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit es nicht zur Einleitung von Abwasser in Gewässer kommt, das die geltenden Grenzwerte und die erteilte wasserrechtliche Erlaubnis überschreitet.
B. Wassersituation
Neben der Entsorgung ist auch die Versorgung mit Trinkwasser für eine wachsende Bevölkerung nachhaltig, d.h. dauerhaft gesichert und in gesetzlich vorgeschriebener Qualität und Menge, durch VE|MO zu gewährleisten. Unter Einbeziehung der noch vorhandenen Reservekapazitäten und realisierbarer Notverbünde mit Gemeinden, die ebenfalls über Reserven verfügen und mit vertretbarem Aufwand an das Wassernetz anschließbar sind, reicht die behördlich erlaubte Fördermenge künftig nicht mehr aus. Es wird daher ein neuer Brunnen erforderlich. Neben hohen Investitionen bedingt dies eine längere Realisierungszeit, da neben den vorgeschriebenen Erkundungsuntersuchungen auch Wasserschutzzonen eingerichtet werden müssen. Diese Prozesse sind streitanfällig und können schlimmstenfalls - beispielsweise durch Bürgerbegehren oder individuelle gerichtliche Streitverfahren von Betroffenen – auch zum Erliegen kommen.
C. Lösungsansätze
Ergänzend zum Sachstand in der letzten VR-Sitzung am 29.05.2018 hat der Vorstand eine alternative Berechnung der Entwicklungen und damit verbundener notwendiger Kontingente für die Abwasserentsorgung entwickelt, die die Einhaltung des Status Quo plus ein moderates Wachstum auf Basis der bisher bei VE|MO angemeldeten Kontingente der Mitgliedsgemeinden beinhaltet. Die Lösung basiert auf drei Säulen:
1. der auf Selbstverpflichtung beruhenden moderaten jährlichen Entwicklung der Mitgliedsgemeinden,
2. der Ausnutzung verfahrenstechnischer Spielräume bei der Abwassermenge und –qualität sowie
3. der ersatzweisen Leistung von Abwasserabgaben für Grenzwertüberschreitungen, bei gleichzeitiger Erhöhung der gesetzlich geforderten Werte während der Bauphase.
Im Ergebnis sollen diese Maßnahmen die Verfügung eines Baustopps für das Versorgungsgebiet verhindern.
Dieser Lösungsansatz wurde zwischenzeitlich den zuständigen Wasserwirtschaftsämtern vorgestellt und von dort unter bestimmten Bedingungen als akzeptabel eingestuft, nämlich bei
• Vorlage hydraulischer Nachweise
• Bereithaltung jederzeit abrufbarer Nachweis der Einhaltung der Vorgaben und entsprechender Einhaltung durch die Gemeinden in Bezug auf die jährlichen Kontingente sowie
• grundsätzlich frühzeitige Vorlage aller Planung- und Entwicklungsvorhaben und Bauanträge bei VE|MO
Diese Nachweise sind auch für die Wasserversorgung relevant und werden zugrunde gelegt.
Die Bedingungen sollen sicherstellen, dass die Verantwortung, die VE|MO und den Gemeinden bezüglich der dauerhaft zu sichernden Abwasserentsorgung auferlegt ist, tatsächlich wahrgenommen werden kann.
Soweit Reinigungswerte und Vorgaben tatsächlich und dauerhaft über das „akzeptierte“ Maß hinaus überschritten werden, wird die Behörde dennoch eingreifen und einen Baustopp verhängen. Zudem ist auf die strafrechtliche Komponente der Gewässerverunreinigung hinzuweisen. Deshalb ist es wichtig, dass die Bedingungen auch tatsächlich und nachvollziehbar eingehalten werden.
D. Umsetzung:
Im Ergebnis heißt dies, dass bis zum Jahr 2021 insgesamt 14.000 EW zusätzlich zum Status Quo 2018 angeschlossen werden können.
Es ist daher unvermeidbar, die bisherige Praxis im Miteinander von Bauämtern und VE|MO zu vereinheitlichen und an die neue Situation anzupassen.
• Flächennutzungs- und Bebauungspläne sind frühzeitig an VE|MO zu übersenden (zur Stellungnahme und nach Beschluss) und möglichst detailliert im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen der Planungsabsichten auf die Ver- und Entsorgungs-situation zu prüfen. Bei Gewerbegebieten sind für eine korrekte Übernahme der EW konkretisierende Angaben zu den zulässigen/beabsichtigten Gewerbearten erforderlich.
• Bauantragsunterlagen sind bereits mit Entwässerungsplänen mit einem zusätzlichen Exemplar für VE|MO vom Bauherrn anzufordern. Hierzu wird ein Merkblatt für den Bauherrn von VE|MO bereitgestellt.
• Bauantragsunterlagen mit Entwässerungsplan sind nach Eingang bei der Gemeinde an VE|MO zu senden.
• Baubeginnsanzeigen sind VE|MO als Kopie nach Eingang zur Verfügung zu stellen.
Auch Vorhabenerweiterungen oder Bestandsveränderungen (Anbau, Wintergarten, etc.) sind zu melden.
• Auf Basis der erhaltenen Informationen plant VE|MO die Kontingente ein und schreibt die Entwicklung laufend fort.
Mit den vorliegend dargestellten Schritten und einer strengen Disziplin bezüglich der vereinbarten Kontingente wird es möglich, ein Eingreifen der Aufsichtsbehörden zu vermeiden und parallel die Kapazitäten für Abwasser und Wasser auf die Zielgröße zu erweitern.
Allerdings wird dies auch zu einer erheblichen Verschuldung des gemeinsames Kommunalunternehmens VE|MO führen, da die Investitionen von ca. 30 Mio. Euro in den nächsten 5-10 Jahren kreditfinanziert werden müssen. Die Mitteilung wird den Mitgliedern des Gemeinderates als Tischvorlage ausgehändigt.