Kommunalrecht - Prüfung eines Fraktionswechsels von Herrn Frank Birk vom Neuen Forum zur Christlich Sozialen Union


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung, 26.09.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp Lfd. BV-Nr.
Gemeinderat Gemeinderatssitzung 26.09.2019 ö 68

Diskussionsverlauf

Das Gemeinderatsmitglied Frank Birk ist als Betroffener persönlich beteiligt. Herr Birk wird deshalb nach Art. 49 Abs. 1 bis 3 GO von der Beratung und Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt ausgeschlossen.

17 dafür : 0 dagegen

Beschluss

Der Gemeinderat der Gemeinde Pliening ist für die Entscheidung über einen Fraktionswechsel sachlich und örtlich zuständig (Art. 29, 30 Abs. 2, Art. 33 Abs. 1, 3, Art. 1, 6, 7 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO), Art. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).

Für die Zusammensetzung der Ausschüsse gibt Art. 33 Abs. 1 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) das Spiegelbildlichkeitsgebot vor: Dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen ist Rechnung zu tragen. Während der Wahlzeit im Gemeinderat eintretende Änderungen des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen sind auszugleichen, Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO. Satz 2 regelt, dass ein Mitglied dann seinen Sitz im Ausschuss verliert, wenn es aus der von ihm vertretenen Partei oder Wählergruppe ausscheidet.

Aufgrund des Grundsatzes des freien Mandats (Art. 13 Abs. 2 BV), der in seinem Kernbestand auch für Gemeinderatsmitglieder gilt, können sich Gemeinderatsmitglieder zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele und Vorstellungen auch über die Grenzen der Wahlvorschläge hinweg zusammenschließen. Da das Gemeinderatsmitglied nicht an Weisungen seiner Partei oder Wählergruppe gebunden ist, steht es ihm frei, sich auch mit solchen Mitgliedern zu einer Fraktion zusammenzuschließen, die auf einem anderen Wahlvorschlag gewählt wurden.

Daher führt ein Ausscheiden aus einer Partei noch nicht automatisch zum Ausscheiden aus der Fraktion, wohingegen umgekehrt ein Übertritt eines Gemeinderatsmitglieds in eine andere Fraktion auch ohne Parteiwechsel erfolgen kann.

Für die Berechnung des Stärkeverhältnisses im Gemeinderat zur Gewährleistung der „Spiegelbildlichkeit“ kommt es daher nicht auf die formale Mitgliedschaft in einer Partei/Wählergruppe an. Entscheidend ist vielmehr die Zugehörigkeit der einzelnen Gemeinderatsmitglieder zu einer Fraktion/Gruppe.

Allerdings können bei der Bestimmung, ob ein Mitglied einer Fraktion angehört oder nicht, nicht die internen Auffassungen der Fraktion selbst entscheidend sein. Daher hat die Rechtsprechung zur Wahrung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit Grundsätze entwickelt, die an einen Fraktionswechsel zu stellen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BayVGH ist es dabei so, dass nicht jede Veränderung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppierung für die Ausschussbesetzung relevant ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, aus denen sich ergibt, dass der Wechsel nicht nur zum Schein oder in der Absicht der Gesetzesumgehung vorgenommen wurde.

Eine für die Ausschussbesetzung beachtliche Änderung des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen liegt dann vor, wenn der Eintritt oder der Übertritt eines Gemeinderatsmitglieds in eine aus den Mitgliedern einer anderen Partei oder Wählergruppe gebildeten Fraktion eine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften darstellt. Mit einer Abkehr von der bisherigen Position und Wählerschaft muss zugleich eine Hinwendung zur der neuen Gruppierung verbunden sein. Denn nur dann wird deren Mitgliederzahl vergrößert und das Stärkeverhältnis verändert.

Ob eine solche Abkehr vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Dabei geht es weniger um eine inhaltliche Bewertung politischer Überzeugungen als um äußere Umstände, aus denen sich erkennen lässt, dass sich der Betreffende von den Personen gelöst hat, die ihm ursprünglich zu seinem Mandat im Gemeinderat verholfen haben, also der Partei oder Wählergruppe, auf deren Wahlvorschlag er erfolgreich kandidiert hat.

Herr Birk teilt mit, dass er in einer losen Verbindung dem Neuen Forum angehört (offizielle Mitgliedschaften gibt es nicht), ohne weitere Funktion oder Mitarbeit in der Gruppierung. Weder ist ein Parteiwechsel zur CSU, noch die Mitarbeit in einer Funktion bei der CSU oder eine Kandidatur für die CSU oder ein Fraktionswechsel zur CSU vorgesehen. Herr Birk sieht sich lokal dem Neuen Forum zugehörig, überregional sieht er sich als CSU-Mitglied ohne Funktion in der Partei.

Der Fraktionsvorsitzende des Neuen F orums sieht durch die Mitgliedschaft von Herrn Birk in der CSU keine Änderung in dessen Engagement im Neuen Forum. Er bestätigt die Zugehörigkeit von Herrn Birk zur Fraktion des Neuen Forum.

Das Verwaltungsgericht München erachtet im Beschluss vom 27.11.2014, Az.: M 7 X 14.5089 als gewichtiges Indiz für die Ernsthaftigkeit der Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften und für die Hinwendung zu der neuen Gruppierung einen Parteienwechsel. Sowohl Herr Birk als auch der Fraktionsvorsitzende des Neuen Forum legen dar, dass ein Parteiwechsel nicht vorliegt, vielmehr bestehen parallel Mitgliedschaften, allerdings auf unterschiedlichen Ebenen. Die lokale Zugehörigkeit zum Neuen Forum kann glaubhaft angenommen werden, da Gemeinderatsmitglied und Fraktionsvorsitzender des Neuen Forum diese übereinstimmend betonen.

Die politische Zugehörigkeit zu einer Partei auf Landes-, Bundes- oder Europaebene kann eine Abkehr von bisherigen Positionen auf lokaler Ebene nicht begründen.

Eine Kandidatur von Herr Birk bei der Kommunalwahl 2020 auf der Liste der CSU ist nach Angaben von Herrn Birk nicht beabsichtigt. Bekräftigt wird dies durch den in der Ebersberger Zeitung vom 11.09.2019 veröffentlichten Artikel, der auf einem Foto zwölf Personen zeigt, die das Neue Forum bereits als Kandidaten für die Liste zur Kommunalwahl nennt, darunter Herrn Frank Birk.  

Der Fraktionsvorsitzende der CSU bestätigt, dass Herr Birk auf Ortsebene weder im CSU-Ortsverband noch in der CSU-Gemeinderatsfraktion tätig ist.

Nur mit der Feststellung, dass ein Fraktionswechsel vom Neuen Forum zur CSU nicht vorliegt, wird dem Anspruch des Spiegelbildlichkeitsgebots gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO Rechnung getragen. Würde der Fraktionswechsel festgestellt werden, wäre eine ordnungsgemäße Ladung (Art. 47 Abs. 2 GO) nicht möglich, die Beschlussfähigkeit nicht gegeben und damit wirksame Beschlüsse nicht herbeizuführen.

Aufgrund dieser Sachlage wird die Zugehörigkeit des Gemeinderatsmitglieds Frank Birk zum Neuen Forum und damit kein Fraktionswechsel vom Neuen Forum zur CSU festgestellt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.10.2019 10:43 Uhr