Antrag der Fraktion SPD Bürgerliste Poing die Stärkung des Schutzes der Zivilbevölkerung im Krisenfall betreffend


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 23.01.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 23.01.2025 ö beschließend 12

Sachverhalt

Die Fraktion SPD Bürgerliste Poing hat mit Schreiben vom 11.12.2024 folgenden Antrag gestellt:

Die Verwaltung wird beauftragt,

  • zu prüfen, wie eine Stärkung des Schutzes der Zivilbevölkerung im Krisenfall (z. B. auch durch die Errichtung bzw. Wiederinstandsetzung von Schutzräumen) möglich ist,
  • hierzu ein Konzept zu erarbeiten
  • und dem Gemeinderat vorzulegen.


Stellungnahme der Verwaltung:

a) Katastrophenschutz

Zunächst ist der Katastrophenschutz Teil der allgemeinen Gefahrenabwehr, der den Ländern obliegt. Konkret ist gesetzlich das Landratsamt Ebersberg für das Gemeindegebiet Poing die zuständige Katstrophenschutzbehörde. Die Gemeinde Poing und die Freiwillige Feuerwehr Poing sind dabei zur Katastrophenhilfe verpflichtet. Landratsamt und Gemeinde stehen hier im regelmäßigen Austausch. Ein Handlungsbedarf seitens der Gemeinde ist aktuell nicht ersichtlich.

b) Daseinsvorsorge/örtliche Sicherheitsbehörde

Daneben gibt es den eigenen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge bzw. der örtlichen Sicherheitsbehörde. Die Gemeinde Poing hat sich in diesem Rahmen - unter Beachtung der Leistungsfähigkeit und der Verhältnismäßigkeit - vorbereitet, um beim Eintreten eines Krisenfalls entsprechend gut aufgestellt zu sein. 

  • Rathaus, Baubetriebshof, Feuerwehr und Polizei sind bereits seit längerer Zeit mit (teilweise mobilen) Notstrommöglichkeiten versorgt, ein Tanklager für die Einsatzfahrzeuge ist angelegt. 

  • Die Freiwillige Feuerwehr Poing wurde umfangreich und hochwertig ausgestattet.

  • In der Dreifachturnhalle wurde – gedacht als mögliche Unterbringungsmöglichkeit - die Notbeleuchtung erweitert. Hier kann eine mobile Notstromversorgung eingespeist werden.

  • Für eine redundante Kommunikation (zwischen Landratsamt – Rathaus – Feuerwehr – Polizei) wurde eine Amateurfunkverbindung zwischen dem Landratsamt Ebersberg und der Gemeinde Poing bereits positiv getestet. Entsprechende Haushaltsmittel wurden eingestellt, allerdings fehlen für eine Umsetzung noch entscheidende Informationen des Landratsamtes.

  • Gespräche für eine Notversorgung bzw. -betreuung wurden mit der Feuerwehr, dem BRK, der Polizei, dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, einigen örtlichen Betrieben und Einrichtungen (Nahversorger, Apotheke, Tankstelle etc.) geführt. Eine Wiederholung ist vorgesehen. Der Fokus liegt dabei naturgemäß auf den Einsatzkräften, Einsatzfahrzeugen und besonders hilfsbedürftigen Personen.

  • Pflegeeinrichtungen wurden ebenfalls abgefragt und über die Problematik informiert. 

  • Im Fall eines langanhaltenden Stromausfalls im Gemeindegebiet Poing ist die Versorgung mit Trinkwasser für über 72 Stunden sichergestellt. Auch die Schmutzwasserentsorgung kann VE|MO für über 72 Stunden im öffentlichen Bereich (mit Ausnahme Schwabener Straße 12-19) sicherstellen. 

  • Im Bereich des Hochwasserschutzes wurden umfangreiche bauliche Maßnahmen getroffen. 

  • Entsprechend der ministeriellen Empfehlung wird die Gemeinde Poing – soweit es die Lage erforderlich macht – in Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Feuerwehr und dem BRK im Krisenfall sogenannte „Leuchttürme“ (Notfall-Infopunkte, Nothilfe) einrichten. Hierzu erfolgt dann eine gesonderte Information (Ort, Öffnungszeiten, Dienstleistungen etc.), die notfalls auch über Lautsprecher verbreitet wird.

Auch auf Basis des Schulungsangebotes des Landratsamtes („Online-Meetings der länder- und fachbereichsübergreifenden Task Force Bewältigung Komplexer Krisen (ehemals Task Force Blackout)“) wurden und werden die Maßnahmen durch die Verwaltung regelmäßig überprüft und bei Bedarf verbessert.

Auch wenn die Gemeinde Poing insbesondere mit der kritischen Infrastruktur zwar bereits einige sicher sehr wirkungsvolle Maßnahmen getroffen hat, eine Verpflegung, Unterbringung oder Notstromversorgung von mehreren tausend Personen ist gemeindlich nicht leistbar und wird dann letztlich zur staatlichen Aufgabe. 

Losgelöst von den behördlichen Verantwortlichkeiten ist jedoch die private oder betriebliche Vorsorge zwingend erforderlich und wird entsprechend durch die Fachbehörden empfohlen. Entsprechende Hinweise wurden daher auf der Gemeindehomepage eingestellt.

c) Zivilschutz

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) – eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums - hat den gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung im Verteidigungsfall zu schützen und übernimmt hierzu u.a. Aufgaben des Zivilschutzes. Hierzu gehören insbesondere die Warnung der Bevölkerung, der Schutzbau oder der Selbstschutz. 

Zur Warnung der Bevölkerung: Wie bekannt wurden Warneinrichtungen (Sirenen) bereits in Poing flächendeckend installiert. Hier besteht aktuell kein Handlungsbedarf.

Zum Schutzbau: In Deutschland stünden – so die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) - aktuell keine einsatzbereiten öffentlichen Schutzräume zur Verfügung. Die funktionale Erhaltung öffentlicher Schutzräume sei aufgrund der geänderten Sicherheitslage nach Ende des Kalten Krieges bereits im Jahr 2007 eingestellt worden. Im Einvernehmen mit den Ländern würden seitdem öffentliche Schutzräume sukzessive rückabgewickelt. Seit September 2020 sei die BImA mit der Entwidmung betraut. 

Mit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine habe das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) im März 2022 die BImA und das BBK allerdings beauftragt, eine Bestandsaufnahme aller noch gewidmeten öffentlichen Schutzräume (öSR) durchzuführen. Gegenstand der Untersuchung seien insbesondere die Fragen gewesen, ob, in welcher Zeit und mit welchem Aufwand die noch gewidmeten öSR wieder funktionstüchtig gemacht werden könnten. Die hierzu durchgeführte dreistufige Bestandsaufnahme sei planmäßig Ende März 2023 abgeschlossen worden. 

Bund und Länder haben sich nunmehr in der 221. Sitzung der Innenministerkonferenz im Juni 2024 auf wesentliche Grundelemente eines nationalen Schutzraumkonzeptes verständigt. Die weitere Ausgestaltung fände – so die Angaben in der Bundespressekonferenz vom 25.11.2024 - aktuell unter Beteiligung der Länder in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe statt. Grundlage sei das von der Bundesregierung 2003 entwickelte Gesamtszenario zur Umsetzung der „Konzeption Zivile Verteidigung“. Gemeinsam mit den Ländern sei beabsichtigt, in den nächsten Schritten Eckpunkte für die Entwicklung eines Schutzraumkonzeptes weiter auszuarbeiten. 

Hierbei seien folgende Punkte beinhaltet: eine möglichst systematische Erfassung von Gebäuden und auch privaten Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden könnten ‑ das könnten entweder etwa Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume sein ‑, ein auf diesen Daten aufbauendes digitales Verzeichnis, das es Bürgerinnen und Bürgern ermögliche, über Warn- und Kartendienste die für sie nächstgelegenen Schutzorte über das Handy zu ermitteln, Möglichkeiten zur flächendeckenden Schaffung von Räumen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger insbesondere in Kellern selbst schützen könnten, Handlungsempfehlungen zu deren baulicher Ertüchtigung sowie umfassende Informationskampagnen, die Bürgerinnen und Bürger über die Bedeutung von Schutzräumen und die Möglichkeiten des Selbstschutzes informieren. 

Ein Fertigstellungstermin des Konzeptes könne nicht genannt werden.

Zur Situation in Poing:

Ein derartiger entwidmeter und nicht einsatzbereiter Schutzraum (für ca. 325 Personen) ist im Bereich der Freiwilligen Feuerwehr zu finden, der aktuell durch den Schützenverein als Schießstand genutzt wird. Aktuell findet hier eine technische Bestandsaufnahme/Untersuchung für einen eventuellen Lüftungsumbau im Zusammenhang mit dem Vereinsschießbetrieb statt.

Ferner gibt es – als nennenswertes „unterirdisches öffentliches Gebäude“ – insbesondere die Tiefgarage am Rathaus. 

Sonstige Möglichkeiten wie Katakomben, Stollen, Tunnel oder U-Bahnhöfe befinden sich - wie bekannt - in der Gemeinde Poing nicht. 

Insoweit müssten zwingend private Immobilien in ein wirksames Konzept einbezogen werden. Dies begegnet aber einer Vielzahl von offenen, durch die Gemeinde regelmäßig nicht lösbaren Rechtsfragen.

Auch für die Erstellung von Handlungsempfehlungen - z. B. für private Hausbesitzer - bedarf es offenkundig einer spezifischen Expertise, die wohl nur in den dafür zuständigen Fachbehörden - insbesondere des Bundes - vorhanden sein dürfte.

Aus Sicht der Verwaltung müssen daher zunächst die Empfehlungen bzw. die gesetzlichen Vorgaben der Bundes- und Landesbehörden im Zivilschutz abgewartet werden. Hierzu zählt auch die Frage der Finanzierung, da der Bund die Kosten, die den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden durch das Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG), durch die allgemeinen Verwaltungsvorschriften auf Grund dieses Gesetzes und durch Weisungen der zuständigen Bundesbehörden entstehen, trägt (§ 29 Abs. 1 ZSKG).

Empfehlung der Verwaltung zum Zivilschutz:

Die Verwaltung empfiehlt daher, grundsätzlich erst nach Veröffentlichung der entsprechenden Vorgaben, Hinweise und ggf. Förderprogramme die dann erforderlichen Maßnahmen im Zivilschutz zu prüfen.

Unberührt von dieser Empfehlung bleibt die Thematik Lüftungsanlage im vormaligen Schutzraum im Zusammenhang mit dem Vereinsschießbetrieb. Diese ist in dem bereits begonnenen Verfahren gesondert zu prüfen und ggf. von den zuständigen Gremien zu entscheiden.

Beschlussvorschlag

Die obigen Ausführungen zu den Themen Katastrophenschutz, gemeindliche Daseinsvorsorge und örtliche Sicherheitsbehörde werden zustimmend zur Kenntnis genommen.

Für den Bereich Zivilschutz sind die entsprechenden Veröffentlichungen, Vorgaben und ggf. Förderprogramme im Zusammenhang mit einem nationalen Schutzraumkonzept abzuwarten. Die Verwaltung wird beauftragt, sich dann daraus ergebende Maßnahmen zu prüfen. Das bereits begonnene Verfahren zur Thematik Lüftungsanlage im vormaligen Schutzraum im Zusammenhang mit dem Vereinsschießbetrieb bleibt davon unberührt.

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen können derzeit noch nicht beziffert werden. 

Auswirkungen auf den Klimaschutz

       ja, positiv
       ja, negativ
x        nein

Beschluss

Die obigen Ausführungen zu den Themen Katastrophenschutz, gemeindliche Daseinsvorsorge und örtliche Sicherheitsbehörde werden zustimmend zur Kenntnis genommen.

Für den Bereich Zivilschutz sind die entsprechenden Veröffentlichungen, Vorgaben und ggf. Förderprogramme im Zusammenhang mit einem nationalen Schutzraumkonzept abzuwarten. Die Verwaltung wird beauftragt, sich dann daraus ergebende Maßnahmen zu prüfen. Das bereits begonnene Verfahren zur Thematik Lüftungsanlage im vormaligen Schutzraum im Zusammenhang mit dem Vereinsschießbetrieb bleibt davon unberührt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Datenstand vom 27.02.2025 16:30 Uhr