Dankschreiben der ukrainischen Gemeinschaft in Poing


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 20.02.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 20.02.2025 ö informativ 1.5

Sachverhalt

Die ukrainische Gemeinschaft in Poing übermittelte ein Dankschreiben an die Gemeinde Poing:

„Sehr geehrter Herr Stark,

im Namen meiner Familie und der gesamten ukrainischen Gemeinschaft, die in Poing Zuflucht gefunden hat, möchte ich Ihnen und allen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde unseren tiefsten Dank aussprechen.

Poing – die Stadt der Menschlichkeit

Deutschland, Bayern, Poing – vielleicht ist es für manche nur ein Punkt auf der Weltkarte. Doch für uns, Ukrainer, für Menschen, die Schutz suchten, wurde es ein zärtlicher und warmer Zufluchtsort auf dieser Erde.

Ein fremder, unbekannter Ort, der uns in der schwierigsten Stunde die Hand reichte.
Er nahm uns auf, umarmte uns mit seinen fürsorglichen Armen, schenkte uns ein Gefühl der Sicherheit, als der Boden unter unseren Füßen wankte und die Zukunft ungewiss erschien.

Wir ließen unsere Heimatstädte, unsere Häuser, unsere Straßen und unser gewohntes Leben hinter uns. Wir verloren das Vertraute, doch wir fanden eine neue Zuflucht, eine neue Hoffnung.

Hier, in Poing, fragte uns niemand, wer wir sind oder woher wir kommen. Man beurteilte uns nicht nach unserer Sprache oder unseren Dokumenten. Man half uns einfach – mit einem Lächeln, mit Worten, mit Taten.

Poing wurde für uns nicht nur ein Ort auf der Landkarte. Es wurde ein Symbol der Menschlichkeit, ein Zeichen dafür, dass selbst in den dunkelsten Zeiten Licht existiert – und dieses Licht brennt in den Herzen der Menschen, die andere nicht im Stich lassen.

Der Wolf im Schafspelz

Russland zeigte uns bereits 2014 seine Fratze. Wir wollten nicht an einen solchen Verrat glauben.
Vielleicht konnte die ganze Welt es nicht begreifen. Wir unterstützten uns gegenseitig in dieser Not, besonders jene, deren Heimat vom Feind besetzt wurde.

Unzählige Fragen – Warum? Wozu? – ließen uns nicht los. Denn wir Ukrainer haben nie fremde Länder zerstört, nie andere Menschen unterdrückt, nie danach gestrebt, jemanden zu unterwerfen. Wir lebten einfach. Wir entwickelten uns. Wir träumten. Wir liebten.

Anfang 2024 lag die Bedrohung einer vollständigen Besetzung der Ukraine durch den unersättlichen Feind – Russland – in der Luft. Panzer rollten, Flugzeuge brachten den Tod. Sie zerrissen unser Land, zerstörten unsere Städte, nahmen Leben.

Menschen gingen ohne Waffen auf die Straßen, stellten sich den Panzern entgegen, versuchten sie mit bloßen Händen zu stoppen. Doch die Ungeheuer, die in unser Land eingedrungen waren, zeigten ihr wahres Gesicht – das Gesicht von Folterknechten und Bestien.

Viele Ukrainer mussten ihre Häuser verlassen. Einige flohen aus ihrem zerbrochenen Leben, ohne sich noch einmal umzusehen.

Doch diese Geschichte handelt nicht von Grausamkeit. Sie handelt von Menschlichkeit.

Der Weg ins Ungewisse

Menschen fuhren mit ihren Kindern tausende Kilometer. 10–12 Stunden ohne Halt, aus Angst, auch nur eine Minute zu verlieren. Überall – Kolonnen militärischer Fahrzeuge, die auf zivile Autos feuerten. Erst an der Grenze konnten sie endlich tief durchatmen.

Angst. Schrecken. Unfassbarkeit. Sorge um die Angehörigen, die noch immer dort waren, unter den Bomben. An der Grenze telefonierten wir miteinander mit nur einer Frage:
Wohin sollen wir gehen? Wie sollen wir weiterleben?

März 2024. Ein Morgen in Poing.

Wie der erste Frühlingsmorgen nach einer langen, dunklen Nacht, so empfing uns dieser kleine Ort in Bayern.

Ein schönes, gemütliches Städtchen, voller freundlicher Menschen. Hier schien alles zu beruhigen, zu umarmen, mit Fürsorge und Liebe zu umhüllen. Hoffnung keimte auf: Du bist nicht verlassen, du bist nicht allein mit deinem Schmerz.

Jeden Tag, jede Minute spürten wir die Entschlossenheit dieser Menschen, uns zu helfen – nicht nur mit Worten, sondern mit Taten. Sie öffneten nicht nur ihre Häuser für uns. Sie öffneten uns ihre Herzen.

Wir sahen Hilfe überall – in den Blicken, in den Lächeln, in den aufrichtigen Worten. Und besonders berührte uns, dass diese Menschen nicht nur uns halfen, die hier Zuflucht fanden, sondern auch jenen, die in der Ukraine geblieben waren.

Tränen der Dankbarkeit traten uns in die Augen, als wir in Supermärkten einen großen Tisch mit Spenden für Ukrainer in den besetzten Gebieten sahen. Dort, in der Heimat, gab es Menschen, die nicht einmal Brot und Wasser hatten.

Doch hier, in Poing, verstanden wir: Menschlichkeit kennt keine Grenzen.

Die Möglichkeit zu leben, zu lernen, zu arbeiten

Wir fanden nicht nur eine sichere Zuflucht – wir bekamen die Chance, weiterzuleben. 
Unsere Kinder konnten weiter zur Schule gehen, sich entwickeln, Freundschaften schließen, ihre Zukunft gestalten – trotz aller Prüfungen, die das Schicksal ihnen auferlegte.

Wir, die Erwachsenen, erhielten die Möglichkeit, wieder zu arbeiten, uns weiterzubilden, uns selbst zu verwirklichen. Man gab uns die Chance, nicht nur zu überleben, sondern ein erfülltes Leben zu führen – und das ist unbezahlbar.


Danke, Poing.

Danke für Wärme und Schutz.
Danke an jeden, der uns unterstützte, half und unser Schicksal teilte.

Unsere gebrochenen Herzen beginnen zu heilen. Und wir werden es niemals vergessen: Hier, in Poing, haben Liebe und Güte den Schmerz und die Dunkelheit besiegt.

Mit diesem Schreiben möchten wir Ihnen, der Gemeindeverwaltung und allen Einwohnern von Poing für Ihre Unterstützung danken. Ihre Hilfe hat uns Hoffnung gegeben und gezeigt, dass Menschlichkeit keine Grenzen kennt.

Möge Poing weiterhin ein Ort der Wärme, des Miteinanders und der Offenheit bleiben. Wir werden diese Zeit und die Menschen, die uns in dieser schweren Phase unterstützt haben, niemals vergessen.

Mit aufrichtiger Dankbarkeit,

im Namen der ukrainischen Gemeinschaft in Poing

Datenstand vom 30.05.2025 10:37 Uhr