Information über Historie und aktuellen Projektstand zur Sicherung der Wasserversorgung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 07.05.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Rohrbach) Sitzung des Gemeinderates 07.05.2024 ö 4.1

Sachverhalt

Zum Tagesordnungspunkt ist der Geologe, Herr Dr. Knorr, anwesend, und wird zur Abstimmung mit dem WWA sowie den nächsten Schritten referieren.

Die Sicherstellung einer zukunftsfähigen Wasserversorgung hat in der Gemeinde Rohrbach für den Regiebetrieb Waaler Gruppe oberste Priorität. 

Aktuelle Fördermengen 2023 und Vertragssituation

Die aktuelle Versorgung mit Trinkwasser stellt sich wie folgt dar:

Herkunft
Fördermenge 2023
Vertraglich gesichert / Genehmigt
Aussicht
Brunnen Waal
387.669 m³
380.000 m³
bis Ende 2023.
Verlängerung des Wasserrechtsbescheides bis Ende 2025 in Aussicht gestellt.
Stadtwerke Pfaffenhofen
18.254 m³
65.000 m³/Jahr, läuft Ende 2024 aus. 
Verlängerung bis 2025 von SWP in Aussicht gestellt.
Zweckverband Ilmtalgruppe
86.673 m³
95.500 m³/Jahr, läuft Ende 2025 aus.

Verlängerung abhängig von Brunnenerschließungen im Zweckverband.
GESAMT
492.596 m³


Bedarfsprognose 2042 (aus 2013)
560.000 m³



Die Fördermenge der eigenen nitratbelasteten Brunnen IV und V im Gewinnungsgebiet „Michelberg“ bei Waal wurde infolge des zunehmenden Nitrateintrages mittlerweile auf 380.000 m³ pro Jahr begrenzt, um den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert für Nitrat (max. 50 mg/l) nicht zu überschreiten. Dieser stieg in den letzten 20 Jahren nahezu linear auf ca. 30 mg/l, für den Brunnen V auf knapp unter 40 mg/l an.

Historie

Die langfristige Sicherstellung der Trinkwasserversorgung hat in der Waaler Gruppe bereits eine 60-jährige Vorgeschichte, die im Folgenden kurz dargestellt wird:

Jahr
Ereignis
Die Anfangsjahre
1963
Gründung Wasserversorgung Waaler Gruppe als Zusammenschluss der Gemeinden Waal, Fahlenbach, Gambach, Hög, Langenbruck, Rohr, Rohrbach und Winden am Aign als damals größte Gruppenversorgungsanlage im Landkreis Pfaffenhofen.
1963
Errichtung Brunnen I (25 l/s, 81 m) und Brunnen II (30 l/s, 95 m)
1970
Errichtung Brunnen III (22 l/s, 192 m) als künftiger Ersatz für Brunnen II.
Erstes Schutzgebiet
1976
Genehmigung des heute noch gültigen Schutzgebiets.
Genehmigte Entnahmemenge: 140.000 m³/Jahr
1983
Bewilligung zur Entnahme von 400.000 m³/Jahr
Stilllegung Brunnen II (Verfüllung 1995) wegen nicht mehr tolerierbarer Sandführung.
1989
Bewilligung zur Entnahme von 500.000 m³/Jahr
Erster Anlauf zur Anpassung des Schutzgebiets
1991
Nitratwerte Brunnen I bei 56,9 mg/l
Ausnahmegehmigung zur Weiterförderung mit der Auflage, dass ein Sanierungsplan vorgelegt werden muss.
1996
Erstellung Wasserbedarfsprognose 2030: 739.000 m³ prognostiziert.
Stilllegung und Verfüllung Brunnen III, da nachträgliche Abdichtung fehlschlug.
Inbetriebnahme Brunnen IV (35 l/s, 114 m) als Ersatz.
1997
Schutzgebietsvorschlag vorgelegt nach Abschluss der technischen Sanierung des Einzugsgebietes.
1999
Schutzgebietsvorschlag abgelehnt vom Wasserwirtschaftsamt, da nur unwesentlich größer als aktuelles Gebiet und damit nicht wirksam.
Ab 1999
Hydrogeochemische Untersuchungsprogramme (1999, 2005, 2007, 2009, 2011, 2013, 2014, 2021) zeigen kontinuierlich, dass eine Verlagerung nitratbelasteter Wässer in das Tiefengrundwasser stattfindet (z.B. Brunnen V: Anstieg von 28 mg/l (2005) auf 37 mg/l (2021)). Reduzierung der Fördermenge und größeres Schutzgebiet nötig.
2001
Errichtung Brunnen V (23 l/s, 85 m) als Ersatz für den stillgelegten Brunnen I aufgrund starker Sandführung.
2003
Genehmigung der Entnahme von 500.000 m³/Jahr aus Brunnen IV und V bis 2013 mit der Auflage, bis 2004 ein Sanierungskonzept für das Schutzgebiet vorzulegen.
Zweiter Anlauf zur Anpassung des Schutzgebietes
2010
Aktualisierter Schutzgebietsvorschlag mit gleicher Entnahmemenge vorgelegt.
Wasserbedarfsprognose auf 560.000 m³ angepasst.
Wasserwirtschaftsamt toleriert keine Entnahme von 500.000 m³/Jahr wegen andauernder Nitratverschleppung ins Tiefenwasser.
Daher: Anpassung der beantragten Jahresentnahmemenge auf 380.000 m³.
Zukauf von 100.000 m³/Jahr von der Ilmtalgruppe.
2012
Prüfung einer geringeren Entnahmemenge (200.000 m³) für ein kleineres Schutzgebiet ergibt, dass Rohr in jedem Fall auch betroffen wäre. Daher Festhalten an Entnahmemenge von 380.000 m³.
2013
Beschluss zur Beantragung einer Entnahmemenge von 380.000 m³ der Waaler Brunnen und zur Ausweisung eines Schutzgebietes. (Siehe Anlagen)
Verfahren wurde in der Folge nicht umgesetzt.
2015
Beschränkte Genehmigung zur Entnahme von 380.000 m³/Jahr
Neues Erschließungsgebiet im Feilenforst bei St. Kastl
2016
Versuchsbohrungen in St. Kastl und Rinnberg für neues Gewinnungsgebiet mit Ziel: Förderleistung 50 l/s. Oberflächennah ergiebiges Wasser in St. Kastl gefunden. Dieses muss vorrangig erschlossen werden.
2017
Ausbau von oberflächennahen Brunnen VI und Brunnen VII in St. Kastl, Gesamtförderleistung 19 l/s, Nitrat < 3mg/l
2018
Ausbau von Brunnen VIII in St. Kastl, Förderleistung 19 l/s, aber Nitrat = 51 mg/l
2019
5 Aufschlussbohrungen zum Ausschluss von Schichtenwasser
Nitrat stammt nicht aus Schichtwässern, sondern liegt im erschlossenen Aquifer 
2021
5 Grundwassermessstellen gebohrt mit Nitratwerten bis zu 170 mg/l
2022
Beschluss zur Niederbringung eines Tiefenbrunnens im Feilenforst
2023
Ergebnis Langzeitpumpversuch des Tiefenbrunnens IX: Förderleistung 12,8 l/s, kein Nitrat
2024
Alternativen-Prüfung mit WWA, Einholung Zweitmeinung Geologe

Die möglichen Alternativen und anschauliche Grafiken wurden auch im Rahmen der Bürgerversammlungen 2024, Folie 44 ff, öffentlich präsentiert (öffentlich einsehbar im Sitzungsarchiv, Bereich „Bürgerversammlungen“, des Ratsinformationssystems).

Mögliche Alternativen und deren Bewertung:

  1. für das Gewinnungsgebiet „Michelberg“ bei Waal:
  • Verzicht auf Brunnen
    Nicht zielführend, da vorhandene Infrastruktur und hohe Ergiebigkeit der Brunnen gegeben ist.
  • Verkleinerung Wasserschutzgebiet durch geringere Entnahmemenge
    Aufgrund der Grundwassergleichen ergibt sich ein Anstromgebiet, das in jedem Fall Teile von Rohr beinhaltet, egal bei welcher Wasserentnahmemenge.

  1. für den übrigen Wasserbedarf:
  • Wasserzukauf aus Reichertshofen
    Wässer sind im Rohrnetz nicht mischbar.
  • Wasserzukauf Ilmtalgruppe oder Stadtwerke Pfaffenhofen
Beide Versorger haben selbst Kapazitätsengpässe; Wasserlieferungsverträge laufen noch bis 2025
  • Ausgliederung von Ortsteilen aus Waaler Gruppe
    Nicht darstellbar aufgrund von Druckverhältnissen und Leitungsinfrastruktur.
  • Komplett neues Erschließungsgebiet erkunden
    Selbe Unsicherheiten vorhanden.
    Oberflächennahes Wasser MUSS genutzt werden.

Vgl. hierzu das Merkblatt 1.4/6 des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, S. 7f:

„Die Grundsätze der Tiefengrundwassernutzung sind bereits in einem Landtagsbeschluss vom 01.07.1994 (Drucksache 12/16495) formuliert, wonach bei neuen Entnahmegenehmigungen darauf hinzuwirken ist, dass Grundwasser vor allem aus den tieferen Stockwerken nur bei unabdingbarer Notwendigkeit genutzt wird, damit diese Ressource langfristig erhalten und nutzbar bleibt. […]

Es ist zunächst zu prüfen, ob oberflächennahes Grundwasser in schützbarer Lage – ggf. auch in Teilmengen – […] zur Verfügung steht. Ist dies der Fall, ist zunächst zu prüfen, ob die Menge für eine Vollversorgung ausreicht. Falls ja, ist die Versorgung auf oberflächennahes Grundwasser umzustellen. Sind hier anthropogene qualitative Beeinträchtigungen (z.B. Nitrat, PSM) vorhanden und sind umzusetzende Maßnahmen im Hinblick auf das erschlossene Grundwasser zur Einhaltung der Trinkwasserverordnung erfolgversprechend, nehmen aber längere Zeit in Anspruch, kann eine gewisse Tiefengrundwassernutzung für eine Übergangszeit bis zur erfolgreichen Sanierung des Grundwassers befristet zugelassen werden. […] Die Entnahme von Tiefengrundwasser ist hierbei auf ein Mindestmaß zu reduzieren (ggf. Mischung mit belastetem oberflächennahem Grundwasser).“

Im Ergebnis ist auch nach einem erneuten Gespräch mit dem Wasserwirtschaftsamt und dem beauftragten Geologen Dr. Knorr am 19. Februar 2024 sowie mit dem benachbartem Wasserversorger Ilmtalgruppe (Teilnehmer: WWA, BGM) vom 02. April 2024 festzustellen, dass

  1. das Gewinnungsgebiet „Michelberg“ bei Waal zu erhalten ist.
    Notwendige Maßnahmen:
    1. Aktualisierung der Bedarfsprognose für Schutzgebietsverfahren
    2. Untersuchung der vorhandenen Brunnen auf Zustrom und Nitratkonzentration abhängig von der erschlossenen Schicht. Ggf. weitere Absperrung der Brunnen zur Verkleinerung des Schutzgebietes
    3. Schutzgebietsvorschlag aktualisieren
    4. Schutzgebietskatalog aktualisieren
    5. Vorlage an den Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung über Einleitung des Schutzgebietsverfahrens
    6. Kooperationsvereinbarungen mit Landwirten schließen
    7. Schutzgebiet umsetzen

Der Erhalt des Gewinnungsgebiets „Michelberg“ ist insbesondere auch für die Begründung des neuen Gewinnungsgebiets „Feilenforst“ von großer Bedeutung. Es wäre schließlich im Schutzgebietsverfahren „Feilenforst“ schwerlich zu verargumentieren, den Fürholzener und St.-Kastler Grundbesitzern ein Schutzgebiet aufzuerlegen, weil man es den Waaler bzw. Rohrer Grundbesitzern nicht zumuten wollte.

  1. das Gewinnungsgebiet „Feilenforst“ bei St. Kastl zu erschließen ist.
    Notwendige Maßnahmen:
    1. Ausbau und Anbindung der drei oberflächennahen Brunnen VI, VII, VIII per Rohwasserleitung an den Hochbehälter
    2. Beantragung einer beschränkten Erlaubnis zur Wasserentnahme (Art. 15 BayWG)
    3. Vorbereitung des Wasserschutzgebietsverfahrens mit Basisgutachten und Alternativenprüfung
    4. Abhängig von Entwicklung des Nitratwertes: Bau einer Verbindungsleitung zwischen Ottersried und St. Kastl zur Sicherstellung der zentralen Mischung im Hochbehälter
    5. Abhängig von Entwicklung des Nitratwertes: Ausbau und Anbindung des Tiefenbrunnens IX, Bau einer Aufbereitungsanlage
    6. Schutzgebietsverfahren einleiten und umsetzen

Datenstand vom 13.06.2024 12:20 Uhr