Die Gemeinden haben gem. Art. 51 Abs. 1 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung innerhalb der geschlossenen Ortslage nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen von Schnee zu räumen und die Gehbahnen bei Glätte zu streuen, wenn das dringend erforderlich ist.
Die Gemeinde hat -wie eine Vielzahl anderer bayerischer Kommunen- bereits in der Vergangenheit von der Ermächtigung Gebrauch gemacht und zuletzt die Reinigungs- und Sicherungsverordnung in der Gemeinde Schäftlarn vom 07. Oktober 2002 erlassen. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben sind sog. bewehrte Verordnungen nach einer Geltungsdauer von höchstens 20 Jahren neu zu erlassen, so dass der an die aktuelle Rechts- und Gesetzeslage angepasste Entwurf der Reinigungs- und Sicherungsverordnung in der Gemeinde Schäftlarn vom 21.09.2022 zum aktuellen Zeitpunkt zur Beschlussfassung vorzulegen ist.
Der Geltungsbereich der Verordnung beschränkt sich auf die geschlossene Ortslage, so dass außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile keine Räum- und Streupflicht seitens der Anlieger besteht.
Welchem Zweck dient die Übertragung der Räum- und Streupflicht für die Gehwege auf die Anlieger?
Durch die Reinigungs- und Sicherungsverordnung in der Gemeinde Schäftlarn vom 21.09.2022 soll sichergestellt werden, dass sich die Allgemeinheit zu den Hauptverkehrszeiten ohne größere Behinderungen fußläufig bewegen kann, insbesondere zum Erreichen des Arbeitsplatzes, der Bushaltestelle, der Schule und der Ladengeschäfte.
Das könnte eine Gemeinde mit eigenem, aber auch fremdem Personal regelmäßig nicht im vorgesehenen Zeitfenster bewerkstelligen. Letztendlich profitiert jeder davon, dass Anlieger bei Bedarf, mehr oder weniger zeitgleich, diese Leistung erbringen.
Welche Pflichten hat die Gemeinde?
Rechtzeitig vor Beginn des Winters muss die Gemeinde die betroffenen Gemeindebürger in geeigneter Form (Veröffentlichung im Gemeindebrief, Homepage o. ä.) darüber informieren, in welcher Weise die Räum- und Streupflichten zu erfüllen sind.
Nach Übertragung der Räum- und Streupflicht auf die Anlieger hat die Gemeinde im Zusammenhang mit der Durchführung des kommunalen Winterdiensts stichprobenartig mitkontrollieren, ob auch die Gehwege bzw. Gehbahnen gesichert werden.
Zur Gewährleistung der Sicherheit des gemeindlichen Straßen- und Wegenetzes stehen die Winterdienstkräfte des gemeindlichen Bauhofs und der Haustechnik jedes Jahr im Zeitraum von Mitte November bis Ende März/Anfang April des Folgejahres bereit. Der gemeindliche Winterdienst wird nach der Verkehrsbedeutung organisiert. Zunächst werden alle Hauptstraßen und besonders gefährliche Stellen geräumt. Danach kommen in zweiter Priorität auch die Nebenstraßen hinzu.
Die Winterdienstpflicht nach Maßgabe der Reinigungs- und Sicherungsverordnung trifft aber auch die Gemeinde selbst für ihre eigenen fiskalischen Grundstücke (z.B. für die gemeindeeigenen Mehrfamilienhäuser). Sie ist dann in gleichem Umfang verpflichtet wie die Privaten.
Welche Pflichten haben die Anlieger?
Nach den gesetzlichen Vorgaben sind die Gehwege sowie die gemeinsamen Geh- und Radwege der angrenzenden oder erschließenden öffentlichen (nach Straßenrecht förmlich gewidmeten) Straßen zu räumen und zu streuen. Entsprechendes gilt, wenn eine Straße nicht über solche gesonderten Gehwege oder gemeinsame Geh- und Radwege verfügt. Dann sind am Rand der öffentlichen Straße Gehbahnen zu sichern. Das bedeutet, dass diese Verpflichtung sowohl für die Gehwege (also Gehsteig, Trottoir) an Ortsstraßen als auch an Bundes-, Staats- und Kreisstraßen in der geschlossenen Ortslage bzw. dem Bereich der festgesetzten Ortsdurchfahrten gilt. Dass eine Übertragung der Räum- und Streupflicht auch für beschränkt-öffentliche Wege gilt, die nur einem Fußgängerverkehr oder einem Fußgänger- und Radverkehr dienen, wurde durch die Gesetzesänderung in Art. 51 Abs. 5 Satz 1 BayStrWG vom 23.12.2020 (GVBl. S. 683) klargestellt.
Beginn und Ende orientieren sich an den üblichen Verkehrszeiten; der Beginn darf nicht vor 6 Uhr, das Ende nicht nach 22 Uhr liegen (Art. 51 Abs. 5 Satz 2 BayStrWG). Die gemeindliche Verordnung sieht werktags einen Beginn ab 07:00 Uhr vor, am Wochenende ab 8:00 Uhr sowie ein Ende um 20:00 Uhr. Außerhalb des festgesetzten zeitlichen Rahmens bestehen keine Sicherungspflichten, auch nicht für die Gemeinde.
Sicherungspflichtig sind die Anlieger vor deren Grundstück sich der Gehweg bzw. die Gehbahn befindet. Grenzt das Grundstück an mehrere öffentliche Straßen, dann gilt die Verpflichtung für alle diese Straßen.
Eine Sondersituation besteht bei sog. einseitigen Gehwegen. In diesen Fällen ist regelmäßig nur der Anlieger am Gehweg zur Sicherung desselben verpflichtet.
Als Streumittel werden in der Verordnung regelmäßig abstumpfende Stoffe (Sand, Splitt) genannt. Es sollen also vorrangig umweltfreundliche Streumittel verwendet werden. Die Verwendung von Streusalz und umweltschädlichen anderen Stoffen ist auf das aus Gründen der Verkehrssicherheit notwendige Maß beschränkt (besondere Glättegefahr, Treppen, starke Steigungen), so wie es auch Art. 51 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayStrWG vorgibt.
Gibt es Ausnahmen oder Befreiungen von der Pflicht?
Hohes Alter bzw. schlechter Gesundheitszustand befreien regelmäßig nicht von der Räum- und Streupflicht. Die Gerichte erachten es als zumutbar einen Dritten gegen Zahlung einer Vergütung mit der Durchführung der erforderlichen Tätigkeiten zu beauftragen (vgl. VG München, Urt. vom 6.8.2002 – M 2 K 01.6058).