Antrag auf Vorbescheid zur Sanierung und Errichtung eines Boardinghouse mit 46 Zimmern und Tiefgarage; Bauort: Fl.Nr.797, Bahnhofstraße 17 in Hechendorf; Bauantrag-Nr. 31/2018


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 26.06.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 26.06.2018 ö Beschließend 4

Sach- und Rechtslage

Das Grundstück Fl.Nr.797 der Gemarkung Hechendorf mit einer Größe von 3.576 m² befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „2. Änderung des Bebauungsplans Bahnhof Hechendorf-Teil Nord“. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die im Antrag auf Vorbescheid gestellten Fragen beurteilt sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans in Verbindung mit § 30 BauGB. Im Flächennutzungsplan und Bebauungsplan ist das Gebiet als Mischgebiet (MI) dargestellt.

Derzeit ist das Grundstück mit dem Gebäude der alten Möbelfabrik bebaut.

Der Antrag auf Vorbescheid sieht den Abriss der zeitlich später errichteten Flachdachhalle neben dem alten Fabrikgebäude vor. Diese Halle soll durch den Neubau des Boardinghauses mit 46 Zimmern und Appartements und einer Tiefgarage ersetzt werden.

Zum Antrag auf Vorbescheid stellt der Antragsteller folgende Fragen:

  1. Ist die Art der baulichen Nutzung des geplanten Gebäudes als Boardinghouse mit Wohnungen für Bedienstete entsprechend des Bebauungsplans zulässig? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Nach § 6 Abs.2 Nr.2 BauNVO sind im Mischgebiet Beherbergungsbetriebe zulässig. Mischgebiete dienen nach § 6 Abs.1 BauNVO grundsätzlich dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Nach § 15 Abs.1 1 BauNVO sind solche Gewerbebetriebe zulässig, die im Einzelfall der Eigenart des jeweiligen Mischgebiets nicht widersprechen.

Vorliegend besteht auf dem Grundstück eine alte, zurzeit kaum bis gar nicht produzierende Möbelfertigung. Gegenüber im Gebäude Bahnhofsstraße Nr. 8 befinden sich diverse Gewerbe, Fitnessstudio und Ärzte. Zudem besteht ein räumlicher Bezug zum Bahnhof.

Das Grundstück ist zurückversetzt von der Straße und bildet einen in sich abgeschlossenen Rahmen. Durch die Errichtung einer Tiefgarage wird der Zu- und Abfahrtslärm von parkierenden Autos auf dem Grundstück vermindert und die ohnehin angespannte Parkplatzsituation im Bereich des Bahnhofs Hechendorf keinesfalls verschlimmert.

Zu beachten ist allerdings die Ausfahrtssituation für die Nachbarn Leitenhöhe 15 und Bahnhofstraße 15.


  1. Entspricht das geplante Gebäude in Bezug auf die Höhensituation des Geländes im Eingangsbereich den Festsetzungen des Bebauungsplans? Kann ggf. eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Aussicht gestellt werden? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Der Bauungsplan regelt für das Grundstück eine Geländehöhe von 564,60 üNN als unteren Bezugspunkt für die Festsetzung der Wandhöhe, die beim Flachdach am oberen Punkt 572,50 üNN beträgt. Es ergibt sich somit eine max. Wandhöhe von 7,90 m. Im barrierefrei geplanten Eingangsbereich, der sich am vorhandenen Gelände orientiert, liegt die Höhenquote allerdings bei 561,48. Die Höhe des Flachdachs befindet sich auf 571,04. Somit ergibt sich eine Wandhöhe von 9,56 m.

Der obere Bezugspunkt der Wandhöhe mit 572,50 üNN wird somit eingehalten. Nicht eingehalten wird allerdings der untere Bezugspunkt. Nach Rücksprache mit dem Landratsamt Starnberg wäre eine Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB sowohl vom unteren Bezugspunkt als auch von der Wandhöhe erforderlich, die aber nicht in Aussicht gestellt werden  kann, weil es sich bei beiden Festsetzungen um Grundzüge der Planung handelt. Für das gesamte Grundstück wurde ein einheitlicher  Bezugspunkt mit 564,60 üNN festlegt. In Verbindung mit der absoluten Wandhöhe 572,50 üNN ergibt sich das Maß der baulichen Nutzung mit einer Wandhöhe von 7,90 m und nicht 9,56 m.

Zusätzlich ergibt sich die Problematik, dass der untere Bezugspunkt im Bebauungsplan über dem derzeit bestehenden Gelände befindet. Um diesen Punkt zu erreichen müsste der vordere Bereich theoretisch um 3,12 m aufgeschüttet werden.

Der bestehende Bauungsplan wurde einem speziellen Vorhaben des Eigentümers angepasst und verträgt sich daher nicht mit der vorgelegten Planung.

Die Verwaltung schlägt daher vor, den Bebauungsplan ggf. mit einem weiteren Bezugspunkt auf der Frontseite des Gebäudes zu ergänzen, welcher vom bestehenden Gelände ausgeht und die Wandhöhe als Maß der baulichen Nutzung (zwei- oder dreigeschossig) zu überdenken.


  1. Ist das geplante Gebäude in Bezug auf die Abgrabung des natürlichen Geländes im Nordwesten genehmigungsfähig? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Die Abgrabung dient der Belichtung des Frühstücksraumes und Wintergartens, sowie der Schaffung einer Außenterrasse. Die Abgrabung entsteht auf 8,00 m x 11,70 m.

Der Abgrabung steht keine Festsetzung des Bebauungsplans entgegen. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abgrabung ist jedoch auch, dass sich keine eigenständige Wandhöhe hierdurch ergibt. Dies ist baurechtlich der Fall, wenn es sich um eine untergeordnete
Abgrabung handelt, die nicht mehr als 1/3 der Wandlänge aufweist und max. 5 m lang, je Gebäudeseite ist. Dieser Wert ist vorliegend überschritten. Nach Rücksprache mit dem Landratsamt könnte hier aber eine Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB in Aussicht gestellt werden, weil es sich vorliegend um ein Gebäude mit sehr langen Gebäudeseiten 29,875 m x 41,305 m  handelt und so absolut doch eine Unterordnung angenommen werden kann.

  1. Ist eine Tiefgarage, soweit sie innerhalb der Baugrenzen errichtet würde, genehmigungsfähig? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Ja. Soweit keine Festsetzungen im Bebauungsplan enthalten sind, die einer Tiefgarage widersprechen, ist diese auch wenn sie nicht ausdrücklich positiv vorgesehen ist, zulässig. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass sich die Garage im Bauraum befindet.

Durch den Bau einer Tiefgarage wird die Parksituation in der Bahnhofstraße tendenziell nicht verschlechtert. Ob eine Verbesserung eintritt hängt davon ab, ob in der Tiefgarage auch Stellplätze für das Gewerbegebäude Bahnhofstraße 8 des Antragstellers zur Verfügung stehen.

  1. Kann für das geplante Gebäude, wegen der Überschreitung der Baugrenzen durch die zweigeschossige Tiefgarage und deren Zufahrt nach Süden und Osten - wie im Plan dargestellt - eine Befreiung in Aussicht gestellt werden? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Der geplante Bau der Tiefgarage überschreitet die Baugrenze im Süden auf 3,50 m x 9,00 m und im Osten 7,75 m x 16,00 m. Zudem steht die Garage im Südosten mit 7,75 m x 4,00 m aus dem Gelände in einer Höhe von 0,70 m heraus.

Nach Rücksprache mit dem Landratsamt handelt es sich im Wesentlichen um eine unterirdische Überschreitung der Baugrenze. Eine Befreiung kann hier in Aussicht gestellt werden, weil insbesondere keine Nachbarinteressen betroffen sind. Zudem entfallen die im Bebauungsplan festgesetzten fünf Stellplätze zum Nachbarn Leitenhöhe 15 und Bahnhofstraße 15.

Zu beachten ist allerdings die Ausfahrtssituation für die Nachbarn. Die Ausfahrt befindet sich gegenüber dem Anwesen Bahnhofstraße 13. Ein Blendwirkung und ein gesteigerter Lärmpegel sind hier zu vermuten. Die Nichtverletzung nachbarrechtlicher Interessen ist Voraussetzung zur Zulassung einer Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB. Eine Umplanung oder entsprechende Schutzmaßnahmen durch den Bauwerber sind erforderlich.  


  1. Ist das Maß der baulichen Nutzung des geplanten Gebäudes, wie planerisch dargestellt, in Bezug auf die Baugrenze und die überbaubare Grundfläche genehmigungsfähig? (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Der Bebauungsplan setzt eine maximal zulässige überbaubare Grundfläche von 1.290m² fest. Mit den oberirdischen Bauten erreicht der Antragsteller eine überbaute GR von 1.031, 48 m²-hält also folglich die Festsetzung ein. Hinzuzurechnen ist allerding noch die unterbauten Flächen der Tiefgarage, soweit sie nicht auch durch die oberirdischen Bauten überbaut sind. Die über- und unterbauten Flächen betragen zusammen 1.661,25 m²- entsprechen also nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans.

Da sich aber die Überschreitung der Grundfläche aus dem Unterbau der Tiefgarage ergibt, für die bereits bei Frage 5.) eine Befreiung für die Abweichung von den Baugrenzen durch das Landratsamt in Starnberg in Aussicht gestellt werden kann, kann auch für die unterirdische Überschreitung der Grundfläche im vorliegenden Maß um 371,25 m² in Aussicht gestellt werden. Nachbarschaftliche Interessen sind zumindest nicht nachteilig betroffen.

  1. Sind die Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die Wandhöhen so auszulegen, dass unabhängig vom angrenzenden Gelände, die für die Wand- und Firsthöhen ausgegeben Absolutquoten gelten? Unter der Bedingung, dass da natürliche Gelände nicht verändert wird. (Ausführungen zur Frage  vgl. Fragenkatalog in Anlage)

Hierbei handelt es sich um eine abstrakte Auslegungsfrage zum Bebauungsplan, die baurechtlich im Rahmen eines Antrags auf Vorbescheid zulässig ist.

Der Bebauungsplan knüpft mit seinen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung ausschließlich an absolute Höhenquoten für den unteren Punkt der Bebauung als Bezugspunkt für das Gelände mit 564,60 üNN und Wandhöhe für Satteldach 570,08 üNN bzw. Firsthöhe 577,53 üNN, sowie Flachdach mit 572,50 ÜNN. Durch die Festsetzung des Bezugspunktes für das Gelände ist keine Rücksicht mehr auf das vorhandene Gelände auf dem Grundstück zu nehmen. Weil das Gelände auf dem Grundstück sehr unterschiedlich von den vorhandenen Höhenquoten ist, durch die bestehende Bebauung und die Hanglage, wurde im Bebauungsplan bewusst ein einheitlicher Bezugspunkt gewählt. Allerdings ist diese Festsetzung bei Aufstellung des Bebauungsplans vorhabenbezogen erfolgt. Weil sich aus dem Zusammenspiel der absoluten Höhenquoten für den unteren Bezugspunkt und die oberen Bezugspunkte das Maß der baulichen Nutzung auf dem Grundstück ergibt als Grundzug der Planung, sind diese Quoten unbedingt einzuhalten.


Anlagen:

  • Fragenkatalog
  • Eingabepläne

Sitzungsverlauf

Grundsätzlich findet das Projekt Zustimmung. Im Zuge der vorausgegangenen Ortsbesichtigung wurde mit dem Planer und Bauherren erörtert, die Höhenentwicklung zu den westlichen Nachbarn abzustufen und Rücksprünge auch im rückwärtigen Gebäudeteil fortzusetzen. Die im Bebauungsplan festgelegten Höhen sind einzuhalten, um die Änderung des Bebauungsplanes zu vermeiden. Die im Antrag auf Vorbescheid gestellten Fragen werden wie folgt abgestimmt:

Beschluss 1

1.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018 dargestellte Art der baulichen Nutzung als Boardinghaus mit 46 Appartements und Zimmern mit Wohnungen für Bedienstete wird befürwortet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 2

2.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018 abgefragte und dargestellte Höhensituation des Geländes im Eingangsbereich entspricht nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans und wird nicht befürwortet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 3

3.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018  dargestellte Abgrabung im Nordwesten in den Ausmaßen  8,00 m x 11,70 m wird befürwortet. Eine entsprechende Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB wird befürwortet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 19

Beschluss 4

4.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018  abgefragte Tiefgarage, soweit sie innerhalb der Baugrenzen errichtet würde wird befürwortet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 5

5.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018 konkret abgefragte und dargestellte Tiefgarage, welche die Baugrenzen unterirdisch im Süden auf 3,50 m x 9,00 m und im Osten 7,75 m x 16,00 m überschreitet, sowie im Südosten mit 7,75 m x 4,00 m aus dem Gelände in einer Höhe von 0,70 m herausragt, wird nicht befürwortet. Eine entsprechende Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB wird nicht befürwortet. Bei der derzeitigen Planung werden die Nachbarinteressen durch die geplante Ausfahrtssituation verletzt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 6

6.
Das im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018  dargestellte Maß der baulichen Nutzung mit einer oberirdisch überbauten Grundfläche von 1.031,48 m² zzgl. einer unterirdischen Bebauung mit zusätzlich 629,77 m², mithin zusammen einer überbauten Grundfläche von 1.661,25 m², wird befürwortet. Eine entsprechende Befreiung hinsichtlich der unterirdischen Überschreitung der mit 1.290 m² festgesetzten überbaubaren Grundfläche um 629,77 m² nach § 31 Abs.2 BauGB wird befürwortet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 7

7.
Die im Antrag auf Vorbescheid in der Fassung 23.03.2018  gestellte Auslegungsfrage zum Bebauungsplan wird dahingehend beantworten, das die im Bebauungsplan angegeben Absolutquoten bezogen auf die Höhenangabe ü.NN, insbesondere auch der untere Bezugspunkt für das Gelände auf dem gesamten Grundstück gelten und einzuhalten sind.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.07.2018 15:45 Uhr