Rückschau auf bereits geführte Diskussionen im Gremium:
Der Gemeinderat hatte Anfang 2023 die Verwaltung beauftragt, einen Beschlussvorschlag für eine mögliche Anpassung der Grundsteuern A und B zu erarbeiten.
Im Rahmen der Sitzung wurde die Notwendigkeit "gesunder" Gemeindefinanzen allgemein anerkannt. Die Tatsache, dass Türkenfeld mit die niedrigsten Grundsteuer-Hebesätze im Landkreis hat, war nach Meinung vieler Ratsmitglieder ein Indikator für den sich abzeichnenden Handlungsbedarf. Eine Mehrheit der in der Juli-Sitzung 2023 anwesenden Ratsmitglieder plädierte dafür, eine moderate Grundsteuer-Erhöhung zum 01.01.2024 ins Auge zu fassen. Auch weil das Leistungsangebot der Gemeinde z. B. im Zusammenhang mit Großprojekten, etc. stetig angewachsen ist. Andere - ebenso nachvollziehbare! - Stimmen stellten die Frage, ob eine Erhöhung zu einem späteren Zeitpunkt nicht ebenso möglich wäre. Hierdurch könnte vermieden werden, in der aktuellen Inflations- bzw. Preissteigerungsphase weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu generieren.
Schlussendlich kam das Gremium überein, vor einer Beschlussfassung über eine Anpassung der Hebesätze die Auswirkungen der durch das Bundesverfassungsgericht veranlassten Grundsteuerreform (für Interessierte: https://www.grundsteuer.bayern.de/) auf unsere Gemeinde abzuwarten.
Prognostizierte Auswirkung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Grundsteuerreform auf das Grundsteueraufkommen in der Gemeinde Türkenfeld:
Die Verwaltung hat in den letzten Monaten die Grundsteuer-B-relevanten Daten für 1.461 von 1.565 Fällen (=> 93,35 %) ausgewertet und eine Simulationsrechnung durchgeführt. Aufgrund der höchstrichterlich veranlassten neuen Berechnungsmethode wird das Grundsteueraufkommen in unserer Gemeinde unabhängig von einer Anpassung des Hebesatzes um circa 30 % steigen (Grund: andere Berechnungslogik d. Messbeträge, wie vom Gesetzgeber beschlossen => fortan hauptsächliche Orientierung an der Grundstücksgröße). Diese Zahlen sind ein Näherungswert; offenkundig sind bei den Finanzämtern nicht wenige Widerspruchsverfahren von Grundstückseigentümern anhängig, weshalb sich die Werte noch ändern können. Dennoch liefert die Indikation einen wichtigen Impuls.
Auch kann seitens der Finanzämter nicht garantiert werden, dass zum 01.01. für alle Grundsteuerpflichtigen, die KEINE Erklärungen abgegeben haben, bereits Schätzwerte vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass diese dann in 2025 keine Grundsteuer zahlen und in den Folgejahren nachgezahlt werden muss.
WICHTIG: Das ursprüngliche Versprechen der „großen Politik“ (Bund/ Land) aus dem Jahr 2018, wonach sich das Gesamtaufkommen der Grundsteuer nicht ändern wird, ist in vielerlei Hinsicht missverständlich und führt nachvollziehbar zu Irritationen in der Bevölkerung. Warum? Für Grundstücke wird fortan ein wertunabhängiges Flächenmodell umgesetzt. Dies bedeutet zwangsläufig, dass die Größe der Grundstücke zum zentralen Faktor bei der Herleitung der Grundsteuerlast wird. Die von der Verwaltung durchgeführte Simulationsrechnung zeigt:
Von den 1461 ausgewerteten Fällen (= Grundsteuerzahlern) wurde vom Finanzamt für
… 588 Fälle ein niedrigerer Messbetrag festgesetzt
… 91 Fälle einen nahezu gleichen Messbetrag festgesetzt
… 782 ein höherer Messbetrag festgesetzt.
Von – umgerechnet in Euros an Steuerlast ausgedrückt – den spürbarsten Steigerungen betroffen sind sehr große (bebaute) Grundstücke, die in der „alten Regelungswert“ deutlich günstiger angesetzt werden und jetzt mit dem Flächenmodell deutlich höher bewertet werden.
Nur marginal betroffen sind auch in Zukunft als „landwirtschaftlich“ deklarierte Flächen mit Ausnahme der zu Wohnzwecken genutzten Bereiche von Hofstellen, etc.
Diese z. B. Wohnhäuser von Landwirten wurden bisher auch mit der Grundsteuer A veranlagt, müssen zukünftig aber Grundsteuer B abführen.
Die Zahlen oben zeigen, dass das allgemein formulierte Versprechen der Aufkommensneutralität zwar in Gesamtzahlen eingehalten hätte werden können (siehe nachfolgenden Punkt), die individuelle Betrachtung je nach Grundstücksgröße aber SIGNIFIKANT abweichen wird.
Hinzu kommt, dass sich seit 2018 die Gesamtsituation radikal verändert hat. Zu nennen sind hier alle unter dem Überbegriff INFLATION zusammen zu fassenden Effekte, die sich in krasser Art und Weise auch auf die Gemeindefinanzen auswirken. Die Kommunen kommen darum nicht umhin, das Grundsteueraufkommen – auch unabhängig der Grundsteuerreform – zu erhöhen, um auch in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Schlussfolgerung im Lichte aktueller Entwicklungen, insb. der Kreisumlage:
Aus Sicht der Verwaltung muss festgehalten werden, dass – wie in nahezu alle anderen Kommunen – eine Anpassung der geltenden Hebesätze unausweichlich ist. Hauptgrund hierfür ist die stark gestiegene und weiter steigende Kreisumlage, mit der der Landkreis überörtliche Aufgaben wie z. B. Bau und Unterhalt weiterführender Schulen, Kreisstraßen, Kreisklinik, eines neuen Notfall-Lagers, etc. finanziert bzw. teilfinanziert; indirekt auch die exorbitant steigende Bezirksumlage.
Nachfolgend wird die Entwicklung der Kreisumlage dargestellt; für das Jahr 2025 kommen auf die Gemeinde Türkenfeld in diesem Bereich weitere Steigerungen zu:
Nach Ansicht der Verwaltung wird es ab dem Jahr 2025 notwendig sein, den Verwaltungshaushalt zu stützen und laufende Ausgaben durch laufende (planbare) Einnahmen zu flankieren. Dies auch im Sinne des Erhalts der dauerhaften finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde.
Einordnung der Hebesätze in der Gemeinde Türkenfeld und im Landkreis FFB:
Die Grundsteuer-Hebesätze wurden zuletzt im Jahr 2011 angepasst.
Wichtig zu wissen: Auch in absoluten Beträgen steigt die Grundsteuer – anders als andere Steuerarten – nicht automatisch. Es sind Beschlüsse des zuständigen Gremiums notwendig (= Gemeinderat). Bemerkbar machen sich in den Haushalten aller Kommunen z. B. auch die fehlenden Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen, die abgeschafft wurden (sog. STRABS).
Die überörtliche Rechnungsprüfung hat die Gemeinde bereits auf den gegebenen Handlungsbedarf hingewiesen.
Aktuelle Hebesätze im Gemeindegebiet:
Hebesatz Grundsteuer A: 300 %
Hebesatz Grundsteuer B: 300 %
Hebesätze im Landkreisdurchschnitt (Landkreis FFB / Stand 31.08.2024):
Grundsteuer A: ~ 326
Grundsteuer B: ~ 363
Im Detail:
Tabelle sortiert nach Grundsteuer-B-Hebesätzen.
Drei Varianten werden zur Abstimmung gestellt hinsichtlich der zukünftigen Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer B:
Wichtig: Es handelt sich bei den rechnerischen Mehrbelastungen um statistische Durchschnittswerte. Eine Pauschalaussage ist aufgrund der extrem heterogenen Entwicklung der individuellen Messbeträge abhängig von den Grundstücksgrößen ausdrücklich NICHT möglich.
Die Grundsteuer A (= landwirtschaftliche Grundsteuer) ist vom Aufkommen her deutlich untergeordnet zu bewerten (Stand heute ~ 25 TEUR p. a.). Hier wird vorgeschlagen, am bisher geltenden Hebesatz von 300 Punkten festzuhalten. Dies würde Mindereinnahmen von 32,45% bedeuten, wird aber durch die Herreinnahme der bisher als Teil der landwirtschaftlichen Flächen wohnwirtschaftlichen Gebäude in jedem Fall ausgeglichen.
WICHTIG: Aufgrund der gesetzlichen Änderungen muss unabhängig von der Anpassung des Hebesatzes in jedem Fall eine entsprechende Satzung erlassen werden. Nachfolgend der Entwurf zur Hebesatzsatzung.
Satzung
über die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze
der Gemeinde Türkenfeld
(Hebesatzsatzung)
vom …
Aufgrund des Art. 22 Abs. 2, Art. 23 ff. der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.08.1998 ((GVBl. S 796), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 6 der Verordnung vom 4. Juni 2024 (GVBl. S. 98)) und Art. 18 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.1993 ((GVBl. 264), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 10 der Verordnung vom 4. Juni 2024 (GVBl. S. 98)) in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und 2 des Grundsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.08.1973 ((BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Artikel 21 des Jahressteuergesetzes 2022 vom 16.12.2022 (BGBl. I S. 2294)) und Art. 5 des Bayerischen Grundsteuergesetzes vom 10.12.2021 ((GVBl. S. 638), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 21.04.2023 (GVBl. S. 128)) erlässt die Gemeinde Türkenfeld folgende Satzung:
§ 1 Hebesätze
Die Steuersätze (Hebesätze) für nachstehende Gemeindesteuern werden wie folgt festgesetzt:
1. Grundsteuer A (für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe) vgl. Beschluss v. H.
2. Grundsteuer B (für bebauten oder bebaubaren Grundstücke, … ) vgl. Beschluss v. H.
§ 2 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 01.01.2025 in Kraft.
Türkenfeld, den
Emanuel Staffler
Erster Bürgermeister
***
Exkurs: „Spart die Gemeinde genug“?
Berechtigterweise kam und kommt aus der Bevölkerung diese Frage:
Auf eine entsprechende Antwort an das Rathaus hat die Verwaltung folgende Antwort gegeben:
Was wir selbst in der Hand haben, haben wir versucht zu drehen. Wir sind restriktiv bei der Nachbesetzung offener Stellen, versuchen staatliche Fördergelder bis zur Obergrenze auszuschöpfen, sparen Heizkosten wo es geht (z. B. im Linsenmann-Saal, wo sich viele mittlerweile beschweren, weil 19 Grad Raumtemperatur zu kalt sind im Winter) u. V. m.. Selbst Fachzeitschriften haben wir gekündigt und Weiterbildungsbudgets eingedampft. All das ist aber ein sprichwörtlicher Fliegenschiss bezogen auf die o. g. Summen. Große Investitions-Projekte versuchen wir über hoffentlich gelingende Bauland-Verkäufe und aus den Rücklagen zu finanzieren, sodass diese den laufenden Haushalt nicht durch Zins- und Tilgungsaufwände belasten.
Haushaltsrechtliche Auswirkungen:
Mehreinnahmen wie oben dargestellt, sofern Beschluss positiv votiert wird.
Beschlussvorschlag:
Abstimmungsteil I: Abstimmung über die Hebesätze
Beschluss A (weitestgehender Beschlussvorschlag) – VARIANTE 3:
Der Gemeinderat beschließt folgende Hebesätze:
Grundsteuer A: 300
Grundsteuer B: 390
Beschluss B (Anpassung der Hebesätze auf den Landkreisdurschnitt) – VARIANTE 2:
Der Gemeinderat beschließt folgende Hebesätze:
Grundsteuer A: 300
Grundsteuer B: 360
Beschluss C (Beibehaltung der bisherigen Hebesätze) – VARIANTE 1:
Der Gemeinderat beschließt folgende Hebesätze:
Grundsteuer A: 300
Grundsteuer B: 300
Abstimmungsteil II: Formeller Beschluss der Satzung (vgl. Formulierung im Sachvortrag)
Unter Anwendung der in Abstimmungsteil I mehrheitlich beschlossenen Hebesätze beschließt der Gemeinderat den Neuerlass der Satzung über die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze
der Gemeinde Türkenfeld wie im Sachvortrag dargestellt. Die Satzung tritt am 01.01.2025 in Kraft.
Satzung
über die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze
der Gemeinde Türkenfeld
(Hebesatzsatzung)
vom …
Aufgrund des Art. 22 Abs. 2, Art. 23 ff. der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.08.1998 ((GVBl. S 796), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 6 der Verordnung vom 4. Juni 2024 (GVBl. S. 98)) und Art. 18 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.1993 ((GVBl. 264), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 10 der Verordnung vom 4. Juni 2024 (GVBl. S. 98)) in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und 2 des Grundsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.08.1973 ((BGBl. I S. 965), zuletzt geändert durch Artikel 21 des Jahressteuergesetzes 2022 vom 16.12.2022 (BGBl. I S. 2294)) und Art. 5 des Bayerischen Grundsteuergesetzes vom 10.12.2021 ((GVBl. S. 638), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 21.04.2023 (GVBl. S. 128)) erlässt die Gemeinde Türkenfeld folgende Satzung:
§ 1 Hebesätze
Die Steuersätze (Hebesätze) für nachstehende Gemeindesteuern werden wie folgt festgesetzt:
1. Grundsteuer A (für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe) 300 v. H.
2. Grundsteuer B (für bebauten oder bebaubaren Grundstücke, … ) 360 v. H.
§ 2 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 01.01.2025 in Kraft.
Türkenfeld, den
Emanuel Staffler
Erster Bürgermeister