Antrag des Sozialdienstes Türkenfeld e.V. bzgl. (dauerhafter) Bezuschussung seitens der Gemeinde aufgrund aktueller Finanzlage


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 15.02.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 15.02.2023 ö beschließend 3

Pressetaugliche Texte

Tagesordnungspunkt im Zusammenhang mit dem Haushalt 2023 zu sehen. Aufgrund Relevanz => Beratung und Beschlussfassung vor Aufruf des TOPs „Haushalt“.

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Mit Schreiben vom 12.12.2022 beantragt der Ökumenische Sozialdienst Türkenfeld e. V. eine (dauerhafte) Bezuschussung der Vereinstätigkeit durch die Gemeinde. Begründet wird dieser Bedarf durch die schlicht unzureichende Finanzierung ambulanter Pflegedienste durch die Krankenkassen sowie weitere übergreifende staatliche Instanzen. Hierdurch entstehen dauerhaft Defizite, die den Verein in seiner langfristigen Existenz aussagegemäß gefährden. Angeregt wird seitens des Sozialdienstes die Einführung eines Fix-Zuschusses je Bürgerin und Bürger (im Raum stehend: 4 Euro pro Kopf = rund 15 TEUR pro Jahr).  

Aus Sicht der Gemeinde bzw. Bürgerschaft sind folgende Argumente zu bedenken und i. R. einer Entscheidungsfindung abzuwägen:

A)        Der Sozialdienst leistet in der ambulanten Pflege eine wichtige Arbeit und ist – neben privaten Pflegediensten aus umliegenden Gemeinden – ein wesentlicher Anbieter derartiger Leistungen im Gemeindegebiet. Derzeit werden im Gemeindegebiet 39 Personen regelm. pflegerisch betreut.  
Zu unterstreichen ist, dass in Folge des demographischen Wandels („Alterung der Gesellschaft“) der Bedarf an (ambulanten) Pflegeleistungen perspektivisch steigen wird. Wäre der Sozialdienst gezwungen, seine Tätigkeit in Folge mangelnder Finanzierung einzustellen, entstünde eine Lücke, die nur schwer gefüllt werden könnte. 
Aussagegemäß hat der Sozialdienst in den letzten Jahren intensiv an der Kostenstruktur gearbeitet und Einsparungen forciert. Der Verein selbst wird ehrenamtlich geführt.

B)        Neben der hauptamtlichen (und vergüteten) Pflege-Tätigkeit wird unter dem Dach des Sozialdienstes ein breites ehrenamtliches Angebot (insb. im Bereich Seniorinnen und Senioren) gebündelt. Bearbeitet werden hier z. B. auch gesellschaftlich wichtige Themen wie der Umgang mit Demenz, etc.
Auch diese Strukturen wären gefährdet, würde der Sozialdienst seine Tätigkeit einstellen müssen

C)        Die Gemeinde war in den letzten Jahren konsequent bemüht, den Sozialdienst zu unterstützen. Geflossen sind dabei folgende Beträge: 
2020: 10.000,00 €, 2021: 1.435,14 € für Büromöbel und  5.000 € Zuschuss für E-Auto, 2022: 4.284,71 Reparatur PKW und Ausbildungskosten Pflegekraft sowie zusätzlich 2.000 €   

In Summe seit 2020: 22.719,85 EUR

D)        Wichtig zu wissen: Sollte sich der Gemeinderat entschließen, einen Festbetrags-Zuschuss zu gewähren, ist – abhängig von der Finanzlage der Gemeinde sowie der Entwicklung der wirtschaftlichen Kennzahlen des Sozialdienstes – alljährlich neu über den Zuschuss zu entscheiden. Formal würde es sich um eine sog. „freiwillige Leistung“ der Gemeinde handeln, die nur solange gewährt werden darf, wie die Gemeinde diese stemmen kann. Dies gilt auch für alle anderen (Vereins)-Zuschüsse. Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass privat geführte Pflegedienste eventuell Anstoß an der Bezuschussung nehmen. 

E)        Die Gemeinde investiert massiv in die Bereiche Kinder/Jugend/Bildung (vgl. sechsstellige Defizite in den Kindergärten, der Schule, Vereinszuschüsse für Jugendarbeit, Subventionierung Mittagessen Cantina, …). Dem gegenüber stehen eher verhaltene jährliche Ausgabe für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Es geht hierbei nicht darum, Generation A gegen Generation B auszuspielen. ABER: Im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit steht es dem Gemeindehaushalt durchaus gut zu Gesicht, die ältere Bevölkerung etwas stärker zu gewichten, was u. A. durch eine Bezuschussung des Sozialdienstes geschehen könnte. 

F)        Bedenklich ist, dass der vorliegende Zuschussantrag einen mehr und mehr um sich greifenden Trend wiederspiegelt: Auf die kommunale Ebene rollen stetig steigende Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu, die zwar staatlich (Bund, Land) gewollt sind, aber NICHT ausreichend finanziert werden (vgl. Entwicklung Kreisumlage u. A. in Folge stark steigender Bezirksumlage f. Sozialleistungen, …). Dieser Trend nimmt der kommunalen Familie „Luft zum Atmen“. 


Fazit & Vorschlag der Verwaltung (so auch im Haushaltsentwurf 2023 aufgenommen):

Unter Abwägung aller Ziele & Argumente (Bedeutung des Sozialdienstes, finanzielle Rahmenbedingungen, etc.) schlägt die Verwaltung vor, dem Sozialdienst im Jahr 2023 einen Festbetragszuschuss in Höhe von 10 TEUR zu gewähren. Diese Summe soll nach Möglichkeit auch in den Folgejahren bereitgestellt werden. Anpassung z. B. in Folge von Inflationsentwicklungen sind möglich und stehen dem Gemeinderat frei. die Folgejahre in Aussicht gestellt werden. Eine fixe Bezuschussung pro Einwohnerkopf wird angesichts einer sich verschiebenden Demographie-Pyramide, etc. nicht für zielführend erachtet. Stattdessen soll situativ angepasst gehandelt werden. 


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Im Sinne der Transparenz hat die Gemeindeverwaltung zusätzliche Informationen zu Finanzlage & Co. des Sozialdienstes angefordert. Die Antworten werden nachfolgend wiedergegeben. 

FRAGEN:

Zur fundierten Vorbereitung einer Beschlussvorlage bitte ich um Zumeldung folgender Informationen bis 03.02.2023:
1)        Wie viele Kundinnen und Kunden betreuen Sie aktuell (und wie viele davon sind im Gemeindegebiet beheimatet bzw. außerhalb in Nachbarortschaften)?
2)        Wie hat sich die Zahl Ihrer Kundinnen und Kunden in den letzten fünf Jahren entwickelt (= jeweils Durchschnittszahl pro Jahr bitte nennen)?
3)        Wie hoch in EUR sind die Rücklagen / liquiden Mittel des Sozialdienstes per Ende 2022?
4)        Über welche weiteren Vermögenswerte verfügt der Sozialdienst und in welcher Höhe (schuldenfreie Büroräume)?


ANTWORTEN:

Antrag auf Zuschuss durch die Gemeinde  

Sehr geehrter Herr Staffler,

es freut uns, dass Sie unserer Bitte nachkommen und unser Anliegen im Gemeinderat besprechen wollen.

Hiermit erhalten Sie die gewünschten Informationen.

1)        Wir betreuen aktuell 47 Klienten ( 39 Türkenfeld, 8 Grafrath und Kottgeisering) In Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung 
2)        Gesamtkunden incl. Beratungsbesuche im Jahr      2022  132 Kunden,    2021 128 Kunden   2020   106 Kunden,    2019  112 Kunden,    2018    115 Kunden
3)        Kontostand Anlagekonto Raiffeisenbank 31.12.2022   45.000,00 Euro
4)        Schuldenfreie 2 Zimmerwohnung, Bilanzwert 151.516,74 Euro  1 E-UP Bilanzwert 7.202,00 Euro , 1 Fiat Bilanzwert 1.278,00 Euro 
5)        Wir bekommen von den Kirchen kostenlose Beratung in Rechts- und Personalfragen. Finanzielle Unterstützung bekommen wir keine.  

Wir werden das Kalenderjahr 2022 voraussichtlich mit einem Jahresfehlbetrag von ca. 20.000,00 Euro abschließen. 

Mit freundlichen Grüßen





Beschlussvorschlag
Der Gemeinderat beschließt, dem Ökumenischen Sozialdienst Türkenfeld e. V. im Jahr 2023 einen Festbetragszuschuss in Höhe von 10 TEUR zu gewähren. Die Verwaltung wird gebeten, diesen Betrag sofern finanziell für die Gemeinde leistbar auch in die Haushaltspläne des Folgejahres einzustellen (vgl. Finanzplanung). 

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, dem Ökumenischen Sozialdienst Türkenfeld e. V. im Jahr 2023 einen Festbetragszuschuss in Höhe von 10 TEUR zu gewähren. Die Verwaltung wird gebeten, diesen Betrag sofern finanziell für die Gemeinde leistbar auch in die Haushaltspläne des Folgejahres einzustellen (vgl. Finanzplanung). 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 18.04.2023 12:13 Uhr