Daten angezeigt aus Sitzung:
Sitzung des Gemeinderates, 22.01.2025
Beratungsreihenfolge
Pressetaugliche Texte
Gemäß einer vom Gemeinderat erlassenen Verordnung sind Grundstückseigentümer in der Gemeinde Türkenfeld verpflichtet, u. a. die durch die Gemeinde errichteten und förmlich ausgewiesenen Gehwege entlang ihrer Grundstücke im Winter zu räumen und zu streuen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Verpflichtung zunehmend nicht erfüllt wird bzw. erfüllt werden kann. Insbesondere ältere oder gesundheitlich eingeschränkte Grundstückseigentümer/ Anwohner sind dieser Aufgabe häufig nicht mehr gewachsen oder erfüllen die Pflicht erst im Laufe des Tages, wenn beispielsweise der morgendliche Fußgänger-Verkehr zu Schule, Bahnhof und Co. bereits vorübergegangen ist. Dies führt dazu, dass viele Gehwege, insbesondere entlang von Hauptstraßen, im Winter nur eingeschränkt nutzbar sind. Dies wiederum hat bei Zeiten zur Folge, dass bei liegendem Schnee oder Glatteis Fußgänger zu einem Spießrutenlauf zwischen geräumten Gehwegbereichen und (bei nicht geräumten Gehwegbereichen) dem eigentlichen Straßenbereich gezwungen werden. Das ist deswegen höchst bedauerlich, weil für die Errichtung der Gehwege viel Geld investiert wurde und bspw. in diesem Jahr wird (=> Bahnhofstraße Teil II => es entstehen rund 600 Meter neuer Gehweg). Ausdrücklich soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Grundstückseigentümer natürlich zur Erbringung der Räum- und Streupflicht gezwungen werden können und dürfen. Die Praxis und auch die Sanktionsmechanismen stellt die Lage aber deutlich komplizierter dar. Die Verwaltung erreichen zwar Beschwerden, mehr als ein „Hinweisen auf die Pflicht“ ist aber selten möglich. Anders verhält es sich, wenn tatsächlich ein Gehwegnutzer zu Schaden kommt. Dann ermitteln meist Polizei und Versicherung, ob der verantwortliche Anlieger seinen Pflichten nachgekommen ist.
Aus dem Handwerker-Team wurde der Vorschlag an den Bürgermeister herangetragen, dass die Gemeinde fortan das Räumen und Streuen auf von der Gemeinde errichteten Gehwegen im Gemeindegebiet übernimmt. Was sich zunächst nach viel Mehraufwand anhört, hat sich in einem Probelauf nicht als wesentlich erwiesen. Weil das gemeindliche Räumfahrzeug auf Gehwege ausgelegt ist und ohnehin an jedem Einsatztag diverse Stellen in der Gemeinde anfährt (Kindergärten, Schule, Bushaltestellen, Bahnhofsbereich, Sportplatz, Brückenbereiche, öff. Parkplätze, …) bzw. heute bereits Gehwege räumt, an denen Gemeindeflächen oder Flächen der Bahn, etc. angrenzen, würde sich die Fahrtroute nur geringfügig ändern/ erweitern. Umgangssprachlich ausgedrückt würde das gemeindliche Fahrzeug (kein externer Dienstleister) in Bereichen, wo er heute mit „Räumschild oben“ vorbeifährt fortan mit „Räumschild unten“ fahren. Der zeitliche Mehraufwand je Einsatz-Durchlauf wird mit durchschnittlich circa einer Stunde beziffert. Pro Wintersaison wird mit 60 Räumeinsätzen gerechnet, was also 60 Stunden Arbeitszeit bedeutet. Der monetäre Gegenwert ist inkl. Sprit, etc. also auf circa 3.000 EUR pro Jahr zu beziffern. Aus dem Rathaus-Team sind insgesamt fünf Personen in der Lage, das gemeindliche Räumfahrzeug zu bedienen; ein Bereitschaftsplan regelt schon heute die Einsätze außerhalb der Kernarbeitszeit und am Wochenende.
Schon heute erledigt das gemeindliche Fahrzeug aus Gründen der Bürgerfreundlichkeit und Kulanz das Räumen und Streuen bei Anliegern, die nachweislich dazu nicht in der Lage sind. Auch hat das gemeindliche Fahrzeug an besonders schnee- und eisreichen Tagen ohne ausdrücklichen Beschluss auf Gehwegen unterstützend gewirkt.
Nachfolgend sollen PRO- und CONTRA-Argumente gegenübergestellt werden, um eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen.
PRO Übernahme der Räum- und Streupflicht:
- Die Verkehrssicherheit auf Gehwegen würde deutlich erhöht; profitieren würden insbesondere Fußgänger (und hier z. B. Schülerinnen und Schüler sowie insb. morgendliche S-Bahn-Pendler, die den Weg zum Bahnhof fußläufig bewältigen).
- Die Gewissheit, dass auch an schneereichen Tagen bzw. bei ausdrücklichem Glatteis Geh- und Radwege gut nutzbar sind, könnte mehr Menschen motivieren, diese zu nutzen.
- Anlieger öffentlicher Gehwege würden von einer für manche lästigen bzw. körperlich nur schwer zu bewältigenden Pflicht befreit.
- (Wenige) Anlieger, die bislang nur sehr widerwillig den gebotenen Heckenrückschnitt entlang von Gehwegen erledigen, würden motiviert, diesen zu erledigen. Ansonsten würde die Räum- und Streupflicht dort nicht übernommen.
- Die Gemeinde würde der Bürgerschaft signalisieren, dass in einer Zeit häufiger Mehr-Belastungen (Gebühren, Steuern, …) mit überschaubarem Aufwand auch ein echtes MEHR an Service geboten kann.
CONTRA:
- Es wird ein Standard definiert, der in Zukunft bei sich nennenswert ändernden Rahmenbedingungen kaum mehr zurückgenommen werden könnte.
- Zusätzliche Kosten.
Folgende Spielregeln würden – dem Vorschlag der Verwaltung entsprechend – fortan gelten und klar kommuniziert:
- Das gemeindliche Klein-Räumfahrzeug erledigt in den Wintermonaten die Räum- und Streupflicht auf von der Gemeinde errichteten und als solche ausdrücklich ausgewiesenen Geh- und Radwegen im Gemeindegebiet.
- Weitergehende verordnungsgemäß niedergeschriebene Pflichten der Anlieger werden ausdrücklich nicht übernommen.
- Wo ein maschineller Einsatz aufgrund Gehwegbreite bzw. stark überhängender Hecken, geparkter Fahrzeuge oder ungünstig platzierter Mülltonnen nicht möglich ist, verbleibt die Pflicht beim jeweiligen Grundstückseigentümer – inklusive der Haftung bei Unfällen, etc.
- Nicht Teil des gemeindlichen Services ist das Freiräumen der Grundstückseinfahrt, z. B. zum Zwecke der Ausfahrt auf die Straße.
- Die entsprechende Verordnung ist anzupassen und öffentlich Bekannt zu machen.
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Übersicht von Straßen mit ausgewiesenen Gehwegen im Gemeindegebiet:
- An der Kälberweide
- Am Brand
- Ammerseestraße
- Aresingerstraße
- Bahnhofstraße
- Beurer Straße
- Duringstraße
- Egerländerstraße
- Geh- und Radweg Türkenfeld ⬄ Zankenhausen mit innerörtlichem Gehweg
- Geltendorfer Straße
- Moorenweiser Straße
- Richard-Wagner-Straße
- Römerstraße
- St.-Ottilien-Straße
- Sudetenstraße
- Zankenhausener Straße
Haushaltsrechtliche Auswirkungen
Mehrkosten wie dargestellt.
Beschlussvorschlag:
Der Gemeinderat beschließt die Übernahme der Räum- und Streupflicht auf von der Gemeinde errichteten und offiziell ausgewiesenen Geh- und Radwegen zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Vorschlag für die Änderung der entsprechenden Verordnung zu formulieren und dem Gemeinderat zur Entscheidung vorzulegen. Bis zur Änderung der Verordnung ist der im Sachvortrag beschriebene Zustand als Pilotlauf zu betrachten.
Beschluss
Der Gemeinderat beschließt die Übernahme der Räum- und Streupflicht auf von der Gemeinde errichteten und offiziell ausgewiesenen Geh- und Radwegen zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Vorschlag für die Änderung der entsprechenden Verordnung zu formulieren und dem Gemeinderat zur Entscheidung vorzulegen. Bis zur Änderung der Verordnung ist der im Sachvortrag beschriebene Zustand als Pilotlauf zu betrachten.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 0
Datenstand vom 27.02.2025 10:42 Uhr