In der Sitzung am 21.03.2022 wurde der derzeitige Stand im Aufstellungsverfahren des Bebauungsplanes „Karlstraße D1“ vorgestellt. Es sollte über das weitere Vorgehen entscheiden werden. Die Gremiumsmitglieder wollten sich jedoch vor einer Entscheidung noch intern beraten. Daher wird der Punkt nun erneut zur Entscheidung vorgelegt.
Am 22.07.2019 wurde der Aufstellungsbeschluss zur Überarbeitung des Gebietes um die Karlstraße mittels Deckblatt 1 gefasst.
Ausgangspunkt war eine damals gestellte formlose Bauvoranfrage auf FlNr. 1207/12, Gem. Vilsbiburg.
Der Bebauungsplan „Karlstraße“ wurde im Jahr 1955 als Satzung beschlossen und sieht eine einreihige Wohnbebauung mit großem Gartengrundstück vor. Es handelt sich um einen einfachen Baulinienplan, dessen Grenzen den mittlerweile gesetzten Zielen der Nachverdichtung nicht mehr entsprechen. Dennoch hat er weiterhin Gültigkeit.
Um hier eine geordnete städtebauliche Entwicklung zur Nachverdichtung (Erweiterung der Baugrenzen) ermöglichen zu können, entschloss man sich, diesen Bebauungsplan mittels Deckblatt 1 zu überarbeiten.
(Auszug aus dem Baulinienplan von 1955)
Im Rahmen der Vorbereitung und Erarbeitung eines Vorentwurfes zum geplanten Bebauungsplan „Karlstraße Deckblatt 1“ musste ein Schalltechnisches Gutachten zur Prognose und Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Gewerbe-, Sport-, Schieß-, und Verkehrslärm in Auftrag gegeben werden.
Das Gebiet grenzt im Norden an das Sportgelände des TSV und die Schießstätte, im Süden an die Landshuter Straße und im Westen an Gewerbegebiete an.
Dieses Gutachten wurde Mitte 2020 in Auftrag gegeben. Die Bewertung, Messung und Berechnungen haben einige Zeit in Anspruch genommen. Die bisherigen Bescheide mussten gesichtet werden und auch die richtigen Zeitpunkte für die Messungen mussten gewählt werden (in Zeiten von Corona hat oft der Betrieb in den Sportanlagen nicht stattgefunden).
Die entsprechenden Lärmkarten sind diesem TOP im Anhang beigefügt. Die Lärmkarten für den Verkehrslärm sind am 15.03.2022 bei der Verwaltung eingegangen und sind ebenfalls beigefügt.
In diesem Zusammenhang sind auch die Mails von Frau Bange, Hoock & Partner, zur Erklärung und Beschreibung der Lärmkarten im Anhang beigefügt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch die entstehenden Lärmkonflikte die „Ausweitung“ der Baugrenzen massiv beschränkt wird. Die Verkehrslärmberechnungen führen im Süden auch zu einer Einschränkung und Reduzierung der geplanten neuen Baugrenze. Zudem sind in einem Deckblatt zum Bebauungsplan zwingend an den zur Landshuter Straße gerichteten Südfassaden Festsetzungen zum Lärmschutz zu treffen. Unabhängig von der Lage der Baugrenzen. Die Errichtung eines baulichen Schallschutzes (z.B. Lärmschutzwand) brächte lt. Hoock & Partner aber lediglich für die Erdgeschossebene eine Verbesserung.
(Mögliche Baugrenzen nach Lärmschutzberechnungen: Sport, Schießstätte und Gewerbe – hierbei noch nicht berücksichtigt ist der Verkehrslärm der Landshuter Straße. Dieser verschiebt die südliche Baugrenze um weitere 12 bis 14 Meter nach Norden).
Durch diese Beurteilung reduzieren sich im Norden des Gebietes sogar die Baugrenzen im Hinblick auf den bestehenden Bebauungsplan aus dem Jahr 1955 (gegebenenfalls können hier sogar Haftungsansprüche geltend gemacht werden, da man den Grundstückseigentümern Baurecht entzieht). Im Westen würden die bisherigen Baugrenzen bestehen bleiben.
Aus Sicht von AB 32 macht es schlichtweg keinen Sinn mehr, das Verfahren zum Erlass eines Deckblattes 1 unter diesen Umständen fortzuführen. Die gewünschten Möglichkeiten zur Erweiterung der Baugrenzen und damit zusammenhängenden städtebaulichen Entwicklung der Wohnbebauung ist auf Grund der immissionsschutzrechtlichen Auflagen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens nicht wie gewünscht möglich.
Zu überlegen ist allerdings noch, ob man den Bebauungsplan komplett aufhebt. Durch die Aufhebung wird das Gebiet baurechtlich gem. §34 BauGB – unbeplanter Innenbereich – im Rahmen des Einfügungsgebotes beurteilt.
Die immissionsschutzfachlichen Beschränkungen, die zu einer Verkleinerung des Geltungsbereichs bzw. der Baugrenzen führen würden, bleiben zwar im Grunde bestehen, allerdings müssten im Prinzip in Zukunft für jedes Einzelbauvorhaben die jeweiligen immissionsschutzfachlichen Auswirkungen geprüft werden.
Prüfungsgrundlage ist die Vermeidung von Einschränkungen
- bestehender/genehmigter/rechtlich möglicher Gewerbebetriebe im Westen,
- der Schützengesellschaft im Osten,
- des TSV im Norden
sowie die Sicherstellung gesunder Wohnverhältnisse trotz des Verkehrslärms auf der Landshuter Straße im Süden des Geltungsbereichs.
Das Immissionsschutzrecht wird nur im Rahmen des Sonderbaus geprüft. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren wird der Immissionsschutz nicht geprüft.
Für die Grundstückseigentümer der Karlstraße heißt das, dass diese durch eine Erweiterung des Wohngebäudes oder Neubau eines Hauses im unbeplanten Innenbereich den bestehenden Lärm zu dulden haben, da die bestehenden „Lärmquellen“ Bestandsschutz genießen. Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen können nicht im Nachhinein geltend gemacht werden.
Aber es besteht das Risiko, dass neu entstehende Immissionsorte (z.B. Erweiterungen im Gewerbegebiet, Erweiterungen der Schieß- und Sportstätte) im Nachhinein Konflikte mit den Bestandsnutzungen und auch neu gebauten Wohnnutzungen verursachen könnten.
Zusammengefasst: Durch eine Aufhebung des Bebauungsplanes Karlstraße können die Bauwerber im Rahmen des Einfügungsgebotes Gebäude erweitern oder neu bauen und haben den Bestand an Lärmquellen zu dulden. Wenn jedoch z.B. die Gewerbetreibenden oder der TSV erweitern möchte, muss dieser sein Lärmschutzgutachten immer auf den jeweiligen Bestand an Wohnbebauung anpassen und könnte dadurch eingeschränkt werden.
Belässt man den Bebauungsplan Karlstraße, kann es dennoch zu solchen Konflikten kommen. Die Eigentümer der Karlstraße haben hinsichtlich der Baugrenzen zwar das Recht diese auszuschöpfen, sollten Sie dies aber machen, so kann dies dennoch zu Einschränkungen für die Gewerbetreibenden oder den TSV führen.
Wenn der Bebauungsplan „Karlstraße“ aufgehoben wird, gilt der unbeplante Innenbereich gem. §34 BauGB für die dort angefragten Vorhaben. Gestaltungsregelungen, wie z.B. Dachformen oder Dachgauben, können nicht beeinflusst werden. Den Beurteilungsrahmen für das Einfügungsgebot bilden die Baugesetze (z.B. BauNVO - Kriterien wie z.B. Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Zahl der Vollgeschosse, faktische Baulinien/ Baugrenzen usw.).
Aus Sicht von AB 32 stellt das Gebiet ein faktisches allgemeines Wohngebiet dar. Daran sollte auch festgehalten werden (z.B. zum Ausschluss für Werbeanlagen der Fremdwerbung). Das Gebiet sollte sich nicht derart verändern, dass hier einmal ein faktisches Mischgebiet entstehen kann. Auch hierfür gibt aber die BauNVO im Zuge des Einfügungsgebotes einen Rahmen vor. Ein Vorhaben würde sich nicht einfügen, wenn die geplante Nutzung dem faktischen allgemeinen Wohngebiet zuwiderlaufen würde.
Diskussionsverlauf aus der Sitzung am 21.03.2022
Die Leitung der Bauverwaltung, Frau Sandra Eder, stellte den Sachverhalt dar. Demnach macht es für den Bereich wenig Sinn, ein Deckblatt des Bebauungsplans zu erstellen. Wegen möglichen Einschränkungen des Immissionsschutzes von Seiten der Landshuter Straße und den umliegenden Gewerbebetrieben bzw. Sportstätten ist es nicht zufriedenstellend möglich weitere Optionen zum Bau von Wohnraum über ein Deckblatt zu schaffen. Bei einer Aufhebung des B-Plans Karlstraße könnte man den Grundstücksbesitzern aber die Möglichkeit geben, über den §34 Baugesetzbuch (BauGB) zusätzlichen Wohnraum auf den Parzellen zu generieren.
StRin Christine Koj verwies in diesem Zusammenhang auf einen möglichen Leitfaden für die Nachverdichtung. Hier erklärte Frau Eder, dass die Entscheidung nach rechtlichen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Ein Leitfaden ist hier nicht zielführend. Die Vorhaben müssen dennoch immer im Einzelfall und gebietsbezogen betrachtet werden.
Das Gremium war sich einig, den Punkt bis zur nächsten Sitzung zurückzustellen, um sich in den Fraktionen über das weitere Vorgehen abzustimmen.
Abzuwägen ist nun (Empfehlungsbeschluss für den Stadtrat), wie hier weiter verfahren werden soll. Soll das Deckblatt dennoch weiterbearbeitet werden, soll der Bebauungsplan Karlstraße aufgehoben werden oder geht man auf „Status quo“ zurück (Bebauungsplan Karlstraße gilt weiter).