Zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten wurden im Jahre 2017 in den Ortsteilen der Großgemeinde Vohenstrauß folgende Bürgerversammlungen abgehalten:
25.09.2017 in Roggenstein
26.09.2017 in Altenstadt b. Vohenstrauß
27.09.2017 in Kaimling
28.09.2017 in Waldau
04.10.2017 in Oberlind
09.10.2017 in Böhmischbruck
10.10.2017 in Vohenstrauß
Über den Verlauf der Bürgerversammlungen, insbesondere über die von den Gemeindebürgern vorgebrachten Wünsche, Empfehlungen und Anträge wurden Niederschriften gefertigt, die den einzelnen Stadtratsmitgliedern in Ablichtung bzw. auf elektronischem Wege zugeleitet wurden.
Die Originale der Niederschriften befinden sich bei der Verwaltung und können unter dem Aktenzeichen 026 044 eingesehen werden. Von einer Wiedergabe in diesem Sitzungsprotokoll wird deshalb abgesehen.
Nach Art. 18 Abs. 4 GO müssen Anträge und Empfehlungen aus den Bürgerversammlungen im Stadtrat behandelt werden. Das Gesetz verlangt jedoch keine Beschlussfassung über die Anträge und Empfehlungen (Annahme oder Ablehnung). Diese gelten im Extremfall auch dann als behandelt, wenn sie zwar ordnungsgemäß aufgerufen wurden, sich seitens des Stadtrates aber niemand zu Wort meldet oder einen Antrag stellt. Mit dieser Regelung des Art. 18, insbesondere des Art. 18 Abs. 4 GO, hat das Mitwirkungsrecht der Gemeindebürger sein Bewenden. Selbstverständlich kann der Stadtrat aber konkret Beschlüsse fassen, soweit er dies für erforderlich hält.
Aussprache
1. Bürgermeister Wutzlhofer verweist auf die Fraktionssprechersitzung am vergangenen Montag, bei der sämtliche Wortmeldungen in den Bürgerversammlungen durchbesprochen wurden und von seiner Seite aus gebeten wurde, dies auch in den einzelnen Fraktionen so handzuhaben. Letztendlich wurden in keiner Bürgerversammlung konkrete Anträge gestellt. Vielmehr handelte es sich jeweils um Anregungen oder Bitten. Insofern bedarf es keinerlei Beschlussfassung durch den Stadtrat. Dies bedeutet aber nicht, dass von Seiten des Gremiums keine Fragen gestellt werden oder keine Wortmeldungen erfolgen dürften.
StR Kleber regt an, künftig bei der Bauleitplanung bzw. bei der Auswahl geeigneter Bauflächen neue Wege zu gehen. Insbesondere sollten alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die dazu geeignet wären, die zahlreichen Baulücken im Stadtgebiet zu schließen, also vorrangig auf Innenverdichtung zu drängen und nach Möglichkeit die Ausweisung von Baugebieten an den noch unbebauten Ortsrändern mit einem enormen Flächenverbrauch als Folge zu vermeiden.
Zu der Problematik der rund 100 Baulücken im Stadtgebiet von Vohenstrauß und im Ortsteil Altenstadt nimmt VR Sier Stellung. Die Ursache hierfür liegt in der Zeit von ca. 1960 bis etwa 1980. Seinerzeit wurden von der Stadt Vohenstrauß mehrere Baugebiete ausgewiesen und Bebauungspläne aufgestellt, obwohl die Stadt nicht im Eigentum der verplanten Flächen war. Als die Bebauungspläne dann verbindlich waren und für die ausgewiesenen Parzellen Baurecht bestand, erklärten sich die Eigentümer zu einem Verkauf nur unter der Voraussetzung bereit, dass sie eine beliebige Anzahl von Bauplätzen für sich zurückbehalten dürfen, z.B. für eine spätere Bebauung durch die Kinder oder Enkel. Letztendlich kann nur in regelmäßigen Zeitabständen immer wieder nachgefragt werden, ob nunmehr eine Verkaufsbereitschaft besteht. Die Ausübung eines Zwangs ist aber nicht möglich. Dass bei der derzeitigen Situation auf dem Finanzmarkt kaum jemand bereit ist, einen Bauplatz zu veräußern, wenn er das Geld nicht benötigt, ist verständlich. Nach dem Baugesetzbuch bestünde zwar die Möglichkeit, unbebaute Grundstücke im Innenbereich mit einem Bauzwang zu belegen, seien es 5, 7 oder 10 Jahre, doch würde es sich hierbei um eine Enteignung handeln, was politisch wohl nicht durchsetzbar wäre. 1. Bürgermeister Wutzlhofer erklärt hierzu, dass er sich mit einer solchen Zwangsmaßnahme nicht anfreunden könne, auch wenn damit eine stärkere Innenverdichtung erreicht werden könnte. StR Dr. Gref schließt sich dem an. Aus seiner Sicht hat es auch seine Vorteile, wenn der Innenbereich nicht allzu verdichtet ist. Er persönlich findet es schön und angenehm, wenn die bebauten Wohnflächen immer wieder von Freiflächen mit Obstbäumen und Grün unterbrochen sind. Dies sei auch eine Art von Lebensqualität.
StR Gleixner sieht in der Anregung von StR Kleber einen Denkanstoß dazu, in der Baulandpolitik nach Perspektiven zu suchen. Auch die Stadt Vohenstrauß wird in naher Zukunft bei der Ausweisung von Baugebieten nicht nur physikalisch, sondern auch rechtlich an ihre Grenzen stoßen. So wird in den Bauleitplanverfahren die zuständige Genehmigungsbehörde im Hinblick auf die zahlreichen Baulücken einem Baugebiet auf der „grünen Wiese“ nicht mehr zustimmen.
1. Bürgermeister Wutzlhofer ist der Meinung, dass die Diskussion über die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Schließung von Baulücken von der „hohen Politik“ geführt und auch die Entscheidung darüber, wie diese durchgesetzt werden können, von „oben her“ getroffen werden müsse. So müssten den betroffenen Kommunen klare Handlungsrichtlinien vorgegeben werden.
2. Bürgermeister Münchmeier erinnert daran, dass die Verwaltung in der Angelegenheit nicht untätig war. So wurden vor einigen Jahren im Rahmen einer Umfrage alle Eigentümer von Baulücken um Mitteilung gebeten, ob sie ihre Grundstücke für Bauwillige zur Verfügung stellen würden. Die Resonanz hierauf, dies ist allseits bekannt, war vernichtend. Auch im Zuge des ISEK wurden verschiedene Handlungspielräume aufgezeigt, wie z.B. die Schaffung eines Förderprogramms „Junge Familien kaufen alte Häuser“. Um den Innenbereich, vor allem den Altstadtbereich, wieder interessant und lebenswert zu machen, gehöre auch, dass alte Gebäude abgebrochen werden dürfen oder dass zwei Grundstücke zusammengelegt werden dürfen, um einen Garten zu schaffen. Was das neue Baugebiet „Sommerwiesen“ betrifft, so verfügt die Stadt für einen längeren Zeitraum über eine ausreichende Zahl von Bauplätzen. Bis diese alle veräußert sind, habe die Stadt einen ausreichenden zeitlichen Spielraum für die Umsetzung von innerstädtischen Maßnahmen.
Während sich StR Töppel, was die Ursache für das Entstehen der vielen Baulücken betrifft, der Aussage von VR Sier anschließt, hat sich dies, so StR Gösl, in Roggenstein anders entwickelt. Im Zuge der Flurbereinigung sollte der damalige Fußballplatz des FC Roggenstein in Ortsnähe verlegt werden. Von den hierfür benötigten Grundstücken wollten sich die Landwirte natürlich nicht trennen, da sie von der Bewirtschaftung her wertvoller waren als weit entfernte Flächen. Um den Landwirten entgegen zu kommen, wurde ihnen als Ausgleich für die abzutretenden Flächen Baugrund angeboten. Je nach Größe der abgetretenen Flächen erhielten sie zwischen einem und drei Bauplätze im heutigen Baugebiet „Roggenstein – Baumgarten“. Würde die Stadt diese Baulücken mit einem Bauzwang belegen, so wäre dies aus der Sicht von StR Gösl eine ungerechtfertigte Enteignung.
1. Bürgermeister Wutzlhofer sieht bei der Innenverdichtung auch eine positive Entwicklung. So hat z.B. der Eigentümer eines sehr großen Hanggrundstücks an der Oberlinder Straße zu erkennen gegeben, dass er zu einem Verkauf bereit wäre. Darüber hinaus konnten in jüngster Vergangenheit mehrere Grundstücke an der Eglseestraße oder an der Frühlingstraße einer Bebauung zugeführt werden. Zudem sei es auch nicht so, dass die Stadt die Baulücken erst erwerben müsse, um sie dann mit Bauzwang an Bauwillige weiterveräußern könne. In vielen Fällen sei es auch ausreichend, wenn die Stadt eine Art Vermittlerrolle übernähme und den Kontakt zwischen den Eigentümern und den Kaufinteressenten herstellt.
Nach Beendigung der Aussprache stellt der Sitzungsleiter fest, dass der Stadtrat vom Inhalt der Niederschriften über die Bürgerversammlungen 2017 Kenntnis genommen hat und eine Beschlussfassung nicht erforderlich ist.