Errichtung einer Teil-Gemeinschaftsunterkunft in modularer Bauweise; Information;


Daten angezeigt aus Sitzung:  13-1. Sitzung des Gemeinderates Himmelstadt - ÖT, 05.12.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Himmelstadt (Gemeinde Himmelstadt) 13-1. Sitzung des Gemeinderates Himmelstadt - ÖT 05.12.2024 ö 3

Sachverhalt

Zu diesem TOP ist Herr Lothar Menzel, Arbeitsbereichsleiter Unterkunftsverwaltung der Regierung Unterfranken anwesend. Er gibt einen Sachstandsbericht.
Bürgermeister Hemmelmann erläutert vorab: 
Die geplante Gemeinschaftsunterkunft ist für Himmelstadt sozial unverträglich. Es soll eine Einrichtung mit 100 Plätzen entstehen. Die Vollbelegung kann das Dorf im Hinblick auf dann auch benötigte Plätze in Kindergarten und Grundschule nicht bewerkstelligen. Auch die Integration kann nicht gestemmt werden. Da von einer Teil-Gemeinschaftsunterkunft gesprochen wird, könnte gemutmaßt werden, dass evtl. auch weitere Unterkünfte hinzukommen. Verwiesen wird darauf, dass in Karlstadt jetzt eine Einrichtung mit 160 Plätzen gebaut wird. Dies erscheint im Verhältnis zur Einwohnerzahl von Karlstadt wohl besser zu passen. 100 Plätze in Himmelstadt sind aus Sicht der Gemeinde nicht vorstellbar. Appelliert wird zudem, dass nicht allein das Baurecht bei der Beratung zum Bauantrag ausschlaggebend sein sollte. Auch die soziale Komponente sollte beachtet werden. Auch wenn innerhalb der Unterkunft die Regierung von Unterfranken zuständig ist, betrifft den Ort alles, was außerhalb geschieht. 

Im Anschluss begrüßt Bürgermeister Herbert Hemmelmann Herrn Menzel und Frau Mark von der Regierung von Unterfranken und übergibt Herrn Menzel das Wort.

Herr Menzel erläutert zum vorliegenden Bauantrag. Die Regierung von Unterfranken soll im Anschluss auch Betreiber der Teil-Gemeinschaftsunterkunft werden.
Die Behörde ist von der bayerischen Staatsregierung angehalten, für die Verteilung in die Anschlussunterbringung nach einem landesgesetzlich festgelegten Verteilungsschlüssel zu sorgen. Dabei muss der Landkreis Main-Spessart ebenfalls eine Quote erfüllen. Aktuell ist der Landkreis jedoch an zweitletzter Stelle bei Erfüllung der Quote. Derzeit betreibt die Regierung von Unterfranken 51 Gemeinschaftsunterkünfte, davon 6 in Main-Spessart (z.B. in Marktheidenfeld. Lohr, Gemünden, Karlstadt). Hinzu kommen noch zahlreiche dezentrale Unterkünfte. Der Ansturm an Asylbewerbern ist wieder massiv gestiegen. Der Landkreis ist gehalten, dezentrale Unterkünfte zu schaffen. Da in Unterfranken rund 7000 Menschen zugewiesen werden sollen, ist man auf der Suche nach neuen Unterkünften. In Himmelstadt ist man fündig geworden durch ein Gewerbegrundstück. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit geschaffen, auch im Gewerbegebiet eine Unterkunft einzurichten. Die Regierung von Unterfranken sieht es als beste Möglichkeit, hier Flüchtlinge unterzubringen. Errichtet werden sollen sog. Tiny-Häuser für max. 100 Personen. Bei Belegung von 85 % gilt die Einrichtung dann als vollausgelastet. Somit werden in Himmelstadt höchstwahrscheinlich nur 85 Personen wohnen.
Teil-Gemeinschaftsunterkunft heißt es, da mehrere Unterkünfte in Main-Spessart zu einer Einrichtung zusammengefasst werden. 
Es ist nicht geplant, noch weitere Häuser zu errichten oder die Kapazität zu erhöhen. 

Herr Menzel verweist auf eine ähnliche Gemeinschaftsunterkunft, die in Würzburg Zellerau eingesehen wurde. Diese wird mit 180 Plätze betrieben, von denen 140 belegt sind. Die Einrichtung gilt damit als vollbelegt.

Die Unterkunft wird mit Verwaltungspersonal ausgestattet. Der Personalschlüssel beträgt dabei 
1 zu 75 Plätzen. Für Himmelstadt ist damit von 1,5 Vollzeitkontingenten auszugehen. Geplant ist ein Mitarbeiter, der montags bis freitags vor Ort als Ansprechpartner ist. Er arbeitet im Kollegenteam mit Retzbach, Gemünden und Arnstein (ca. 4 - 5 MA im Kollegenteam).
Die zugewiesenen Bewohner kommen aus der Ankereinrichtung Geldersheim. Die Anschlussunterbringung dient insbesondere der Unterbringung von Asylsuchenden mit positiver Bleibeperspektive. Die Personen versorgen sich selbst, mit Asylbewerberleistungen auf Bezahlkarte. Geplant ist, dass die Kinder in Kindergarten und Schule vor Ort gehen. Erwachsene sollen Integrationskurse belegen, bzw. nach abgeschlossenem Asylverfahren auch arbeiten. Die Einrichtung fungiert als Übergang und nicht als Dauerwohnen. Damit wird es Personen geben, die nur wenige Monate wohnen, aber auch länger. Die Zusammensetzung der Personen umfasst überwiegend junge Männer im Verhältnis 1/3 Familien, 2/3 junge Männer. Die Herkunftsländer sind Afghanistan, Syrien, Armenien, Somalia und Elfenbeinküste.

Das Gremium diskutiert zu den von der Regierung von Unterfranken vorgetragenen Argumenten.
Gemeinderat Wolfgang Kübert appelliert an die Presse zur objektiven Berichterstattung.
Gefragt wird, ob die Personen direkt vom Ankerzentrum nach Himmelstadt umziehen werden. Zu Bedenken wird gegeben, dass für die Gemeinde mit 1500 Einwohner die Anzahl der Plätze für 100 Personen unverhältnismäßig ist und die Integration in dieser Anzahl nicht gestemmt werden kann.
Herr Menzel entgegnet, dass die Flüchtlings- und Integrationsberatung von Landesverbänden der Diakonie und Caritas (FIB) übernommen wird. In Himmelstadt wird die Caritas vor Ort sein. Verwaltungskräfte der Einrichtungen fungieren auch als Dolmetscher.

Gemeinderätin Ingrid Haimann erkundigt sich zum Kollegenteam des Verwaltungspersonals Gefragt wird, ob auch die Einrichtung in Karlstadt dazugehört. Dies steht laut Herr Menzel noch nicht fest. Zwar ist geplant, auch Karlstadt einzubeziehen, aber wenn die Einheiten zu groß werden, muss neu überlegt werden. Im Moment ist der Sitz der Gemeinschaftsunterkunft die Benediktushöhe Retzbach, Gassenwiese Zellingen, Gemünden und Karlstadt. Da in den beiden letztgenannten Gemeinden ebenfalls noch Plätze dazu kommen, kann erst dann entschieden werden, welche Verwaltungseinheit sinnvoll ist.

Gemeinderat Jürgen Döll fragt, ob es einen Sicherheitsdienst in der Einrichtung gibt. Grundsätzlich ist kein Sicherheitsdienst vorgesehen, dies wird nach Erfahrung der Regierung von Unterfranken auch nicht benötigt. Herr Menzel erläutert zudem, auch in den anderen Einrichtungen z.B. in der Zellerau Würzburg ist man ständig im Austausch mit der Polizei. Es gibt dabei keine relevanten Vorfälle in der Umgebung, lediglich vereinzelte Vorfälle. Ein Sicherheitsdienst ist nur in größeren Einrichtungen mit mehreren hundert Personen nötig. Wenn es Probleme geben sollte, will die Behörde nachsteuern. Wenn Bewohner auffällig werden, werden diese verlegt, in Unterkünfte mit Sicherheitsdienst.
Gemeinderat Markus Hilpert entgegnet, dass er seit 10 Jahren mit Flüchtlingen in der Berufsschule arbeitet. Darunter gibt es auch sehr auffällige Personen, die die Polizei zwar mitnimmt, die dann aber am kommenden Tag wieder da sind. Zu berücksichtigen ist auch das Sicherheitsbedürfnis von Anwohnern, insbesondere junge Menschen, Mädchen, usw.
Herr Menzel erwidert, dass die Statistik nicht erhöhte Kriminalität belegt, auch sexualisierte Gewalt tritt nur vereinzelt auf. Der Anteil von jungen Volljährigen ist dabei nicht vergleichbar mit Familien in den Unterkünften.

Menschen mit schlechter Bleibeperspektive (Maghreb-Staaten) werden nicht verteilt. Eine Sondersituation sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Gemeinderat Thomas Gerhard gibt zu bedenken: Die Anzahl der vorgemerkten Personen überfordert die Gemeinde Himmelstadt. Dies würde über 6 % d. Bevölkerung ausmachen. Ehrenamtliche Helferkreise sind ebenfalls nicht gegeben. Unverständlich ist, warum die Größe der Gemeinde nicht berücksichtigt wird.
Herr Menzel erläutert, die Quote wird auf Landkreisgröße heruntergebrochen nicht auf die Kommune. Über die Verteilung entscheidet die Beauftragte des Freistaats Bayern für die Aufnahme und Verteilung ausländischer Flüchtlinge. Innerhalb der Regierungsbezirke übernehmen die Regierungen die Verteilung. Die Gemeinschaftsunterkünfte sollen dabei eine Anzahl von 
75 Personen nicht unterschreiten. Es finden sich nicht genügend Unterkünfte.
In Himmelstadt wäre von Vorteil, dass sich die Bewohner selbst versorgen können. Einkaufsmöglichkeiten und ÖPNV sind vorhanden. Auch wenn es in Himmelstadt nicht genügend ehrenamtliches Engagement gibt, scheint dies unproblematisch, da von einer Orientierung in die nächst größeren Zentren (Karlstadt/Würzburg) auszugehen ist, die aufgrund der Bahnanbindung auch gut erreichbar sind. Auch die benötigten Plätze in Kindergarten und Schule werden sich beim Verteilschlüssel (nur 1/3 Familien) in Grenzen halten. 

Gemeinderat Döll erkundigt sich zum zeitlichen Ablauf, wann die Einrichtung belegungsreif ist und ob die in Frage kommenden Menschen bereits im Land sind. Zudem wird gefragt, was passiert, wenn ein Politikwechsel eintritt? Auf wieviel Jahre ist die Unterkunft ausgelegt? In Unterfranken sind staatlich aktuell 15.000 Asylsuchende untergebracht. Davon sind 5.000 in Gemeinschafts-unterkünften und 10.000 in dezentralen Unterkünften. Die Notunterkünfte sollen geschlossen werden. 666 dezentrale Unterkünfte sollen ebenfalls zurückgebaut werden. Herr Menzel gibt zu bedenken, die Anzahl der Asylbewerber löst sich nicht auf. Es gibt auch weiter einen Zustrom (über 6.000 in Geldersheim). Der Mietvertrag für die Unterkunft in Himmelstadt wird über eine gewisse Laufzeit mit Investoren geschlossen.
Die Baugenehmigung wird nur zum Zweck der Flüchtlingsunterbringung erteilt. Wenn nach 
7 Jahren keine Flüchtlinge mehr untergebracht werden, dann muss die Unterkunft zurückgebaut werden. Dies ist auch im Mietvertrag verankert. Jedoch ist eine Verlängerungsoption gegeben. Die Belegung soll ab ca. dem 3. Quartal 2025 beziehbar sein. Dies hängt auch von Bauantrag bzw. Bauzeit des Investors ab. Wenn das Einvernehmen nicht erteilt wird, dauert es u.U. ca. 1-2 Monate länger. Der Plan ist aber, die Einrichtung ab zweiter Jahreshälfte zu beziehen.

Gemeinderat Christian Scheb kritisiert die nicht leistbare Anzahl. Er sieht eine falsche Herangehensweise der Regierung von Unterfranken, wenn die Integration in der Gemeinde derart angedacht ist, dass die Leute wegen des vorhandenen Bahnhofs sich an größere Zentren orientieren sollen.
Die Personen sollen aus Sicht von Gemeinderat Döll aber auch keine eigene Kommune in der Kommune bilden. Vorgeschlagen wird, eher Familienunterkünfte im Ort zu suchen.

Gemeinderat Willi Stamm erkundigt sich, wie die ärztliche Versorgung sichergestellt ist. Herr Menzel verweist darauf, dass es im Ankerzentrum ein Ärztezentrum gibt. Untersuchungen auf ansteckende Krankheiten sind geklärt.
Die kurative ärztliche Versorgung ist noch nicht gut gelöst. Problematisch ist dabei der ärztliche Schlüssel der kassenärztlichen Vereinigung. 

Gemeinderat Kübert fragt nach, ob es Netzwerke in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit gibt, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen, bzw. wie Integrationsleistung erbracht werden.
Bei diesem Bauantrag sind eben nicht nur Bauantrags-Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es gehören auch soziale Gesichtspunkte dazu. 
Verwiesen wird darauf, dass die Regierung von Unterfranken nur Auftrag für die Unterbringung hat. Die Integrationsleistung ist nicht inbegriffen. 

Zweite Bürgermeisterin Marie-Luise Schäferin verweist darauf, dass lt. Herrn Menzel alle Bewohner arbeiten gehen könnten. Dies wird bestätigt. Sogar wenn Betroffenen noch im Asylverfahren sind, dürfen sie auch arbeiten, sind aber nicht am Jobcenter angebunden. Das Jobcenter ist erst zuständig, wenn Bleiberecht besteht. Die Arbeit scheitert i.d.R. zunächst am Sprachniveau. Alle, die kommen, sind arbeitsberechtigt.

Gemeinderat Hilpert dankt Herrn Menzel für die Offenheit. Allerdings ist die Bauantragszeit befremdlich. Vergleichsweise dauerte das Verfahren zum gerade eben fertiggestellten Norma-Markt rund sechs Jahre. Deshalb ist jetzt so ein beschleunigtes Verfahren befremdlich.

Gemeinderad Radke erkundigt sich, welche Zustimmungsmöglichkeiten der Gemeinderat hat, z.B. zur Größe bzw. anderen Einflussmöglichkeiten. Wie ist das weitere Verfahren, im Falle. dass der Gemeinderat dem Bauantrag ablehnt. Ausgegangen werden muss davon, dass es in diesem Falle eine Stellungnahme des Landratsamtes geben wird. Dies wird kritisiert, da es darauf hinausläuft, dass der Gemeinderat faktisch nicht beteiligt ist, da keine Wahlmöglichkeit besteht.
Wenn Kommunen gemeindliches Einvernehmen verweigert haben, ist dies rechtlich nicht zulässig. Herr Menzel verweist darauf, dass nur im Rahmen des Baugesetzes abgelehnt oder zugestimmt werden kann. Das Landratsamt prüft darauf, teilt mit, ob Einvernehmen bei Ablehnung durch den Rat ersetzt wird. Dann gibt es auch keine Möglichkeiten der Mitbestimmung für die Gemeinde mehr, auch nicht bei Ausführung, Größe Ausformung.
Die Anzahl von 75 bzw. 100 Personen sollte nicht unterschritten werden, da die Einrichtung sonst wirtschaftlich unsinnig erscheint. Die Gemeinde hat Mitsprache bei Ausgestaltung mit Begrünung, Sportplätzen, usw. Jedoch ist die Grundsatzentscheidung, wie und in welcher Form gebaut wird, nicht Gegenstand der Gemeinde.

Bürgermeister Herbert Hemmelmann bedankt sich für Zeit und Ausführungen von Herrn Menzel.

Abstimmungsergebnis:                o. A.

Datenstand vom 09.01.2025 15:56 Uhr