Einführung einer Sicherheitswacht im Markt Zusmarshausen


Daten angezeigt aus Sitzung:  044. Sitzung des Marktgemeinderates, 12.05.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Zusmarshausen) 044. Sitzung des Marktgemeinderates 12.05.2022 ö 4

Beschluss 1

Über den TOP 4 ist nunmehr unverzüglich abzustimmen.

Somit ist der Antrag angenommen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 1

Beschluss 2

Der Markt Zusmarshausen beantragt die Einführung einer Sicherheitswacht für das Gemeindegebiet Zusmarshausen. Die PI Zusmarshausen wird beauftragt, die weiteren Vorbereitungen zu treffen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 8

Kurzbericht

Sachvortrag:
Die PI Zusmarshausen, vertreten durch den Leiter …, hat mit Schreiben vom 01.04.2022 auf die Möglichkeit der Einführung einer Sicherheitswacht hingewiesen. Aus dem Schreiben ergehen folgende Informationen:

Mit dem Kerngedanken der bayerischen Sicherheitspolitik, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht allein Aufgabe der Polizei, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, schuf zum 01.01.1994 der Bayerische Landtag mit dem Sicherheitswachterprobungsgesetz (SEG) die rechtliche Grundlage für ein auf drei Jahre ausgelegtes Modellprojekt. In den Städten Nürnberg, Ingolstadt und Deggendorf nahmen 35 Frauen und Männer ihren Dienst bei der neugeschaffenen Bayerischen Sicherheitswacht auf. Nach erfolgreichem Ablauf der Erprobungsphase ist mit Inkrafttreten des neuen Sicherheitswachtgesetzes (SWG) zum 31.12.1996 die dauerhafte Installierung und Ausbau der Sicherheitswacht ermöglicht worden. Am 16.06.2010 hat der Bayerische Ministerrat die flächendeckende Ausweitung der Sicherheitswacht auf rund 1.000 Angehörige beschlossen. Zwischenzeitlich ist diese Zielgröße vom Innenministerium auf 1.500 Sicherheitswächter in Bayern erhöht worden. 

Im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord wurde im Mai 1995 im Augsburger Stadtteil Haunstetten im Zuständigkeitsbereich der PI Augsburg Süd mit der Einrichtung der Sicherheitswacht begonnen. In den nächsten Jahren folgten sukzessive weitere Standorte von Sicherheitswachten. Bis zum 01.06.2016 wurden an 24 Standorten, darunter 4 Stadtteile in Augsburg und 4 Sicherheitswacht-Verbünde, Sicherheitswachten eingerichtet. Aktuell befinden sich im Bereich des PP Schwaben Nord über 100 Sicherheitswächter im Einsatz. 

Mit den Ministerratsbeschlüssen vom 12.05.1998 und 16.06.2010 wurde die Errichtung von Sicherheitswachten in Gemeinden mit weniger als 20000 Einwohnern und sogenannte „Verbundlösungen“ mehrerer kleinerer Kommunen ermöglicht. 

Das Innenministerium hat nun das Budget für bis zu 150 Sicherheitswächter im Bereich des PP Schwaben Nord frei gegeben, weshalb die PI Zusmarshausen ein Schreiben an die Kommunen richtete.

Grundsätzlich sind folgende Kriterien vor der Einrichtung einer neuen Sicherheitswacht zu prüfen: 

  1. Vorhandensein geeigneter Einsatzgebiete für die Sicherheitswacht. Bestreifung von Bereichen, in denen für die Bevölkerung das Bedürfnis nach erhöhter Polizeipräsenz besteht (sogenannte „Angsträume“), wie z. B. öffentliche Parks, Grünanlagen und Plätze, „anonyme“ Wohnsiedlungen, Haltestellen des ÖPVN (einschl. dazugehöriger Park- and Ride-Plätze) Einkaufs- und Freizeitzentren, Tiefgaragen, öffentliche Bäder, Kinderspielplätze sowie die Umgebung von Schulen, Altenheimen, Asylbewerberunterkünften, Klinikgeländen usw.

  1. Vorliegen eines Stadtrats- bzw. Gemeinderatsbeschlusses zur Einführung einer Sicherheitswacht 

  1. Prüfung, ob aus polizeilicher Sicht (Kriminalitätsbelastung, Ordnungsstörungen) die Einführung einer Sicherheitswacht als erforderlich erachtet wird.

Aus Sicht der Polizeiinspektion Zusmarshausen wird ein Streifenverbund von Sicherheitswächtern angestrebt. Die von der PI Zusmarshausen betreuten Sicherheitswächter, unabhängig von welcher Gemeinde sie kommen, werden angepasst an die jeweilige polizeiliche Einsatz- oder Veranstaltungslage in die relevante Gemeinde oder Gemeindebereiche zum Streifengang entsandt, die mit einem Gemeinderatsbeschluss sich für eine Sicherheitswacht ausgesprochen haben. Für die beteiligten Gemeinden entstehen hierbei keinerlei Kosten oder sonstige Aufgabenstellungen. Die Verantwortlichkeit und Betreuung von Angehörigen einer Sicherheitswacht liegt allein bei der Polizei.

Deshalb ergeht die Bitte an den Markt, die Behandlung eines Antrages zur Einführung einer Sicherheitswacht in der Gemeinde auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung zu setzen und hierüber einen Beschluss herbeiführen.

Danach wird das PP Schwaben Nord über die sich beteiligenden Gemeinden informiert. Nach Zustimmung durch das Innenministerium beginnt eine mediale Bewerbungsphase, die nach einer Selektion potentieller Interessenten in eine dreiwöchige Ausbildung ab September 2022 mündet.

Weitere Informationen sind dem Gesetz über die Sicherheitswacht und der Informationsbroschüre zu entnehmen.

Auch Sicht der Verwaltung kann die Einführung einer Sicherheitswacht nur begrüßt werden. 

Einsatzgebiete wären:
-Bereiche der Grund- und Mittelschule/Realschule Zusmarshausen mit Busbahnhof und Skaterplatz
-Bereich (Nord- und Südufer) des Rothsees
-Bereich um den Mehrgenerationenplatz

Immer wieder sind in diesen Bereichen Sachbeschädigungen durch Vandalismus zu verzeichnen, insbesondere an den WC-Anlagen am Rothsee. Zahlreiche Beschmierungen wurden bei der PI Zusmarshausen zur Anzeige gebracht.  Zur Abschreckung wurden im  Bereich des Nordufers zwei Solarleuchten angebracht. Zudem ist eine Firma beauftragt, während der Badesaison täglich die WC-Anlagen um 22.00 Uhr am Nordufer abzusperren, da die Anlagen regelmäßig beschädigt werden. 



Diskussionsverlauf:
Auf Rückfrage aus dem Gremium teilt Herr … mit, dass die Sicherheitswacht keinen verfolgenden Ansatz hat. Es werden keine Falschparker gemeldet, keine TÜV-Plaketten kontrolliert und auch keine Sperrstunden überprüft. 

Das Gremium diskutiert darüber, ob die Einführung einer Sicherheitswacht in Zusmarshausen überhaupt notwendig ist. Es gibt wenig Gewaltdelikte und die Brennpunkte sind überschaubar, so dass man sich in Zusmarshausen als Bürger sehr sicher fühlen kann, zudem sollte die Polizei dafür da sein, um das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu stärken, dies ist nicht Aufgabe der Sicherheitswacht. Ob die Sicherheitswacht den Vandalismus beispielsweise am Rothsee verhindern kann, erscheint fraglich, da dies meist in den späten Abendstunden oder nachts geschieht. Zu diesen Zeiten ist die Sicherheitswacht gar nicht mehr im Dienst. Wenn die Jugendlichen nunmehr im Fokus der Sicherheitswacht stehen, werden sie sich nicht mehr an den extra für sie eingerichteten Plätzen treffen, sondern sich andere Orte suchen. 

Andererseits kann nicht dauerhaft tolerieren werden, dass der Bauhof immer wieder den Müll wegräumen muss, der beispielsweise häufig am Rothsee liegen gelassen wird und dem Markt Zusmarshausen immer wieder enorme Kosten entstehen, um die Vandalismusschäden zu beheben. Es gibt sicherlich auch zahlreiche Bürger, die gerade deshalb den Rothsee nicht mehr als Erholungsgebiet aufsuchen. Es geht auch nicht darum, die Jugendlichen von den bekannten Plätzen zu vertreiben oder Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Fokus zu nehmen. Zu begrüßen ist das Motto „Bürger achten auf Bürger" sowie eine gesteigerte Zivilcourage. Auch wenn die Sicherheitswacht wohl nicht sämtliche Probleme beheben kann, so wäre es doch ein kleiner Beitrag zur Besserung. Es geht nicht darum, die Jugendlichen zu drangsalieren, jedoch wird durch die Sicherheitswacht Präsenz gezeigt und Prävention betrieben, wodurch sicherlich verschiedene Problematiken erst gar nicht entstehen würden.

Zur Frage der Rekrutierung teilt Herr … mit, dass die Sicherheitswacht aus Bürgern besteht, die zunächst eine Einverständniserklärung abgeben müssen, damit die Polizei sie mit sämtlichen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln überprüfen kann. Dann müssen die Bürger eine entsprechende Ausbildung machen, diese dauert ein halbes Jahr. Hierbei werden Verhaltensregeln vermittelt sowie die Rechte einer Sicherheitswacht. Sofern jemand den Vorgaben der Polizei nicht Folge leistet, wird er sofort wieder aus der Sicherheitswacht ausgeschlossen. Sollte die Gemeinde mit der Sicherheitswacht nicht zufrieden sein, kann der Marktgemeinderat einen entsprechenden Beschluss fassen und diese wieder abschlaffen.

Für die BLZus verliest MR Harry Juraschek folgende Stellungnahme: 

„Aufrichtigen Dank für … und … Beiträge – sie passen in ihrer umsichtigen Analyse einfach!!! 
Immer weiteres Sicherheitsbestreben versagt, wenn grundsätzliche, menschliche Generationen-Unterschiede betroffen sind; es wird hier doch im Wesentlichen über Jugendliche geredet. Das Ziel der Sicherheitswacht „ein subjektives Sicherheitsgefühl zu stärken“ ist eine fatale Größe. Je nach dem wer gefragt wird je nach Alter, Geschlecht, Milieuzugehörigkeit usw. werden die Antworten völlig anders aussehen. Deshalb ist ein solches Ziel Unsinn. Öffentliche Sicherheit ist eine hoheitliche Aufgabe, dafür ist die Polizei da. Es wurde seit Jahrzehnten versäumt die Polizeistationen entsprechend mit ausgebildetem Personal auszustatten. Fußgängige Polizeistreifen, auch in Zivil und vor Ort in jedem Ortsteil gibt es schon lange nicht mehr. 
Ebenso wurden nicht einmal Projekte wie kommunal angestellte Jugendbetreuer und oder Streetworker angegangen. Die ersten Anträge wurden bereits 2009 gestellt (ich meine von MGR Richard Hegele). Eine Sicherheitswacht, wie die angestrebte ist weder passend ausgebildet, noch mit entsprechenden Zuständigkeiten ausgerüstet. „Passend ausgebildet“ bedeutet hier nicht nur die Gesetze und Befugnisse zu kennen, sondern auch Erfahrung mit Jugendlichen und sogenannten „Szenen“ zu haben. Ebenso gehört, dass auch die Kommunikation mit der Jugend geführt werden kann, und deren Ausdrucksweisen und Sprachgewohnheiten und Bedeutungen zu kennen. Die Sicherheitswacht ist erneut und eine weitere ALIBI-Veranstaltung, um klare Versäumnisse in der Vergangenheit zu kaschieren. 
Zudem werden Versammlungsorte und Szenen eher verlagert und / oder zeitlich angepasst, um die Sicherheitswacht zu umgehen. Analog zur völlig ineffektiven Straßenverkehrswacht (viel zu geringe / nur homöoptische Stichproben oder Präsenz) wird auch die Sicherheitswacht ineffektiv bleiben; siehe Kontrollhäufigkeit z.B. in Diedorf laut AZ Artikel. Wir reden hier über Präsenzhäufigkeit die kaum in Promille der Zeit eine Jahres auszudrücken ist und zudem verteilt ist über zu viele Orte. Vorschläge, wie „probehalber die Sicherheitswacht zu testen“, sind ungeeignet, denn es zeigt sich immer wieder, dass selbst ineffizienteste Maßnahmen nicht mehr abgeschafft werden; Beispiele sind z. B. Die Sommerzeit aber auch so ineffizientes wie die überregional organisierte kommunale Verkehrsüberwachung“. Ganz abgesehen davon ist Zus von Natur aus ein vergleichsweise sicheres Pflaster. Dass eine Sicherheitswacht aus polizeilicher Sicht überhaupt angestrebt werden soll, ist doch ein Beleg für einen polizeilichen Mangel. Es ist uns klar, dass unsere Polizisten nicht die Ursache für den Mangel sind. Viel wichtiger ist es, dass die Bayrische Staatsregierung seine Polizeikräfte nicht nur mit u. a. Waffen und Autos ausrüstet, sondern auch mit spezifisch ausgebildeten Jugendbetreuern und Streetworkern!“


Dritter Bürgermeister Christian Weldishofer stellt Antrag zur Geschäftsordnung, dass über TOP 4 nunmehr unverzüglich abgestimmt werden soll. 

Datenstand vom 15.06.2022 13:43 Uhr