Antrag der Gemeinde Ainring auf Anordnung einer Tempo 30-Geschwindigkeitsbegrenzung an der B 304 im Ortsbereich Straß


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bauausschusses, 18.01.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bauausschuss Sitzung des Bauausschusses 18.01.2022 ö beschließend 5

Vorgang

Zum Schutz der Bevölkerung beabsichtigt die Gemeinde Ainring im Bereich der B304, Ortsteil Straß bei der unteren Verkehrsbehörde eine Tempo 30-Beschränkung zu beantragen. Hierzu hat die Gemeinde im Vorfeld mit der zuständigen Umweltschutzbehörde Kontakt aufgenommen. Schon auf deren Übersichtkarte mit überschlägig angegebenen Lärmwerten konnte festgestellt werden, dass die Lärmbelastung an vielen Gebäuden über den Immissionsgrenzwerten liegen.


Infolgedessen wurde bei dem Ingenieursbüro Möhler + Partner in München ein schalltechnisches Gutachten in Auftrag gegeben, welches die aktuelle Verkehrslärmsituation an den Gebäuden entlang der B 304 in Straß darstellt und nach den entsprechenden Regelwerken beurteilt (siehe Anlage). 

An den Gebäuden entlang der B 304 treten Beurteilungspegel von bis zu (gerundet) 68/62 dB(A)Tag/Nacht auf. Somit werden die Immissionsgrenzwerte der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (16. BlmSchV) überschritten. Die Immissionsgrenze der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes liegt  
für Wohngebiete bei 59/49 dB(A) Tag/Nacht
für Kern-, Misch- und Dorfgebiete bei 64/54 dB(A) Tag/Nacht;
Die Grenzwerte gemäß der Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen (VLärm-SchR97) betragen 64/54 dB(A) Tag/Nacht für Wohngebiete und 66/56 dB(A) Tag/Nacht für Kern-, Misch- und Dorfgebiete.

Darüber hinaus werden auch die Richtwerte der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV), der bei Wohngebieten bei 70/60 dB(A) Tag/Nacht liegt, im Nachtzeitraum überschritten. 

Aufgrund der Überschreitungen der Richtwerte der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) kommen straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen wie eine Geschwindigkeitsbegrenzung in Betracht. Daher wurde in einer weiteren Berechnung die aktuelle Verkehrslärmsituation unter Berücksichtigung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h an den Gebäuden ermittelt und verglichen. 
Durch die straßenverkehrsrechtliche Maßnahme einer Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf 30 km/h Innerorts können die Beurteilungspegel um bis zu 3/2 dB(A) Tag/Nacht gesenkt werden. Gemäß der Lärmschutz-Richtlinien-StV soll durch eine straßenverkehrsrechtliche Maßnahme der Beurteilungspegel unter den Richtwert abgesenkt werden, mindestens jedoch eine Pegelminderung um 3 dB(A) bewirken. Der Sachverhalt einer Pegelminderung von 3 dB(A) ist durch die Geschwindigkeitsreduzierung gegeben. 

Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt spricht man in der Lärmwirkungsforschung von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ab einer Dauerbelastung von 60 bis 65 dB(A). Bei einer Dauerbelastung von über 65 dB(A) am Tag wird ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für Erkrankungen aufgrund geändertem Stoffwechsel und Hormonhaushalt, oder auch Änderung der Gehirnstromaktivität erwartet. Langfristig steigt das Risiko für Bluthochdruck und Herzinfarkt. 

Der Gesetzgeber hat in der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetztes festgelegt, dass jede Erhöhung von Beurteilungspegel von 70 d(A) tags und 60 dB(A) nachts zu einer wesentlichen Änderung der Verkehrslärmsituation führt. Daher können Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts als oberer Schwellenwert für den Beginn einer Gesundheitsgefährdung betrachtet werden. 
Demzufolge kann man ableiten, dass die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle einer gesundheitsgefährdenden Lärmbelastung gem. Art. 2 Abs. 2 GG („körperliche Unversehrtheit“) bei einem Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts gegeben ist. 

Durch die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h kann im Nachtzeitraum an allen Gebäuden entlang der Bundesstraße B 304 ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) unterschritten werden. Im Tagzeitraum kann an den insgesamt 79 untersuchten Immissionsorten eine Überschreitung von >65 dB(A)von ursprünglich 62 betroffenen Immissionsorten (bei 50 km/h) auf lediglich 8 Immissionsorte (bei 30 km/h) reduziert werden. 

Anhand der Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung erachtet die Gemeinde die Umsetzung der straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme „Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf 30 km/h“ innerorts zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichem Verkehrslärm als sinnvoll.

Beratung

Im Zuge der Beratung wurde von weiten Teilen des Ausschusses dieser Schritt begrüßt und Unterstützung signalisiert. In der Diskussion wurde von Teilen des Ausschusses auch eine Tempo 30-Beschränkung für die Ortsdurchfahrten Hammerau B 20 und Adelstetten B 304 gefordert. Hier seien die Situation ähnlich und die Verkehrsbelastung gerade in Hammerau wesentlich höher.
GR Ramstetter befürchtet Ausweichverkehr für den Ortsteil Thundorf.

Beschluss

Der Bauausschuss beschließt, angesichts der Reduzierung der Lärmbelastung und der damit verbundenen Entlastung der Anwohner eine Tempo 30-Beschränkung entlang der B304 in Straß bei der unteren Verkehrsbehörde zu beantragen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 1

Datenstand vom 28.02.2022 09:14 Uhr