Vorstellung einer Grundidee "Hochwasserrückhalt am Sonnwiesgraben" südl. der Renaturierungsfläche Ainringer Moos ggf. mit Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sondersitzung des Gemeinderates, 29.03.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Nicht sichtbar
Gemeinderat Sondersitzung des Gemeinderates 29.03.2022 ö beschließend 3

Vorgang

In der heutigen Sondersitzung des Gemeinderates erfolgt eine umfassende Vorstellung der Grundidee „Hochwasserrückhalt am Sonnwiesgraben“ durch das beauftragte Planungsbüro aquasoli, Herr Bernhard Unterreitmeier.
Ziel ist, eine grundsätzliche Beschlussfassung des Gemeinderates zur Einleitung der notwendigen Schritte zur Umsetzung des Projektes zu erhalten.

Die Grundidee ist mit der Naturschutzbehörde, den Naturschutzverbänden, aber auch mit der Wasserrechtsbehörde und dem Wasserwirtschaftsamt vorbesprochen. Es gibt einige Punkte zu beachten und abzuarbeiten. Eine Planungsschranke ist aus diesen Fachgebieten aber derzeit nicht erkennbar.

Bisher wurde am Sonnwiesgraben bereits ein Rückhaltebecken östlich von Eschlberg mit einem Fassungsvolumen von 10.000 m³ errichtet und es wurde als weiterer Bauabschnitt eine Gewässerverlegung (von der Wohnbebauung Heidenpoint weg) und ein gewässerökologischer Ausbau von eben diesem Rückhaltebecken bis zur Bundesstraße 304 vorgenommen.

Beim Hochwasser im August 2020 musste festgestellt werden, dass diese Maßnahmen -wie dies übrigens die Berechnungen schon zuvor gezeigt haben- nicht ausreichend sind.

Die Idee und der Wunsch, Hochwasserspitzen in das Ainringer Moos einzuleiten existiert schon viele Jahre. Letztlich muss die Gemeinde jedoch akzeptieren und anerkennen, dass dies mit den naturschutzfachlichen Zielen und den Renaturierungszielen nicht vereinbar ist.

Nun ist aber durch intensive Gespräche und Überlegungen eine Idee entstanden, die sowohl den Renaturierungsbereich des Ainringer Mooses unangetastet lässt, aber auch dem Hochwasserschutz in hohem Maße zuträglich ist.
Angedacht ist nun, außerhalb der Renaturierungsfläche, aber noch auf Staatsforstgrund, durch Abgrabung ein Rückhaltebecken mit einem Fassungsvermögen von bis zu 125.000 m³ Wasser zu schaffen. Diese Fläche wird sodann wieder als ökologisch hochwertiger, standorttypischer Mischwald aufgeforstet und ökologisch sogar aufgewertet werden, in dem feuchte und wechselfeuchte Biotopflächen sowie Amphibienrückzugsräume geschaffen werden.

Um möglichst viel wild abfließendes Oberflächenwasser zurückzuhalten wird das heute schon auf natürliche Weise im Bereich des Zuweges zum alten Aussichtsturm anstauende Wasser mittels einer Rohrleitung zurückgeführt in dieses neu entstehende Becken.
Dieses Rückhaltebecken wird so gesteuert, dass ein Entleeren erst stattfindet, wenn das Hochwasserereignis vorüber ist. Somit wird ausgeschlossen, dass sich für Unterlieger durch diese zusätzliche Beaufschlagung Nachteile ergeben.

Das Becken selbst wird nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, in den Sonnwiesgraben entleert. Die Überprüfung der Höhenverhältnisse im Zuge der Vorstudie hat ergeben, dass eine Entleerung über eine Rohrleitung nach Westen in den Schwarzgraben und in weiterer Folge über die kleine Sur möglich ist.
Somit werden – und das wird die Bürger aus Heidenpoint und Perach besonders freuen – bis zu 125.000 m³ Wasser (nochmal zum Vergleich: Das bestehende Becken Eschlberg fasst 10.000 m³) vollkommen um Heidenpoint und Perach herumgeleitet, d.h., dieses Wasser erreicht Heidenpoint und Perach überhaupt nicht mehr und kann daher auch dort das angespannte Grundwasser nicht mehr weiter anreichern!

Und vor allem: 125.000 m³ (Hoch-)Wasser werden während des Hochwasserereignisses im Bereich Ainringer Moos zurückgehalten und sind erst mal nicht in Heidenpoint, Perach oder Freilassing-Brodhausen.

Um zu verhindern, dass nährstoffreiches Wasser in die Renaturierungsfläche des Ainringer Mooses gelangt, ist eine Dichtwand zum Ainringer Moor notwendig.

Im Zuge der Sitzungsvorbereitung waren durch das beauftragte Ingenieurbüro die voraussichtlichen Kosten abzuschätzen. Dabei hat sich herausgestellt, dass aufgrund der aktuellen Baupreisentwicklung und den sich daraus ergebenen Unsicherheiten eine seriöse Kostenermittlung derzeit nicht möglich ist. Ebenso fehlen noch beispielswiese Baugrunderkundigungen. Die heutige Diskussion sollte daher unter dem Vorbehalt der Finanzierungsmöglichkeit geführt werden. Diese ist nun vorrangig zu prüfen.

Beratung

Erster Bürgermeister Martin Öttl lobt das vorgestellte Konzept. Es ist ein Mehrwert für die Natur und die Menschen. GRin Barbara Söllner möchte wissen, warum der Durchlass an der B 304 so eng gebaut wurde. Dazu kann Herr Unterreitmeier nichts sagen, da er bei der Maßnahme nicht beteiligt war. GR Christian Stehböck möchte wissen aus welchem Material die Dichtwand ist. Diese Frage kann noch nicht beantwortet werden. Der Abstimmungsprozess mit den Behörden läuft noch. Eine Materialdiskussion ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich. GR Bernhard Dusch ist begeistert. Wenn staatliche Flächen zur Verfügung gestellt werden können, dann sind diese landwirtschaftlichen Flächen vorzuziehen. GR Dr. Christoph Werner fragt nach woher der Torf für den Auffüllbereich kommt. Der vorgesehene Torf ist seiner Meinung nach nicht geeignet. Es wird geantwortet, dass das noch überprüft wird, aber Frau Siouda ist eine anerkannte Expertin und sie hat das Regenerationskonzept entworfen. Zum Querschnittsbild fragt er nach, warum die Höhe des Beckenrandes an der Seite zum Moor niedriger ist als auf der anderen Seite, wenn doch kein angestautes Wasser in das Moor kommen soll. Es wird erklärt, dass ab einem gewissen Wasserstand nach Osten abgeleitet wird, so dass an der Seite zum Moor keine Erhöhung erfolgen muss. Weiterhin wurde GR Dr. Christoph Werner den Baumsaum gerne bei 20 m belassen und nicht auf 10 kürzen. Die Bäume haben auch eine Filterwirkung. Herr Unterreitmeier erklärt, dass mit einem größeren Baumsaum Fläche verloren geht und damit Stauraum. In Zukunft werde man sich wieder mehr mit Zisternen und begrünten Dächern beschäftigen müssen und nicht nur mit Maßnahmen die Wasser ableiten. 
GR Dr. Friedhelm Schneider findet das Projekt einmalig. Jetzt haben wir einen Rückhalt von 15.000m³. Bei einer Umsetzung des Projekts fast das 10fache Stauvolumen. Der bestehende Wald sollte nicht planlos geopfert werden, sondern es soll geschaut werden, was erhalten werden kann. Thomas Fuchs erklärt, dass das Becken erst gefüllt wird, wenn alle anderen Maßnahmen bei einem Hochwasserereignis ausgeschöpft sind und diese dann nicht mehr wirken. Das Wasser wird auch nicht über den Sonnwiesgraben sondern über den Schwarzgraben abgeleitet. GR Franz Wimmer fragt nach, ob der Schwarzgraben offen ist. Nein, er ist verrohrt. Der Ziegelgraben, der von Rabling kommt, soll mit in das Konzept einbezogen werden. Der Ziegelgraben wurde bereits in dem Konzept berücksichtigt, so Thomas Fuchs. Der Bürgermeister und die Verwaltung soll hartnäckig bleiben, was die Umsetzung des Konzepts betrifft. 
GR Josef Ramstetter bittet um die Einbindung der Surgruppe und des Dränverbands. Er möchte außerdem wissen, ob das südliche Grundstück einfach zugefüllt werden kann. Vielleicht gibt es da seltene Pflanzen oder Brutplätze. Herr Unterreitmeier erklärt, dass alles kartiert wird und es selbstverständlich ein empfindlicher Naturraum ist. Thomas Fuchs ergänzt, dass es zwei verschiedene Verfahren sind, aber die doch zusammengehören. GR Josef Ramstetter merkt an, dass das Grundwasser immer gestiegen ist. Andere Gemeinden bauen und versiegeln Flächen und leiten das Wasser über Rigolen ab, anstatt das Wasser in Becken aufzufangen und gezielt abzuleiten. 
GRin Barbara Söllner möchte wissen, ob der Spazierweg durch das Becken durchgeführt wird. Dies ist nicht der Fall. Wo er verlaufen wird, ist eine Abstimmungssache, aber wahrscheinlich eher im südlichen Bereich, so Herr Unterreitmeier. Weiterhin fragt sie nach, ob es der beste Standort ist oder doch eher weiter südlich. Thomas Fuchs erklärt, dass es der optimale Standort ist. Hier erwischt man das meiste Wasser und kann es um Perach und Heidenpoint rumleiten. Weiterhin handelt es sich um eine Staatsfläche und keine private landwirtschaftliche Fläche. GR Dr. Christoph Werner sieht durch die Veränderung des Waldes zu einem Bruchwald eine Aufwertung. GR Sven Kluba sieht das Projekt als großen Baustein. Er möchte wissen, wann das Becken bei einem 100jährigen Hochwasser voll ist. Herr Unterreitmeier erklärt, dass die Berechnungen auf ein 72 stündiges Regenereignis beruhen. Beim Rückhaltebecken kommt es dann auf den Scheitel des Wassers an. GR Dr. Friedhelm Schneider hatte vorher schon nach einer schnellen Berechnung erwähnt, dass das Becken nach 10 Stunden voll sein dürfte. Dieser Aussage stimmte Herr Unterreitmeier zu. GRin Barbara Söllner weist noch einmal darauf hin, dass es um den Wald geht. Es soll verantwortungsvoll geplant werden. GR Alois Lechner macht deutlich, dass es in erster Linie um den Schutz der Bürger geht. Wenn etwas verbessert werden kann, dann soll es gemacht werden.  
 

Beschluss

Der Gemeinderat stimmt der vorgestellten Konzeptidee grundsätzlich zu. Aufgrund der derzeitigen Baupreisentwicklung und den sich daraus ergebenden Unsicherheiten sind die Planungen derzeit nur so weit weiterzuführen, wie es notwendig ist, um die Zuschuss- und Finanzierungsfragen zu klären. Sodann ist der Vorgang zur endgültigen Entscheidung erneut vorzulegen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 13.04.2022 07:11 Uhr