Beteiligungsverfahren zum Vorabentwurf des Steuerungskonzeptes Windenergie durch den Regionalen Planungsverband München


Daten angezeigt aus Sitzung:  8. Sitzung des Gemeinderates Allershausen, 14.05.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Allershausen (Gemeinde Allershausen) 8. Sitzung des Gemeinderates Allershausen 14.05.2024 ö 4

Sachverhalt

Der Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbandes München hat in seiner Sitzung am 11.01.2024 die Einleitung eines Beteiligungsverfahrens zum Vorabentwurf des Steuerungskonzeptes Windenergie zur entsprechenden Teilfortschreibung des Regionalplans München beschlossen. Die Gemeinde Allershausen erhält die Möglichkeit der Stellungnahme bis 31.05.2024.

Zentrale Unterlagen sind die Präsentation und die Karte A-1 Vorabentwurf Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete Windenergienutzung.
Die Vorabbeteiligung dient dazu den Entwurf des Steuerungskonzeptes Windenergie weiter zu konkretisieren.

Stellungnahme der Gemeinde:

Die Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land plant die Errichtung von vier Windkraftanlagen im Schwarzholz. Davon sind nur drei der geplanten Standorte im vorgesehenen Vorranggebiet. Der vierte geplante Standort liegt in einem daran angrenzenden Vorranggebiet Bodenschätze.
Nach Ansicht der Kanzlei Kappelmann Rechtsanwälte – Stellungnahme nachfolgend in Auszügen – kann das Vorranggebiet Bodenschätze der Verwirklichung der Windenergienutzung aufgrund von Funktionslosigkeit nicht entgegengehalten werden.

Funktionslosigkeit regionalplanerischer Festsetzungen
Die Grundsätze einer möglichen Funktionslosigkeit wurden von der Rechtsprechung zunächst für bauplanungsrechtliche Festsetzungen herausgearbeitet. Diese sind aber auf regionalplanerische Festsetzungen wie Ziele der Raumordnung entsprechend anzuwenden.
Ein Ziel der Raumordnung ist daher als funktionslos zu werten, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die es sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung des Ziels auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offenkundig ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient.
Die Funktionslosigkeit einer planerischen Festsetzung beruht folglich in tatsächlicher Hinsicht auf einer erkennbar dauerhaften Änderung der faktischen Umstände im Widerspruch zu den Planfestsetzungen; in normativer Hinsicht ist erforderlich, dass die Erkennbarkeit der Abweichung einen Grad erreicht hat, der eine Verwirklichung der Festsetzung realistischer Weise nicht mehr erwarten lässt und deshalb einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Wann von einem solchen Grad der Erkennbarkeit die Rede sein könne, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern bedarf einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung u.a. der Art der Festsetzung, des Maßes der Abweichung und der Irreversibilität der entstandenen tatsächlichen Verhältnisse.

Funktionslosigkeit des Vorranggebiet Kies Allershausen
Die Festsetzung des Vorranggebiets Kies Allershausen ist vorliegend durch tatsächliche Entwicklungen derart in ihrer Funktion gestört, dass realistischer Weise nicht davon auszugehen ist, dass die Festsetzung in absehbarer Zeit (weiter) verwirklicht werden. Dieser Umstand ist zudem offensichtlich. Eine Schutzwürdigkeit der Festsetzung ist mithin nicht mehr gegeben.

Kein sinnvoller Kiesabbau mehr möglich
Ein Kiesabbau ist im Vorranggebiet Kies Allershausen nicht mehr sinnvoll möglich.
Zuletzt erfolgte der Kiesabbau im Vorranggebiet Kies Allershausen durch die Firma Rohrdorfer Sand und Kies GmbH. Im Jahr 2011 wurde das Kieswerk stillgelegt und nur noch Kies in kleinen Mengen von dort abgefahren. Mittlerweile erfolgt weder durch die Firma Rohrdorfer noch durch Dritte weiterer Rohstoffabbau im Vorranggebiet Kies Allershausen.
Künftiger Kiesabbau ist realistischer Weise im Vorranggebiet Kies Allershausen auch nicht in absehbarer Zukunft zu erwarten. Gründe hierfür sind nach Ansicht der Firma Rohrdorfer die schlechte Verkehrsanbindung des Vorranggebiets Kies Allershausen, schwieriger Erweiterungsperfektiven aufgrund mangelnden Kooperationswillens von Grundstückeigentümern sowie die mangelhafte Rohkiesqualität. Insbesondere die Qualität des abbaubaren Kieses begründet den Schluss, dass ein Abbau des Kieses im Vorranggebiet Kies Allershausen für einen vernünftigen Unternehmer nicht attraktiv ist. Denn der Rohkies muss aufgrund der enthaltenen quellfähigen Tonminerale als „schwer aufbereitbar“ eingestuft werden. Darüber hinaus ist der Rohkies im Vorranggebiet Kies Allershausen sehr sandlastig. Aus diesen Gründen ist ein hoher Anteil an Waschwasser sowie Aufbereitungsaggregate mit hoher mechanischer Belastung für eine adäquate und normgerecht Produktion erforderlich.
Aufgrund des Zusammenspiels der genannten Gründe ist der Kiesabbau im Vorranggebiet Kies Allershausen für die Firma Rohrdorfer uninteressant. Da es sich bei den genannten Gründen um allgemeine Aspekte handelt, ist davon auszugehen, dass der Kiesabbau im Vorranggebiet Kies auch für andere Abbaubetriebe nicht mehr in Betracht kommt.

Gelbbauchunke
Weiter hat sich jedenfalls im südlichen Bereich des Vorranggebiets Kies Allershausen die Gelbbauchunke angesiedelt. Nach Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde umfasst das Vorkommen der Gelbbauchunke […] sicherlich die gesamte [bis dato ausgebeutete] Kiesgrube Unterkienberg und die Tiere gehen zur Überwinterung höchstwahrscheinlich in den angrenzenden Waldbereich […]. Daher sind die zur Kiesgrube angrenzenden Waldbereiche auf jeden Fall wichtig zum dauerhaften Erhalt der Art.
Daher ist höchstwahrscheinlich auch der Wald westlich und nördlich der ausgebeuteten Kiesgrube, sowie der Weg zwischen der bestehenden Zufahrt zum nördlicher gelegenen, noch nicht ausgebeuteten Vorkommen im Vorranggebiet Kies Allerhausen von der Gelbbauchunke betroffen.
Die Gelbbauchunke ist eine besonders bzw. streng geschützte Art im Sinne des § 44 BNatSchG. Es ist mithin u.a. verboten die Individuen dieser Art zu töten sowie Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Gelbbauchunke aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Da im Rahmen des Abbaus von Kies großflächig jedenfalls der Lebensraum der Gelbbauchunke zerstört würde, dürfte der Kiesabbau in weiten Teilen des Vorranggebiets Kies Allershausen nicht mehr umsetzbar sein.

Wasserversorgungsleitung
Durch das Vorranggebiet Kies Allershausen verläuft außerdem von Nordwesten nach Südosten quer durch das gesamte Gebiet die zentrale Wasserversorgungsleitung AZ DN 250 der Gemeinde Allershausen. Die Wasserversorgungsleitung ist 1966 mit einer Rohrdeckung von ca. 1,6 m Oberkante Rohr verlegt. Im Bereich der Wasserversorgungsleitung ist der Abbau von Kies ausgeschlossen, da diese aufgrund des verwendeten Materials (Asbestzement) keine Erdbewegungen im direkten Umfeld der Wasserleitung zulässt. Hierbei wäre nicht nur die Gefahr eines Schadens an der zentralen Wasserversorgungsleitung zu befürchten, sondern auch ein großflächiger Ausfall der Wasserversorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Allershausen.

Ergebnis
Das Vorranggebiet Kies Allershausen ist derzeit nicht sinnvoll für den Kiesabbau nutzbar. Darüber hinaus stehen dem weiteren Kiesabbau in dem Gebiet sowohl tatsächliche als auch rechtliche Hindernisse entgegen. Der weitere Abbau von Kies im Vorranggebiet Kies Allershausen ist daher auf unabsehbare Zeit nicht zu erwarten. Vielmehr ist die Festsetzung funktionslos geworden und damit außer Kraft gesetzt.

Aus diesem Grund beantragt die Gemeinde Allershausen die Streichung des Vorranggebietes Bodenschätze aus dem Regionalplan und zusätzlich die Ausweitung des Vorranggebietes für Windkraft auf diese Fläche als Teil der Suchflächenkulisse gemäß PA 19-09-2023.

Diskussionsverlauf

GR Colombo frägt, ob die Gelbbauchunke auch für die Windkraftanlagen problematisch werden können.
Die Windkraftanlage ist an anderer Stelle vorgesehen, als die Gelbbauchunke vorkommt.

GR Kortus wünscht einen Plan, aus dem die geplanten Windkraftanlagen hervorgehen.

Beschluss

Die Gemeinde Allershausen beantragt die Streichung des Vorranggebietes Bodenschätze aus dem Regionalplan und zusätzlich die Ausweitung des Vorranggebietes für Windkraft auf diese Fläche als Teil der Suchflächenkulisse gemäß PA 19-09-2023.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 1

Datenstand vom 03.09.2024 09:07 Uhr