Beratung über Anpassung der Hebesätze der Grundsteuer A und B und Entscheidung über weiteres Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  24. Sitzung des Marktgemeinderates, 22.02.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat 24. Sitzung des Marktgemeinderates 22.02.2022 ö beschliessend 8

Sachverhalt

1. Ausgangssituation

Die Hebesätze für die Grundsteuer A und B im Markt Altdorf wurden zuletzt angehoben
  • im Haushaltsjahr 1999 von 275 v.H. auf 300 v.H.
  • im Haushaltsjahr 2005 von 300 v.H. auf 320 v.H.

Während im Zeitraum von 1999 bis 2005 die Hebesätze also innerhalb von sieben Jahren in zwei Schritten um insgesamt 45 Prozentpunkte angehoben worden waren, ist seit nunmehr 16 Jahren keine Anpassung mehr erfolgt. Im gleichen Zeitraum hat sich der Bodenrichtwert im Ortskernbereich von 250 €/m² (2005) auf 600 €/m² (aktuell) jedoch mehr als verdoppelt. 

In seiner Sitzung vom 30.01.2018 hatte der Marktgemeinderat beschlossen, die Entscheidung über die Anpassung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer zurückzustellen. Der Vorschlag der Verwaltung, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B im Rahmen des Erlasses der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2018 auf jeweils 350 v.H. festzusetzen, war abgelehnt worden. 

Mit Urteil vom 10.04.2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften für die Einheitsbewertung zur Berechnung der Grundsteuer in Deutschland für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung verpflichtet. Die Neubewertung aller Grundstücke muss demnach spätestens zum 31.12.2024 abgeschlossen sein.

Im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Haushaltssatzung und des Haushaltsplanes des Marktes Altdorf hat das Landratsamt Landshut wiederholt darauf hingewiesen, dass die Hebesätze der Grundsteuer A und B mit 320 v.H. sowohl unter dem Landesdurchschnitt als auch unter dem Durchschnitt der kreisangehörigen Gemeinden des Landkreises Landshut vergleichbarer Einwohnergröße liegen. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Genehmigung einer Kreditaufnahme unter die Bedingung einer vorherigen Hebesatzerhöhung gestellt werden müsste, da anderenfalls ein Verstoß gegen Art. 62 GO (Grundsätze der Einnahmebeschaffung) vorläge. Die für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 erteilten Genehmigungen sind insofern vor dem Hintergrund haushaltsrechtlicher Erleichterungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu sehen.

Die Festsetzung von mindestens dem Landesgrößenklassendurchschnitt entsprechenden Hebesätzen kommt nicht nur bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit von Kreditaufnahmen zum Tragen, sondern auch bei der Prüfung der Voraussetzungen zum Erhalt bestimmter staatlicher Finanzzuweisungen.

Der gewogene Durchschnittshebesatz für Gemeinden der Größenklasse mit 10.000 bis unter 20.000 Einwohner betrug im Jahr 2020 für die Grundsteuer A 343,0 % und für die Grundsteuer B 342,5 % (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, „Gemeindefinanzen und Realsteuervergleich in Bayern 2020 – Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik“, S. 20 f.)

Ein Vergleich mit den für 2020 und 2021 festgesetzten Hebesätze der Grundsteuer A und B in den 35 Gemeinden des Landkreises Landshut ergibt folgendes Bild:


2020
2021

Grundsteuer A
Grundsteuer B
Grundsteuer A
Grundsteuer B
Mittelwert
333,57
333,57
334,14
334,14
Median
350,00
350,00
350,00
350,00
Modalwert
350,00
350,00
350,00
350,00

Da der Mittelwert (arithmetisches Mittel) durch „statistische Ausreißer“ stark beeinflusst wird, ist der Median oder Zentralwert, hier der aussagekräftigere Vergleichswert. Aussagekräftig ist in diesem Zusammenhang ferner der Modalwert, also der häufigste vorkommende Wert. In 14 der insgesamt 35 Landkreisgemeinden liegen die Hebesätze für die Grundsteuer A und B im Jahr 2021 jeweils bei 350 %

Die Stadt Landshut hat in ihrer Haushaltssatzung 2021 den Hebesatz für die Grundsteuer A mit 300 v. H. und für die Grundsteuer B mit 430 v. H. festgesetzt.


2. Finanzielle Auswirkungen auf den Markthaushalt und die Grundstückseigentümer

Die Ist-Einnahmen aus der Grundsteuer betrugen:


2017
2018
2019
2020
2021
Grundsteuer A
38.296,65 €
39.295,67 €
38.604,05 €
40.868,74 €
39.884,55 €
Grundsteuer B
1.199.940,51 €
1.296.846,83 €
1.270.680,15 €
1.298.217,32 €
1.335.530,78 €

Ausgehend von einem gerundeten Mittelwert an Einnahmen bei der Grundsteuer A von 39.000 Euro und bei der Grundsteuer B von 1.300.000 Euro würde sich eine Anhebung der Hebesätze jeweils wie folgt auf den Markthaushalt auswirken:


335 %
340 %
345 %
350 %
355 %
Grundsteuer A
40.828,13 €
41.437,50 €
42.046,86 €
42.656,25 €
43.265,63 €
Mehreinnahme
1.828,13 €
2.437,50 €
3.046,86 €
3.656,25 €
4.265,63 €
Grundsteuer B
1.360.937,50 €
1.381.250,00 €
1.401.562,50 €
1.421.875,00 €
1.442.187,50 €
Mehreinnahme
60.937,50 €
81.250,00 €
101.562,50 €
121.875,00 €
142.187,50 €



Unter Zugrundelegung des derzeitigen Messbetragsvolumens der Grundsteuer B von insgesamt 402.817 Euro bei 4.403 Grundsteuer-Fällen und des sich daraus ergebenden durchschnittlichen Messbetrags von 91,49 Euro würde sich eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf die Grundstückseigentümer durchschnittlich wie folgt auswirken:


335 %
340 %
345 %
350 %
355 %
Mehrbelastung
pro Jahr
13,72 €
18,30 €
22,87 €
27,45 €
32,02 €


3. Fazit

Sowohl für die Genehmigungsfähigkeit von Kreditaufnahmen als auch für die Erlangung bestimmter staatlicher Zuweisungen sind mindestens dem Landesgrößenklassendurchschnitt entsprechende Realsteuerhebesätze von maßgeblicher Bedeutung. Die derzeitigen Grundsteuer-Hebesätze des Marktes Altdorf liegen mit jeweils 320 v.H. unter diesem Wert. Auch im Vergleich mit den anderen 34 Gemeinden des Landkreises Landshut und der Stadt Landshut sind die Hebesätze des Marktes Altdorf unterdurchschnittlich. 

Um nachteilige Auswirkungen auf die Genehmigungsfähigkeit künftiger Kreditaufnahmen und die Bewilligung von Anträgen auf bestimmte staatliche Finanzzuweisungen zu vermeiden, sind die Hebesätze der Grundsteuer A und B mindestens auf den Landesgrößenklassendurchschnitt anzuheben. Sachgerecht und vorausschauend erscheint dabei eine Orientierung am derzeitigen Niveau der Grundsteuer-Hebesätze im Landkreis Landshut und damit eine Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer A und B auf jeweils 350 v.H.

Die Auswirkungen auf die Grundstückseigentümer sind sowohl in absoluten Beträgen als auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der Bodenpreise in den letzten Jahren und der Tatsache, dass die letzte Anpassung 16 Jahre zurückliegt, nach Auffassung der Finanzverwaltung vertretbar.

Ein weiteres Zuwarten mit der Anhebung bis zum Inkrafttreten der Neuregelung der Grundsteuer ist haushaltswirtschaftlich nicht vertretbar. Unter Zugrundelegung eines sinnvollen Hebesatzes von 350 v. H. entgehen dem Markt Altdorf jährlich Einnahmen von 125.000 Euro – seit 2018 mithin bereits 500.000 Euro. 

Eine Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer A und B zum 01.01.2022 ist daher rechtlich notwendig und haushaltswirtschaftlich geboten. Die Anhebung hat im Rahmen des Erlasses der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2022 zu erfolgen.

Beschlussvorschlag

Die Hebesätze für die Grundsteuer A und B sollen im Rahmen des Erlasses der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2022 auf jeweils 350 v.H. festgesetzt werden.

Beschluss

Die Hebesätze für die Grundsteuer A und B sollen im Rahmen des Erlasses der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2022 auf jeweils 350 v.H. festgesetzt werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 8

Datenstand vom 24.02.2022 14:42 Uhr