Vollzug der Gemeindeordnung; Antrag der Freie Wähler - Fraktion; hier: Erlass einer Abstandsflächensatzung


Daten angezeigt aus Sitzung:  08./2021. Sitzung des Gemeinderates, 29.07.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat 08./2021. Sitzung des Gemeinderates 29.07.2021 ö beschließend 6.1

Sachverhalt für die Öffentlichkeit

Der Bayerische Landtag hat am 23.12.2020 den Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung zur Novelle der Bayerischen Bauordnung verabschiedet. Das Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus trat am 01.Februar 2021 in Kraft.  

Der Gesetzgeber verfolgt mit der Novelle 2021 die Ziele des einfacheren, schnelleren, nachhaltigeren, flächensparenden und kostengünstigeren Bauens. 

Das Gesetz sieht unter anderem vor, das Abstandsflächenrecht mit einer Verkürzung der Abstandsflächentiefen von 1,0 H auf 0,4 H, in Gewerbe- und Industriegebieten von 0,25 auf 0,2 H (=Wandhöhe des jeweiligen Bauwerks), mindestens jedoch 3 Meter abzuändern. Da die Verkürzung für alle Gebäudeseiten gilt, wird zukünftig auf das sogenannte Schmalseitenprivileg verzichtet, das vor zwei Außenwänden mit weniger als 16 m Länge bisher nur ein halbes „H“ als Abstandsflächentiefe verlangte. Das führt zwangsläufig zu einem Zusammenrücken der Baukörper in der zukünftigen Ortsentwicklung. 

Die Gemeinden hatten die Gelegenheit, gem. Art. 81 Abs.1, Nr. 6, lit. a BayBO bis zum 01.03.2021 eine entsprechende Satzung zu erlassen, um die bisher geltenden Regelungen weiterhin anzuwenden. Die Verwaltung sah bisher keine Veranlassung hier tätig zu werden.

Somit gilt derzeit für alle Bauvorhaben die neu beschlossene Abstandsflächenregelung.

Zu dieser Thematik hat nun die Fraktion der Freien Wähler Bodenwöhr am 16.05.21 einen schriftlichen Antrag bei der Gemeinde eingereicht, der u. a. fordert, eine gemeindliche Satzung hinsichtlich der Abstandsflächenthematik zu erlassen. 

Die Verwaltung wurde beauftragt, zu prüfen, ob eine gemeindliche Satzung zur Regelung der Abstandsflächen sinnvoll erscheint. 

Zunächst ist festzustellen, dass der Satzungserlass auch jetzt noch rechtlich möglich ist, obwohl die Gesetzesänderung bereits in Kraft getreten ist. 

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf, im weiteren Sinne, sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. Dies sind sicherlich Argumente, die für eine Satzungsregelung sprechen.

Bei der Entscheidung, eine Satzung zu erlassen sind aber auch andere Punkte kritisch zu prüfen. 

So darf sich die Abstandsflächensatzung nicht auf das gesamte Gemeindegebiet erstrecken. Hier müssten also sämtliche Bereiche nach § 34 BauGB (unbeplanter Innenbereich) einzeln geprüft werden. 

Weiter ist zu prüfen, ob bei den bereits rechtskräftigen Bebauungsplänen hinsichtlich der Festsetzungen der Abstandsflächen diese Regelungen dann zusätzlich zur Anwendung kommen.

Auch die Ausweitung auf Außenbereichsvorhaben wird mit der Erhaltung oder Verbesserung der Wohnqualität kaum begründbar sein.

In der Begründung für den Satzungserlass müssen wesentliche Gründe aufgeführt werden
und die getroffenen Festlegungen dargestellt und erläutert werden.
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollen keine städtebaulichen Gründe aufgeführt werden. Lediglich bauordnungsrechtliche Belange sind hier ausschlaggeben.

Sollte die Gemeinde Bodenwöhr eine Satzung erlassen, ist hier eine sachgerechte Abwägung erforderlich. Die örtliche Situation und die konkreten Erfordernisse einer abweichenden Festsetzung durch Satzung ist umfassend zu ermitteln.

Nach Auskunft der Rechtsaufsicht beim Landratsamt Schwandorf hat von 33 Gemeinden im Landkreis derzeit eine Kommune eine Abstandsflächensatzung.

Mit Schreiben vom 13.07.2021 hat auch die Leiterin der Bauaufsicht beim LRA Schwandorf schriftlich mitgeteilt, dass die Gesetzesänderung durch die Bay. Staatsregierung zu erheblichen Mehraufwand für die Verwaltungen führt. Planer wurden erst gar nicht unterrichtet, so dass derzeit bei vielen Bauanträgen eine ungeklärte Rechtslage besteht.

Die Verwaltung sieht im Erlass einer Satzung eine Möglichkeit, die Änderungen der Bayerischen Bauordnung etwas zu verschärfen, jedoch ist im Bereich der Bauantragsprüfung und der Überwachung ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand zu erwarten. 

Auf Grund der unsicheren Rechtslage seit in Kraft treten der Änderung der BayBO und dem möglichen Erlass einer Satzung kann es möglicherweise zu einer Vielzahl von Klagen kommen.

Nach Abwägung der relevanten Kriterien kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, das es derzeit besser wäre, keine Satzung zur Regelung der Abstandsflächen zu erlassen.   

Beschluss

  1. Der Gemeinderat Bodenwöhr beschließt, dass kein Gebrauch von der Möglichkeit einer Satzung hinsichtlich des Abstandsflächenrechts gemacht wird. 

  1. Der Antrag der Freien Wähler Bodenwöhr vom 16.05.21 auf Erlass einer Abstandsflächensatzung wird abgelehnt.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:        12                                Nein-Stimmen:           4

Beschluss 2:

Der Gemeinderat Bodenwöhr beschließt, dass bei den zukünftigen Bebauungsplänen der Gemeinde Bodenwöhr auf die Einhaltung der alten Abstandflächen bei den Baufenstern geachtet werden soll.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:        15                                Nein-Stimmen:           1

Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.01.2022 11:10 Uhr