Information zum aktuellen Stand der Grundsteuerreform


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 30.07.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.Lfd. BV-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Dietramszell) Sitzung des Gemeinderates 30.07.2024 ö informativ 9

Sachverhalt Gemeindeblatt

  1. Grundsätzliche Informationen vom Bayerischen Gemeindetag:

Auf die beigefügte Präsentation des Bay. Gemeindetages wird verwiesen. Zudem ist ein Erklärvideo über folgenden Link abrufbar: https://kommsafe.de/public/download-shares/ph8T9Pb6icqwSfe6Kkf9iKXqp7FuLInP

1.1.        Hintergrund der Grundsteuerreform:

Am 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsgrundlage des derzeit gültigen Systems der Grundsteuer auf Grundlage der sogenannten Einheitswerte für verfassungswidrig. In der Folge beschloss der Bundestag ein neues Bundesmodell für die Grundsteuer und versah dies mit einer Öffnungsklausel, die den Ländern wiederum die Einführung eines abweichenden Systems ermöglichte. Hiervon machte der Bayerische Landtag Gebrauch und erließ das Bayerische Grundsteuergesetz. Mit diesem Gesetz wird für Grundstücke in Bayern anstelle der Einheitsbewertung ein wertunabhängiges Flächenmodell umgesetzt. 

1.2.        Aufkommensneutralität:

Die Reform der Grundsteuer soll laut Bundes- und Landespolitik möglichst aufkommensneutral erfolgen. Der Begriff der Aufkommensneutralität wird oft missverstanden. Aufkommensneutralität bedeutet nicht, dass die individuelle Grundsteuer des jeweiligen Grundstückseigentümers gleich hoch bleibt. Aufgrund der Verfassungswidrigkeit des alten Grundsteuersystems muss es sogar zu individuellen Verschiebungen durch die Reform kommen. Aufkommensneutralität bedeutet nur, dass die Gemeinde nach Umsetzung der Reform ihr Grundsteueraufkommen insgesamt stabil halten kann – also im Jahr 2025 ähnlich viel an Aufkommen aus der Grundsteuer hat wie in den Jahren vor der Reform. Es gibt allerdings keine gesetzliche Pflicht zur Aufkommensneutralität! Keine Gemeinde erhöht demnach wegen der Reform das Grundsteueraufkommen, dies widerspräche dem Gebot der Aufkommensneutralität. Allerdings kann es vor Ort notwendig sein, unter anderen Gesichtspunkten (also unabhängig von der Reform) die Grundsteuereinnahmen insgesamt angemessen im Jahr 2025 anzuheben. Schließlich sind die Gemeinden gesetzlich verpflichtet, ihre Haushalte auszugleichen. Reichen die Finanzmittel zur Erfüllung der aktuell anstehenden Aufgaben nicht aus, müssen auch angemessene Steuererhöhungen diskutiert und bei Bedarf auch Mehrreinnahmen aus der Grundsteuer durch höhere Hebesätze generiert werden.



1.3.        Neuer Hebesatz erforderlich:

Da die bisherigen Hebesätze mit Ende des aktuellen Hauptveranlagungszeitraums, d.h. zum 1. Januar 2025, automatisch ihre Geltung verlieren, sollte jede Gemeinde die ab dem 01.01.2025 gültigen, neuen Hebesätze noch im Kalenderjahr 2024 festlegen. Hebesätze wurden in Bayern vielerorts bislang im Rahmen der Haushaltssatzungen bekanntgemacht. Dies ist zwar weiterhin grundsätzlich möglich. Aufgrund der Tatsache, dass einerseits über die Höhe der neuen Hebesätze sinnvoll erst nach Kenntnis über die jeweiligen Grundsteuermessbeträge im eigenen Gemeindegebiet diskutiert werden kann und andererseits aber noch vor dem 1. Januar 2025 eine Bekanntmachung der Hebesätze erfolgen soll, wird sich allerdings vielerorts eine von der Haushaltssatzung separate Bekanntmachung der Hebesätze durch eine sogenannte Hebesatzsatzung empfehlen. 

Nach Informationen durch die Finanzbehörden sollte der Grundsteuermessbetrag mittlerweile nahezu für 90 % aller Grundstücke in Bayern festgesetzt worden sein. Eine letzte Erinnerungskampagne zur Abgabe der Steuererklärungen ist gestartet. Zeitgleich starten die Finanzämter derzeit die Schätzverfahren in den Fällen, in denen keine Erklärungen abgegeben wurden. Fehlerhafte Grundsteuermessbetragsbescheide und Einspruchsverfahren (ca. 10% aller Bescheide) werden nach unserer Kenntnis bereits ebenfalls von den Finanzbehörden bearbeitet. Der aktuelle Fokus soll hierbei auf im Einspruchsverfahren geltend gemachten Berichtigungen sowie auf mit Nichtigkeitsfolge behafteten, fehlerhaften Bescheiden liegen, sodass diesbezüglich möglichst zeitnah noch Korrekturen erfolgen können. Fallen den Kommunen selbst Unrichtigkeiten in den Grundsteuermessbescheiden, die von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt werden, auf, so sollten diese schnellstmöglich dem jeweils zuständigen Finanzamt gemeldet werden. Bitte beachten Sie, dass die von der Finanzverwaltung erlassenen Grundsteuermessbescheide für die Gemeinden stets verbindlich sind. Das bedeutet, dass die Gemeinden hieran bis zur Änderung durch die Finanzämter gebunden sind und selbst im Falle offensichtlicher Unrichtigkeiten nicht davon abweichen dürfen. Insgesamt scheint der Umfang der Kenntnis über die Grundsteuermessbeträge im eigenen Gemeindegebiet in unserem Mitgliederkreis aktuell äußerst unterschiedlich zu sein. Dies mag einerseits auf den unterschiedlichen Bearbeitungsstand des jeweiligen Finanzamts bzw. auf die unterschiedliche Abgabequote bzgl. der Grundsteuererklärungen in der jeweiligen Gemeinde zurückzuführen sein. Sollte jedoch ein Abruf aus technischen Gründen in Ihrer Gemeinde bislang überhaupt noch nicht möglich sein, sollte dringend mit dem jeweiligen Softwareanbieter Kontakt aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass die von den Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Daten rechtzeitig vor Eintritt in die Hebesatzdiskussion (regelmäßig wohl im Anschluss an die Sommerpause) vorliegen.


1.4.        Umgang mit im Raum stehenden „Unbekannten“ im Rahmen der Hebesatzdiskussion:

Mit Art. 5 und 8 BayGrStG hat der bayerische Gesetzgeber entgegen der klaren und deutlichen Ablehnung der kommunalen Spitzenverbände die Möglichkeit zur Reduzierung des Hebesatzes bzw. eines erweiterten Erlasses für bestimmte Fallgruppen geschaffen. Die Auswirkungen dieser in der Praxis wohl kaum vollziehbaren Vorschriften auf die Grundsteuereinnahmen der jeweiligen Gemeinde ab 2025 sind aktuell nicht vorhersehbar. Bei der Diskussion um die Hebesätze können diese daher – wenn überhaupt – nur bedingt berücksichtigt werden. Schließlich wird die Grundsteuerreform auch Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich und den bisher gültigen Nivellierungshebesatz zeigen. Bei dem zu erwartenden Auseinanderdriften der Hebesätze in ganz Bayern durch den Umstieg auf ein wertunabhängiges Grundstücksbewertungssystem ist ein Festhalten am alten Nivellierungshebesatz nicht zu erwarten. Vielmehr wird im Jahr 2027 insgesamt über das System zur Ermittlung eines angemessenen Nivellierungshebesatzes nachgedacht werden müssen. Insoweit kann auch diese Unbekannte auf die Hebesatzdiskussion im Jahr 2024 nicht oder nur bedingt Einfluss haben. Insgesamt rechnen wir aufgrund der oben aufgeführten Unbekannten sowie der wohl auch nach der Sommerpause weiterhin vorhandenen Lücken und Fehlern im Grundsteuermessbetragsbestand mit einem sicherlich in den kommenden Kalenderjahren immer wieder notwendig werdenden Nachjustieren hinsichtlich der Höhe der jeweiligen kommunalen Hebesätze.

2.        Derzeitiger Stand bei der Gemeinde Dietramszell:
Die Bearbeitung der Grundsteuer erfolgt im Steueramt  (Frau Graf). Normalerweise hätten alle Grundstückseigentümer bis 31.10.2022 (letzte Verlängerung bis 30.04.2023) eine Grundsteuererklärung beim Finanzamt einreichen müssen. Dort wird nach dem für Bayern gültigen Verfahren der Grundsteuermessbetrag berechnet und an die Gemeinden übermittelt. Diesen Grundsteuermessbetrag multipliziert die Gemeinde dann mit ihrem Hebesatz. Nach Multiplikation aller Messbeträge mit dem Hebesatz soll das Aufkommen an Grundsteuer in etwa den Vorjahren entsprechen.
Problem ist derzeit, dass nach wie vor nicht alle Grundsteuermessbeträge vom Finanzamt vorliegen (ggf. Schätzung durch Finanzamt bei Nichtabgabe der Steuererklärung) und ein weiterer Teil der übermittelten Messbeträge  fehlerhaft ist. Gravierende Fehler sind z. B. die falsche Zuordnung von Grundstück und Aktenzeichen durch den Steuerpflichtigen. So überprüft das Finanzamt z.B. nicht, wenn für die Grundsteuererklärung des Hauses das Aktenzeichen der bisher landwirtschaftlichen Flächen verwendet wurde.  Bei einem dieser Fälle kommt daher ein Messbetrag von 1,27 € statt 320,17 € heraus.  Bei dem derzeitigen Hebesatz macht das eine Differenz von 1.020 € zu Lasten der Gemeinde und der übrigen Steuerpflichtigen.
Erst wenn alle korrekten Messbeträge vorliegen, kann berechnet werden, wie hoch der Hebesatz sein muss, um dem Niveau der Vorjahre zu entsprechen.

3.        Auswirkungen der Reform auf den kommunalen Finanzuausgleich; Übergangsregelung:


Mit Schreiben vom 16.07.2024 erfolgte folgende Informatioen an den Bayerischen Gemeindetag:

Die Grundsteuerreform 2025 würde sich ab dem Jahr 2027 auch auf den kommunalen Finanzausgleich auswirken. Die Datengrundlagen für die Berechnung der Grundsteuer ab 2025 liegen aber noch nicht vollständig vor und werden auch in den Folgejahren noch im Fluss sein. Die Konzeption einer Neuregelung ist vor diesem Hintergrund derzeit noch nicht möglich. Zudem dürften die Hebesatzentwicklungen in der Übergangsphase volatil sein. Um den Gemeinden für die Festlegung ihrer neuen Grundsteuerhebesätze in der Übergangsphase zum neuen Recht Planungssicherheit im Hinblick auf die Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich und die Umlagen zu geben, haben sich das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat und die kommunalen Spitzenverbände in Bayern auf folgende Übergangsregelung verständigt:
• Die Grundsteuerkraftzahlen nach altem Recht werden für drei Jahre eingefroren. D. h. die Grundsteuerkraftzahlen 2026, die sich aus den Grundsteuereinnahmen 2024 ergeben gelten auch für die Steuerkraft und den kommunalen Finanzausgleich 2027 bis 2029.1 
• Korrekturen für frühere Jahre, die in der Grundsteuerkraftzahl 2026 enthalten sind, werden dabei herausbereinigt. 
• Fehler in der Grundsteuerkraftzahl 2026, die erst später festgestellt werden, können – wie im kommunalen Finanzausgleich üblich – mit der Steuerkraftfestsetzung des Folgejahres korrigiert werden.
• Tatsächliche Änderungen in den Jahren 2025 bis 2027 (neue Wohn- oder Gewerbegebiete, Insolvenzen, etc.) werden jedoch nicht berücksichtigt.
• Im Jahr 2027 wird auf Basis der Daten für die ersten beiden Reformjahre 2025 und 2026 entschieden, wie die Grundsteuereinnahmen der Jahre 2028 ff. in der Steuerkraft zu berücksichtigen sind. Erstes Jahr, in dem die Neuregelung greift, ist damit der kommunale Finanzausgleich 2030 (zweijähriger Zeitversatz).
 
Die Umsetzung bedarf einer Gesetzesänderung und steht daher unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Bayerischen Landtags. Es wird gebeten, die Kommunen über die vereinbarte Übergangsregelung zur Berücksichtigung der Grundsteuer im kommunalen Finanzausgleich zu informieren.

Diskussionsverlauf

GR Häsch wünscht sich, dass die Auswirkung für den Einzelnen anhand eines Beispiels dargestellt wird. Dies ist derzeit nicht möglich, da noch nicht absehbar ist, wie hoch der Hebesatz sein wird um die Aufkommensneutralität zu gewährleisten. Erst wenn alle Messbeträge vorliegen kann das letzte Aufkommen an Grundsteuer durch diese Messbeträge geteilt werden um die Höhe des Hebesatzes zu erhalten.

BGM Hauser merkt an, dass die Reform Aufkommensneutral für die Gemeinde durchgeführt werden soll, dass die Gemeinde danach genau so viel Steuereinnahmen wiei vorher hatte. Jedoch wird es aufgrund der Reform dazu kommen, dass Bürger etwas mehr oder etwas weniger Grundsteuer entrichten werden müssen. Das ist jedoch nicht zu verhindern.

Datenstand vom 12.09.2024 15:09 Uhr